Defizite ausgleichen, Störungen beseitigen

20 Gesund leben
Mitochondriale Medizin
Defizite ausgleichen,
­Störungen beseitigen
Die mitochondriale Medizin ist eine
relativ junge Disziplin; die Experten
bescheinigen ihr jedoch eine große
Zukunft. Denn es gibt immer mehr
Hinweise, dass vielen chronisch-degenerativen Krankheiten eine Störung
der Mitochondrien zugrunde liegt.
Im Gespräch mit TOPFIT erklärt die
Heilpraktikerin Karin Dickmann u. a.,
wie sich die neuen Erkenntnisse für
erfolgversprechende Therapien zur
Regeneration der Mitochondrien nutzen lassen. Von Dr. Nicole Schaenzler
Frau Dickmann, was genau sind
Mitochondrien?
Karin Dickmann: Mitochondrien sind die
Kraftwerke unserer Zellen, sie bringen uns
die Lebensenergie, indem sie aus Glukose
und Sauerstoff die Energieträger der Zelle,
das Adenosintriphosphat (ATP), gewinnen –
das ist unser Brennstoff. Starke energiever­
brauchende Gewebe, z. B. eine Herzmuskel­
zelle, hat ca. 2000 Mitochondrien. Bei der
Energieproduktion entstehen Sauerstoffund Stickstoffradikale, die bei zu hohem
Anfall (= oxidativer und nitrosativer Stress)
eigenes Gewebe angreifen und die Mito­
chondrien ganz oder teilweise schädigen
können. Diese Radikale sind aber nicht nur
schädlich, sie werden von unserem Immun­
system auch als Abwehr von Krankheitserre­
gern genutzt. Wichtig ist, über ein gut funk­
tionierendes Entgiftungssystem zu verfügen,
das alles im Gleichgewicht hält. Deshalb
messen wir u. a. immer auch die Aktivität
des Enzyms Superoxiddismutase (SOD), das
für die Abwehr von Sauerstoffradikalen mit­
verantwortlich ist.
Wie lässt sich der Zustand der
Mitochondrien sonst noch feststellen?
Karin Dickmann: Mithilfe einer Blutana­
lyse können wir das ATP messen, das Aus­
kunft über die Funktion der Mitochondrien
gibt. Darüber hinaus werden nicht nur alle
wichtigen Parameter zur Überprüfung der
einzelnen Organfunktionen, der Stoffwech­
sel- und Hormonlage gemessen, wie man
sie aus der Schulmedizin kennt. Sondern
der Blick richtet sich auch auf viele wei­
tere Parameter, etwa um Auskunft über
den Fettsäurestatus, Oxidationsprozesse
und das Entgiftungssystem des Orga­
nismus zu erhalten, aber auch, um even­
tuell vorhandene Mikronährstoffdefizite
oder eine Schädigung von Mitochondrien
aufzuspüren.
Zellmembran (Hülle)
Mitochondrien
Welche Therapiemöglichkeiten kennt
die mitochondriale Medizin?
Karin Dickmann: Die mitochondriale
Medizin, egal ob zur Prävention oder als
Therapie, ist ohne den Einsatz von Mikro­
nährstoffen nicht denkbar. Wir brauchen
bestimmte Vitamine, Mineralstoffe und
Aminosäuren für die Energiegewinnung,
Fettsäuren für die Integrität der Zellmem­
branen, Antioxidantien und Spurenele­
Zur Person
Karin Dickmann ist als Heilpraktikerin in eigener Praxis für
Komplementär- und Präventivmedizin in der Parkstraße 45 in
Baierbrunn i. Isartal bei München niedergelassen. Schwerpunkte ihres Leistungsspektrums sind die mitochondriale und orthomolekulare Medizin sowie Maßnahmen zur Darmregeneration.
Dabei legt sie großen Wert auf eine sorgfältige Diagnostik, die
für eine individuell abgestimmte Therapie unerlässlich ist. Topfit 2 / 2012
Zellkern
mente für die Entgiftungsfunktion – aller­
dings nicht nach dem Gießkannenprinzip,
sondern in einer individuell angepassten
Dosierung. Hinzu kommt: Nicht bei jedem
Patienten, der über einen Energiemangel
klagt, sind die Mitochondrien geschädigt.
Deshalb ist immer auch eine sorgfältige
Differenzialdiagnose notwendig, um im
Einzelfall abzuklären, ob gegebenenfalls
eine andere Störung oder Erkrankung
vorliegt.
Wie äußert sich eine eingeschränkte
Mitochondrienfunktion?
Karin Dickmann: Die Folge ist ein Energie­
mangel. Dies kann sich in unspezifischen
Symptomen wie rascher Ermüdbarkeit,
verminderter Leistungsfähigkeit und Kon­
zentrationsstörungen äußern, aber auch
in Form von beschleunigten degenerati­
ven bzw. alterungsbedingten Prozessen,
Stoffwechsel- oder Entzündungskrankhei­
ten. Viele chronische Krankheiten gehen
mit Störungen der Mitochondrien einher,
z. B. Diabetes, Herzerkrankungen, Alz­
heimer, Parkinson-Krankheit, das BurnOut-Syndrom. Die Haut reagiert eben­
falls sehr empfindlich, und zwar mit vor­
zeitiger Hautalterung, mitunter sogar mit
Hautkrebs. Mit dem ge­zielten Einsatz von
mitotropen Substanzen – hier sind das
Coenzym Q10 oder bestimmte B-Vitamine
als Beispiele zu nennen – lässt sich der
Hautalterungsprozess positiv beeinflussen
und verlangsamen.
Also ist die mitochondriale
Medizin auch ein Bestandteil der
Anti-Aging-Medizin?
Karin Dickmann: Auf jeden Fall, wobei die
Grenzen zwischen Anti-Aging-Medizin und
Präventivmedizin natürlich fließend sind.
Spätestens seit meiner Arbeit im Bereich
der komplementärmedizinischen Onkologie
weiß ich, wie wichtig es ist, frühzeitig Defizi­
ten im Organismus auf die Spur zu kommen
und diese dann gezielt auszugleichen. Dies
ist und bleibt der beste Weg, um gesund
zu bleiben! Dabei spielen Maßnahmen zum
Schutz der Mitochondrien eine ganz wich­
tige Rolle. Hierzu gehören jedoch nicht nur
der Einsatz von mitrotopen bzw. orthomo­
lekularen Substanzen, sondern auch eine
bewusste Lebensführung mit einem ausge­
wogenen Essverhalten oder auch ein sorg­
samer Umgang mit Medikamenten und das
Meiden von Umweltgiften.
Das ganze Interview können Sie unter
www.karindickmann.com nachlesen.