- Kunststiftung NRW

Ausstellung im Diözesanmuseum Paderborn, 23. Juli bis 13. Dezember 2015
CARITAS – Nächstenliebe von den frühen Christen bis zur
Gegenwart
Hochkarätige Exponate beleuchten die Geschichte der Nächstenliebe in Kunst und Kultur
Warum setzen sich Menschen seit Jahrhunderten für andere ein? Was motiviert sie? Wie
wurde Nächstenliebe zu unterschiedlichen Zeiten begründet und gelebt? Die neue große
kunst- und kulturhistorische Ausstellung im Diözesanmuseum Paderborn nimmt vom 23. Juli
bis 13. Dezember 2015 erstmals die Geschichte der tätigen Nächstenliebe in den Blick und
zeigt, wie sie sich in Kunst und Kultur der verschiedenen Epochen auf jeweils eigene Weise
dargestellt hat. Der Schwerpunk der Schau liegt auf der christlichen Nächstenliebe, der Caritas,
einer Haltung, die in ihrer kompromisslosen Hinwendung zum Mitmenschen in den Anfängen
geradezu revolutionär war.
Für „CARITAS – Nächstenliebe von den frühen Christen bis zur Gegenwart“ kommen
hochkarätige Exponate aus bedeutenden Museen und Sammlungen aus ganz Europa und den
U.S.A. nach Paderborn, darunter solche aus der Pinacoteca Vaticana, der Chester Beatty Library
in Dublin oder dem Metropolitan Museum in New York. Antike Sarkophage, Wandmalereien
aus römischen Katakomben und mittelalterliche Schatzkunst sowie Gemälde und Zeichnungen
namhafter Künstler – etwa Raffael, Lucas Cranach d.Ä., Eugène Delacroix, Ferdinand Hodler,
Ernst Ludwig Kirchner und Käthe Kollwitz – erzählen von den unterschiedlichen Vorstellungen,
Motivationen und Formen helfender Zuwendung durch die Jahrhunderte. Werkgruppen
zeitgenössischer Künstler, etwa von Bill Viola, der mit einer Video-Installation in der Ausstellung
vertreten ist, vermitteln das Thema in die Gegenwart.
Die Motive, einander zu helfen, sind seit jeher vielfältig – sei es aus Mitleid, aus sozialem
Engagement oder aus religiöser Überzeugung. Indem die Nächstenliebe im Christentum eine
zentrale Bedeutung erhielt, entstand ein völlig neues Konzept menschlichen Miteinanders, das
weit über das philanthropische Denken und Handeln der Antike hinausging. So beginnt die
Ausstellung mit den Ursprüngen der Caritas bei den frühen Christen, folgt den Spuren ihrer
Institutionalisierung in den Herrschaftsgebieten mittelalterlicher Könige und Bischöfe und
beleuchtet die Gründung der ersten Hospitäler, Armen- und Waisenhäuser in Zeiten von Pest,
Krieg und Hungersnöten. Seit dem 16. Jahrhundert tritt – vor dem Hintergrund von Reformation
und Gegenreformation – die organisierte städtische bzw. frühstaatliche Fürsorge an die Stelle
des Almosens.
Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert entstanden neue Formen der Massenverelendung
und Armut, denen man sowohl mit kirchlichen als auch mit staatlichen Initiativen zu begegnen
suchte. Ein eigenes Kapitel stellt das Wirken karitativer Verbände, aber auch internationaler
Hilfsorganisationen vor der Folie der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts dar.
Pressekontakt
Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508,
Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24
In der Ausstellung begegnen die Besucher charismatischen Persönlichkeiten mit Herz, wie dem
heiligen Martin, der heiligen Elisabeth, dem heiligen Franz von Assisi oder Nikolaus von Kues. Die
herausragende Bedeutung der Nächstenliebe als Gegenstand der Kunst verdeutlichen zentrale
Bildmotive, wie die „Sieben Werke der Barmherzigkeit“, das Gleichnis vom „Barmherzigen
Samariter“ und die Personifikation der Caritas als liebende Mutter mit ihren Kindern.
Die Ausstellung will jedoch nicht nur eine kulturhistorische Rückschau bieten, sondern auch zur
Auseinandersetzung mit der Gegenwart anregen. Sie setzt sich mit der Frage auseinander, wie
heute in einer Zeit wirtschaftlicher Globalisierung, ungebremster Leistungssteigerung und
zahlloser internationaler Krisenherde, die Vertreibung und Flucht mit sich bringen, Tugenden wie
Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme und Barmherzigkeit überhaupt noch gedacht und gelebt
werden können.
Das Diözesanmuseum setzt mit „CARITAS – Nächstenliebe von den frühen Christen bis zur
Gegenwart“ die Reihe der erfolgreichen kunst- und kulturhistorischen Ausstellungsprojekte in
Paderborn fort: „799 – Kunst und Kultur der Karolingerzeit“ (1999), „Canossa 1077 –
Erschütterung der Welt“ (2006), „Franziskus – Licht aus Assisi“ (2011/12) sowie „CREDO –
Christianisierung Europas im Mittelalter“ (2013).
Die neue Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Oscar Andrés Kardinal Rodrígez
Maradiaga, S.D.B., Präsident von Caritas Internationalis. Zudem wird sie in Kooperation mit dem
Caritasverband im Erzbistum Paderborn durchgeführt, der im Jahr 2015 sein 100jähriges
Bestehen feiert.
www.caritas-ausstellung.de
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Exponate der Ausstellung (Auswahl)
Bill Viola, Observance, 2002, Long Beach
Die Installation des renommierten Videokünstlers
Bill Viola wird am Ende der Ausstellung gezeigt. In
extremer Verlangsamung bewegen sich Men-schen
in einer Art Prozession auf den Betrachter zu,
verharren im Vorder-grund. Von ihren Gefühlen
überwältigt, richten sie den Blick auf etwas
unterhalb des unteren Bildrandes. Einige von ihnen
halten und trösten sich gegenseitig. In seinen
Arbeiten beschäftigt sich Bill Viola mit existenziellen Themen wie Erinnerung, Geburt, Tod,
Vergänglichkeit, Mitgefühl und Spiritualität. Viola, der als Pionier der Videokunst gilt, orientiert sich bei
der Konzeption seiner Arbeiten unter anderem an Meisterwerken abendländischer Kunst aus der Zeit
der Renaissance und des Barock. Inspiration bezieht er darüber hinaus aus den Überlieferungen von
Gelehrten und Mystikern unterschiedlicher Religionen und Kulturen.
Ferdinand Hodler, Der barmherzige Samariter, um 1883, Zürich, Kunsthaus Zürich
Das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lk
10,25-37) gilt bereits bei den Kirchenvätern als
Exemplum des rechten Tuns und der imitatio
christi – und damit als nachdrücklicher Appell zur
tätigen Nächstenliebe. Hodlers Bild ist in dieser
Hinsicht von überragender Aussagekraft. Nackt
und schutzlos liegt der verwundete Reisende in
extremer perspektivischer Verkürzung inmitten
einer felsigen, lebensfeindlichen Landschaft, die in
fahles, diffuses Licht getaucht ist. Neben ihm kniet,
dicht über ihn gebeugt, der Samariter, den Hodler
in maximaler körperlicher wie fürsorglicher
Zugewandtheit zu dem verwundeten Fremden
zeigt. Verstärkt wird dies noch durch den
gewählten engen Bildausschnitt, der ein
Abschweifen des Betrachterblicks unmöglich
macht. Vor der flachen, grau-braun gehaltenen Landschaft, die beinahe nahtlos in den Himmel
überzugehen scheint, werden die beiden ganz an den vorderen Bildrand gerückten Figuren geradezu
ins Monumentale überhöht.
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Punktschriftmaschine „Picht“, um 1920-1953, Paderborn, Pauline-Schule
Die aus bürgerlichen Verhältnissen stammende
Pauline von Mallinckrodt (1817-1881) wollte aus
einem tiefen Glauben heraus sozial-karitativ tätig
sein. 1839 gründete sie den „Frauenverein zur
Hülfe der armen Kranken in den Häusern“.
Besonders am Herzen lag ihr das Schicksal von
blinden und sehbehinderten Kindern. Die von ihr
gegründete
Anstalt
wurde
1844
als
Provinzialanstalt übernommen. Aus der PaulineSchule stammt diese Punktschreibmaschine
„Picht“, mit der man Braille-Schrift schreiben kann,
ein Punktschriftsystem, das 1826 von dem (selbst
blinden) Franzosen Brailleentwickelt wurde und
das aus sechs in Zweierreihe angeordneten erhabene Punkten besteht, die unterschiedlich kombiniert
werden. Dieses System wurde 1879 in Deutschland übernommen; heute ist es das international
anerkannte und gebräuchliche Blindenschriftsystem.
Norbert Goeneutte, Ausgabe der Morgensuppe an die Armen, 1880, Paris, Musée d‘Orsay
Der sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts
vollziehende Übergang von ländlicher Agrar- zu
urbanisierter Industriegesellschaft brachten neben
Vorteilen auch erhebliche Nachteile für die soziale
Lage eines großen Teils der Bevölkerung: Die
Landbevölkerung nahm zu und drängte in die
Städte, Hausarbeiter und Handwerker konnten mit
den maschinell schneller und billiger hergestellten
Produkten nicht mithalten und verloren ihre
Erwerbsgrundlage. Das Gemälde La soupe du
matin von Norbert Goeneutte ist in dieser Hinsicht
von überragender Aussagekraft. Das heute stark
beschnittene Bild zeigt die öffentliche Ausgabe
derMorgensuppe an die Armen am Pariser Restaurant Brébant, dessen prachtvolle Architektur in
starkem Kontrast zu den ärmlich gekleideten Menschen im Vordergrund steht. Die naturalistische,
ungeschönte Genauigkeit, mit der Goeneutte die Szenerie schildert, verleiht dem Bild geradezu
appellativen Charakter: Es gleicht einer Aufforderung zum Handeln.
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Lorenzo Bartolini 1777-1850 – La Carità Educatrice 1824, Marmor, Bath, Roman Baths
Seit Ende des 17. Jahrhunderts und dann vor allem im 18.
Jahrhundert bekam – bedingt durch die Ideen der Aufklärer wie
John Locke und Jean-Jacques Rousseau – die Diskussion um
Bildung und Erziehung von Kindern neue Impulse. Nach und
nach fanden das Lesen und Schreiben Eingang in das Curriculum
für Waisen und Kinder der Armen. Seit Ende des 18.
Jahrhunderts wurde die Lesefähigkeit zunehmend als Recht
angesehen, und die Vermittlung von Bildung als „karitativer
Handlung“ im Sinne von Menschenbildung wurde zu einem
wichtigen Aspekt in der Zeit der Aufklärung. Die vom
italienischen Bildhauer Lorenzo Bartolini geschaffene und hier in
einer Kopie des 19. Jahrhunderts gezeigte Skulptur Carità
Educatrice verbildlicht diese neue Idee wie kein zweites
Kunstwerk. Die Statue zeigt eine völlig neue Ikonographie der
Caritas, in dem sie die herkömmliche Darstellung der Kinder um
den Aspekt ihrer Bildung erweitert: während das jüngere Kind
schlafend im Arm der als Mutter dargestellten Caritas liegt,
steht das ältere seitlich vor ihr und hält eine Schriftrolle in der Hand, auf die Mutter, die hier die
Rolle der Lehrerin übernimmt, zeigt.
Majolika-Breischüssel, Antwerpen, Openbaar Centrum voor Maatschapelijk Welzijn –
Museum Maagdenhuis
In der Organisation und praktischen Durchführung der
Armenfürsorge waren insbesondere die niederländischen
Städte, die sich im 16. Und 17. Jahrhundert zu
Handelsmetropolen
entwickelten,
vorbildgebend:
Nächstenliebe spielte hier eine zentrale Rolle und zwar in der
ethischen Unterweisung ebenso wie auch bei der Entwicklung
von
Versorgungseinrichtungen,
wie
Armenoder
Waisenhäusern. Aus dem Antwerpener Museum Maagdenhuis
– das einmal ein solches Waisenhaus war – stammt diese
Breischüssel. Nach dem Auslöffeln ihres Breis konnten die
Kinder übrigens sehen, wem sie diesen zu verdanken haben –
nämlich den reichen Vorsitzenden der Waisenhäuser, den
Aalmoezeniers, die häufig wohlhabende Handelsleute waren
und von denen hier einer auf dem Boden des Gefäßes in
typischer Kleidung abgebildet ist.
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Lucas Cranach d. Ä., CARITAS, nach 1536, Luxemburg, Musée National d`Histoire et d`Art
Das Gemälde von Lucas Cranach bildet die Caritas als Mutter
inmitten ihrer Kinderschar ab. Die nahezu genrehafte Darstellung
mit vier Kindern, von denen eines gerade gestillt wird, eines
ungestüm die Arme um den Hals der Mutter schlingt und die
beiden anderen Apfel essend im Vordergrund stehen, vermittelt
auf anrührende Weise die christliche Idee der uneingeschränkten
Sorge für den hilflosen Nächsten. Eine weitere Deutungsebene
schwingt bei der Darstellung mit: Die Gegenwart der Kinder – die
allen Menschen gleichgesetzt werden – verweist auch die
Abhängigkeit der menschlichen Seele von Gott als geistlicher
Nahrung.
Raffael, Baglioni-Altar, Haupttafel, Predella mit den Kardinaltugenden, Caritas und zwei
Engel, 1507, Rom, Pinacoteca Vaticana
Einer der bekanntesten Maler und Architekten der Hochrenaissance ist der aus Urbino stammende
und in Florenz und Rom reüssierende Raffaello Santi. Um 1507 wurde er von Atalanta Baglioni mit der
Erstellung einer Altartafel für die Familienkapelle in San Francesco al Prato in Perugia beauftragt.
Damit wollte sie ihres 1500 ermordet Sohnes Grifone gedenken. Das Mittelbild der Predella, das in
Paderborn zu sehen ist, zeigt die Tugend der Caritas umgeben von zwei Engeln. Auf den
benachbarten Predellentafeln sind die Tugenden des Glaubens und der Hoffnung abgebildet,
während die Haupttafel eine Kreuzabnahme zeigt. Die Bildidee der „Caritas“ als eine ihre Kinder
nährende und umsorgende Mutter entstand in der Renaissance und wurde im Barock
weiterentwickelt. Erstmals wird mit diesem Werk ein Raffael-Gemälde in Westfalen gezeigt.
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Antwerpener Meister, Das Weltgericht, die Sieben Werke der Barmherzigkeit und die
Sieben Todsünden, 1490/1500, Antwerpen, Openbaar Centrum voor Maatschapelijk
Weizijn – Museum Maagdenhuis
Das Tafelbild veranschaulicht für die
Zeitgenossen auf den ersten Blick verständlich
die Bibelstelle bei Matthäus 25, 31-46 gemäß
derer die Menschen beim Jüngsten Gericht nach
ihren guten Werken beurteilt werden. Diesen so
genannten sieben Werken der Barmherzigkeit
sind jeweils Heiligengestalten zugeordnet. Ihnen
gegenüber zeigt die Tafel die sieben Todsünden,
jede durch die Gegenwart des Teufels
charakterisiert. Über allem erkennt man das
Weltgericht am Ende der Zeiten, wenn sich die
Gräber öffnen, die Menschen durch Christus
gemäß ihrer Taten gerichtet. Das Tafelbild
stammt aus der Antwerpener „Camer van den
Huysarmen“. Hier wurden Arme versorgt, die
zwar ein Dach über dem Kopf hatten, aber nicht
für sich selbst sorgen konnten (daher Hausarme). Es war stete Mahnung zu pflichtbewusstem
Handeln und Zeichen der Verpflichtung zur Nächstenliebe.
Psalter-Einband der Königin Melisende, östliches Mittelmeer (Jerusalem), 1131 – 1143,
London British Library, Egerton 1139/1
Als fränkische Enklave im Orient war das Königreich Jerusalem ein
wichtiger Mittler zwischen der byzantinischen und der westlichen
Kultur. Das im zweiten Viertel des 12. Jahrhundert für Melisende,
Gemahlin des Königs von Jerusalem, geschaffene Psalterium mit
seinem kostbaren elfenbeinernen und edelsteinverzierten
Einband, belegt dies sehr anschaulich. Die kunstvoll geschnitzten
Reliefs auf der vorderen Deckelplatte zeigen neben Szenen aus
dem Leben Davids Darstellungen des Kampfes der Tugenden
gegen die Laster, wie er in der Psychomachie des Prudentius
beschrieben ist. Die rückwärtige Deckelplatte schmücken sechs
Medaillons. Dargestellt ist jeweils König David, gekrönt und
gewandet in ein kostbares byzantinisches Gewand, der die sechs
barmherzigen Werke (Mt. 25,34-46) vollbringt. Der Psaltereinband
zeigt eine der frühesten erhaltenen Darstellungen der „Werke der
Barmherzigkeit“ überhaupt.
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Evangelistar von der Reichenau, um 1020, München Bayerische Staatsbibliothek
Eine sehr frühe Darstellung, die die Parabel des Barmherzigen
Samariters hoch bedeutend ins Bild hebt findet sich im
Reichenauer Evangelistar. Es zeigt das Gleichnis in zwei Szenen
unterteilt: Das obere Bildfeld illustriert den Überfall der Räuber
auf den Reisenden, im unteren gibt der Samariter den Verletzten
in die Obhut des Wirts und bezahlt diesen für seine Dienste.
Neben dem Gleichnis des Barmherzigen Samariters sind auch die
Gleichnisse der „königlichen Hochzeit“ und des „ungerechten
Schuldners“ durch Miniaturen hervorgehoben. Die Kombination
zwischen Text und Bild sollte der religiösen Unterweisung dienen
und hielt den Betrachter – der den höchsten gesellschaftlichen
Schichten entstammte – dazu an, sich das Verhalten des
Samariters als Vorbild zu nehmen.
Konsulardiptychon des Flavius Taurus, Clementius, Konstantinopel 513, Liverpool, The
Board of Trustees of National Museums, World Museum
Flavius Taurus Clementinus spendierte aus Anlass seines
Amtsantritts als Jahreskonsul in Konstantinopel eine Woche lang
Wagenrennen, Tierhetzen und Theaterspiele. Zusätzliche
erhielten wichtige Freunde Geschenke und solche
Prunkdiptychen, wie das hier gezeigte. Programmatisch
thematisiert das Stück die Freigiebigkeit des Clementius: Zu
Füßen des Konsuls sieht man Diener, die aus Säcken Münzen,
Schalen, Platten und Barren verteilen. Das Konsulardiptychon
belegt eindrucksvoll, in welcher Weise mächtige und reiche
Mitglieder der spätantiken Gesellschaft durch Stiftungen – zum
Beispiel Spiele oder Getreidespenden – ihren Führungsanspruch
in der jeweiligen Polis untermauerten. Das Diptychon ist damit
beredtes Zeugnis spätantiker Wohltätigkeit und visualisiert
anschaulich die Unterschiede in den Konzepten von paganimperialer und christlicher Fürsorge.
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Sarkophag mit der Darstellung der Taufe Christi im Jordan und dem Agapemahl; Ende 3.
Jahrhundert, Musei Vaticani, Museo Pio Cristiano
Die gemeinsame Mahlfeier hatte im Urchristentum zentralen Rang. Die Apostelgeschichte nennt als
eine der vier Kennzeichen christlicher Gemeinschaft das „Brotbrechen“. Hier wurde an Jesu Tod und
Auferstehung erinnert und auf seine Wiederkunft vorbereitet. Bei diesem so genannten Liebesmahl
(Agape) wurde auch Nahrung an Bedürftige verteilt. Die bildliche Darstellung – so genannte
Sigmamahle – waren ein für Christen geläufiges Bildthema. Wie bei dem in Paderborn gezeigten Stück
zumeist an den Deckeln der Sarkophage angebracht, verdeutlichte es zum einen die Hoffnung auf das
ewige Leben, zum anderen aber auch die christliche Gemeinschaft in Nächstenliebe.
Pyxis mit Darstellungen der Wundersamen Brotvermehrung, 6. Jahrhundert, New York, The
Metropolitan Museum of Art
Die spätantike, heute in New York aufbewahrte Pyxis zeigt das Wunder der Speisung der 4000: als sich
eine große Menge an Volk versammelt hatte, um die Lehren Jesu zu hören, sie aber nichts mehr zu
essen hatten, speiste der Sohn Gottes seine Anhänger mit sieben Broten und einigen Fischen, so dass
alle satt wurden. Die Pyxis zeigt Christus auf seinem Thron sowie die Jünger, welche die Brotlaibe
herbeibringen. Die Wundertaten Christi wurden im frühen Christentum als Leitfaden für menschliches
Handeln aufgefasst: Durch die Darstellung der Austeilung des Brotes verbinden sich hier biblische
Ikonographie und christliche Caritas. Da das Gefäß vermutlich als liturgisches Behältnis bei der
Eucharistie zum Einsatz kam, hatte die frühe christliche Gemeinde gleichsam Anteil am Geschehen.
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Daten und Fakten
Ausstellungstitel und -dauer
CARITAS – Nächstenliebe von den frühen Christen bis in die
Gegenwart
23. Juli - 13. Dezember 2015
Homepage
www.caritas-ausstellung.de
Ausstellungsort/Kontakt
Erzbischöfliches Diözesanmuseum
und Domschatzkammer
Markt 17, 33098 Paderborn
Tel. +49 (0) 5251 125 1400
[email protected]
Konzeption
Prof. Dr. Christoph Stiegemann
Dr. Christiane Ruhmann, Projektleiterin und Kuratorin
Leihgaben
Rund 150 Exponate
Leihgeber
80 Leihgeber aus Europa und den U.S.A.
Öffnungszeiten
10.00 bis 18.00 Uhr
Montag geschlossen
Jeden ersten Freitag im Monat bis 20.00 Uhr
Eintrittspreise pro Person
Einzelkarte regulär
7,00 €
Ermäßigt (SGB II, SGB XII)
5,00 €
Schüler/Studierende
5,00 €
Für Gruppen ab 10 Personen 5,00 €
Schulklassen bei Buchung
einer Führung je Schüler
2,50 €
Familienkarte
15,00 €
Dauerkarte
30,00 €
Führungen
90 Minuten (Standard)
80,00 €
60 Minuten (Rapid)
60,00 €
Führungen in Fremdsprachen
(Englisch, Französisch, Italienisch,
Spanisch, Polnisch) zzgl.
15,00 €
Führungen für Schulklassen 75,00 €
Familienführung (90 Minuten) 80,00 €
Öffentliche Führungen
Regulär (pro Person) 5,00 €
Führungen für und mit
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Als inklusive Angebote sind geplant:
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Menschen mit Behinderung
Schulklassenprogramme für Förderschulen
Führungen in Gebärdensprache
Führungen in leichter Sprache
Anmeldung und Buchung von
Führungen
Tourist Information Paderborn:
+49 (0)5251 88-2980
[email protected]
Diözesanmuseum Paderborn:
+49 (0)5251 125-1400
[email protected]
Audioguide
Erwachsene
Kinder
5,00 €
2,00 €
Katalog
Ein ausführlicher und reich bebilderter Katalog erscheint im
Michael Imhof Verlag
In Kooperation mit der Lebenshilfe Sachsen entsteht ein
Katalog in Leichter Sprache
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Zitate zur Nächstenliebe (Auswahl)
Wir haben vergessen, was die Religion der Christen hauptsächlich gefordert hat, nämlich
Menschlichkeit gegenüber Fremden, die unermüdliche Sorge um die Begräbnisstätten für die
Toten und die Ernsthaftigkeit eines sittlichen Lebens [...]. Es ist tatsächlich eine Schande, dass [...]
die gottlosen Galiläer nicht nur ihre, sondern auch unsere Armen ernähren.
(Der heidnische Kaiser Julian Apostata (+ 363) an den Priester Arsakios über die Christen, die er
als gottlose Galiläer bezeichnet)
Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
Jesus im Matthäus-Evangelium, Kapitel 24, Vers 40
Gott hat keinen einzigen Menschen so der Gnade eines anderen überantwortet, dass dieser ihn
nach Willkür verhungern lassen darf.
John Locke, Erste Abhandlung über Regierung, 1689
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und
Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.
Artikel 1 Menschenrechtserklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen,
10.12.1948
Die Barmherzigkeit ist jene Eigenschaft, die uns unverwechselbar macht. […] (Sie) charakterisiert
mich, weil sie die Frage nach der Verantwortung stellt, unmittelbar und unausweichlich. […] Die
Barmherzigkeit mag aus der Fähigkeit des Mitleids und Mitgefühls entstehen, doch erst in der
Verantwortung, in der Tat mache ich mich erkennbar.
Dimitré Dinev, Barmherzigkeit 2 ,2010
Der Christ muss unbedingt barmherzig sein, denn das ist das Herz des Evangeliums. Und dieser
Lehre getreu muss die Kirche ihren Kindern immer wieder sagen: „Seid barmherzig«, wie der
Vater es ist, wie Jesus es war“.
Papst Franziskus, Generalaudienz, Petersplatz, 10. September 2014
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