Ausstellung im Diözesanmuseum Paderborn, 23. Juli bis 13. Dezember 2015 CARITAS – Nächstenliebe von den frühen Christen bis zur Gegenwart Hochkarätige Exponate beleuchten die Geschichte der Nächstenliebe in Kunst und Kultur Warum setzen sich Menschen seit Jahrhunderten für andere ein? Was motiviert sie? Wie wurde Nächstenliebe zu unterschiedlichen Zeiten begründet und gelebt? Die neue große kunst- und kulturhistorische Ausstellung im Diözesanmuseum Paderborn nimmt vom 23. Juli bis 13. Dezember 2015 erstmals die Geschichte der tätigen Nächstenliebe in den Blick und zeigt, wie sie sich in Kunst und Kultur der verschiedenen Epochen auf jeweils eigene Weise dargestellt hat. Der Schwerpunk der Schau liegt auf der christlichen Nächstenliebe, der Caritas, einer Haltung, die in ihrer kompromisslosen Hinwendung zum Mitmenschen in den Anfängen geradezu revolutionär war. Für „CARITAS – Nächstenliebe von den frühen Christen bis zur Gegenwart“ kommen hochkarätige Exponate aus bedeutenden Museen und Sammlungen aus ganz Europa und den U.S.A. nach Paderborn, darunter solche aus der Pinacoteca Vaticana, der Chester Beatty Library in Dublin oder dem Metropolitan Museum in New York. Antike Sarkophage, Wandmalereien aus römischen Katakomben und mittelalterliche Schatzkunst sowie Gemälde und Zeichnungen namhafter Künstler – etwa Raffael, Lucas Cranach d.Ä., Eugène Delacroix, Ferdinand Hodler, Ernst Ludwig Kirchner und Käthe Kollwitz – erzählen von den unterschiedlichen Vorstellungen, Motivationen und Formen helfender Zuwendung durch die Jahrhunderte. Werkgruppen zeitgenössischer Künstler, etwa von Bill Viola, der mit einer Video-Installation in der Ausstellung vertreten ist, vermitteln das Thema in die Gegenwart. Die Motive, einander zu helfen, sind seit jeher vielfältig – sei es aus Mitleid, aus sozialem Engagement oder aus religiöser Überzeugung. Indem die Nächstenliebe im Christentum eine zentrale Bedeutung erhielt, entstand ein völlig neues Konzept menschlichen Miteinanders, das weit über das philanthropische Denken und Handeln der Antike hinausging. So beginnt die Ausstellung mit den Ursprüngen der Caritas bei den frühen Christen, folgt den Spuren ihrer Institutionalisierung in den Herrschaftsgebieten mittelalterlicher Könige und Bischöfe und beleuchtet die Gründung der ersten Hospitäler, Armen- und Waisenhäuser in Zeiten von Pest, Krieg und Hungersnöten. Seit dem 16. Jahrhundert tritt – vor dem Hintergrund von Reformation und Gegenreformation – die organisierte städtische bzw. frühstaatliche Fürsorge an die Stelle des Almosens. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert entstanden neue Formen der Massenverelendung und Armut, denen man sowohl mit kirchlichen als auch mit staatlichen Initiativen zu begegnen suchte. Ein eigenes Kapitel stellt das Wirken karitativer Verbände, aber auch internationaler Hilfsorganisationen vor der Folie der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts dar. Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 In der Ausstellung begegnen die Besucher charismatischen Persönlichkeiten mit Herz, wie dem heiligen Martin, der heiligen Elisabeth, dem heiligen Franz von Assisi oder Nikolaus von Kues. Die herausragende Bedeutung der Nächstenliebe als Gegenstand der Kunst verdeutlichen zentrale Bildmotive, wie die „Sieben Werke der Barmherzigkeit“, das Gleichnis vom „Barmherzigen Samariter“ und die Personifikation der Caritas als liebende Mutter mit ihren Kindern. Die Ausstellung will jedoch nicht nur eine kulturhistorische Rückschau bieten, sondern auch zur Auseinandersetzung mit der Gegenwart anregen. Sie setzt sich mit der Frage auseinander, wie heute in einer Zeit wirtschaftlicher Globalisierung, ungebremster Leistungssteigerung und zahlloser internationaler Krisenherde, die Vertreibung und Flucht mit sich bringen, Tugenden wie Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme und Barmherzigkeit überhaupt noch gedacht und gelebt werden können. Das Diözesanmuseum setzt mit „CARITAS – Nächstenliebe von den frühen Christen bis zur Gegenwart“ die Reihe der erfolgreichen kunst- und kulturhistorischen Ausstellungsprojekte in Paderborn fort: „799 – Kunst und Kultur der Karolingerzeit“ (1999), „Canossa 1077 – Erschütterung der Welt“ (2006), „Franziskus – Licht aus Assisi“ (2011/12) sowie „CREDO – Christianisierung Europas im Mittelalter“ (2013). Die neue Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Oscar Andrés Kardinal Rodrígez Maradiaga, S.D.B., Präsident von Caritas Internationalis. Zudem wird sie in Kooperation mit dem Caritasverband im Erzbistum Paderborn durchgeführt, der im Jahr 2015 sein 100jähriges Bestehen feiert. www.caritas-ausstellung.de Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 Exponate der Ausstellung (Auswahl) Bill Viola, Observance, 2002, Long Beach Die Installation des renommierten Videokünstlers Bill Viola wird am Ende der Ausstellung gezeigt. In extremer Verlangsamung bewegen sich Men-schen in einer Art Prozession auf den Betrachter zu, verharren im Vorder-grund. Von ihren Gefühlen überwältigt, richten sie den Blick auf etwas unterhalb des unteren Bildrandes. Einige von ihnen halten und trösten sich gegenseitig. In seinen Arbeiten beschäftigt sich Bill Viola mit existenziellen Themen wie Erinnerung, Geburt, Tod, Vergänglichkeit, Mitgefühl und Spiritualität. Viola, der als Pionier der Videokunst gilt, orientiert sich bei der Konzeption seiner Arbeiten unter anderem an Meisterwerken abendländischer Kunst aus der Zeit der Renaissance und des Barock. Inspiration bezieht er darüber hinaus aus den Überlieferungen von Gelehrten und Mystikern unterschiedlicher Religionen und Kulturen. Ferdinand Hodler, Der barmherzige Samariter, um 1883, Zürich, Kunsthaus Zürich Das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37) gilt bereits bei den Kirchenvätern als Exemplum des rechten Tuns und der imitatio christi – und damit als nachdrücklicher Appell zur tätigen Nächstenliebe. Hodlers Bild ist in dieser Hinsicht von überragender Aussagekraft. Nackt und schutzlos liegt der verwundete Reisende in extremer perspektivischer Verkürzung inmitten einer felsigen, lebensfeindlichen Landschaft, die in fahles, diffuses Licht getaucht ist. Neben ihm kniet, dicht über ihn gebeugt, der Samariter, den Hodler in maximaler körperlicher wie fürsorglicher Zugewandtheit zu dem verwundeten Fremden zeigt. Verstärkt wird dies noch durch den gewählten engen Bildausschnitt, der ein Abschweifen des Betrachterblicks unmöglich macht. Vor der flachen, grau-braun gehaltenen Landschaft, die beinahe nahtlos in den Himmel überzugehen scheint, werden die beiden ganz an den vorderen Bildrand gerückten Figuren geradezu ins Monumentale überhöht. Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 Punktschriftmaschine „Picht“, um 1920-1953, Paderborn, Pauline-Schule Die aus bürgerlichen Verhältnissen stammende Pauline von Mallinckrodt (1817-1881) wollte aus einem tiefen Glauben heraus sozial-karitativ tätig sein. 1839 gründete sie den „Frauenverein zur Hülfe der armen Kranken in den Häusern“. Besonders am Herzen lag ihr das Schicksal von blinden und sehbehinderten Kindern. Die von ihr gegründete Anstalt wurde 1844 als Provinzialanstalt übernommen. Aus der PaulineSchule stammt diese Punktschreibmaschine „Picht“, mit der man Braille-Schrift schreiben kann, ein Punktschriftsystem, das 1826 von dem (selbst blinden) Franzosen Brailleentwickelt wurde und das aus sechs in Zweierreihe angeordneten erhabene Punkten besteht, die unterschiedlich kombiniert werden. Dieses System wurde 1879 in Deutschland übernommen; heute ist es das international anerkannte und gebräuchliche Blindenschriftsystem. Norbert Goeneutte, Ausgabe der Morgensuppe an die Armen, 1880, Paris, Musée d‘Orsay Der sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts vollziehende Übergang von ländlicher Agrar- zu urbanisierter Industriegesellschaft brachten neben Vorteilen auch erhebliche Nachteile für die soziale Lage eines großen Teils der Bevölkerung: Die Landbevölkerung nahm zu und drängte in die Städte, Hausarbeiter und Handwerker konnten mit den maschinell schneller und billiger hergestellten Produkten nicht mithalten und verloren ihre Erwerbsgrundlage. Das Gemälde La soupe du matin von Norbert Goeneutte ist in dieser Hinsicht von überragender Aussagekraft. Das heute stark beschnittene Bild zeigt die öffentliche Ausgabe derMorgensuppe an die Armen am Pariser Restaurant Brébant, dessen prachtvolle Architektur in starkem Kontrast zu den ärmlich gekleideten Menschen im Vordergrund steht. Die naturalistische, ungeschönte Genauigkeit, mit der Goeneutte die Szenerie schildert, verleiht dem Bild geradezu appellativen Charakter: Es gleicht einer Aufforderung zum Handeln. Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 Lorenzo Bartolini 1777-1850 – La Carità Educatrice 1824, Marmor, Bath, Roman Baths Seit Ende des 17. Jahrhunderts und dann vor allem im 18. Jahrhundert bekam – bedingt durch die Ideen der Aufklärer wie John Locke und Jean-Jacques Rousseau – die Diskussion um Bildung und Erziehung von Kindern neue Impulse. Nach und nach fanden das Lesen und Schreiben Eingang in das Curriculum für Waisen und Kinder der Armen. Seit Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Lesefähigkeit zunehmend als Recht angesehen, und die Vermittlung von Bildung als „karitativer Handlung“ im Sinne von Menschenbildung wurde zu einem wichtigen Aspekt in der Zeit der Aufklärung. Die vom italienischen Bildhauer Lorenzo Bartolini geschaffene und hier in einer Kopie des 19. Jahrhunderts gezeigte Skulptur Carità Educatrice verbildlicht diese neue Idee wie kein zweites Kunstwerk. Die Statue zeigt eine völlig neue Ikonographie der Caritas, in dem sie die herkömmliche Darstellung der Kinder um den Aspekt ihrer Bildung erweitert: während das jüngere Kind schlafend im Arm der als Mutter dargestellten Caritas liegt, steht das ältere seitlich vor ihr und hält eine Schriftrolle in der Hand, auf die Mutter, die hier die Rolle der Lehrerin übernimmt, zeigt. Majolika-Breischüssel, Antwerpen, Openbaar Centrum voor Maatschapelijk Welzijn – Museum Maagdenhuis In der Organisation und praktischen Durchführung der Armenfürsorge waren insbesondere die niederländischen Städte, die sich im 16. Und 17. Jahrhundert zu Handelsmetropolen entwickelten, vorbildgebend: Nächstenliebe spielte hier eine zentrale Rolle und zwar in der ethischen Unterweisung ebenso wie auch bei der Entwicklung von Versorgungseinrichtungen, wie Armenoder Waisenhäusern. Aus dem Antwerpener Museum Maagdenhuis – das einmal ein solches Waisenhaus war – stammt diese Breischüssel. Nach dem Auslöffeln ihres Breis konnten die Kinder übrigens sehen, wem sie diesen zu verdanken haben – nämlich den reichen Vorsitzenden der Waisenhäuser, den Aalmoezeniers, die häufig wohlhabende Handelsleute waren und von denen hier einer auf dem Boden des Gefäßes in typischer Kleidung abgebildet ist. Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 Lucas Cranach d. Ä., CARITAS, nach 1536, Luxemburg, Musée National d`Histoire et d`Art Das Gemälde von Lucas Cranach bildet die Caritas als Mutter inmitten ihrer Kinderschar ab. Die nahezu genrehafte Darstellung mit vier Kindern, von denen eines gerade gestillt wird, eines ungestüm die Arme um den Hals der Mutter schlingt und die beiden anderen Apfel essend im Vordergrund stehen, vermittelt auf anrührende Weise die christliche Idee der uneingeschränkten Sorge für den hilflosen Nächsten. Eine weitere Deutungsebene schwingt bei der Darstellung mit: Die Gegenwart der Kinder – die allen Menschen gleichgesetzt werden – verweist auch die Abhängigkeit der menschlichen Seele von Gott als geistlicher Nahrung. Raffael, Baglioni-Altar, Haupttafel, Predella mit den Kardinaltugenden, Caritas und zwei Engel, 1507, Rom, Pinacoteca Vaticana Einer der bekanntesten Maler und Architekten der Hochrenaissance ist der aus Urbino stammende und in Florenz und Rom reüssierende Raffaello Santi. Um 1507 wurde er von Atalanta Baglioni mit der Erstellung einer Altartafel für die Familienkapelle in San Francesco al Prato in Perugia beauftragt. Damit wollte sie ihres 1500 ermordet Sohnes Grifone gedenken. Das Mittelbild der Predella, das in Paderborn zu sehen ist, zeigt die Tugend der Caritas umgeben von zwei Engeln. Auf den benachbarten Predellentafeln sind die Tugenden des Glaubens und der Hoffnung abgebildet, während die Haupttafel eine Kreuzabnahme zeigt. Die Bildidee der „Caritas“ als eine ihre Kinder nährende und umsorgende Mutter entstand in der Renaissance und wurde im Barock weiterentwickelt. Erstmals wird mit diesem Werk ein Raffael-Gemälde in Westfalen gezeigt. Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 Antwerpener Meister, Das Weltgericht, die Sieben Werke der Barmherzigkeit und die Sieben Todsünden, 1490/1500, Antwerpen, Openbaar Centrum voor Maatschapelijk Weizijn – Museum Maagdenhuis Das Tafelbild veranschaulicht für die Zeitgenossen auf den ersten Blick verständlich die Bibelstelle bei Matthäus 25, 31-46 gemäß derer die Menschen beim Jüngsten Gericht nach ihren guten Werken beurteilt werden. Diesen so genannten sieben Werken der Barmherzigkeit sind jeweils Heiligengestalten zugeordnet. Ihnen gegenüber zeigt die Tafel die sieben Todsünden, jede durch die Gegenwart des Teufels charakterisiert. Über allem erkennt man das Weltgericht am Ende der Zeiten, wenn sich die Gräber öffnen, die Menschen durch Christus gemäß ihrer Taten gerichtet. Das Tafelbild stammt aus der Antwerpener „Camer van den Huysarmen“. Hier wurden Arme versorgt, die zwar ein Dach über dem Kopf hatten, aber nicht für sich selbst sorgen konnten (daher Hausarme). Es war stete Mahnung zu pflichtbewusstem Handeln und Zeichen der Verpflichtung zur Nächstenliebe. Psalter-Einband der Königin Melisende, östliches Mittelmeer (Jerusalem), 1131 – 1143, London British Library, Egerton 1139/1 Als fränkische Enklave im Orient war das Königreich Jerusalem ein wichtiger Mittler zwischen der byzantinischen und der westlichen Kultur. Das im zweiten Viertel des 12. Jahrhundert für Melisende, Gemahlin des Königs von Jerusalem, geschaffene Psalterium mit seinem kostbaren elfenbeinernen und edelsteinverzierten Einband, belegt dies sehr anschaulich. Die kunstvoll geschnitzten Reliefs auf der vorderen Deckelplatte zeigen neben Szenen aus dem Leben Davids Darstellungen des Kampfes der Tugenden gegen die Laster, wie er in der Psychomachie des Prudentius beschrieben ist. Die rückwärtige Deckelplatte schmücken sechs Medaillons. Dargestellt ist jeweils König David, gekrönt und gewandet in ein kostbares byzantinisches Gewand, der die sechs barmherzigen Werke (Mt. 25,34-46) vollbringt. Der Psaltereinband zeigt eine der frühesten erhaltenen Darstellungen der „Werke der Barmherzigkeit“ überhaupt. Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 Evangelistar von der Reichenau, um 1020, München Bayerische Staatsbibliothek Eine sehr frühe Darstellung, die die Parabel des Barmherzigen Samariters hoch bedeutend ins Bild hebt findet sich im Reichenauer Evangelistar. Es zeigt das Gleichnis in zwei Szenen unterteilt: Das obere Bildfeld illustriert den Überfall der Räuber auf den Reisenden, im unteren gibt der Samariter den Verletzten in die Obhut des Wirts und bezahlt diesen für seine Dienste. Neben dem Gleichnis des Barmherzigen Samariters sind auch die Gleichnisse der „königlichen Hochzeit“ und des „ungerechten Schuldners“ durch Miniaturen hervorgehoben. Die Kombination zwischen Text und Bild sollte der religiösen Unterweisung dienen und hielt den Betrachter – der den höchsten gesellschaftlichen Schichten entstammte – dazu an, sich das Verhalten des Samariters als Vorbild zu nehmen. Konsulardiptychon des Flavius Taurus, Clementius, Konstantinopel 513, Liverpool, The Board of Trustees of National Museums, World Museum Flavius Taurus Clementinus spendierte aus Anlass seines Amtsantritts als Jahreskonsul in Konstantinopel eine Woche lang Wagenrennen, Tierhetzen und Theaterspiele. Zusätzliche erhielten wichtige Freunde Geschenke und solche Prunkdiptychen, wie das hier gezeigte. Programmatisch thematisiert das Stück die Freigiebigkeit des Clementius: Zu Füßen des Konsuls sieht man Diener, die aus Säcken Münzen, Schalen, Platten und Barren verteilen. Das Konsulardiptychon belegt eindrucksvoll, in welcher Weise mächtige und reiche Mitglieder der spätantiken Gesellschaft durch Stiftungen – zum Beispiel Spiele oder Getreidespenden – ihren Führungsanspruch in der jeweiligen Polis untermauerten. Das Diptychon ist damit beredtes Zeugnis spätantiker Wohltätigkeit und visualisiert anschaulich die Unterschiede in den Konzepten von paganimperialer und christlicher Fürsorge. Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 Sarkophag mit der Darstellung der Taufe Christi im Jordan und dem Agapemahl; Ende 3. Jahrhundert, Musei Vaticani, Museo Pio Cristiano Die gemeinsame Mahlfeier hatte im Urchristentum zentralen Rang. Die Apostelgeschichte nennt als eine der vier Kennzeichen christlicher Gemeinschaft das „Brotbrechen“. Hier wurde an Jesu Tod und Auferstehung erinnert und auf seine Wiederkunft vorbereitet. Bei diesem so genannten Liebesmahl (Agape) wurde auch Nahrung an Bedürftige verteilt. Die bildliche Darstellung – so genannte Sigmamahle – waren ein für Christen geläufiges Bildthema. Wie bei dem in Paderborn gezeigten Stück zumeist an den Deckeln der Sarkophage angebracht, verdeutlichte es zum einen die Hoffnung auf das ewige Leben, zum anderen aber auch die christliche Gemeinschaft in Nächstenliebe. Pyxis mit Darstellungen der Wundersamen Brotvermehrung, 6. Jahrhundert, New York, The Metropolitan Museum of Art Die spätantike, heute in New York aufbewahrte Pyxis zeigt das Wunder der Speisung der 4000: als sich eine große Menge an Volk versammelt hatte, um die Lehren Jesu zu hören, sie aber nichts mehr zu essen hatten, speiste der Sohn Gottes seine Anhänger mit sieben Broten und einigen Fischen, so dass alle satt wurden. Die Pyxis zeigt Christus auf seinem Thron sowie die Jünger, welche die Brotlaibe herbeibringen. Die Wundertaten Christi wurden im frühen Christentum als Leitfaden für menschliches Handeln aufgefasst: Durch die Darstellung der Austeilung des Brotes verbinden sich hier biblische Ikonographie und christliche Caritas. Da das Gefäß vermutlich als liturgisches Behältnis bei der Eucharistie zum Einsatz kam, hatte die frühe christliche Gemeinde gleichsam Anteil am Geschehen. Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 Daten und Fakten Ausstellungstitel und -dauer CARITAS – Nächstenliebe von den frühen Christen bis in die Gegenwart 23. Juli - 13. Dezember 2015 Homepage www.caritas-ausstellung.de Ausstellungsort/Kontakt Erzbischöfliches Diözesanmuseum und Domschatzkammer Markt 17, 33098 Paderborn Tel. +49 (0) 5251 125 1400 [email protected] Konzeption Prof. Dr. Christoph Stiegemann Dr. Christiane Ruhmann, Projektleiterin und Kuratorin Leihgaben Rund 150 Exponate Leihgeber 80 Leihgeber aus Europa und den U.S.A. Öffnungszeiten 10.00 bis 18.00 Uhr Montag geschlossen Jeden ersten Freitag im Monat bis 20.00 Uhr Eintrittspreise pro Person Einzelkarte regulär 7,00 € Ermäßigt (SGB II, SGB XII) 5,00 € Schüler/Studierende 5,00 € Für Gruppen ab 10 Personen 5,00 € Schulklassen bei Buchung einer Führung je Schüler 2,50 € Familienkarte 15,00 € Dauerkarte 30,00 € Führungen 90 Minuten (Standard) 80,00 € 60 Minuten (Rapid) 60,00 € Führungen in Fremdsprachen (Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Polnisch) zzgl. 15,00 € Führungen für Schulklassen 75,00 € Familienführung (90 Minuten) 80,00 € Öffentliche Führungen Regulär (pro Person) 5,00 € Führungen für und mit Pressekontakt Als inklusive Angebote sind geplant: Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 Menschen mit Behinderung Schulklassenprogramme für Förderschulen Führungen in Gebärdensprache Führungen in leichter Sprache Anmeldung und Buchung von Führungen Tourist Information Paderborn: +49 (0)5251 88-2980 [email protected] Diözesanmuseum Paderborn: +49 (0)5251 125-1400 [email protected] Audioguide Erwachsene Kinder 5,00 € 2,00 € Katalog Ein ausführlicher und reich bebilderter Katalog erscheint im Michael Imhof Verlag In Kooperation mit der Lebenshilfe Sachsen entsteht ein Katalog in Leichter Sprache Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24 Zitate zur Nächstenliebe (Auswahl) Wir haben vergessen, was die Religion der Christen hauptsächlich gefordert hat, nämlich Menschlichkeit gegenüber Fremden, die unermüdliche Sorge um die Begräbnisstätten für die Toten und die Ernsthaftigkeit eines sittlichen Lebens [...]. Es ist tatsächlich eine Schande, dass [...] die gottlosen Galiläer nicht nur ihre, sondern auch unsere Armen ernähren. (Der heidnische Kaiser Julian Apostata (+ 363) an den Priester Arsakios über die Christen, die er als gottlose Galiläer bezeichnet) Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. Jesus im Matthäus-Evangelium, Kapitel 24, Vers 40 Gott hat keinen einzigen Menschen so der Gnade eines anderen überantwortet, dass dieser ihn nach Willkür verhungern lassen darf. John Locke, Erste Abhandlung über Regierung, 1689 Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen. Artikel 1 Menschenrechtserklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen, 10.12.1948 Die Barmherzigkeit ist jene Eigenschaft, die uns unverwechselbar macht. […] (Sie) charakterisiert mich, weil sie die Frage nach der Verantwortung stellt, unmittelbar und unausweichlich. […] Die Barmherzigkeit mag aus der Fähigkeit des Mitleids und Mitgefühls entstehen, doch erst in der Verantwortung, in der Tat mache ich mich erkennbar. Dimitré Dinev, Barmherzigkeit 2 ,2010 Der Christ muss unbedingt barmherzig sein, denn das ist das Herz des Evangeliums. Und dieser Lehre getreu muss die Kirche ihren Kindern immer wieder sagen: „Seid barmherzig«, wie der Vater es ist, wie Jesus es war“. Papst Franziskus, Generalaudienz, Petersplatz, 10. September 2014 Pressekontakt Mirjam Flender / Silke Günnewig, Pressebüro Diözesanmuseum Paderborn, c/o projekt2508, Riesstraße 10, 53113 Bonn, [email protected], Tel: +49 (0)228-184967-24
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