Zukunft Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht. Der Bote Nr. 1 | Juli 2015 | 104. Jahrgang Berichte aus der Brüder- und Schwesternschaft des Rauhen Hauses Dietrich Bonhoeffer Schönheit der Gemeinschaft 40 Jahre Seniorentreff Seite 24 Moin Moin – Besuch aus Rummelsberg Seite 40 au f e i n wo rt Der Bote 1/2015 titelb i ld 40 Jahre Rauhhäusler Seniorentreff – die Brüder und Schwestern blicken zurück auf eine reich gefüllte Schatzkiste. In ihr finden sich: viel Erfahrung, manches Organisationstalent, großes Interesse an Neuem, unermüdliche Reiselust, liebevolle Traditionspflege, Erinnerungen an Verstorbene, miteinander Andacht feiern und Wegbegleitung. Wir wünschen weiterhin viel Energie und Freude an der Gemeinsamkeit – wie hier auf der Reise 2010 nach Königslutter/Elm. Lebensschönheiten Liebe Schwestern, liebe Brüder „Es gibt zwei Lebensschönheiten, die eine: ich selber sein zu dürfen; die andere: nicht nur ich selber sein zu müssen, sondern von der Kraft, dem Trost und dem Reichtum der anderen zu leben. Es ist mehr Spiel im Leben und weniger Zwang, wenn man nicht der dauernde Meister seiner selbst und der Erfinder der eigenen Schönheit sein muss; wenn man sich in der Gnade eines anderen Menschen tummeln kann“. Die Worte aus dem Text von Fulbert Steffensky* lösen bei mir Zustimmung und Widerspruch aus: Das „Ja“ dazu, dass ich nicht immer alle meine Erwartungen erfüllen muss. Und ein „Naja“ beim Gedanken, das Wirken meiner Person aus der Resonanz der anderen Menschen zu erfahren. Es braucht Vertrauen, das aus der Hand zu geben, was ich gerne in der Hand behielte – mich zuzumuten und zu hören: Du bist schön! Fulbert Steffensky lädt jedenfalls ein, sich auf diese Erfahrung einzulas- sen. Und er nennt es „mehr Spiel im Leben und weniger Zwang“. Dass die Brüder-und Schwesternschaft ein Ort der Einübung dieser „Kunst“ ist, ist in diesem Boten nachzulesen: In den Artikeln der Konvikte und von den Einkehrtagen (ab S. 14), im Bericht des Ältestenrates und nicht zuletzt mit der Einladung, dem Thema „ Schönheit von Gemeinschaft“ nachzugehen (S. 6). Das Konvent Seniorentreff blickt auf 40 Jahre Weggemeinschaft: Herzlichen Glückwunsch! „Lebensschönheiten“ in allen Facetten – ich werde nicht müde, davon zu erzählen. Euch allen wünsche ich gesegnete Sommertage und Zeit mit viel Schönheit! Eure Claudia Rackwitz-Busse * VEDD Impuls III/2012, S.49 3 i n ha lt Der Bote 1/2015 Der Bote 1/2015 i n h a lt Das bringt der neue Bote: DAS THEM A 4 6 Schönheit der Gemeinschaft – Neu-Entdeckung des Alt-Vertrauten von Claudia Rackwitz-Busse 8 Das ist für mich Gemeinschaft – Ein Schritt bringt mich zu denen, die ich mir nicht ausgesucht habe, die ich aber suche von Dagmar Krok aus der gemei nsc haft 14 Pause vom Alltag Ein Rückblick auf die Einkehrtage im Kloster Amelungsborn, Herbst 2014 von Nicole Meyer 16 „Gott, ich brauche Zeichen“ – Einkehrtage 2015 im Domkloster Ratzeburg von Sabine Hildebrand 18 Der Gerechtigkeit nachjagen Treffen der Konvikte Hamburg West und Hamburg Ost von Elisabeth Haffer 21 Meinem Glauben Worte geben Treffen des Konvikts Niedersachen November 2014 in Oldau von Annegret Warnecke 22 Laufen mit Paulus – Andacht zum Lauf zwischen den Meeren 24 Wir gratulieren! 40 Jahre Rauhhäusler Seniorentreff von Gerd Junior 26 Bildung – Politik – Tradition – Bericht aus dem Ältestenrat und seiner Arbeit von Johanna Kutzke aus dem r au h en haus 30 Was macht dich stark? – Der Jahresbericht des Rauhen Hauses 2014 ist gerade frisch erschienen und kann jetzt bestellt werden 31 „Wichern in die Gegenwart übersetzen“ Gespräch mit Carsten Krüger, Leiter des Stiftungsbereichs Behindertenhilfe von Johanna Kutzke 33 „Der Heilige Geist ist mit im Raum“ Gespräch mit Corinna Peters-Leimbach, Seelsorgerin im Rauhen Haus von Johanna Kutzke aus deR NOR DKIRCHE 36 Vier sind Tausend – Rückblick auf das erste Jahr des Verbandes Diakonischer Gemeinschaften in der Nordkirche von Dieter Waldner aus dem vedd 40 Moin, Moin! Besuch der Diakoninnengemeinschaft Rummelsberg von Kerstin Stengel anstöSSe 42 Ich habe über Jesus gehört und halte das für wahr – Seminar Leichte Sprache 46 46 50 52 53 56 58 60 Nachruf für Kristina Merz-Sprandel von Ute Zeißler Nachruf für Bruno Jung von Gert Müssig Nachruf für Alberdine „Dini“ Geers von Doris Hamer Nachruf für Werner Huppe von Rolf Siebrecht Nachruf für Günter Semmler von Henning Balzer Persönliches Veränderungen 62 Te r mi n e persön lic h es 64 Empfeh lu ngen 64 Göttliches ins Leben lassen von Hans-Jürgen Benedict 66 Präsentieren und faszinieren 66 Was Steine erzählen 67 Impr e ssum 5 DAS THE M A Der Bote 1/2015 Schönheit der Gemeinschaft Neu-Entdeckung des Alt-Vertrauten 6 „Vergesst mir nicht die Schönheit unserer Gemeinschaften!“ Mir ist deutlich im Ohr geblieben, was Carl Christian Klein 2013 bei seiner Verabschiedung als Geschäftsführer des VEDD (Verband der Diakonen-und Diakoninnen und Diakonatsgemeinschaften Deutschland) allen Gästen zurief. Mich begleitet dies, die Schönheit der Gemeinschaft! Als Konviktmeisterin komme ich in unserer Gemeinschaft und anderen Gemeinschaften des VEDD herum. Schön- heiten jede für sich – auf der Karlshöhe, in Rickling, in Rummelsberg und im Rauhen Haus. In der Weise wie sich dort, in Konvikten und Konventen, Brüder und Schwestern, Männer und Frauen begegnen, wie sie miteinander umgehen … Das hat für mich einen besonderen Glanz. Und da geht es schon los, das Sprichwort:“ Schönheit liegt im Auge des Betrachters“. Was ist Schönheit? Diese Frage stellte ich rund vierzig Brüdern und Schwestern der Ricklinger Gemeinschaft Schönheit und Vielfalt beim Treffen des Konviktes Süddeutschland DAS THE M A Der Bote 1/2015 bei einem Treffen. Vor sich hatten sie viele verschiedene Gegenstände: Steine, Blüten, Sand, Perlen, Fotos. Es war im Raum sofort greifbar, wie unterschiedlich jede und jeder ihre Wahl treffen würde und getroffen hat. Eine wunderbare Palette der Schönheiten entfaltete sich. Es mag einfach klingen, aber es war einfach schön, zu erleben wie alle in Kontakt zueinandertraten und sich in ihrer unterschiedlichen Wahrnehmung austauschten. Schönheit, so will ich es formulieren, entsteht, wenn Menschen zusammenkommen. Sehr schlicht vielleicht. Und doch ein große Herausforderung, auf die es nicht die „eine“ Antwort gibt. Auf dem Kirchentag in Stuttgart hielt ich eine Postkarte in der Hand: „Gemeinschaft tut gut, ist spannend, fördert geistliches Wachstum, bildet, vernetzt, stößt Ideen und Projekte an, prägt und trägt, gibt Heimat, macht Geschichte und Zukunft lebendig“. Das Wort Gemeinschaft war in den unterschiedlichsten Farben gedruckt. Vielfalt – die Schönheit der Gemeinschaft. Unsere Brüder-und Schwesternschaft kann davon erzählen. 650 unterschiedliche Menschen, die zur Ge- 7 Verbunden im Gebet meinschaft gehören. 650 eigene Haltungen und Einschätzungen zur Schönheit und zur Gemeinschaft. Im Folgenden geht Dagmar Krok dem nach, was ihr Gemeinschaft bedeutet. Ihr Artikel „Himmel und Erde verbinden“ erschien in der Arbeitshilfe zum Weitergeben 1/2015, Evangelische Frauen in Deutschland. Das Redaktionsteam des Boten lädt euch in diesem Zusammenhang ein, euch zu beteiligen und zu schreiben: Was verbindet ihr mit Schönheit der Gemeinschaft? Was regt euch auf, was lässt euer Herz voll werden, was fehlt – und nicht zuletzt: Was ist alles da? Claudia Rackwitz-Busse Ich bin Gemeinschaft – unser Motto beim Kirchentag in Stuttgart DAS THE M A Der Bote 1/2015 DAS THE M A Der Bote 1/2015 Das ist für mich Gemeinschaft Ein Schritt bringt mich zu denen, die ich mir nicht ausgesucht habe, die ich aber suche 8 In der letzten Woche ist es wieder passiert: Im Gespräch erzähle ich von meinem Diakonin-Sein und der Zugehörigkeit zu einer Brüder- und Schwesternschaft. Wo gerade noch reger Austausch war, breiten sich Unsicherheit und Fremdheit, aber auch Neugierde aus. Was bedeutet es im Alltag, Mitglied in einer Brüder- und Schwesternschaft zu sein? Wie viele gehören dazu? Nach welchen Regeln lebt ihr? Geht das denn, wenn du verheiratest bist? Was hast du davon? Wozu braucht es eine solche Gemeinschaft? Viele Fragen, die ich schon oft beantwortet habe, und doch gerate ich ins Stocken. Wieder einmal wird mir bewusst, dass das Leben in einer Gemeinschaft ungewöhnlich ist, für Außenstehende fremd oder exotisch erscheinen mag, mir aber ein großer Schatz ist, Kraftquelle und Herzensangelegenheit. Die Brüder- und Schwesternschaft ist für mich der Ort, an dem ich einüben kann, in der Nachfolge Christi zu leben. Von seiner Bedeutung zu erzählen braucht Vertrauen, dass mein Gegenüber diesen Raum respektvoll betritt. Die Jahreslosung „Nehmet einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“ erzählt von diesem Respekt, den es braucht, offen miteinander zu reden, in einer Gemeinschaft zu leben und davon zu erzählen. Zunächst erst einmal die Fakten. „Meine“ Brüder- und Schwesternschaft ist eine geistliche Gemeinschaft, die in den Anfangsjahren des Rauhen Hauses durch dessen Gründer Johann Hinrich Wichern, entstanden ist. Wichern verstand die Brüderschaft als eine Glaubens-, Lebens- und Dienstgemeinschaft, als ein verbindliches Netzwerk von diakonisch Tätigen. 1970 traten erstmals Frauen ein, die „Brüder- und Schwesternschaft“ entstand. Heute gehören der Brüder- und Schwesternschaft mehr als 620 Männer und Frauen an, diakonisch tätige Personen, überwiegend Diakoninnen und Diakone, die ihre Ausbildung an der Ev. Hochschule absolviert haben und in das lebenslange Diakon_innenamt eingesegnet sind. Sie arbeiten in allen Feldern diakonischer und sozialer Arbeit, im kirchlichen Dienst, in Diakonischen Werken und in Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. Sie leben in Familien, zu zweit oder allein und treffen sich regelmäßig in Regionalgruppen. Diese regionalen Konvikte sind Orte für Gespräch, Feiern und Gottesdienste. Hier werden fachliche, berufspolitische, theologische und diakonische Themen erörtert. Es bestehen auch themenspezi- 9 Auf den Spuren Bodelschwinghs. Der Konvikt Ostdeutschland mit Gästen in Lobetal fische Konvente. Alle zwei Jahre versammeln sich die Mitglieder der Gemeinschaft zum Brüder- und Schwesterntag im Rauhen Haus. Die Grundidee Wicherns prägt bis heute das Leben in der Gemeinschaft. Er sprach von einer „Genossenschaft“, im Sinne einer „Verbrüderung gläubiger Männer zu einem gemeinsamen Wirken für das Reich Gottes unter Kindern oder Erwachsenen, unter Armen, Elenden, Verlassenen, Verirrten oder Verlorenen ... aus dem Geiste der evangelischen Kirche geboren, in ihr und für sie in Werken der Barmherzigkeit ihren Beruf und ihre Arbeit in Gottes Namen zu erfüllen trachtet.“1 – heute drücken wir das so aus: „Wir sind eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern in der Nachfolge Jesu Christi. Wir glauben an die Liebe Gottes zu allen Menschen, die uns zu diakonischem Handeln motiviert. Wir wollen Himmel und Erde, Glaube und Liebe, Wort und Tat verbinden.“2 Natürlich kenne ich nicht alle Schwestern und Brüder persönlich. Vertraut sind mir die Geschwister der Regionalgruppe. Zweimal im Jahr kommen wir für ein Wochenende zusammen, um Gemeinschaft J. H. Wichern: Festbüchlein des Rauhen Hauses zu Horn, 3. Aufl., Hamburg 1856, S. 473 Leitbild der Brüder- und Schwesternschaft des Rauhen Hauses, Hamburg 1 2 DAS THE M A 10 zu erfahren, um die Geschwister in den Blick zu nehmen und uns in unserem Dienst zu vergewissern. Dann wird die Jahreslosung, „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“, praktisch erfahrbar. Die gemeinsame Grundlage habe ich beschrieben, nun beginnt die Herausforderung, denn die Verschiedenheit ist deutlich sichtbar und spürbar: Alle Generationen sind vertreten, die verschiedenen theologischen und spirituellen Prägungen, politische Überzeugungen von links bis rechts, die Körper- und die Kopfbetonten, die Schweigsamen und die Vielredner_innen, die Freund_innen und die Unsympathischen, Diakon_innen aus allen Arbeitsfeldern, auf unterschiedlichen Hierarchiestufen, Männer, Frauen, Kinder. Ein unglaublicher Reichtum liegt in dieser Vielfalt, unsere geistliche Ordnung schenkt Orientierung, wie wir diesen Schatz bewahren und aneinander wachsen können: Ein Schritt bringt mich zu denen, die ich mir nicht ausgesucht habe, die ich aber suche, weil ich im Alltag Gemeinschaft erfahren möchte, Geschwisterlichkeit, gelebt in der Hinwendung zueinander, im Wissen von der Erlösung. Mir ist wichtig, von anderen zu hören, mich mitzuteilen, offen zu reden und voneinander zu lernen. Der Bote 1/2015 Ich kann sagen, was ich brauche, um frei leben und arbeiten zu können: – bewusst – in Gemeinschaft von Menschen, die ich von Jesus Christus als Brüder und Schwestern angenommen habe. Zunächst also zuhören und mich mitteilen. Wir beginnen unsere Treffen mit einer Runde, in der jede und jeder berichtet, was uns in der letzten Zeit beschäftigt hat. Wir teilen Freud und Leid. Wir werden sichtbar, zeigen uns verletzlich und berichten von Erfolg und Misserfolg. Alles darf sein, im gemeinsamen Gebet bringen wir es vor Gott. Immer wieder bin ich berührt von dem gewachsenen Vertrauen, das es ermöglicht, sich als Bruder oder Schwester zuzumuten. Ein kleines Beispiel, das schon einige Jahre zurück liegt, macht das vielleicht deutlich: Unsere Gemeinschaft hatte sich intensiv mit der Frage von Segnungen homosexueller Paare auseinandergesetzt und eine Form dafür entwickelt. In unserer Runde erzählte ein Bruder: „Ich brauche euren Beistand. Ich habe im Fernsehen den Christopher Street Day gesehen. Da bin ich rückfällig geworden, und dachte, was ich vor Jahrzehnten gelernt habe: Das darf nach Gottes Willen nicht sein. Gleichzeitig erlebe ich hier meinen schwulen Bruder, wie er Geschwisterlichkeit und Nachfolge lebt und es ist gut so. Mir ist wichtig, dass wir weiter darüber reden und miteinander ringen. Ich brau- DAS THE M A Der Bote 1/2015 che euren Beistand.“ Der Bruder hatte den Mut, auch das Trennende auszusprechen, hat sich als Person gezeigt und damit gegenseitige Annahme ermöglicht. Im Zuhören und Mitteilen liegt ein wesentlicher Schlüssel zur Menschwerdung und gegenseitiger Annahme. Im Kontakt und Austausch miteinander, in der Rückmeldung eines Gegenübers entsteht und entwickelt sich Persönlichkeit. „Leben kann man nur, wenn man einen Kontext hat, der einem zum Leben verhilft. Der einzelne kann sich nicht selber erschaffen. […] Das Leben gelingt nur, wenn es eine Öffentlichkeit findet, vor der es Gestalt gewinnen kann, und einen Sinnzusammenhang, der das einzelne Dasein deutet.“3 Im Wissen darum haben Gemeinschaften und Kommunitäten feste Formen und Verabredungen für das Zuhören und Mitteilen entwickelt. Mit dem Herzen reden, sehen und hören. Sich mit Meinungen und Taten kritisch auseinandersetzen, konstruktiv streiten, und den Menschen als von Gott geliebte_n Bruder oder Schwester ansehen. So werden der und die Einzelne erkannt und können prinzipiell hochgeschätzt werden, in der beruflichen Tätigkeit, im Engagement, im Ringen um Gerechtigkeit, im Suchen nach Wegen für ein Leben in Fülle für alle Menschen. Meinen Bruder, meine Schwester prinzipiell hoch achten, sie annehmen, wie Christus sie angenommen hat, das ist wahrlich nicht immer leicht. Wenn ich zum Beispiel auf die Sprache der Gebete und Lieder schaue: Es ist viel die Rede vom Herren, vom allmächtigen Gott. Ich fühle mich fremd, denn meine Bilder und Worte sind das nicht mehr. Nicht nur, nicht ausschließlich. Und doch ist mir das gemeinsame Gebet wichtig. Ich lerne, was es heißt Geschwisterlichkeit zu leben, in der Hinwendung zueinander, im Wissen von der Erlösung. Hinwendung heißt versuchen zu verstehen, neugierig nachzufragen und zu respektieren, dass es für meine Geschwister andere Gottesbilder sind, die sie tragen. Ich weiß von der Erlösung, die Hoffnung darauf trägt mich, aber die Erlösung geht nicht von mir aus, geschieht nicht durch mich und meine Erkenntnisse oder Überzeugungen. Die Erlösung geschieht mir und allen Menschen. Vielleicht sogar auf unterschiedliche Weise? In diesem Wissen singe ich dann manchmal „Herr“ und manchmal setzte ich andere Worte ein. Im Augenblick aber ist das gemeinsame Singen und Beten wichtig, später werde ich das Gespräch über Gottesbilder und Glaubensüberzeugungen wieder suchen, und ich weiß, die anderen werden auch mit mir beten, wenn ich von der Göttin spreche. Fulbert Steffensky hat schöne Worte für diese Erfahrung gefunden, wenn auch in männlicher Sprache formuliert: „Ein Christ hat es nicht nötig, die anderen Entwürfe menschlicher Hoff- Fulbert Steffensky, Feier des Lebens. Spiritualität im Alltag, Stuttgart 1987, S. 44 3 11 DAS THE M A 12 nung, an denen er selber nicht teilhat, prinzipiell unter den Verdacht der Falschheit und der Unwahrheit zu stellen. Die erste Reaktion auf die andere, uns nicht geläufige Gestalt des Glaubens wäre dann nicht das Gefühl, bedroht zu sein, sondern die Neugier und das Interesse an Verbrüderung.“4 Was uns weiterhin verbindet, ist die Sehnsucht, im Alltag Gemeinschaft zu erfahren. Nun leben und arbeiten wir nicht am gleichen Ort. Zu meinen Geschwistern sind es 50, 80 oder mehr Kilometer. Unsere Treffen sind halbjährlich. Darüber hinaus sehen wir uns bei Einführungen oder Verabschiedungen in beruflichen Zusammenhängen – die Gemeinschaft nimmt teil und spricht Segensworte – zu Trauerfeiern oder anderen eher privaten Festen. Lebensübergänge werden gemeinsam gestaltet. Dazu gehört Verbindlichkeit und wieder das Sichmitteilen. Bei unseren Treffen erzählen wir von denen, die nicht da sein können oder wollen, entzünden Kerzen für sie und senden Grußkarten. Die Geschwister teilen Freud und Leid, wir informieren uns gegenseitig, schreiben Grüße, beten füreinander. Das trägt in Zeiten der Krise und beschwingt in Zeiten der Freude. Gemeinsame Rituale und Traditionen tragen durch das Leben; selbst wenn ich sprachlos werde und nicht mehr beten kann, ist da die Gemeinschaft die stellvertretend Worte findet. Der Bote 1/2015 Aber nicht nur im Spirituellen kann ich Gemeinschaft erfahren. Wenn ich im Konflikt mit einem Bruder/einer Schwester bin, kann und darf ich mich mit anderen beraten, ebenso wie in beruflichen Fragestellungen. Eine_n unter den 620 wird es geben, der/die über die nötigen Erfahrungen verfügt, um mir in der konkreten Situation weiterzuhelfen. Besonders hilfreich sind mir dabei immer die Gespräche, in denen ich nicht gleich Unterstützung bekomme, sondern herausgefordert werde, das Problem noch einmal von einem anderen Standpunkt aus zu betrachten. Ich erinnere mich an ein Gespräch, in das ich mit der Erwartung gegangen bin, Zuspruch und Trost zu erfahren, wie furchtbar doch meine Konfliktpartnerin ist. Das wurde mir nicht gewährt. Vielmehr sollte ich mich fragen, warum ich immer in die eine bestimmte Richtung laufe, unerhört! Heute bin ich dankbar, denn so hat sich eine überraschende Lösung für den Konflikt ergeben. Es ist gut, wenn Annahme bedeutet, nicht einer Meinung zu sein, aber die Wege der Anderen zu begleiten. Freiheit und Entwicklung entstehen oft da, wo ich mich an der Meinung der Anderen reibe, meine Position überdenke und neue Schritte wage. Also alles eitel Sonnenschein? Bei weitem nein! Bewusst habe ich davon gesprochen, dass die Gemeinschaft mir einen Raum bietet, zu üben, was es heißt, Fulbert Steffensky, Feier des Lebens. Spiritualität im Alltag, Stuttgart 1987, S. 103 4 DAS THE M A Der Bote 1/2015 „nehmet einander an“. Üben heißt Fehler machen, andere enttäuschen. Rituale können ihre Lebenskraft verlieren, dann muss neu um ihre Gestalt gerungen werden. Die Lebendigkeit der Gemeinschaft braucht die Verbindlichkeit und das Engagement der Menschen, die ihr angehören, sonst verdorrt sie. Geschwister meinen mich zu kennen und zu wissen was ich brauche und treffen Entscheidungen für mich oder andere, das kann verletzen. Konflikte werden vermieden – Geschwister streiten nicht … Auch in der Gemeinschaft gilt es immer wieder neu, Kommunikation miteinander zu üben. Was sollen die anderen von mir wissen? Wann ist es wichtig, mich zurückzunehmen? Unser Verstand und die Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen sind gefragt, denn es geht in der Gemeinschaft wie im Leben um die Balance zwischen Achtung und Überwindung von Grenzen. Als Geschwister verbindet uns, dass wir einer gemeinsamen Sehnsucht folgen und bereit sind, uns immer wieder eine Chance zum Neuanfang zu geben, in dem Versuch in der Nachfolge Christus zu leben. Unsere Überzeugung ist, dass alle Menschen von Christus angenommen und daher gleich wertvoll und zu achten sind. Dagmar Krok Erste Schritte in die Gemeinschaft – mit Familie beim Konviktwochenende 13 aus der gemei nsc h aft Der Bote 1/2015 Pause vom Alltag Ein Rückblick auf die Einkehrtage im Kloster Amelungsborn, Herbst 2014 14 Neun Frauen und Männer aus dem Konvikt Hamburg Süd, machten sich auf den Weg, um ein gemeinsames Wochenende im Kloster Amelungsborn zu verbringen. Ruhe, Krafttanken und viel Zeit für Gemeinschaft waren die Ziele, die oben anstanden. Frisch eingesegnet und voller Elan, freute ich mich ganz besonders darauf, endlich mal dieses besondere Angebot unseres Konvikts miterleben zu können. Im Vorfeld hatte ich von meinen Brüdern und Schwestern schon einiges darüber gehört, wie besonders und schön es dort ist. Leider hatte ich nie die Zeit gefunden um mitzufahren. In diesem Jahr ging es endlich und nun berichte ich gern von diesem eindrucksvollen Erlebnis. Musikalisch virtuos – Abendlieder am Kamin mit Johannes In Fahrgemeinschaften machten wir uns auf den Weg aus Harburg und Umgebung, um ca. 209 km nach Süden in das schöne Kloster Amelungsborn zu fahren. Schon auf der Autofahrt entstanden interessante Gespräche. Angekommen in der Klosteranlage bezogen wir zuerst unsere Zimmer, um dann mit einem gemeinsamen Abendbrot zu starten. Gut bewirtet wurden wir vom Küchenteam des Klosters. Kennzeichen für unsere Reisegruppe war, dass wir vor jeder Mahlzeit ein Lied sangen, um Gott für das zu danken, was er uns geschenkt hat. Unser Gesang hörte sich anscheinend auch für andere Ohren gut an, so dass wir gefragt wurden, ob wir uns auf einer Chorreise befänden. Amüsiert klärten wir das auf und outeten uns als gesangfreudige Diakone und Diakoninnen. Doch mit einem hatten die Anderen Recht. Wir haben an diesem Wochenende viel und gerne gesungen. Weltliche und christliche Musik, alles hatte seinen Platz. Ausgestattet mit Gitarren hat besonders Bruder Johannes Reiners dazu beigetragen, da er scheinbar alles auf „Knopfdruck“ spielen kann. Ein Talent, das unsere Gruppe bereichert hat. Unsere Andachten haben wir in der St. Marienkirche zu Amelungsborn feiern Der Bote 1/2015 können, die durch ihre Architektur eine besondere Akustik und Atmosphäre bot. Nachdem wir die erste Nacht auf dem Klostergelände verbracht haben, war der nächste Tag von körperlicher Aktivität und geistiger Erquickung gekennzeichnet. Wir machten uns, geführt von Bruder Olaf Voß, auf eine Wanderung ins Ith-Gebirge. Ziel war ein Aussichtsturm. Angestrengt, aber glücklich wurden wir dort mit einer wunderschönen Aussicht belohnt. Danach ging es wieder zügig bergab, denn es war Zeit zum Mittagessen. Doch zuvor habe ich uns noch schnell ins Gipfelbuch eintragen können. Nach dem Mittagessen machten sich einige von uns auf eine Geocashing-Tour, um die Natur der Umgebung zu erkunden und erfolgreich den „Schatz“ zu bergen. Nach entspannender Mittagspause hatte ich dann am Nachmittag die Möglichkeit, meinen Brüdern und Schwestern ausführlich von meiner diakonischen Abschlussarbeit zu berichten. „Wein oder Saft? – Eine diakonisch-theologische Perspektive auf Ausgrenzung beim Abendmahl“. Darin geht es um die Problematik, dass alkoholkranke Menschen durch die Verwendung von Wein als sakralem Gegenstand von der Teilnahme am Abendmahl ausgeschlossen werden. Im Verlauf des Nachmittags entstand ein intensives Gespräch darüber, inwieweit die Verwendung von Traubensaft als Alternative statt Ausnahme deklariert werden sollte oder ob die Verwendung von Wein seine au s d e r g e m e i n s c h a f t 15 Nicole Meyer, Christine Reiners, Anja van Eijsden, Klaus Hantke, Uschi Hoffmann, Paul Gerhard Paap, Heather Conrad, Olaf Voß Berechtigung hat. Ein manchmal komplexes und vielleicht auch sperriges Thema, das aber seine Beachtung im kirchlichen Alltag finden muss. Abends saßen wir am brennenden Kamin, der unser Zusammensein kuschelig warm machte. Wir hörten Geschichten, berichteten uns gegenseitig von unseren momentanen Lebenssituationen und zukünftigen Projekten und sangen wieder lange gemeinsam, manche auch mit sehr erheiternden Bewegungen. Am nächsten Tag ging es nach dem Besuch des Gemeindegottesdienstes in der Klosterkirche, dem Mittagessen und anschließendem Kaffee auch wieder nach Hause. Alle waren sich einig, dass dies eine gute Möglichkeit war, um ein Stück Gemeinschaft der Schwestern- und Brüderschaft zu leben. Nicole Meyer aus der gemei nsc h aft Der Bote 1/2015 „Gott, ich brauche Zeichen“ Einkehrtage 2015 im Domkloster Ratzeburg 16 Auf Wiedersehen, Fleestedt – willkommen, Gästehaus des Domklosters Ratzeburg! Wie in jedem Jahr, inzwischen zum zehnten Mal (...?, die Meinungen hierüber trennten sich unter den Teilnehmenden), trafen sich Schwestern und Brüder für ein Einkehrwochenende zum Schweigen im Januar. Da das Bischof-Witte-Haus in Fleestedt leider dem „Spartopf“ zum Opfer gefallen war, trafen wir uns diesmal im Gästehaus des Domklosters in Ratzeburg. Ein historischer und magischer Ort, der direkt am See auf einer Halbinsel liegt. Leider sind wir hier als Gruppe nicht so allein wie in Fleestedt, dies haben wir am Wochenende ein wenig vermisst, uns aber trotzdem sehr gut arrangiert. Nach Eintreffen aller Teilnehmenden Alles klar für das Gruppenfoto? Das Ergebnis lässt sich sehen – die Teilnehmenden an den Einkehrtagen in Ratzeburg in voller Pracht. trafen wir uns nach dem Abendbrot zur ersten Gruppenrunde vor dem Ort der Stille. Hier wurden wir nach einer Vorstellungsrunde, in der wir auch unsere Motivation zur Teilnahme benannten, von Claudia und Jan-Peter nach Zeichen befragt. Die Phantasien zum Thema waren völlig verschieden. Aber es sollte sich auch lediglich wertfrei geäußert werden und keine Diskussionsrunde entstehen. Nachdem wir im Raum der Stille, der von Claudia und Jan-Peter sehr schön warm vorbereitet war, unseren Platz gefunden und eingerichtet hatten, bereitete die Gruppe sich mit einem Abendgebet auf den kommenden Tag vor, der im Schweigen verbracht wird. Ich fühlte mich wieder einmal richtig wohl mit meinem Wollteppich, der Gebetsbank, den Der Bote 1/2015 Gebetskissen und einer warmen Wolldecke und wurde neugierig, was der nächste Tag für mich bringt. Am Morgen von einer Klangschale und gesungenem Morgenchoral geweckt, folgte das Morgengebet im Raum der Stille mit anschließendem Frühstück im gemeinsamen Essensraum des Gästehauses, der allen Gästen gemeinsam zur Verfügung steht. Meine Hoffnung, dass die andere Gruppe sich ruhiger verhält, wenn wir schweigen, trat leider nicht ein, so dass wir einem Stimmengewirr ausgesetzt waren, das sonst bei anderen Veranstaltungen ja auch von uns selbst verursacht wird. Eine interessante Erkenntnis. Der erste Impuls an diesem Vormittag begann mit dem Psalm 1. Es ist mir doch immer wieder verwunderlich, was mit mir passiert, sowie ich mich dem Schweigen hingebe. Ich kann mich völlig fallen lassen und brauche mal nicht zu funktionieren. Ich höre, ich singe, ich spreche Psalmen mit meinen Schwestern und Brüdern und bin doch ganz bei mir. Wie wohltuend. Keine Zwänge! Ich muss nicht, aber ich kann. Ich darf diesen Tag in meinem Rhythmus verbringen. Hierzu gehören Spaziergänge am See, die Natur betrachtend, ruhend in meinem Zimmer, zeichnend in der Gemeinschaft, wandelnd in den Kreuzgängen des Domklosters – oder alles andere, was den Teilnehmenden sonst noch gefällt. Dabei immer wieder der Klang der Klangschale, wenn die Stille beginnt und die Texte zu den Einheiten, die von Claudia oder Jan- au s d e r g e m e i n s c h a f t Peter in ruhiger Atmosphäre mitgegeben werden, und die zum Nachdenken oder gar Philosophieren einladen. Es ist für mich eine wohltuende und gesunde Zeit des Kraftschöpfens. Ich wünsche meinen mitschweigenden Schwestern und Brüdern, dass diese Zeit auch für sie ein ähnliches Wohlgefühl beinhaltet hat. Am Abend wurde das Schweigen mit einer Abendmahlsfeier gebrochen, und am Sonntag folgte der Segnungsgottesdienst mit dem letzten Impuls aus Matthäus 11, 2–6. In der gestalteten Mitte lagen Steine, unter denen verschiedene Botschaften verborgen waren. Wer mochte, konnte seine eigene Erfahrung der Zeit der Stille aufschreiben und vorlesen und mit einem entzündeten Licht in die gestaltete Mitte legen. Gemeinsam wurde in der Gruppe der Wunsch Einzelner um einen Segen erfüllt. Alle Rituale, sei es das Wecken am Morgen, beim Schweigen oder bei den Andachten, sind mit einer besonderen Achtsamkeit und Liebe vorbereitet. Dies ist zu spüren, senkt sich den Teilnehmenden in die Seele und ist ein tragender Teil der gesamten Gruppe. Ich bin wieder einmal gestärkt und entspannt von diesen Einkehrtagen heimgekehrt und freue mich auf ein nächstes Mal. Ich danke Claudia und Jan-Peter für Vorbereitung und Gestaltung dieser schönen Tage, der Gruppe für das Vertrauen und der Brüder- und Schwesternschaft für Möglichkeit der Einkehrtage. Sabine Hildebrand 17 aus der gemei nsc h aft Der Bote 1/2015 Der Gerechtigkeit nachjagen Treffen der Konvikte Hamburg West und Hamburg Ost 18 Wovon hast Du zu viel, wovon zu wenig? Mit dieser Frage haben wir beim Brüderund Schwesterntag unseren Workshop „Fairer Konsum – ein spiritueller Weg?“ eingeleitet. Reihum antworteten die TeilnehmerInnen kurz: Zu viel Besitz, zu viele Bücher und CDs, zu viele Feinstrumpfhosen, zu viele Kilos, oder auch ein Zuviel an Anregungen und Impulsen. Andererseits zu wenig Konzentration, zu wenig Zeit, zu wenig Entspannung, zu wenig Bewegung. Die kurze Runde zeigte, dass die meisten Überflüsse und Mängel, mehr oder weniger extrem, im täglichen Leben kennen. „Wenn Du der Gerechtigkeit nachjagst, wirst Du sie erlangen, und Du wirst sie anziehen wie ein prächtiges Gewand“ (Sirach 27,8). Inspiriert von diesem biblischen Leitwort für den Brüder- und Schwesterntag hatten Doris Paland und Was ist dir wichtig im Leben? ich die Idee, diesen Workshop anzubieten. Die Metapher vom „prächtigen Gewand“ weist uns auf ein Dilemma unseres Lebens hin, wenn wir uns die Situation der Näherinnen in Südostasien vor Augen führen, die fertigen, was in deutschen Läden an Kleidung zu kaufen ist. Wir wissen, dass diese Gewänder in einem himmelschreienden Gegensatz zu jedem Ansatz von „Gerechtigkeit“ stehen. Zu wenig Bewegung gab es nicht auf unserem Workshop, denn alle waren aufgefordert, sich im Raum zu positionieren: Nach welchen Kriterien kaufen wir ein? Ist es der Preis? Der ökologische Fußabdruck? Das Fair-Trade-Siegel? Oder Lust und Laune? Die möglichen Antworten waren auf dem Boden platziert, so dass die Teilnehmenden sich zuordnen konnten. Auch zu weiteren Fragen konnte Position bezogen werden, zum Beispiel: Willst Du Dich ständig weiterentwickeln? Oder bist Du zufrieden damit, was Du aktuell hast und bist? Bist Du der Meinung, dass es Deinen Kindern bzw. der nachfolgenden Generation besser gehen wird als uns, gleich gut oder schlechter? Es folgten angeregte Gespräche in der Gruppe, was wir unter „fairem Konsum“ verstehen und wie wir ihn praktizieren. Wir haben auch über spirituelle Gewohn- au s d e r g e m e i n s c h a f t Der Bote 1/2015 heiten gesprochen und ob und wie sie unser Konsumverhalten beeinflussen. Besteht ein Zusammenhang zwischen dem „Zuviel und Zuwenig“, das wir im eigenen Leben erfahren, und den extremen Ungleichheiten weltweit, der Schere zwischen Arm und Reich, der Umweltzerstörung, dem Klimawandel? Und warum fällt es uns so schwer, in ein Gleichgewicht zu kommen? Diesen Fragen geht der Transformationsforscher Harald Welzer in seinem Buch „Selbst Denken“ nach. Einige seiner Überlegungen stellten wir vor: Welzer beschreibt uns als aktive Teile einer Kultur, die permanent ihren Ressourcenbedarf erhöht. Unser Verbrauch an Material, an Energie sowie an Emissionen steigt stetig. Wir leben in einer „Kultur der expansiven Moderne“. Wer in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geboren wurde, ist in einer Welt aufgewachsen, die von der Vorstellung beseelt ist, dass alles immer verfügbar ist. Wir sind aufgewachsen mit einer Wachstumsideologie, die uns lehrt: Wachstum ist nötig, damit die Wirtschaft floriert. Politiker, Prominente und viele Wissenschaftler in den Medien lassen keine Gelegenheit aus, diese frohe Botschaft zu verkünden. Welzers Beschreibungen sind gespickt von religiös geprägten Begriffen, wie „frohe Botschaft“, „beseelt sein“, oder Fairer Konsum? Brüder und Schwestern positionieren sich. 19 au s der gemei nsc h aft 20 „Sinngebung“. Der Marketing-Experte Victor Lebov wird folgendermaßen zitiert: „Unsere ungeheuer produktive Wirtschaft verlangt, dass wir den Konsum zu unserem Lebensstil und den Kauf und die Nutzung von Gütern zu einem Ritual machen, dass wir unsere spirituelle Befriedigung und die Erfüllung unseres Selbst im Konsum suchen.“ Ein herausfordernder Satz, der mit dem oben zitierten biblischen Wort kaum in Einklang zu bringen ist. Auch, wenn wir uns als praktizierende Christen verstehen: Welcher Botschaft folgen wir wirklich? Welzers Buch rüttelt auf, es stellt unseren Lebensstil in Frage. Auf mich persönlich wirkt es so nachhaltig wie nur wenige Bücher – außer der Bibel. Nicht nur das Hier und Jetzt wird analysiert. Harald Welzer beschreibt auch, wie jede und jeder einzelne von uns zu einer anderen Haltung und zu neuem Handeln finden kann. Eine gesellschaftliche Veränderung geschieht jedoch durch gelebte Kultur und diese wird in Gemeinschaften gelebt. Dort, wo eine Wir-Gruppen-Identität ausgebildet ist, in einer sogenannten „Community of Practice“. Es geht letztendlich um einen Wandel von der expansiven zur einer reduktiven Moderne. Der Bote 1/2015 Mittlerweile haben Doris und ich unseren Workshop noch einmal wiederholt: Im Februar waren wir beim Konvikt West eingeladen, der wiederum auch den Konvikt Ost zu Gast hatte. Bei beiden Veranstaltungen haben wir die Frage gestellt, wie die Brüder- und Schwesternschaft eine Community of Practice sein kann, in der eine neue Haltung der Reduktion eingeübt wird. Es kamen Ideen, wie eine Tauschbörse einzurichten, bei den Konviktreffen nur regionale Lebensmittel zu verwenden, oder weniger Plastik zu benutzen. Bei dem Februartreffen hatten wir ein Fastenforum verabredet „Sieben Wochen ohne Plastiktüten“. In einem Doodle konnten wir dazu unsere Erfahrungen mitteilen. Ein Austausch über das Internet, z. B. über einen „Brüder- und Schwesternblog“ oder auch über Facebook, wurde von mehreren TeilnehmerInnen vorgeschlagen und gewünscht. So wurden schon ein paar Spuren gelegt und ich möchte die WorkshopTeilnehmerInnen, die LeserInnen dieses Artikels und weitere Sympathisanten ermutigen, „am Thema dranzubleiben“. Im Mai sind Doris und ich im Konvikt Niedersachsen. Über weitere Einladungen freuen wir uns. Elisabeth Haffer au s d e r g e m e i n s c h a f t Der Bote 1/2015 Meinem Glauben Worte geben Treffen des Konvikts Niedersachen November 2014 in Oldau Worte miteinander teilen Dieses Mal wurde zu einer spirituellen kreativen Schreibwerkstatt mit dem Motto: „Meinem Glauben Worte geben“ eingeladen. Als Lehrerin und Begleiterin stand uns Jutta Pruchner zur Seite. Wir lernten, dass Gedichte nicht gereimt sein müssen, sondern „verdichtete Texte“ sind. Durch die Erfahrungen vom Wochenende ermutigt, kommt mein Bericht also diesmal als Gedicht. Am Anfang war das Wort Am Anfang war das Wort. Vertraute und neue Gesichter – Elfchenworte helfen beim Kennenlernen. Später dann mit Worten erklären, streiten, versuchen zu verstehen. Zuhören und reden. Am Anfang war das Wort. Worte fließen und werden in Form gebracht. Überraschende Worte. Wo waren sie bisher? Wir teilen unsere Worte mit den Anderen – wir teilen uns mit. Ich höre Worte, die berühren, erschrecken, Trauer erahnen lassen, mich zum Lachen bringen. Ich spreche Worte, mit denen ich mich zeige. Und ich spreche Worte, mit denen ich mein Geheimnis wahre. Am Anfang war das Wort. Wenn Worte und Musik zusammenkommen, entstehen Lieder. Schon fast himmlisch. Wir hören Gottes Worte. Und bringen in Worte, was sie in uns auslösen. Gemeinschaft in Brot und Wein. Gemeinschaft in Geburt und Tod. Lasse Elia und Tini in unserer Mitte. Am Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott. Annegret Warnecke 21 au s der gemei nsc h aft Der Bote 1/2015 Der Bote 1/2015 Laufen mit Paulus Andacht zum Lauf zwischen den Meeren 22 Ein Ziel gib mir mein Gott für das zu kämpfen sich lohnt Einen Sinn gib mir mein Gott für den zu leben sich lohnt Eine Verheißung gib mir mein Gott für die zu sterben sich lohnt Anton Rotzetter, Lied 395 Wir sind am Ende unseres Wochenendes angelangt, haben Zeit miteinander verbracht. Unser gemeinsames Ziel führte uns zusammen, hier in Schuby und Damp – mit über 7.400 anderen Läufern, die in Staffeln von Husum nach Damp liefen. Wir haben dabei viel erlebt, viele verschiedene Gedanken und Empfindungen sind uns durch den Kopf gegangen, haben unsere Herzen berührt. Teilen: In ein/zwei Seelensätzen teilen wir unsere Empfindungen und Erfahrungen, zünden eine Kerze an und stellen sie in die Mitte. 1. Kor. 9,24–27 (Gute Nachricht) Ihr wisst doch, dass an einem Wettlauf viele Läufer teilnehmen. Aber nur ei- ner kann den Preis bekommen. Darum lauft so, dass ihr den Preis gewinnt! Jeder, der an einem Wettlauf teilnehmen will, nimmt harte Einschränkungen auf sich. Er tut es für einen Siegeskranz, der verwelkt. Aber auf uns wartet ein Siegeskranz, der niemals verwelkt. Darum laufe ich wie einer, der ein Ziel hat. Darum kämpfe ich wie einer, der nicht in die Luft schlägt. Ich treffe mit meinen Schlägen den eigenen Körper, so dass ich ihn ganz in der Gewalt habe. Ich möchte nicht andere zum Wettkampf auffordern und selbst als untauglich ausscheiden. Paulus spricht die Gemeinde von Korinth an – eine durchaus reiche Gemeinde in einer reichen Großstadt mit vielen konkurrierenden Religionen, in der die Gemeinde in der Gefahr steht, durch Uneinigkeit und Oberflächlichkeit die Richtung zu verlieren, sowohl die Richtung in der inneren Situation als auch die Richtung in der Außenwirkung. Also muntert er sie auf, das Ziel, das Heil, nie aus dem Auge zu verlieren und diese Botschaft, dieses Ziel, auch offensiv vorzuleben. Daher: Lauft wie einer, der ein Ziel hat, und macht dieses Ziel öffentlich. Heute unser Leben mit dem Wettkampf: Zunächst eine Idee, eine Einladung zum Lauf, später konkretisiert zum magischen Datum: 30. Mai 2015. Wer läuft nächstes Jahr mit uns? Dazu viele Fragen: Kommen zehn Läufer zusammen, die für die Brüder- und Schwesternschaft antreten? Ist die Länge des Weges zu schaffen? Steigt keiner aus, bleiben alle gesund? Finden wir ein Quartier? Findet sich genug Zeit fürs Training? Und: Mit wem laufe ich da eigentlich? Einige der BuS und deren Partner kennen sich gut, andere kaum bis gar nicht. Doch, siehe da: Eine neue Gemeinschaft findet sich. Alles andere auch. Dann der große Tag Wir haben den Siegeskranz erlangt – zugegeben, nicht den ersten Platz – aber wir haben gesiegt, denn wir haben unser Ziel erreicht, haben uns selbst besiegt, au s d e r g e m e i n s c h a f t sind gegen Schmerzen, Krankheit, den inneren Schweinehund, Seitenstiche, Zweifel angelaufen, das Holz für den nächsten fest in der Hand, manchmal sich daran festhaltend: Ich will es schaffen. Laufzeit eine knappe Stunde und mehr! Jede/r von uns. Wir haben Glücksmomente über das körperliche Vermögen erlebt, Freude am Tun empfunden und Dankbarkeit. Und/oder wir haben unterstützt, gesorgt, organisiert, mitgefiebert, angefeuert, telefoniert, damit die Läufer/Läuferinnen ankommen. Zusammen haben wir es geschafft! Im grünen Hemd der Brüderund Schwesternschaft waren wir gut zu erkennen. Das Leben mit diesem Wettkampf ist nun vorbei. Wir gehen auseinander, weiter auf unseren Lebenswegen, neuen Zielen entgegen, vielleicht ein neuer Lauf oder etwas ganz anderes. Was auch das Ziel ist: Möge Gott uns auf allen Wegen geleiten. Komm gut an! Lied 171, Vater unser, Segen E i n l adu n g zum Mitm ac h en Für den Lauf zwischen den Meeren am 28. Mai 2016 freut sich die Laufgruppe über weitere motivierte Brüder und Schwestern, Männer und Frauen, die Freude an der sportlichen Betätigung und der Gemeinschaft haben. Die Strecke von 95,5 km wird als Staffel mit mindestens fünf und höchstens zehn Läuferinnen und Läufern bewältigt. Informationen dazu gibt gern Bruder Günter Grosse: [email protected] 23 au s der gemei nsc h aft Der Bote 1/2015 Der Bote 1/2015 au s d e r g e m e i n s c h a f t Wir gratulieren! 40 Jahre Rauhhäusler Seniorentreff 24 Die Diakone Hugo Wietholz (1909–1992) und Walter Weiss (1905–1990) haben in ihrem Gemeindedienst unter anderem zahlreiche Fahrten für Jugendliche und später Tagestouren für Ältere organisiert. Es lag nahe, dass sie auch im Ruhestand die Hände nicht in den Schoß legen, sondern ihre Erfahrung und den immer noch vorhandenen Schwung nun für die älteren Geschwister einsetzen würden. So ließen sie sich zusammen mit Diakon Wilhelm Koch in die Leitung des 1975 gegründeten Seniorentreffs wählen. Zusammen mit der rührigen Lisa Wietholz wurden viele Fahrten und Treffen organisiert. Reiseziele waren unter anderem die Diakonen-Gemeinschaften in Rummelsberg, Neinstedt, Berlin und in Schleswig-Holstein. Tagestouren mit dem Bus verbanden die 40 bis 50 Mitfahrenden oft mit einem Karpfenessen und immer auch mit einer Andacht. Die Senioren trafen sich gelegentlich im Rauhen Haus, um sich über den neuesten Stand der Stiftung und über ihre ehemalige Ausbildungsstätte zu informieren. Diese Ära dauerte bis 1992. Zuletzt waren es Hugo Wietholz und seine Ehefrau Lisa allein, die für gemeinsame Unternehmungen sorgten. Sie haben sich in besonderer Weise um den Seniorentreff verdient gemacht. Als Hugo Wietholz die Leitung aus gesundheitlichen Gründen abgeben musste, übernahmen die Diakone Herbert Arzbach und Hans Niethammer die Leitung und sorgten für weitere mehrtägige Reisen, Tagesausflüge und Vortragstreffen im Rauhen Haus. Nach deren Ausscheiden aus der Leitung fanden sich immer wieder Geschwister, die bereit waren, die eine oder andere Unternehmung oder Reise zu organisieren. Der Seniorentreff wird zur Zeit geleitet vonRolf Lopau und Claudia Rackwitz-Busse für die Seniorentreffen, Gerd Junior, Ulf Porrmann und Dieter Wendt für Tagestouren und mehrtägige Reisen, Gerd Junior für Kassenführung sowie Horst Weber für Video-Dokumentationen. Die Reisegruppe 2010 nach Königslutter/Elm (von oben nach unten): Wolfgang Kluge, Ursel Potten, Ulf Porrmann, Klaus Schaumann, Gerd Junior, Volkmar Lange, Renate Möhring, Wiebke Wendt, Irmhild Bossow, Christoph Bretschneider, Dorothea Bretschneider, Gottfried Wendt, Hilda Inselmann, Christa Junior (verdeckt), Erika Peters, Dita Schulze, Anke Hose, Elisabeth Strathmeier, Ingeborg Wendt, Dieter Wendt, Anke Peters, Jürgen Potten, Herrmann Inselmann, Rolf Lopau, Hannelore Lopau Das ist unser Programm für 2015 • 14. Januar: Karpfenessen im Restaurant „Zum Eichtalpark“. • 11. März: Jahresversammlung im RH • 6. Mai: Vortrag im RH: Die Ausbildungswege der Ev. Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie • 1. Juli: Vortrag Gert Müssig über Matthias Claudius • 15. August: Tagesfahrt mit dem Bus ins Wendland. Näheres und Anmeldungen: Ulf Porrmann, Tel. 040/84 35 78 • 6. September: Einsegnungsgottesdienst in der Hammer Dreifaltigkeitskirche • 14. Oktober: Vortrag im Rauhen Haus: Über den Islam 25 • 9. Dezember: Adventskaffee im Rauhen Haus Alle Treffen und Reisen sind zwar vom Seniorentreff organisiert, sind aber auch offen für Gäste und (Noch-)Nichtsenioren. Allen gilt: Herzlich willkommen. Gerd Junior au s der gemei nsc h aft Der Bote 1/2015 Bildung – Politik – Tradition Am 28. Februar 2015 tagten der Ältestenrat und die Delegiertenversammlung gemeinsam. Schwester Johanna Kutzke berichtet aus dem Ältestenrat und seiner Arbeit. 26 Ich knüpfe an den Bericht des Ältestenrats auf der Mitgliederversammlung der Brüder- und Schwesternschaft des Rauhen Hauses am 13. 9. 2014 an, in dem wir über unsere Arbeit in der ersten Hälfte unserer Amtszeit ausführlich berichtet haben. Da es damals nach einem langen Tag mit vielen Diskussionen und Entscheidungen etwas spät geworden war, zitiere ich aus diesem Bericht noch einmal die Vorhaben, die wir für die zweite Hälfte unserer Amtszeit wie folgt skizziert haben: „In der Zeit nach dem Brüder- und Schwesterntag werden wir uns inhaltlich beschäftigen mit der Vorbereitungszeit, d. h. der Begleitung der Studierenden unter veränderten Studienbedingungen und -angeboten […] Eine gemeinsame Sitzung mit der Delegiertenversammlung ist für Anfang 2015 geplant. Wir freuen uns darauf, nach arbeitsreichen zwei Jahren und der Vorbereitung dieses Brüder- und Schwesterntages, den Schwerpunkt der Arbeit – hoffentlich – vom Organisatorischen mehr auf das Inhaltliche setzen zu können, auch wenn dies nicht immer genau zu trennen ist“. Unter den drei großen Überschriften Bildung – Politik – Tradition haben wir die zu bearbeitenden inhaltlichen Schwer- punkte zusammengefasst und wie folgt zum Thema Bildung konkretisiert: • Die Brüder- und Schwesternschaft als „lernende“ Gemeinschaft weiterentwickeln, insbesondere die Rolle der Konvikte dabei stärken • In Zusammenarbeit und verlässlichen Strukturen mit der Hochschule Mitverantwortung für die Ausbildung der Diakoninnen und Diakonen übernehmen • Als Personengemeinschaft unter veränderten Bedingungen das diakonische Profil der Stiftung Das Rauhe Haus mitgestalten. In der ersten Sitzung des Ältestenrats nach dem Brüder- und Schwesterntag am 7./8. 11. 14 haben wir die Ergebnisse und den Verlauf der Mitgliederversammlung ausgewertet. Eine gemeinsame Stellungnahme der Ältestenratsmitglieder dazu ist im Boten 2/2014 erschienen. Selbstkritisch stellen wir fest: „Zu dem Punkt Strukturveränderung in der Ev. Hochschule gab es viele kritische Nachfragen. In oft kontroversen Diskussionen wurde mangelnde Transparenz befürchtet und kritisiert sowie die Sorge deutlich, die Brüder- und Schwesternschaft sei in der neuen Gremienstruk- Der Bote 1/2015 tur deutlich geschwächt. Rückblickend meint der Ältestenrat, es wäre besser und sinnvoller gewesen, die Strukturveränderungen in der Hochschule und dem früheren Kuratorium in einem eigenen Tagesordnungspunkt vorzustellen und zu diskutieren. Wir bedauern diese Fehleinschätzung. Die Entscheidungen über die Strukturveränderungen in der Stiftung und der Hochschule sind im Verwaltungsrat, dem Kuratorium und der Hochschulkonferenz getroffen worden. In diesen Gremien ist die Brüder- und Schwesternschaft durch gewählte Mitglieder und die Konviktmeisterin vertreten.“ Eindeutig als gelungen bewertet der Ältestenrat den Prozess und die Vorbereitung der Debatte und Entscheidung über die neue Struktur der Mitgliedsbeiträge. Auf Veranlassung der Delegiertenversammlung haben sich die Gremien und die Konvikte mit dem Thema unter allen Aspekten in einer breiten Diskussion beschäftigt. Eine große Mehrheit hat dem gemeinsam erarbeiteten Antrag und den Ergänzungen und Veränderungen auf der Mitgliederversammlung zugestimmt. An diesem Beispiel wird deutlich, wie in Zukunft durch die Zusammenarbeit der Gremien und einer breiten Partizipation der Mitglieder die Gestaltung der Zukunft der Brüder- und Schwesternschaft gelingen kann. Wir haben uns dann auf dieser Sitzung Zeit genommen, uns mit unserem Selbstverständnis als Mitglieder des gewählten au s d e r g e m e i n s c h a f t Leitungsorgans der Gemeinschaft auseinanderzusetzen. Aspekte, die wir zu diesem Thema diskutiert haben, waren: Rollen und Aufgaben, Gaben und Talente, Ehrenamtlichkeit und Hauptamtlichkeit, Glaube und Spiritualität, Wirkung innerhalb und außerhalb (z. B. in Kirche) der Brüder- und Schwesternschaft. Auf der Grundlage dieser Verständigung untereinander haben wir im weiteren Verlauf der Sitzung die inhaltliche Arbeit des Ältestenrats für das Jahr 2015 geplant und Aufgaben in einem Zeitplan präzisiert und zugeordnet. Als ergänzende, „quer“ dazu liegende Themen, die uns durchgängig weiter beschäftigen werden, haben wir die Fragen, die mit dem Selbstverständnis des Gremiums zusammenhängen, darin aufgenommen (siehe Übersicht). Schwester Tabea Fiebig gab auf dieser Sitzung ihr Ausscheiden aus dem Ältestenrat zum Ende des Jahres aus Gründen der Familienplanung bekannt. Inzwischen hat Schwester Dagmar Krok zugesagt, das Mandat als Nachrückerin wahrzunehmen. Darüber freuen wir uns sehr! Die Brüder- und Schwesternschaft wurde in der Eilbotin darüber informiert. Gemäß unserer Planung haben wir uns für die Ältestenratsklausur, die vor zwei Wochen in der Diakonie Hephata in Schwalmstadt-Treysa vom 12. bis zum 14. 2. 15 stattfand, das Thema „Diakonische Bildung“ vorgenommen. Die Klausur begann mit einer Begegnung mit Schwestern und Brüdern der Diako- 27 au s der gemei nsc h aft 28 nischen Gemeinschaft Hephata, die uns mit einem gemeinsamen Agapemahl und Abendessen willkommen hießen. Im Anschluss wurden wir von den Geschwistern, insbesondere vom Geschäftsführer und der Referentin, ausführlich über die Rolle und Bedeutung der Diakonischen Gemeinschaft Hephata in der diakonischen Einrichtung und für die Ausbildung der Diakoninnen und Diakone in der Ev. Kirche in Hessen und Nassau informiert. Hier ist die Gemeinschaft – durch hauptund nebenamtliche DozentInnen und die Verantwortung für bestimmte Inhalte – in die Struktur des Studiums und der Fachschulausbildung eingebunden. So war dieser Abend der Begegnung neben dem Kennenlernen einer anderen Gemeinschaft für uns auch die Einführung in unsere inhaltliche Arbeit. Die Klausur haben wir fortgesetzt mit Arbeitseinheiten zu drei Aspekten zum Thema Bildung und Gemeinschaft: 1. Brüder- und Schwesternschaft als Lernort/Konvikte und Seminare 2.Brüder- und Schwesternschaft und Evangelische Hochschule 3.Brüder- und Schwesternschaft und Nordkirche Nach den jeweiligen Inputs und anschließenden Diskussionsrunden zu den Themen haben die Ältestenratsmitglieder folgende Positionen und Aufgaben formuliert: Der Bote 1/2015 1. Konvikte sind Lern- und Begegnungsorte (thematisch – spirituell – persönlich). Daneben sollen weitere „Lern-“ Angebote stehen (Seminare), die auch Kommunikation fördern und Austausch ermöglichen mit Brüdern und Schwestern.. 2.Die Mitwirkung der Brüder- und Schwesternschaft in der Ausbildung soll strukturell verankert werden. Ein Seminarkonzept „Diakonische Identität“ wird erstellt und als Angebot an das Rektorat kommuniziert (unter Zugrundelegung des vorhandenen Konzepts). Die Begleitung der Studierenden durch die Brüder- und Schwesternschaft wird Thema auf der nächsten Sitzung der Delegiertenversammlung (gemeinsam mit dem Ältestenrat) – mit dem Schwerpunkt Vorbereitungszeit.Der Rektor der Ev. Hochschule und die Mitglieder des Verbandes der diakonischen Gemeinschaften in der Nordkirche, die im neu konstituierten Hochschulrat sitzen, werden in den Ältestenrat eingeladen. 3.Bis 2017 muss in der Landeskirche die Position zum Diakonengesetz (und über das Gesetz hinaus) bei den Entscheidungsträgern/Synodalen bekannt sein. Dazu will der Ältestenrat im April die Frage der Bedeutung der Gemeinschaft und der Gemeinschaftsbindung beraten und formulieren. Der Ältestenrat wird in Verbindung mit dem Verbandsausschuss PR-Aktionen planen und durchführen. Der Bote 1/2015 Darüber hinaus hat sich der Ältestenrat auf seiner Klausur mit den Auseinandersetzungen zum Thema rhP (Rauhes Haus Personaldienste GmbH) beschäftigt und ist zu folgendem Ergebnis gekommen: Auf die Veröffentlichung des Konvents DAGS in seinem Infoblatt vom November 2014 hat Bruder Green mit einer Stellungnahme im E-Mail-Verteiler der Brüder- und Schwesternschaft reagiert. Dies führte zu Irritationen bei einigen Mitgliedern, die in einigen Konvikten angesprochen wurden. Der Ältestenrat hat sich damit befasst, die Ergebnisse in knappen Stichpunkten: Unterschiedliche Meinungen dürfen sein. Die Art und Weise der Kommunikation soll von Vertrauen und gegenseitigem Respekt bestimmt sein. Eine Veröffentlichung über die Brüder- und Schwesternschaft hinaus darf der Gemeinschaft und der Stiftung Das Rauhe Haus keinen Schaden zufügen. Um das Thema zu besprechen, geht die Konviktmeisterin im April 2015 in den Konvent DAGS. Weitere Themen auf der Tagesordnung waren die Beratung und Verabschiedung des Wirtschaftsplans der Brüder- und Schwesternschaft für 2015. In diesem Zusammenhang war auch der erste Bericht der Konviktmeisterin über die Erfahrungen mit der Umsetzung des Beschlusses der Mitgliederversammlung 2015 zur Veränderung der Beitragsordnung von Bedeutung. Viele Mitglieder – aber leider nicht alle – haben fristgemäß ihre neue Einstufung zur Beitragsmessung au s d e r g e m e i n s c h a f t an das Diakonenbüro zurückgemeldet, so dass im Januar mit dem Einzug der neuen Beiträge begonnen werden konnte. Es gab auch skeptische Rückmeldungen und bisher einige wenige Austritte aus der Gemeinschaft. Der Ältestenrat als verantwortliches Gremium für die Finanzen und den Wirtschaftsplan der Gemeinschaft wird beobachten, ob nach Umstellung der Beitragsordnung die notwendigen Einnahmen für die Arbeit der Brüder- und Schwesternschaft erreicht werden. Dazu wird es – wie beschlossen – auf der Mitgliederversammlung 2016 eine Auswertung und eine Aussprache geben. Ich möchte an dieser Stelle noch ganz persönlich feststellen, dass die Arbeit im Ältestenrat durch eine sachliche und zugleich engagierte Atmosphäre geprägt ist. Wir greifen die Anliegen auf, die aus der Gemeinschaft an uns herangetragen werden. Umgekehrt möchten wir mit den Themen des Ältestenrats Impulse in die Brüder- und Schwesternschaft hineintragen. In kontroversen Diskussionen bemühen wir uns, einen Konsens zu finden. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit, gerade im Zusammenwirken mit der Delegiertenversammlung, das in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren sehr konstruktiv war. Johanna Kutzke 29 au s dem r au h en h aus Der Bote 1/2015 Der Bote 1/2015 au s d e m r au h e n h au s Was macht dich stark? „Wichern in die Gegenwart übersetzen“ Der Jahresbericht des Rauhen Hauses 2014 ist gerade frisch erschienen und kann jetzt bestellt werden Gespräch mit Carsten Krüger, Leiter des Stiftungsbereichs Behindertenhilfe 30 Auf die Frage nach dem, was stärkt oder stark macht, haben wir sehr offene und auch berührende Antworten bekommen: von Christine Fritzsche, die eine psychische Erkrankung hat und als Ex-Inlerin oder Genesungsbegleiterin Klienten aus der Sozialpsychiatrie unterstützt. Oder Regine Mäkelburg, die Cengiz und Karim, die beiden Jungs auf dem Titel, im HueD Kastanie betreut hat. Und woher nimmt unsere Seelsorgerin Corinna Peters-Leimbach die Kraft, uns Kolleginnen, Kollegen und Betreute im RH zu stärken? Was klar ist: Das, was einen Menschen stärkt, bringt ihm zum Leuchten. Und das zeigen alle Bilder im Jahresbericht! Neugierig geworden? Der Jahresbericht enthält wie stets Berichte der Stiftung und ihrer Bereiche, manche Zahlen und die Chronik 2014. Er ist erhältlich in der Stabsstelle Kommunikation: • [email protected] • Tel. 040/655 91-111 Carsten Krüger, geb. 1971, Diplom-Sonder- und Heilpädagoge; berufliche Tätigkeiten in der Behindertenhilfe in Berlin, Geschäftsführer, wissenschaftlicher Mitarbeiter; verheiratet, zwei Kinder Carsten Krüger ist seit gut einem Jahr Stiftungsbereichsleiter der Behindertenhilfe des Rauhen Hauses. Nach seinen Eindrücken vom Leben und Arbeiten in den Einrichtungen gefragt, ragen vor allem drei Merkmale heraus: die Lebendigkeit, die hohe Identifikation und die Tradition. Er erlebt die Tradition des Rauhen Hauses nicht als etwas Erstarrtes oder Konserviertes, sondern als ein „Übersetzen Wicherns in die Gegenwart“, zum Beispiel, dass die Bewohner_innen Ausbildung und Arbeit erhalten sollen, die sich am ersten Arbeitsmarkt orientieren und ein weitgehend eigenständiges Le- ben ermöglichen. Wichern habe mit der Druckerei einen damals sehr anerkannten Beruf im Rauhen Haus gefördert. Der Stiftungsbereich Behindertenhilfe macht im Rauhen Haus mit ca. 260 Mitarbeiter_innen, die 300 Menschen mit Behinderungen betreuen, knapp ein Viertel der Stiftung aus, auch finanziell und wirtschaftlich. Ein großer Arbeitsbereich, wenn man bedenkt, dass Das Rauhe Haus in der Öffentlichkeit eher mit der Kinder- und Jugendhilfe und den Ausbildungsstätten assoziiert wird. Aktuelle Aufgaben sind eine Reihe von Bauvorhaben und Modernisierungen, zum Beispiel ein Wohnhaus auf dem Gelände der ehemaligen Bäckerei, Umbauten am Gräflingsberg und die Ausweitung der Kulturarbeit, die Vielfalt der Angebote des Kulturtreffs Bienenkorb ist dafür ein Vorbild. Gemäß der fünf Leitziele der Stiftung des Rauhen Hauses, die von der Gesamtkonferenz entwickelt wurden, gibt es in Abstimmung und Kommunikation mit dem Vorstand Zielformulierungen zu den einzelnen Punkten, die im Rahmen einer Zeitleiste umgesetzt werden. Zum diakonischen Profil gibt es die Kooperation mit dem Projekt der religions- und kultursensiblen Arbeit der Kinder- und 31 au s dem r au h en h aus 32 Jugendhilfe, weitere Angebote mit diakonischen Inhalten in der Kulturarbeit und eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinden in den Sozialräumen. Das Thema Inklusion auf der Grundlage der UN-Behindertenrechtskonvention bedeutet weitere Herausforderungen für den Stiftungsbereich Behindertenhilfe. Herr Krüger sieht dies vor allem als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, nicht als eine Angelegenheit von Expert_innen. Ganz konkret gibt es Überlegungen, ein gemeinsames Wohnprojekt von Studierenden und Menschen mit Behinderungen auf dem Gelände der ehemaligen Bäckerei zu realisieren. Aber auch die Beteiligung der Kommunen bei neuen Bauvorhaben, die vom Know-how der Diakonie und des Rauhen Hauses profitieren können. Inklusion sieht er als eine umfassende Bewegung von Bürgern für eine gerechte Gesellschaft, was aktuell beispielhaft am Engagement für Flüchtlinge deutlich wird. Bis dies eine Selbstverständlichkeit wird, braucht es einen generationsübergreifenden langen Atem, vielleicht vergleichbar mit der Emanzipationsbewegung. Die Mitarbeiter_innen des Rauhen Hauses zeichnen sich durch eine hohe Identifikation mit der Einrichtung aus. Die diakonische Haltung sieht Carsten Krüger als Qualitätsmerkmal der Arbeit. Er selbst wurde im weiteren Sinne „evangelisch sozialisiert“ mit allem, was dazu gehört: Kindergottesdienst, Zeltlager, Konfirmation, Kirchenmusik, Gottesdienste (nicht Der Bote 1/2015 nur zu den hohen Feiertagen). Für ihn war es eine positive Erfahrung, diese „Kultur“ im Rauhen Haus wiederzufinden. Spirituelle Angebote für die Mitarbeiter_innen und die Bewohner_innen, die Feste, die Verbindungen zu Kirchengemeinden bereichern die Arbeit der Stiftung. So gab es zum Beispiel eine Pilgerreise im Programm des Kulturtreffs Bienenkorb, den die Diakonin Maren Röse leitet. Mit weiteren Mitgliedern der Brüderund Schwesternschaft gibt es unmittelbaren Kontakt durch die Zusammenarbeit in der Stiftung Das Rauhe Haus: Diakon Uwe Mann-van Velzen von der Stabstelle Kommunikation, Diakon Reinhard Förtsch im Freiwilligenmangement und die Konviktmeisterin Claudia Rackwitz-Busse im Diakonenbüro. Die Einrichtung am Gräflingsberg in Henstedt-Ulzburg hat gerade einen Diakon aus Bethel als Teamleitung eingestellt. Das Seminarangebot der Brüder- und Schwesternschaft zur „Leichten Sprache“ zeige, dass es verbindende Themen gibt. Ein eindrückliches Erlebnis war für Carsten Krüger die Begegnung mit 40 Diakonen im Ruhestand, die sich den Kattendorfer Hof, den sie während ihrer Ausbildung kennengelernt hatten, in seinem heutigen Zustand ansehen wollten. Sie waren sehr angetan von der Pflege des Geländes – heute ein Bio-Bauernhof –, das sie früher selbst bewirtschaften mussten. Auf diese Weise erfuhr er einiges über die ehemalige Diakonenausbildung. Der Bote 1/2015 Herr Krüger fühlt sich mit seiner Familie nach dem Umzug von Berlin in Hamburg sehr wohl. Er hat bereits früher mit seiner Frau hier gelebt und findet, dass die Stadt viel Lebensqualität bietet. Grüne Oasen und das Wasser laden zu einer aktiven Freizeitgestaltung ein. Trotz des au s d e m r au h e n h au s sichtbaren Wohlstands im Vergleich zu Berlin nimmt er Hamburg auch als eine in Armut und Reichtum gespaltene Stadt wahr. Nachdem er nicht mehr, wie zu Beginn seiner Tätigkeit, pendeln muss, hat er hier ein neues (altes) Zuhause gefunden. 33 „Der Heilige Geist ist mit im Raum“ Gespräch mit Corinna Peters-Leimbach, Seelsorgerin im Rauhen Haus Ich treffe Corinna Peters-Leimbach, seit dem 1. 6. 2014 Pastorin auf der Stelle der Seelsorgerin des Rauhen Hauses, in ihrem Büro und Gesprächszimmer auf dem Gang zwischen Haus Weinberg und der Küche vom „Amanda’s“. Der helle und freundliche Raum wirkt wie ein guter Ort zum Zuhören und Reden. Die seelsorgerlichen Gespräche mit den Menschen, die im Rauhen Haus leben, begleitet werden oder arbeiten, finden aber nicht nur hier statt. Corinna Peters-Leimbach ist unterwegs in den verschiedenen Stiftungsbereichen und Einrichtungen. Sie ist darüber hinaus mitverantwortlich für die Weiterentwicklung des diakonischen Profils der Stiftung, zum Beispiel durch Angebote diakonischer Bildung im Fortbildungsprogramm des Rauhen Hauses. Diese gestaltet sie sowohl allein als auch in Zusammenarbeit mit der Konviktmeisterin der Brüder- und Schwes- Corinna Peters-Leimbach, geb. 1969, verheiratet, 9 Jahre Gemeindepastorin in Harburg und Wilhelmsburg, 6 Jahre Projektstelle zur Begleitung der Umstrukturierungsprozesse auf der Elbinsel, seit Juni 2014 Seelsorgerin im Rauhen Haus ternschaft, Claudia Rachwitz-Busse, und anderen Diakon_innen und Mitarbeiter_innen des Rauhen Hauses. Austausch gibt es auch mit Katharina Gralla, Schulpastorin der Wichern-Schule. Oasentage, au s dem r au h en h aus 34 Rituale, Feste im Kirchenjahr gehören zu ihren Aufgaben sowie Gottesdienste, Taufen und Wiedereintritte in die Kirche. Ein besonderer Schwerpunkt ist die Begleitung von Tod und Sterben. Das Besondere an ihrer Arbeit als Seelsorgerin sieht Corinna Peters-Leimbach in ihrer Unabhängigkeit, fachlich – Seelsorge ist keine Therapie – und persönlich – sie steht nicht in einem Betreungsverhältnis zu den Ratsuchenden. Vor ihrer Tätigkeit im Rauhen Haus hat sie ein dreimonatiges „Sabbatical“ genommen, nachdem sie viele Jahre als Pastorin auf der Elbinsel Wilhelmsburg gearbeitet hat. Zunächst in einer Kirchengemeinde, später auf der Projektstelle zur Begleitung der Umstrukturierungsprozesse durch die IBA (Internationale Bauaustellung) und die igs (Internationale Gartenschau). Durch die Erfahrungen in einem Stadtteil wie Wilhelmsburg ist sie in der Ansicht bestärkt worden, dass Glauben auch immer politisch ist und „in der Welt“ wirkt. Die Stärke der Kirche ist dabei ihre Unabhängigkeit, dass sie sich von niemandem – sei es von der Politik oder anderen Interessen – vereinnahmen lassen muss. Corinna Peters-Leimbach hat erlebt, wie die Menschen in Wilhelmsburg trotz aller Schwierigkeiten zusammenstehen, zum Beispiel bei traurigen Ereignissen wie dem Tod des kleinen Volkan oder gegen negative Schlagzeilen in der Presse, und sich an der Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse beteiligen. Der Bote 1/2015 Der interreligiöse Dialog spielte dabei eine wichtige Rolle, sichtbar geworden im „Garten der Religionen“ auf der Internationalen Gartenschau, wo sie mit vielen Freiwilligen Gäste und Besucher_innen empfangen hat. Corinna Peters-Leimbach wohnt mit ihrem Ehemann in Harburg, sie findet den Blick von außen auf ihre jeweiligen Arbeitsstätten ganz hilfreich. Sie ist eine „Brüderfrau“, Martin Leimbach arbeitet als Referent in der Fachstelle Gemeinwesendiakonie im Kirchenkreis Hamburg Ost. Die Bedeutung der Brüder- und Schwesternschaft für Das Rauhe Haus sieht sie als „Trägerin der Tradition“, die diese für das 21. Jahrhundert reformiert. Die Herausforderung ist, den Schatz einer christlichen Gemeinschaft in die nächste Generation hineinzutragen. Sie erlebt die Brüder- und Schwesternschaft als offen und reflektierend. Die Frage kann auch umgekehrt gestellt werden: Was bedeutet Das Rauhe Haus für die Brüder- und Schwesternschaft? Da die Gesellschaft sich verändert, stellt sich die Frage nach der Öffnung der Stiftung für Mitarbeiter_innen, die keiner oder einer anderen Religionsgemeinschaft angehören. Für Corinna PetersLeimbach ist es wichtig, dass dies gut überlegt mit einer gleichzeitigen Schärfung des diakonischen Profils einhergeht. Religion ist eine Kraftquelle und die Entdeckung der jeweils eigenen Prägung eine Ressource. Das Kirchenjahr bei allen Der Bote 1/2015 Erfordernissen der Arbeit zu respektieren ist ein sichtbares Zeichen für die Wertekultur des Rauhen Hauses. In den Gesprächen mit Betreuten, Mitarbeitenden und Angehörigen ist die Seelsorgerin davon überzeugt, „dass der Heilige Geist mit im Raum ist“. Menschen machen Erfahrungen mit Begrenzungen und Endlichkeit, fragen nach Schuld und Sinn oder konfrontieren die Pastorin mit traumatischen Lebensereignissen. au s d e m r au h e n h au s Wie schafft Corinna Peters-Leimbach die sogenannte Work-Life-Balance? „Ich trenne das nicht so“, sagt sie, „auch meine Arbeit ist ein Teil meines Lebens“ und so Erfüllung und Kraftquelle. In ihrer freien Zeit genießt sie den eigenen Garten, Musik im Allgemeinen und Singen im Chor im Besonderen und geht gern mit ihrem Mann tanzen. Johanna Kutzke 35 au s deR NOR D KIRCHE Der Bote 1/2015 Vier sind Tausend Rückblick auf das erste Jahr des Verbandes Diakonischer Gemeinschaften in der Nordkirche 36 Die folgenden vier Gemeinschaften haben den Verband Diakonischer Gemeinschaften in der Nordkirche gegründet: • Züllchower-Züssower Diakonen- und Diakoninnengemeinschaft • Schleswig Holsteinische Diakonatsgemeinschaft e. V • Diakonische Gemeinschaft Rickling • Brüder- und Schwesternschaft des Rauhen Hauses. Die verbindliche Zusammenarbeit der diakonischen Gemeinschaften in der Nordkirche hat eine lange Vorlaufzeit in Form eines Kooperationsausschusses in der damaligen Nordelbischen Kirche gehabt. Nach intensiver Klärung der unterschiedlichen Profile der einzelnen Gemeinschaften ist das Vertrauen gewachsen, so dass die vier Gemeinschaften am 21. 2. 2014 den Verband Diakonischer Gemeinschaften in der Nordkirche im Rauhen Haus gründeten. Der formale Zusammenschluss war unter anderem auch durch die Aufgabe der Diakon/innen-Ausbildung in Rickling und Preetz notwendig geworden. Den beiden schleswig-holsteinischen Diakonatsgemeinschaften fehlte der Nachwuchs, eine Förderung der Gemeinschaf- ten, zum Beispiel durch Personalstellen der damaligen Nordelbischen Kirche, war schon lange nicht mehr gegeben. Die beiden Gemeinschaften mussten alle satzungsgemäßen Aufgaben aus immer weniger werdenden Mitteln bestreiten. Die Diakoninnen und Diakone waren eingespannt in die im gemeindlichen Bereich knapper werdenden und zunehmend gesplitteten Stellen. Die größere Anzahl von Diakonninnen und Diakonen arbeitete inzwischen in diakonischen Einrichtungen, in Stadteilprojekten, in den Jugend- und Sozialämtern der Kommunen, in Kindertagesheimen oder in Behinderteneinrichtungen. Sie hatten den „Rückzugsort Gemeinde“ (Hildrud Keßler) verlassen und nur noch wenig Zeit, sich ehrenamtlich in einer Gemeinschaft zu betätigen und ihrer eigenen Familie gerecht zu werden. Auch die Arbeitsbereiche der Diakoninnen und Diakone unterlagen und unterliegen dem Ökonomisierungsdruck. Eine Teilnahme an der Gemeinschaftspflege ist zwar kirchenrechtlich verpflichtend, aber es fiel immer schwerer, entsprechende Dienstbefreiungen zu erlangen, besonders bei den refinanzierten Stellen. Die Organisation und Leitung einer Gemeinschaft, die Kontakte zu den ver- Der Bote 1/2015 schiedenen kirchlichen Gremien, die seelsorgerlichen Aufgaben in der Gemeinschaft fordern ein hohes Maß an Engagement, welches nicht immer mit der beruflichen Aufgabenstellung in Einklang zu bringen ist. Weiterhin brachte die Gründung der Nordkirche neue Aspekte in den Verband Diakonischer Einrichtungen. Etwa die unterschiedlichen Grade an Konfessionslosigkeit in Ost und West und die gemeindepädagogische Ausbildung und Beruflichkeit in Mecklenburg Vorpommern. Es ist daher ein Glücksfall für den Verband, dass die Züllchower-Züssower Diakonen- und Diakoninnengemeinschaft schon in den Kooperationsphasen mitgemacht hat und wir heute von dort neue Anregungen in unsere Gemeinschaften und in den Verband hinein erhalten. Das Rauhe Haus als die älteste Gemeinschaft mit ihrer über 150-jährigen Tradition hat sich stets solidarisch gegenüber den Problemen der anderen Gemeinschaften verhalten. Hier bestehende Vorurteile, die vor allen Dingen in der starken Präsenz in der Ausbildung lagen, konnten abgebaut und in neue Formen der Zusammenarbeit an der Ev. Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie gebracht werden. Als größte Gemeinschaft im Verband hat sie ihre Infrastruktur zur Verfügung gestellt, und dank ihrer besonderen Kontakte zur Kirche und ihrer Diakonie war sie eine große Hilfe bei der Gründung. au s d e R NOR D K IRCHE Insgesamt kann gesagt werden, dass die Verbandsgründung Synergieeffekte geschaffen und adäquat auf die Schaffung der Nordkirche reagiert hat, ohne an den Traditionen und Profilen der Gemeinschaften zu rütteln. So heißt es in der Verbandssatzung: „Die Gemeinschaften dienen Diakoninnen, Diakonen und Mitarbeitenden im Diakonat zur Ermutigung, Befähigung und Unterstützung. Der Verband vertritt die Gemeinschaften in ihren gemeinsamen Interessen nach außen.“ Für kirchliche und andere Institutionen und Personen ist der Verband jetzt eine wichtige Anlaufstelle für Fragen und Probleme. Andererseits ist es für die einzelnen Gemeinschaften hilfreich, diesem Gremium bestimmte Aufgaben zu übergeben oder Initiativen zu ergreifen. Das entlastet die Gemeinschaften, hilft aber auch, sich mit stärker gewordener Stimme gegenüber der Nordkirche Gehör zu verschaffen. Der Verband fördert das diakonische Handeln gemeinsam mit den Gemeinschaften im Diakonat, sucht den Dialog mit weiteren Berufsgruppen und repräsentiert die Gemeinschaften in der Öffentlichkeit. Nach fast einem Jahr Arbeit im Verband schauen wir zurück auf die Kontaktaufnahmen mit verschiedenen Gremien der Nordkirche. Hier besonders mit der Arbeitsstelle für die Qualifizierung gemeindebezogener Dienste am PTI in der Nordkirche. Herr Pastor Matthias Selke 37 au s deR NOR D KIRCHE 38 ist uns dabei eine große Hilfe gewesen. Er ist das sachbezogene Gegenüber und unser Ansprechpartner in der Nordkirche. Sein Angebot, den Verband, aber auch die einzelnen Gemeinschaften in vielfältiger Hinsicht zu unterstützen, haben wir gerne zur Kenntnis genommen und werden dieses nutzen. Weiterhin hat uns die Ausbildung von Diakonninnen und Diakonen am Rauhen Haus beschäftigt. Die veränderten Bedingungen des Diakonenberufes, seine Professionalisierung, die veränderten sozialpolitischen und gemeindepädagogischen Aspekte waren Inhalte der Diskussionen. Die Bedürfnisse, Nöte und Fragen der Menschen in verschiedenen Lebensräumen stehen im Mittelpunkt der Arbeit vieler unserer Mitglieder, ohne dass dabei die „Kommunikation des Evangeliums“ zu kurz kommen sollte. Wie ist ein Spagat zwischen sozialwissenschaftlichen und theologischen Kenntnissen im Rahmen der Ausbildung an der Ev. Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie des Rauhen Hauses möglich? Die Teilnahme von Diakoninnen und Diakonen an Ausbildungsteilen sollte intensiviert werden. Auch sind wir froh darüber, dass es gelungen ist, zwei Vertreter/innen des Verbandes in den Hochschulrat zu entsenden. Im April haben wir zum Thema Ausbildung zum Diakon/zur Diakonin zu einem ersten Fachgespräch eingeladen. Dabei sollen die in der Diakonenausbildung verantwortlichen Theologieprofessorinnen mit Diakonen und Diakoninnen Der Bote 1/2015 Der Verband diakonischer Gemeinschaften lud am 22. April 2015 zu einem Fachgespräch in den Sieveking-Saal ein. Die Diakoninnen Nicole Meyer und Wiebke Johannsen sprachen über ihre ersten Berufserfahrungen in der Kirchengemeinde. Professorin Dr. Ulrike Suhr gab einen Überblick über das Diakoniestudium an der Ev. Hochschule. Diakon Wolfgang von Rechenberg, Referent im Landeskirchenamt Schwerin, gab einen Ausblick auf das diakonisch-gemeindepädagogische Arbeitsfeld in der Nordkirche. In der angeregten Diskussion mit Gästen aus Studium, Praxis und den diakonischen Gemeinschaften wurde deutlich, dass Diakone und Diakoninnen mit der doppelten Qualifikation Soziale Arbeit und Diakonie gut ausgebildet sind. Für die Herausforderungen des Arbeitsfeldes kirchengemeindlicher Kinder- und Jugendarbeit sehen Nicole Meyer und Wiebke Johannsen Bedarf für weitere arbeitsfeldspezifische Qualifikationsangebote. Da sind Landeskirche und Hochschule gefordert. Gleichzeitig arbeiten die Gemeinschaften daran, unterschiedliche Formen der Begleitung von Diakonen und Diakoninnen in den ersten Berufsjahren, z. B. in Form eines Mentoring, weiterzuentwickeln. aus Arbeitsfeldern in der Nordkirche über die Herausforderungen von Theorie und Praxis ins Gespräch kommen. Ange- Der Bote 1/2015 Der Verbandsauschuss hat im neu konstituierten Hochschulrat der Ev. Hochschule seine zwei Sitze besetzt. Gewählt wurden: Diakonin Nicola Ahrens-Tilsner, 47 Jahre. Sie ist Mitglied der Brüder-und Schwesternschaft des Rauhen Hauses. Nach ihrem Bachelor und Diakoninnenabschluss 2010 absolvierte sie das Masterstudium Soziale Arbeit „Planen und Leiten“ am Rauhen Haus. Sie ist als Sozialpädagogin an der Wichern-Schule tätig. Diakon Wolfgang Seyfried, 62 Jahre ist Mitglied in der Züllchower-Züssower Diakoninnen- und Diakonengemeinschaft und Ältester dieser Gemeinschaft. Er ist Diplom-Sozialarbeiter und hat Sozialmanagement (MA) in Berlin studiert. Er leitet eine Behindertenwohnstätte in Haßleben in der Uckermark. Zusammen mit der Konviktmeisterin Claudia Rackwitz-Busse nehmen sie ihr Mandat im neuen Hochschulrat mit großer Freude und Engagement wahr. Die Weiterentwicklung der Studienanteile für die diakonische Ausbildung ist ihnen eine Herzensangelegenheit. regt hat uns dazu das Prädikantengesetz der Nordkirche, in der die Einbeziehung des Diakonenamtes und die besondere theologische Qualifikation von Diako- au s d e R NOR D K IRCHE ninnen und Diakonen nicht berücksichtigt werden. Auch in Zukunft wird der Verband sich übergreifenden Aufgaben widmen. Ein sehr großes Thema wird das neue Diakonengesetz sein. Hier erwarten wir wahrscheinlich für das Jahr 2017 eine Synode, die unter anderem auch über das Diakonengesetz entscheiden wird. Der Verband muss hierfür schon jetzt in den Startlöchern stehen. Die Zugehörigkeit weiterer Berufsgruppen und die Gemeinschaftsbindung werden dabei eine große Rolle spielen. Die genannten Aktivitäten und die Aufgaben des Verbandes werden sicherlich eine Entlastung für die Gemeinschaften, aber auch eine Erleichterung für die Nordkirche bedeuten. Die Gemeinschaften können in ihren gewachsenen Identitäten und Profilen weiterleben. 4 = 1000? Betrachtet man die 4 als eine Einheit mit unterschiedlichen Identitäten, kann man dieses auch von den 1000 sagen. 1000 Diakoninnen und Diakone mit unterschiedlichen Profilen, Tätigkeiten, Eigenschaften, Hautfarben, Bekenntnissen und ethnischen Zugehörigkeiten sind für den Verband eine starke Basis und eine große Einheit in der Kommunikation des Evangeliums. Nur gemeinsam sind wir stark. Dieter Waldner Schleswig Holsteinische Diakonatsgemeinschaft e. V., Stellvertretender Vorsitzender des Verbandsausschusses 39 au s dem vedd Der Bote 1/2015 Moin, Moin! au s d e m v e dd Hamburg hat was. Diese nordische Gelassenheit, dieses „Tor zur Welt“, dieses punkige, das wirkt anziehend. Dass hinter dieser „Perle im Norden“ auch viel „Schattiges“ steckt, wird sichtbar, wenn man nicht nur an Kreuzfahrtschiffen und Fischbrötchen Gefallen findet. Den für eine Großstadt typischen sozialen Brennpunkten stellen Diakonie und Kirche Hoffnungsorte, neudeutsch „sozialdiakonische Schwellenangebote“, entgegen, die wir besuchen durften. Zum Beispiel in der Rathauspassage: Inmitten einer Shoppingmeile gibt es diese einladende Ladenzeile, da werden mit Hilfe von Kaffee, Kuchen, Snacks und Büchern qualifizierte Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose geschaffen und gleichzeitig ein wichtiger Beitrag zur Belebung der Innenstadt geleistet. So heißt es in der Selbstbeschreibung. Das Café mit Antiquariat ist angenehm ruhig, trotz der lauten und hektischen Umgebung drumherum. Kulturelle Angebote wie Lesungen und Ausstellungen laden neugierige „Laufkundschaft“, hungrige Kirchenferne und schon Begeisterte gleichermaßen ein. Dass die Verknüpfung von Kirche und Diakonie herausfordernd ist, konnten wir im Gespräch mit der gastgebenden Pastorin im Sperrgebiet – der Beratungsstelle für junge Frauen rund um das Thema Prostitution – heraushören. Diese weiß nicht so recht, wie ihre pastorale Begabung in diesem gesellschaftlich, rechtlich und persönlich konfliktreichen Arbeitsfeld ansprechend Raum finden kann, und wir wussten es auch nicht. Sowas gibt’s in Bayern nicht. Weder einen Seemannsclub, noch so einen wie in Duckdalben. Leider sind wir nicht die „Peergroup“, aber Gäste waren wir gerne, und wohlgefühlt haben wir uns auch. Der Seemannsclub bietet Seeleuten, meist aus Übersee, im Club Abwechslung vom fordernden Schiffsalltag. Dieser „offene Treff“ für Seemänner bietet zahlreiche Kommunikationsmöglichkeiten. Sei es an der Theke, am Billard mit anderen Kollegen oder mit Ehrenamtlichen des Clubs, oder durch moderne Medien nach Hause. Mit seinem Gott kann man auch reden. Der Andachtsraum ist ein regelrechtes Pantheon, wo jede religiöse Idee friedlich nebeneinander koexistiert. Kaum ein anderer Ort bringt Heimweh und Fernweh greifbarer zusammen als Duckdalben. Wenn Hamburg, dann auch bitte Rauhes Haus, live und in Farbe! Die Begegnung mit dem Ältestenrat war anregend und spannend. Trotz der Unterschiede der Gemeinschaften in ihrer Struktur und Historie ist manches zwischen „Rauhhäuslern“ und „Rummelsbergern“ dann doch irgendwie ähnlich. Sei es der Umgang miteinander, das Interesse am Gegenüber, der Humor. Gut zu wissen, dass andere Gemeinschaften auch feiern können. Diesen historischen Ort mit Leben und Lachen zu füllen, erfahrbar zu machen, wie eine Idee diakonisch zu handeln damals wie heute den Puls der Zeit treffen kann, ist faszinierend und ermutigend zugleich. Nicht weit von unserer Unterkunft, der Seemannsmission mit Blick auf den Elbhafen, liegt die „Kiezkirche“ in St. Pauli. Nach dem hektischen Treiben auf dem Fischmarkt in den Gottesdienst zu gehen hat auch seinen Reiz, ebenso das Liedgut auf platt. Insgesamt war die Studienfahrt kurzweilig, interessant, spannend, feuchtfröhlich und macht Lust auf mehr. Herzlichen Dank an das Vorbereitungsteam! Freude am Genießen – Reden – Hören – Lachen Geistliche Gemeinschaft in der Kapelle Gastfreundschaft aus vollen Händen Spurensuche am historischen Ort Besuch der Diakoninnengemeinschaft Rummelsberg 40 Der Bote 1/2015 Die Diakoninnengemeinschaft Rummelsberg (Bayern) besuchte Das Rauhe Haus und diakonische Arbeitsfelder in der Stadt während ihrer Studienfahrt nach Hamburg im April 2015 Diakonin Kerstin Stengel Gemeindediakonin aus Erlangen/Mittelfranken 41 a nstöSSe Der Bote 1/2015 a n stö S S e Der Bote 1/2015 Ich habe über Jesus gehört und halte das für wahr. Seminar Leichte Sprache 42 „Leichte Sprache gibt es wirklich. Menschen mit Behinderungen haben sie für Kommunikation im öffentlichen Leben eingefordert. Sie ist eine Herausforderung für öffentliche Rede, also auch für Sprache im Gottesdienst. Die These: Leichte Sprache gibt religiöser Rede eine Form der Demut, die das Wort hinter den Wörtern leichter erscheinen lässt.“ So beginnt Pastorin Anne Gidion (Gottesdienstinstitut Nordkirche) ihren Impuls zum Thema Leichte Sprache. Elf Brüder und Schwestern haben sich für das 3×3-Seminar der Reihe Lernende Gemeinschaft in der Passionszeit in Hamburg eingefunden. Unsere Referentin Anne Gidion führt uns mit „leichter“ Hand an die Übersetzung der Bibeltexte, die in der Karwoche im Textkanon zu finden sind. Ermutigt durch Pastorin Gidion: „Es gibt so viele Arten, das Wort Gottes zur Sprache zu bringen, wie es Arten der Musik gibt. Ich wüsste nicht, welche die ‚richtige‘ ist: die akribische, die poetische, die populäre, die geglättete, die geschichtlich geprägte …“ Die hier vorgelegte Art, in Leichter Sprache, erlaubt eine Unmittelbarkeit des Verstehens, die eine große Stärke hat. Man muss nicht Kind werden, um einem biblischen Text ganz unbefangen nah zu sein. Leichte Sprache erlaubt Einfalt mit aufrechtem Gang. Damit zeigt sie etwas ganz Wesentliches, wenn es um das Wort 43 Gottes geht: Es ist nämlich in Wahrheit überhaupt nicht kompliziert, sondern so einfach wie der Satz: „Du bist geliebt.“1 So entstanden Texte für die gemeinsame Agapemahlfeier: Jedes Jahr feiern die Menschen im Land Israel ein großes Fest. Es heißt Passahfest. Sie erinnern sich daran, wie ihre Ur-Ur-Ur- Großeltern in Gefangenschaft gelebt haben. Aus dieser Gefangenschaft wurden sie befreit. Das wird bis heute gefeiert. Jesus und seine Freunde wollen dieses Fest auch feiern. Sie haben kein eigenes Haus. Sie brauchen Platz, um alles vorzubereiten. Das Fleisch und das Brot. Sie fragen Jesus um Rat, wo sie feiern können. Jesus kennt eine gute Adresse, mit viel Platz und Polstern zum Sitzen. Am Abend treffen sich alle. Sie bereiten das Festessen zu. Zwei Freunde schickt er voraus. Sie finden alles vor, wie Jesus es gesagt hat. Sie bereiten das Festessen zu. Am Abend treffen sich alle. Jesus und seine zwölf Freunde. Sie essen zusammen an einem Tisch. Beim Essen macht Jesus eine schlimme Ankündigung: Einer von euch wird mich verraten. Sie werden traurig. Sie fragen ihn, einer nach dem anderen: Bin ich es? Jesus sagt noch einmal: Es wird Schlimmes geschehen, das weiß ich. Einer von euch – der mit mir das Essen teilt – wird mich verraten. Das wird er immer wissen. Markus 14, 12–21 Ich habe über Jesus gehört und halte das für wahr. Darum gebe ich es an euch weiter. Der Herr Jesus wurde eines Nachts verraten. Vorher hat er das Brot genommen. Er dankte für das Brot und teilte es. Dabei sprach er: Das bin ich. Ich werde für euch getötet. Trotzdem werde ich immer bei euch sein. Esst das Brot, damit ihr daran denkt. Nach dem Essen nahm er den Becher a nstöSSe Der Bote 1/2015 Der Bote 1/2015 und von deiner Liebe erzählen Sie halten sich an ihr Versprechen. Gott, ich hoffe: Alle Menschen der Welt lernen dich kennen, alle Menschen dieser Welt entscheiden sich, dich anzubeten. Dann, Gott, werden wir alle in Frieden und Gerechtigkeit leben Nach Psalm 22 II 44 a n stö S S e Alle Texte dieses Seminars sind auf der Internetseite des Gottesdienstinstituts www.gottesdienstinstitut-nordkirche.de zu finden. Seminarteilnehmer waren: Gerd Bätge, Günter Grosse, Karin Stückroth, Christel Zeidler, Christina Kluck, Dagmar Holtmann, Johannes Reiners, Birgid BätgeHoltvoeth, Claudia Rackwitz-Busse, Elke Cohrs und Udo Holtmann Eingeladen zum Agapemahl und sprach zu ihnen: Dieser Becher mit dem Wein ist wie ein Versprechen: Ich gebe mein Blut dafür. So oft ihr zusammen sitzt, erinnert euch an dieses Versprechen. Sooft ihr dieses Erinnerungsmahl miteinander feiert, sagt ihr etwas über den Sinn meines Todes, bis ich wiederkomme. 1. Kor. 11/23–26 Gott, ich will von dir erzählen in der Gemeinde singen und beten. Du kümmerst dich um Arme und Kranke, Gesunde, Alte und Kinder. Ich glaube an dich und deshalb erzähle ich deine Geschichte. Es gibt Menschen, denen es schlecht geht. Bitte hilf, dass sie satt werden. Stütze die Menschen, die dich loben Christian Dopheide, Vorstand der Ev. Stiftung Hephata und Sprecher des Brüsseler Kreises, in einer schriftlichen Reaktion auf das Unternehmen, Luthertexte in Leichte Sprache zu übersetzen, zitiert nach: Gidion/ Arnold/Martinsen, Leicht gesagt, 7 1 Dagmar und Udo Holtmann, Christina Kluck 45 p ersön l ic h e s Der Bote 1/2015 Nachruf für Kristina Merz-Sprandel 46 Unterricht Jeder der geht belehrt uns ein wenig über uns selber. Kostbarster Unterricht An den Sterbebetten. Hilde Domin dungszentrum für Pflegeberufe. Erst zur Beerdigung ist mir klar geworden, dass diese Stelle dort für Kristina die erste als Diakonin war und dass sie nur kurze Zeit vor mir dort angefangen hatte. Für mich war sie von Anfang an die Fachfrau für Pflege, was an Ihrer ersten Ausbildung als KrankenWenn Kristina nicht geschwester lag. Während ich mich in die storben wäre, hätte unsere Beziehung vielleicht Bereiche von Gerontopnicht die Intensität erlebt, sychiatrie und die innere wie sie sich in den letzten Architektur von ambulanMonaten ihres Lebens entten und stationären Pflegwickelt hat. Ich will damit einrichtungen einarbeiten sagen, dass der Tod, dieser musste, präsentierte sie unglaublich konsequenmir Fach- und InsiderinKristina Merz-Sprandel te Beender aller irdischen nenwissen gepaart mit geboren am Beziehungen, gerade in Gelassenheit und einem 3. Mai 1962 unserer eine zentrale Steldirekten und nicht immer verstorben am lung für sich beansprucht dezenten Humor. Mit ei21. November 2014 hat. Alles, was ich schreibe nem fröhlichen Pfeifen und erinnere, sehe ich aus auf den Lippen lockerte sie seiner Warte. Alles, was an Tiefe in unse- – manchmal zum Leidwesen der Leitung rer Beziehung gewachsen ist, hat unmit- – die würdevolle Atmosphäre unserer telbar mit ihm zu tun. Und wenn er über- Einrichtung auf. haupt zu etwas gut ist, dann dazu, das Was uns damals auch einte, war dass Leben als etwas unendlich Kostbares zu wir beide junge Mütter waren mit der erkennen, was vielleicht überhaupt nur Mehrfachbelastung durch anscheinend gelingt, wenn wir ihn als Partner am Tisch ständig kranke Kinder, Schwimmkurse, und am Bett akzeptieren und ihm nicht Kitaausfälle und dem Bemühen, adrett gleich die Tür weisen. und seriös vor Pflegedienstleitungen Ich habe Kristina 1997 kennengelernt. und Referent/innen zu stehen, während Wir arbeiteten beide in einem Fortbil- uns noch kurz vor Dienstbeginn ein Kind Der Bote 1/2015 auf die Jacke gespuckt hatte. Unsere Autos waren vollgestopft mit Kindersitzen und übersät mit Kekskrümeln. Ich habe zwei Kinder, Kristina sogar drei, und uns beiden war klar, dass wir berufstätig sein wollten – auch wenn der Preis dafür hoch (und das Einkommen niedrig) war. Kristina blieb trotz mancher Widersprüche in dieser Einrichtung, während ich meinen Weg woanders weiterging. Da auch ich dem Bereich Seniorenarbeit, Pflege und Demenz die Treue hielt, blieben wir bis zum Schluss im regen beruflichen Austausch. In den letzten Jahren hat sie mit dem Bereich Palliativ Care etwas ganz Eigenes geschaffen und aufgebaut und sich damit in Hamburg viel Anerkennung erworben, worauf sie sehr stolz war. In diesem Feld konnte sie die Verbindung von Pflege und Spiritualität ausbauen, die ihr sehr am Herzen lag. Niemand hätte damals vermutet, dass sie selbst so schnell von dieser Arbeit profitieren würde. Noch in den letzten Krankenhaustagen erzählte sie mir von einer jungen Krankenschwester, die ganz begeistert von ihrer Weiterbildung auf diesem Gebiet erzählte und Kristina einerseits stolz war, aber auch neidisch auf ihre Nachfolgerin, die diese Arbeit an ihrer Stelle weiterführte. Ihr Mann Anselm erzählte mir voller Dankbarkeit vom ambulanten Dienst, der zu ihnen nach Hause kam: Endlich begreife ich, worüber Kristina früher ganze Frühstücke lang schwärmen konnte, was für einen wertvollen Beitrag sie damit zu p e rs ö n li c h e s einem guten Sterben geleistet hat. Ach ja unsere Männer, beider eher sachlich und an harten Fakten interessiert, eher spröde, was spirituelle Entwicklungen angeht – eine weitere Gemeinsamkeit. Zu unserer beruflichen Verbundenheit gesellte sich bald eine viel tragfähigere: Nach einigen gemeinsam verlebten geschwisterlichen Familienfreizeiten des Konviktes Hamburg West gehörten wir zu den ersten Teilnehmerinnen des mittlerweile traditionellen Wochenendes Stille und Begegnung, damals noch mit Frank Puckelwald und Volker Krolzik. Dieses feste Band von spiritueller Praxis und geistlicher Nähe – noch verstärkt durch viele gemeinsame Klosterfahrten zu den Benediktinern nach Meschede – bildete die eigentliche Basis unserer Freundschaft, die sich bis zu den letzten Minuten des Abschieds als tragfähig erwiesen hat. Ich werde nie ihre warme tiefe Stimme vergessen, mit der sie jeden unserer Gesänge veredelte, mit dem sie mir direkt ins Herz sang und mit dem sie mich zu Tränen rühren konnte. Ich weiß von einigen Brüdern und Schwestern, die ihr sehr dankbar sind, dass sie genau im richtigen Moment „Meine Hoffnung und meine Freude“ angestimmt und damit etwas in ihrer Seele zum Schwingen gebracht hat. In den Jahren dieser gemeinsam verlebten Stillezeiten und geistlicher Auseinandersetzung haben wir uns gegenseitig Geheimnisse anvertraut, die unserer schwesterliche Solidarität sehr intensiviert haben. 47 p ersön l i c h e s 48 Ich möchte unsere Beziehung nicht verklären. Es hat durchaus Situationen gegeben, die mich ärgerlich stimmten, und Kristina hatte auch eine verschlossene Seite. Ich habe diese Anteile akzeptiert, auch wenn sie mich irritierten; in dieser letzten Phase haben sie keine Rolle mehr gespielt. Kurz vor ihrer Diagnose waren wir gemeinsam mit einigen Geschwistern zu Besuch bei unserem benediktinischen Lieblingsbruder Emmanuel in seiner Cella in Hannover. Kristina war sehr in sich gekehrt und still; wir tippten auf „überarbeitet“. Heute wissen wir es besser. Mit der Diagnose bekam unsere Beziehung eine neue Dimension. Es ging schlicht ums Überleben; es blieb wenig Energie für anderes. Kristina veränderte sich: Sie wurde sehr viel ernster, hatte keine Zeit mehr für Geplänkel und Analysiererei. Mir wurde schmerzlich bewusst, wieviel wir oft in Ereignisse und Schicksalswendungen hineininterpretieren, wenn es nicht ums Ganze geht. Wie viele fromme Sprüche wir oft brauchen als Trost, den wir selbst nicht geben können. Kristina selbst hat Fragen wie: Warum ich? Was will mir Gott damit sagen? Habe ich etwas falsch gemacht? so nicht gestellt – jedenfalls nicht mir. Solange sie noch Hoffnung hatte, kam sie gar nicht auf die Idee. Als ich sie einmal fragte, ob sie sich Sorgen um ihre Kinder macht, sagte sie: Dazu habe ich keine Zeit, ich brauche alle Zeit und Energie fürs Gesundwer- Der Bote 1/2015 den – und dieser Kampf gegen einen sehr bösen Krebs hat wirklich ihre ganze Aufmerksamkeit und Energie verschlungen. Aggressive Chemotherapien, zwei Knochenmarkstransplantationen, die sie an den Rand ihrer Kraft brachten. Gleichzeitig aber solche großen Hoffnungsträger waren: was für ein Glück, dass zuerst bei ihr gesunde Stammzellen und dann tatsächlich bei ihrer Schwester übertragbare Zellen gefunden wurden; was hat sie für diese Chance an Strapazen auf sich genommen ... wie bitter jedes Mal die Enttäuschung, wenn die der Kampf „Spender gegen Wirt“ negativ für die neuen Zellen ausging. Wie lange saß ich oft vor einer SMS zur Nacht; angesichts des Ernstes kam mir jeder fromme Spruch banal vor. Ich konnte meine Unsicherheit und Sprachlosigkeit äußern und sie war gnädig mit mir. Im Grunde ging es ihr ähnlich; sie selbst sagte: Jetzt mache ich so eine Welle und ich weiß gar nicht wie Sterben geht. Und mir wurde so deutlich, dass Sterben ein Teil des Lebens ist und wir taffen Frauen es genauso angehen wie alle Großereignisse unseres Lebens, wie die Konfirmationen der Kinder etwa; was muss organisiert werden, wie kann ich bestimmen, was passiert, wie bleibe ich Teil des Geschehens? Wie gestalte ich meinen Abschied – auch gegen den Widerstand der Familie, die sich ja verständlicherweise überhaupt nicht mit dieser Option des Lebens beschäftigen will. Ich glaube, da hatte ich eine wichtige Rolle inne. Der Bote 1/2015 Bei mir konnte sie mal sagen: Du Ute, ich glaub, das wird nichts mehr mit mir. Und ich konnte es hören, ohne ihr zu widersprechen. Ich konnte den bis dahin immer weit von mir gewiesenen Gedanken an mich heranlassen, dass vielleicht ein Zeitpunkt in unserem Leben kommt, an dem wir den Tod als mögliche Alternative ins Auge fassen, an dem wir das Kämpfen aufgeben möchten. Dass dieser Zeitpunkt für Kristina vielleicht nur deswegen kam, weil es ihr so lange so dreckig ging, war ein schwer erträglicher Gedanke. Es zeigt mir aber auch, wie sehr wir am Leben hängen, was wir auf uns nehmen, bevor wir uns ins Unvermeidliche fügen. Kristina hat – gerade in den tristen Krankenhauszeiten – offen darüber nachgedacht, was das Leben denn noch lebenswert halten könnte, und freute sich dann über das Aufblühen einer kleinen Rosenknospe, bei der wir jedes Mal auf unseren Minirunden an der frischen Luft vorbeischauen mussten und über jeden Sonnenstrahl, den sie auf ihr Gesicht lenken konnte. p e rs ö n li c h e s Mir fiel es sehr schwer, die Hoffnung zu bewahren, die ich ihr versprochen hatte und die sie selbst irgendwann nicht mehr aufbringen konnte. Da war mir die treue Solidarität der Geschwister in meinem Rücken eine große Hilfe. Kristina musste einen Umweg erleben, den ich lange als zynisch empfunden habe: Es gab plötzlich Hoffnung, der Krebs schien in den Laboranalysen verschwunden, Ärzte sprachen von „Wiederfit-kriegen“ für den Wiedereinstieg in den Beruf. Wir sprachen plötzlich wieder über unsere Arbeit, es gab eine Phase der Hoffnung, die Kraft gegeben hat. Als es dann doch ganz anders kam, habe ich sie gefragt wie es für sie ist: Ich bin erleichtert, hat sie gesagt. Endlich stimmt die Diagnose mit meinem Gefühl überein. Sie wirkte sehr entspannt, konnte für die letzten Tage ihr Leben wieder in die Hand nehmen und nach Hause gehen. Ute Zeißler 49 p ersön l i c h e s Der Bote 1/2015 Nachruf für Bruno Jung 50 Am 26. Januar 2015 nahmen wir in einem Allendorf stammte, hatte ihm den Weg Gottesdienst auf dem Öjendorfer Friedhof geebnet, und eine warmherzige EmpfehAbschied von Bruno Jung, der am 10. Janu- lung seines Ortspfarrers begleitete ihn. Am 21. April 1952 trat er im Rauhen ar verstorben war. Die tröstenden Worte Jochen Kleppers im Dritttextes der Herrn- Haus ein und durchlief die damalige Aushuter Losungen des Sterbetages sprechen bildung bis zur abschließenden Diakonenprüfung am 12. März zu uns und machen den 1957. Ein Jahr zuvor hatte Grund unserer Verbundener die Wohlfahrtspflegerheit deutlich: „Der du allein prüfung und bald danach der Ewge heißt und Anauch die Religionslehrerfang, Ziel und Mitte weißt und die Kirchliche Verim Fluge unserer Zeiten: waltungsprüfung bestanbleib du uns gnädig zugeden. Während des letzten wandt und führe uns an Ausbildungsjahres war er deiner Hand, damit wir siim Bodelschwinghheim, cher schreiten“. einem Jugendwohn- und Bruno Jung wurde am Bruno Jung Männerdurchgangsheim, 18. Oktober 1933 in Allengeboren am tätig. Danach bewarb er dorf im Oberlahnkreis 18. Oktober 1933 sich bei der Hauptkirche geboren Er war das dritte verstorben am St. Michaelis. Hier wurKind seiner Eltern. Nach 10. Januar 2015 de er zum 1. Mai 1957 als der Volksschule besuchte Kirchenbuchführer angeer das Gymnasium, das er nach der Untersekunda aus familiären stellt und begann damit seine berufliche Gründen verließ. Er fand danach keine Laufbahn in der Kirchenverwaltung, die geeignete Lehrstelle, wollte aber auch ihn schließlich bis zum Revisor des Kirgern Diakon werden. Nach kurzer Tätig- chenkreises Alt-Hamburg führte. keit in einem Industriebetrieb bewarb Am 8. Mai 1959 heirateten Bruno Jung er sich bei der Diakonenanstalt des Rau- und Irma Hoyler. Eine Tochter wurde ihhen Hauses zur Ausbildung. „Ich bin wil- nen geboren. Irma Jung starb am 7. Delens, meine ganze Kraft in den Dienst zu zember 2011 und ging ihm in die Ewigkeit stellen“, so lesen wir in seinem Bewer- voraus. Dankbar schreibt er von der über bungsschreiben. Unser Mitbruder Robert 50-jährigen Ehe, in der „wir ein harmoniKühmichel (1907 – 1985), der ebenfalls aus sches Leben führen konnten“. Der Bote 1/2015 Am 1. Juli 1961 verließ Bruno Jung die Hauptkirche St. Michalis und wurde Kirchenrendant der Bugenhagenkirche West-Barmbek. Im Zuge der strukturellen Veränderungen im Verwaltungsbereich bei der Übernahme der Hamburgischen Kirche in die neu zu bildende Nordelbische Kirche wurde Bruno Jung am 1. Dezember 1973 Leiter der neuen Kirchlichen Verwaltungsstelle Barmbek. Am 1. April 1983 übernahm er schließlich die Stelle eines Revisors in der Kirchenkreisverwaltung des Kirchenkreises Alt Hamburg. Am 1. Oktober 1998 wurde Bruno Jung in den Ruhestand verabschiedet. Die Zeit nach seiner hauptberuflichen Tätigkeit war angefüllt mit ehrenamtlicher Arbeit in der Hamburger Kirche und darüber hinaus. Auch innerhalb unserer Gemeinschaft hat er sich in den letzten Jahren als Prüfer der Jahresabschlüsse betätigt. Die Konviktmeisterin hat ihm in ihrer Ansprache p e rs ö n li c h e s am Sarge einen lobenden und danksagenden Nachruf gesprochen. Bruno Jung hat nie laute Worte gemacht. Er war einer der Stillen im Lande. Die ihm näher verbunden waren, kannten seine Gründlichkeit und Nachhaltigkeit. Wenn man seine schriftlichen Äußerungen liest, kann man erkennen, wie tiefgreifend er sich mit seinen Aufgaben beschäftigte und wie wohlbegründet er die Ergebnisse vorstellen konnte. Was sein Konfirmator ihm vor über 60 Jahren als die besonderen persönlichen Kennzeichen in seine Empfehlung schrieb, hat sich in seinem Leben bewahrheitet: „Er hat ein ruhiges, bescheidenes Wesen und eine gediegene Einstellung zum Leben, den guten Willen, das einmal Begonnene auch zu Ende zu bringen, ist gewissenhaft und hat Freude an geistiger Arbeit.“ Wir nehmen Abschied von einem bewährten Bruder. Gert Müssig 51 p ersön l i c h e s Der Bote 1/2015 Nachruf für Alberdine „Dini“ Geers 52 hatten, zum Essen an den Tisch gebeten. Ein Vorbild im Glauben! „Ihr Lieben, da ist eine wunderbare, herz- Diese einladende und jeden ohne Vorbeliche Grande Dame von uns gegangen. halte schätzende, immer wieder Chancen Für mich war sie ein Vorbild. Sie wusste gebende Haltung hat sich Dini bis zum von ihrer Beziehung zu Gott authentisch Schluss bewahrt. Als ihr Geert am 25. 5. 1990 verstarb, zu reden und war trotz Bescheidenheit wusste sie nicht, ob die eine vornehme und immer Gemeinschaft des Rauhen korrekte Frau.“ Das waren Hauses für sie noch ein die Worte, die ich spontan Ort war. Oft erzählte Dini an meine Konviktältesten davon, wie sie sich das ersschrieb, als ich vom Tod Dite Mal allein auf den Weg nis erfuhr. zu einem Konvikttreffen Dini Geers war bereits machte und auf halbem im Konvikt Schleswig Weg den Mut verlor und Holstein-Süd/Altona als schon wieder nach Hause aufgenommene Schwesumkehren wollte. Doch da ter, als ich in die VorbereiAlberdine Geers begegnete ihr Schwester tungszeit eintrat. Sie war geboren am Dreessen, die sie mit zum alle Jahre eine feste Grö1. Juli 1920 Treffen nahm. ße des Konviktes, und ich verstorben am Immer mehr wurde sie kann mich kaum an ein 2. März 2015 ihr Platz, die Brüder- und Treffen ohne sie erinnern. Schwesternschaft blieb Sie hat maßgeblich daran mitgewirkt, dass das Konviktleben über fester Bestandteil in Dinis Leben. Als alle Generationen offen und füreinander emanzipierte Frau war es ihr wichtig, „nun so ganz zur Brüder- und Schwesinteressiert war. Ihrem Mann, Geert Geers, der seit Ap- ternschaft zu gehören“, und sie wurde im ril 1952 Rauhhäusler Diakon war, war sie Mai 1994 in die Gemeinschaft aufgenomstets eine liebevolle Diakonenfrau. Seine men. Tätigkeit als Seelsorger im Gefängnis und Unsere Schwester Dini Geers ist bis Ansprechpartner für die jungen Straf- zum Schluss, mit ihren 95 Lebensjahren, fälligen prägten auch ihre Ehe und ihr aktiv und engagiert gewesen. Sie verfolgLeben. So wurden die jungen Menschen te die Weltgeschichte und lebte allein in wie eigene Kinder, die die beiden nicht ihrer Wohnung in Blankenese. p e rs ö n li c h e s Der Bote 1/2015 Auch als die Kräfte weniger wurden, hat sie sich mit ihrem Rollator auf den Weg gemacht und gelernt, auch einmal Hilfe von anderen anzunehmen. Viele Jahre war Dini als Kirchenhüterin in der Hauptkirche St. Petri ehrenamtlich tätig. Sie wusste mit ihrer einfühlsamen und doch direkten Art auf Menschen in Not zuzugehen und Begegnungen und Gespräche in Krisen auf Augenhöhe zu gestalten. So hat sie vielen Mut und Hoffnung gegeben. Ich habe noch nie einen Menschen getroffen, der wie Schwester Geers von ihrem Gott authentisch und wahrhaftig sprechen konnte. Sie war gottesfürchtig, demütig, dankbar und durch ihren Glauben gestärkt. Sie war eine starke Frau, die eine Meinung hatte und zugleich offen für andere Sichtweisen war. In den letzten Begegnungen mit ihr erzählte sie mir, dass sie jeden Tag mit einem Gebet beendet, und dass sie dieses Gebet mit dem Satz „Nicht wie ich will, sondern wie Du willst!“ beschließt. Sie wusste sich in Gotteshänden gehalten und geborgen! Doris Hamer Nachruf für Werner Huppe Werner Huppe lebte 1961 als Jugendlicher in der Lehrlingsfamilie des Rauhen Hauses. Die positive Beeinflussung durch die dort tätigen Brüder – ganz besonders durch den Familienleiter Gert Schmidt – waren nach seinen Worten „sein ganz großes Glück“. Hier reifte sein Entschluss, selbst Bruder zu werden, in die Ausbildung des Rauhen Hauses einzutreten und seinen geliebten Beruf als Maschinenschlosser aufzugeben. Er war in der damals größten Ausbildungsfirma Hamburgs, „Heidenreich und Harbeck“ in Barmbek, wegen seiner überdurchschnittlichen handwerklich-technischen Begabung ein „Vorzeigelehrling“, für den die Firma den Aufenthalt im Rauhen Haus bezahlte. Durch diese positiven Erfahrungen motiviert, trat er sein Vorpraktikum im Erziehungsdienst auf dem Kattenhof im Haus Brabant an, wo wir uns kennenlernten. Im Gepäck hatte er ein großes Tonbandgerät und versorgte sehr bald alle Räume mit Lautsprechern, und fortan ertönte zur Freude der Jungen und Brüder stets aktuelle Musik, wozu er immer gute Hintergrundinformation geben konnte. Das Musikhören, sein Musikwissen und sein Sammeln von Musik auf immer neuester Tontechnik, aber auch das Weiterverschenken, gehörte zu seiner Begabung und machten ihm Freude bis zu seinem Lebensende. Der erzieherische Umgang mit den Jungen und sein hohes Maß an Empathie 53 p ersön l i c h e s 54 Der Bote 1/2015 Die beruflichen Stationen hat die Konund Einfühlungsvermögen sowie das immer größer werdende Fachwissen lie- viktmeisterin in ihrem Brief vom 31. 3. ßen ihn einen geachteten und beliebten 2015 stichwortartig alle benannt. Wo Erziehungsbruder sein. Ein emotionales er in der Welt als Sozialarbeiter, DiaWohlfühlklima im Familienalltag war kon und Pastor auch tätig war, so war er ständig bestrebt, sein Interesse an den ihm immer wichtig. Erst viele Jahre später erfuhr ich von er- unterschiedlichen Bibeln, theologischer littenen Geschehnissen in seinem Eltern- Fachliteratur und Agenden in seine zum haus, die ihn sein ganzes Leben unaufge- Pietismus neigende Grundhaltung einzubeziehen. arbeitet begleitet haben. Er Sein Theologiestudium hat das Zuhausesein in der und seine Ordination als Lehrlingsfamilie als BefreiPastor ermöglichten ihm, ung und Neuanfang empin seinen Gemeinden in funden. Dieses bestimmte Südafrika sehr engagiert auch seine pädagogische als Pastor und Seelsorger Haltung im Umgang mit tätig zu sein. Er berichteden anvertrauten Jungen. te aber auch von reichen Seinen Schwerpunkt hatFarmern, die sich ihren te er deshalb eher in der Pastor „hielten“, was zu Begleitung der Jungen in Werner Huppe Problemen in einer Geden Lernstunden, bei den geboren am meinde und zu einem Hausaufgaben und im Ge31. Dezember 1942 Stellungswechsel führte. spräch als auf dem Fußverstorben am Bis zu seinem vorzeitigen, ballplatz. 26. Januar 2015 krankheitsbedingten RuWerner Huppe war mit hestand war er sehr gern meiner Frau in einem Ausbildungsjahrgang, und beide waren bis der angesehene „Reverend Charly Hupzu seinem Lebensende in Freundschaft pe“. Er konnte aber auch eng sein: Die Einverbunden. Im Verlauf der Ausbildung trat er zwischenzeitlich in die Christus- setzungsworte beim Abendmahl im Kreis bruderschaft Selbitz ein, wo er auf ein unserer Rauhhaus-Gemeinschaft waren tieferes religiöses Verständnis hoffte. Von für ihn nie ausreichend und ließen ihn dort kam er ernüchtert zurück ins Rauhe öfter auf die Teilnahme verzichten. Auch Haus, auch, weil ihm die Regel der Armut Weihnachten war für ihn nur das besonbesonders schwer gefallen war. Werner dere Zeichen des Anfangs. Der MittelHuppe ohne Technik (und später ohne punkt seines Christseins war für ihn stets das Ostergeschehen und die Auferste„Conrad“-Katalog) war nicht vorstellbar. Der Bote 1/2015 hung unseres Heilands. Werner Huppe war ein Bruder, der in seinem Innersten dem Rauhen Haus und seiner Heimatstadt Hamburg mit der Elbe und dem Hafen ganz eng verbunden war und nur mit der Prinz-Heinrich-Mütze nach draußen ging. Wegen der Verbindung zu Hamburg und wegen seines Gesundheitszustandes zog es ihn in die Heimat zurück, und er bezog im Schröderstift im Kiwittsmoor eine Miniwohnung, die er randvoll mit Technik und Hausrat anfüllte. Der Aufenthalt im Schröderstift war für ihn wie das Gelände im Rauhen Haus: eine Insel des Friedens. Als er aus Südafrika zurückkehrte, genoss er die Möglichkeit, im Dunkeln nach draußen gehen zu können, ohne Angst haben zu müssen. Vor seiner Rückkehr nach Hamburg hatte er sich auf einem Friedhof bei Kapstadt, der nach dem Vorbild des Ohlsdorfer Friedhofs konzipiert war, einen Urnen- p e rs ö n li c h e s platz gekauft. Dort, in seinem „kleinen Haus“, wie er es immer nannte, wird er nun in der nachösterlichen Zeit im Kreis seiner dortigen Freunde und Gemeindemitglieder seinen letzten Ruheplatz finden und Osterlieder gesungen bekommen, wie wir das hier im Schröderstift bei seiner ersten Trauerfeier mit „Christ ist erstanden“ auch getan haben. Es bestand hier bei seinen Mitbewohnerinnen und -bewohnern sowie bei Brüdern und Schwestern und für unsere Familie, der er sehr verbunden war, doch der Wunsch nach einer Trauerfeier, um uns verabschieden zu können. Dadurch habe ich seinem Wunsch, still und ungenannt aus der Welt zu scheiden, nicht entsprochen. Er wollte eigentlich keinen Nachruf und keine Trauerfeier. Er kann nun schauen, was er als Pastor verkündigt und an das er selbst unerschütterlich und fest geglaubt hat. Rolf Siebrecht 55 p ersön l i c h e s Der Bote 1/2015 Nachruf für Günter Semmler 56 Am Freitag, dem 13. Februar 2015, habe ich ben und fühlte sich sehr wohl. Als Halbmit Günter fernmündlich gesprochen. wüchsigen holte die Mutter ihn nach Wir hatten vereinbart, am Montag, dem Kirchheim am Neckar zu sich. Die Mutter 16. Februar, an der Trauerfeier von Bru- hatte einen Mann geheiratet und zwei der Werner Huppe in der Schröderstifts- Kinder geboren. Günter musste im Haus kapelle in Hamburg teilzunehmen. Es und Hof helfen und sich um seine Halbkam alles ganz anders. geschwister kümmern. Am 16. Februar überEr besuchte erfolgreich brachte mir Bruder Wolfdie Volksschule, war in der gang Giering die TodesJungschar und ging gern nachricht. Sie traf mich zum Konfirmandenunterwie ein Blitz. richt. Nach der KonfirmaGünter Semmler ertion 1954 war er aktiv in blickte am 19. März 1939 der jungen Gemeinde. Er in Insterburg, Kreis Guabsolvierte eine Lehre als binnen in Ostpreußen, Oberlederzuschneider bei das Licht der Welt. Seine der Schuhherstellerfirma Günter Semmler Mutter kümmerte sich Salamander in Kornwestgeboren am nach ihren Möglichkeiten heim. In der jungen Ge19. März 1942 mit Liebe um das Wohl des meinde nahm er vor allen verstorben am Jungen. Der Vater war als Dingen am Wochenende 14. Februar 2015 Soldat eingezogen und im an Veranstaltungen teil. Krieg gefallen. So wuchs So spielte er Flügelhorn im der Junge alleine ohne weitere Geschwis- Posaunenchor. ter in Ostpreußen auf. Durch die KriegsGerhard und Richard Zimmer waren wirren kamen Mutter und Kind 1945 mit seine Freunde. 1959 bewarb er sich mit dem Treck erst nach Nord-, dann nach Richard bei dem Vorsteher des Rauhen Süddeutschland. Hauses, Propst Prehn, als DiakonenschüDa die Mutter den Lebensunterhalt ler. Am 1. April 1960 trat er als Diakonenverdienen musste, kam Günter zu Pflege- schüler ein und wurde Küchenbruder. Als eltern, einem Dorfschullehrer in Mainau Praktikant kam er nach Halstenbek ins am Bodensee. Hier erlebte der aufge- Lehrlingsheim zu Bruder Witte. Seit Mai weckte Junge in frommer katholischer 1961 begann die weitere Ausbildung zum Umgebung ein glückliches Familienle- Diakon, Sozialarbeiter und Religionsleh- Der Bote 1/2015 rer. Nach Abschluss der Ausbildung 1966 wurde er Gemeindediakon nach Epiphanien und von 1970 bis 1973 in der Dreifaltigkeitskirche in Hamm. Dann kam er zum Hamburger Staat. In der Kaiser-Wilhelm-Straße 85, Sozialtherapeutischer Dienst der Sozialbehörde Hamburg, saßen wir uns jahrelang in einem Zimmer gegenüber und haben unsere Aufgaben wahrgenommen, den Menschen, die uns anvertraut waren, in jeglicher Form zu helfen und ihre Ange- p e rs ö n li c h e s legenheiten zu regeln. Sehr oft haben wir im Dialog Lösungen gesucht und annehmbare Ergebnisse gefunden. Günter war ein guter Zuhörer und ein ausgezeichneter Analytiker. Im Kollegenkreis war er eine moralische Instanz. Im gegenseitigen Vertrauen haben wir uns vertreten und an einem Strang gezogen, so dass die uns anvertrauten Menschen kontinuierliche Hilfe erfahren haben. Henning Balzer 57 Te r mi n e Der Bote 1/2015 Te r m i n e Der Bote 1/2015 Termine 62 Juli O ktob e r 1. ��� Seniorentreff Vortrag von Bruder Müssig 1.–5.�� DIAKONIA, Bergen, Norwegen 3. ��� Sommerfest Konvikt Hamburg Ost 4. ��� Konvikttreffen SchleswigHolstein Ost/Bergedorf 6.–2. 8. Urlaub Konviktmeisterin 20.��� Gottesdienst Flussschifferkirche zu Hamburg 2.–4.� Konviktwochenende Bremen/Oldenburg/Ostfriesland 3. ��� Konvikttreffen Hamburg Süd 7. ��� Konvikttreffen Hamburg West 9.–11.� Konviktwochenende Süddeutschland 12. ��� Konvikttreffen Hamburg Ost 14.��� Seniorentreff 16.–18. Herbsttreffen Konvikt Ostdeutschland 18. ��� Gottesdienst Flussschifferkirche zu Hamburg 30.–1.� Konviktwochenende Niedersachsen Augu st 15. ��� Jubiläumsfahrt Seniorentreff 16.��� Gottesdienst Flussschifferkirche zu Hamburg 26.��� Konvikttreffen SchleswigHolstein Ost/Bergedorf 29.��� Konvikttreffen Hamburg West Septemb er 2. ��� Konvikttreffen Hamburg Nord 4.–6.� Klosterfahrt Konvikt Hamburg Süd 6. ��� Einsegnungsgottesdienst Dreifaltigkeit, anschl. festliches Mittagessen im Wichern-Saal 20.��� Gottesdienst Flussschifferkirche zu Hamburg 17.–11.10.Urlaub Diakonenbüro 24.–27. Klosterfahrt Konvikt Hamburg West 29.��� Semestereröffnungsgottesdienst und kleines Abendbrot N ove m b e r 6.–8.� Konviktwochenende Rheinland/Westfalen 10.–12. VEDD Hauptversammlung 15. ��� Gottesdienst Flussschifferkirche zu Hamburg 25.��� Konvikttreffen Hamburg Nord 28.��� Advents-Konvikttreffen Bremen/Oldenburg/Ostfriesland 28.��� Adventstreffen Konvikt Schleswig-Holstein Ost/Bergedorf Deze m b e r 1. ��� Offenes Kekskonvikt Sieveking-Saal 2. ��� Adventstreffen Konvikt Hamburg Ost 9. ��� Rauhäusler Adventskaffee Wichern-Saal 9. ��� Adventstreffen Konvikt Hamburg West 10.��� Adventstreffen Konvikt Hamburg Süd 20.��� Gottesdienst Flussschifferkirche zu Hamburg 21.–3.1. Urlaub Diakonenbüro Feb r uar 20 1 6 5.–7.�� Einkehrtage J u n i 20 1 6 17.–19. VEDD Diakonen- und Diakoninnentag Eisenach Septemb er 20 1 6 9.–11.� 44. Brüder- und Schwesterntag 11. ��� Einsegnungsgottesdienst Dreifaltigkeit, anschl. festliches Mittagessen im Wichern-Saal Dezemb er 20 1 6 7. ��� Rauhhäusler Adventskaffee 63 Emp f eh lu n gen Der Bote 1/2015 Göttliches ins Leben lassen 64 Irgendjemand hat mal das Apercu formuliert, Diakonie sei kirchliche Sozialarbeit mit christlicher Vergangenheit. Und in der Tat ist seit 15 Jahren der Aspekt des effektiven Managements im Nonprofit-Bereich für die Führung der evangelischen Diakonieunternehmen und Verbände, aber auch für Aus- und Fortbildung an die erste Stelle gerückt. Da ist es gut, wenn ein Diakoniewissenschaftler der „alten Schule“, sprich der befreiungstheologisch-solidarisch orientierten 68er-Generation, in einem Sammelband seine ihm wichtigen Beiträge zu den theologischen, anthropologischen und praktischen Grundfragen von Sozialarbeit, Kirche und Diakonie zusammenstellt und so die kirchlich-diakonische Öffentlichkeit an ihre eigenen Ursprünge erinnert. Ulfrid Kleinert muss ich nicht vorstellen, er war lange Jahre Professor an der Evangelischen Hochschule des Rauhen Hauses in Hamburg und hat mit seiner entschiedenen Art das evangelische Profil dieser Hochschule und viele Soziarbeiter und Diakone geprägt. Er ging dann bekanntlich 1991 nach Dresden (seine Heimatstadt), wo er der Gründungsrektor der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit (nach dem Modell der hiesigen) wurde und dort bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2006 lehrte. Kleinert hat seine Diakoniewissen- schaft aber nicht nur im Elfenbeinturm der Hochschule betrieben, sondern immer wieder auch praktisch umgesetzt – als Seelsorger in der freien Straffälligenhilfe, als Berater von Kirchengemeinden, aber auch als Aktiver in Bürgerinitiativen und als Demonstrant in den Auseinandersetzungen um das Atomkraftwerk Brokdorf. Da wurden wir zusammen bei gewaltfreien Blockaden der Einfahrt des AKW „We shall overcome“ singend nassgespritzt und wegen Nötigung angeklagt. So wird der Sammelband „Göttliches ins Leben lassen“ auch das Zeugnis eines engagierten Christen und Zeitgenossen in den Jahren 1970 bis 2010. Den auf den ersten Blick merkwürdigen Titel seines Buchs „Göttliches ins Leben lassen“ begründet er feinsinnig damit, dass ihm das neutrale Subjekt „Göttliches“ in der Tradition der Gotteserfahrung Elias‘ am Horeb – Gott erscheint „im Hauch verschwebenden Schweigens“ (Martin Buber) – am ehesten den Transzendenzbezug auszudrücken schien, weil in ihm nichts „von einer missverständlichen Überwältigung mitschwingt“. So scheint mir der Titel auch die leise Selbstkorrektur eines geschätzten Kollegen und Freundes zu sein, der in seinen Beiträgen durchaus den in seiner Sicht richtigen Weg für Kirche, Diakonie und ihre Mitarbeiter anzugeben weiß. Der Bote 1/2015 „Im Armen begegnet Gott“ – das ist das Motto der Beiträge zu den „theologischen Grundlagen“ der Diakonie. Hier steht auch ein origineller Beitrag zum Ursprung unserer Kultur, „Von Adam und Eva, Prometheus und dem Nibelungen Siegfried“, gehalten zur Eröffnung des Radebeuler Wandertheaterfestivals „Mythen und Märchen“. In den Beiträgen zu „Anthropologie und Ethik“ geht es vor allem um Barmherzigkeit und Gerechtigkeit als den beiden Säulen christlicher Ethik und diakonischen Handelns. Zwei materialreiche Aufsätze zum Begriff Menschenwürde im Grundgesetz und zu Schuld und Vergebung in der biblischen Tradition in ihrer Bedeutung für das heutige Strafrecht zeigen Kleinerts Fähigkeit, die christliche Tradition mit aktuellen Fragen zu verbinden. Trockener und lehrhafter, eben Stoff für Studenten (wenn sie doch nur mehr lesen würden!), sind die Beiträge zu dem Bereich „Soziale Arbeit, Diakonie und Kirche“, darunter der anspruchsvolle Artikel „Soziale Arbeit im Bereich der Justiz“. Deutlich wird, wie viel hier noch zu tun ist, damit der Anspruch „gelingendes Leben“ gerade bei den straffällig gewordenen Menschen zu befördern, besser eingelöst wird. Leider nur ein Beweis für die zeitweilige soziale Vergessenheit der Kirche ist der Beitrag über den „Grundauftrag von Gemeindediakonen“, den Kleinert besonders für die damalige Nordelbische Kirche bereits 1991 gemeinwesenorientiert Emp f e h lu n g e n Ulfrid Kleinert Göttliches ins Leben lassen Diekoniewissenschaftliche Beiträge, Reihe Diakonik, Band 11 352 Seiten 29,90 EUR ISBN 978-3-64312694-8 auslegte, was aber den fortschreitenden Abbau von Diakonenstellen nicht verhinderte. Inzwischen ist in Diakonie und Kirche die Gemeinwesendiakonie (u. a. angeregt durch Impulse Kleinerts und des Rezensenten) als um Sozialraumorientierung und Selbsthilfepotenziale angelegte Tätigkeit weithin akzeptiert. Der anregende Sammelband schließt mit drei Skizzen zu Paulus‘ Areopagrede, der heiligen Elisabeth von Thüringen und Nikolaus von Myra und zeigt so den weiten Horizont, den Kleinert mit seinem Schreiben und Handeln umfasst. „Göttliches, ins Leben gelassen, lockt zum Exodus, heraus aus dem Vertrauten und auch Festgefahrenen“, schreibt der Autor. Das macht Kleinert auch ganz real als Reisender auf den Sinai (dazu gibt es ein schönes Buch) und in andere Gegenden des Orients, als aktiver Unruheständler in Radebeul (wo er jetzt wohnt) und als Großvater bei den Enkeln in Hamburg und Augsburg. Möge es noch lange so bleiben! Hans-Jürgen Benedict 65 Emp f eh lu n gen Präsentieren und faszinieren 66 Was kann ich tun, damit meine Zuhörer mir gern zuhören? Wie schaffe ich es, meine Botschaften anschaulich zu verpacken? Welche Prinzipien von Präsentations-Profis kann ich mir aneignen? Wann immer wir vor eine Gruppe etwas vortragen, eine Veranstaltung moderieren, eine Andacht halten oder ein Grußwort sprechen – wir werben immer um die Gunst und die Aufmerksamkeit unserer Zuhörer. In diesem Seminar geht es um Grundkenntnisse von Rhetorik, Dramaturgie und Inszenierung, die helfen, unsere Der Bote 1/2015 Tag es -S e m i n a r Samstag, 19. September 2015, 10–18 Uhr Anmeldungen bis zum 15. September im Diakonenbüro, Tel. 040/655 91-170, [email protected] Ein Unkostenbeitrag wird erhoben. Anliegen und Informationen besser zu transportieren. Christian Fremy (Diakon, Moderator und Trainer) hat 2013 und 2014 bereits ein Seminar-Modul zum Thema „Körpersprache“ bei uns durchgeführt. Dieses zweite Modul hat er als Ergänzung konzipiert, für alle, die sich weiter verbessern wollen. Die Teilnahme ist aber auch ohne Vorkenntnis möglich, da die Inhalte nicht aufeinander aufbauen. Was Steine erzählen „Perlen vor die Säue werfen“ und der sprichwörtliche „Stein des Anstoßes“ sind nur zwei Beispiele für die leicht fassbare Bildsprache der Bibel, die eben auch dem Stein „ein Denkmal setzt“. Gott als beständiger Fels; Edelsteine als Symbol der Reinheit Gottes; Herzen hart wie Diamant … Das reich bebilderte Geschenkbuch geht neben Redewendungen und Symbolen auch den ganz „handfesten“ Geschichten nach, in denen Steine eine Rolle spielen und uns auch heute etwas erzählen. Martin Hüls: Was Steine erzählen Gedenk-, Stolper- und Bausteine, aufgelesen in der Bibel. 48 S., 16,5 x 17 cm, gebunden, 4,99 Euro, ISBN 978-3-7600-1921-5. Passend dazu: sechs Steine im Organza-Beutel, 2,49 Euro Zu beziehen über die Reise- und Versandbuchhandlung des Rauhen Hauses Hamburg GmbH Tel. 040/53 53 37-0, Fax 040/53 53 37-21 www.pfarrer-shopping.de im p r essumR e dakti on ssc h lu ss B ote 2/ 1 5 : 1 5. OKTOB E R Der Bote – Berichte aus der Brüder- und Schwesternschaft des Rauhen Hauses – erscheint zweimal im Jahr. Herausgegeben von Pastor Dr. Friedemann Green und Diakonin Claudia Rackwitz-Busse Redaktion: Johanna Kutzke, Tilman Lutz, Uwe Mann van Velzen, Claudia Rackwitz-Busse (verantwortlich), Beate Steitz-Röckener Kontakt: Beim Rauhen Hause 21, 22111 Hamburg Tel. 040/655 91-170, Fax 040/655 91-372 [email protected] Für unverlangt eingesandte Beiträge wird keine Verantwortung übernommen. Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Fotos: U. Großbongardt, D. Wendt, S. Wallocha, priv. Gestaltung und Satz: Johannes Groht Kommunikationsdesign, Hamburg Druck: A. S. Müller Sofortdruck, Hamburg Konto der Brüder- und Schwesternschaft: Evangelische Bank, BIC: GENODEF1EK1 IBAN: DE79 5206 0410 0006 4117 38 Spendenbescheinigungen auf Wunsch Zukunft Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht. Der Bote Nr. 1 | Juli 2015 | 104. Jahrgang Berichte aus der Brüder- und Schwesternschaft des Rauhen Hauses Dietrich Bonhoeffer Schönheit der Gemeinschaft 40 Jahre Seniorentreff Seite 24 Moin Moin – Besuch aus Rummelsberg Seite 40
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