1 4 / / FA C H B E I T R Ä G E / / A U S G A B E 0 2 -15 / / OUTSOURCING · PRÜFUNGSRECHTE · SERVICE-LEVEL-AGREEMENT · KONTROLLRECHTE Pflichten der Unternehmensleitung bei (teilweiser) Auslagerung von rechnungslegungsrelevanten Dienstleistungen Die Beweggründe für die Auslagerung rechnungslegungsrelevanter Dienstleistungen sind vielfältig. Fakt ist, dass eine Auslagerung nicht dazu führt, dass die gesetzlichen Vertreter des auslagernden Unternehmens für die Ordnungsmäßigkeit dieser Prozesse nicht mehr verantwortlich sind. Aus diesem Grund kommt der Vertragsgestaltung mit dem Dienstleistungsunternehmen eine entscheidende Bedeutung zu. Motivation für die Auslagerung von Dienstleistungen Das Auslagern und Umstrukturieren von Geschäftsprozessen ist ein wichtiger Bestandteil heutiger Organisationsstrategien. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Konzentration eines Unternehmens auf seine Kernkompetenzen, die Möglichkeit einer Kostenersparnis (z. B. keine Anschaffungs- oder Betriebskosten für IT-Systeme), der Zugriff auf spezialisierte Kenntnisse und Ressourcen, die Freisetzung interner Ressourcen für andere Aufgaben, die Straffung der internen Verwaltung oder die Erhöhung der Flexibilität sind nur einige Beispiele. Konsequenzen aus der Auslagerung von Dienstleistungen Die gesetzlichen Vertreter des auslagernden Unternehmens bleiben gleichwohl verantwortlich für die Aufstellung des Jahresabschlusses, in den die Ergebnisse der ausgelagerten Prozesse einfließen, für die Einhaltung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sowie weiterer gesetzlicher und aufsichtsrechtlicher Anforderungen. Dies gilt auch für das mit den ausgelagerten Funktionen im Zusammenhang stehende interne Kontrollsystem. Durch die enge Verbindung zum Dienstleistungsunternehmen und die entstehende Abhängigkeit von der Dienstleistungsqualität ergeben sich Risiken für das auslagernde Unternehmen. Der Betrachtung von Sicherheitsaspekten und der Gestaltung vertraglicher Regelungen zwischen Auftraggeber und Dienstleistungsunternehmen kommt im Rahmen dieses Outsourcing-Vorhabens eine zentrale Rolle zu. Das Dienstleistungsunternehmen führt im Auftrag des auslagernden Unternehmens in bestimmten Bereichen der Rechnungslegung Vorgänge eigenständig durch. Über solche Vorgänge ist zwar das Dienstleistungsunternehmen gegenüber dem auslagernden Unternehmen rechenschaftspflichtig, die Verantwortung für die ausgelagerten Vorgänge verbleibt jedoch bei dem auslagernden Unternehmen. Deshalb muss sich dieses insoweit auf das interne Kontrollsystem des Dienstleistungsunternehmens verlassen können. Dies führt dazu, dass das in einem Dienstleistungsunternehmen eingerichtete interne Kontrollsystem und die dort erstellten und aufbewahrten Aufzeichnungen für die gesetzlichen Vertreter des auslagernden Unternehmens von Bedeutung sind. Deshalb hat das auslagernde Unternehmen mit dem Dienstleistungsunternehmen vertraglich Prüfungs- und Kontrollrechte zu vereinbaren, um sich von der Angemessenheit und Wirksamkeit des internen Kontrollsystems dort überzeugen zu können, soweit sich die gesetzlichen Vertreter nicht auf Prüfungsergebnisse Dritter stützen können. Vertragliche Regelungen mit dem Dienstleistungsunternehmen Beim Abschluss eines Dienstleistungsvertrags, inzwischen auch üblicherweise mit Service-Level-Agreement bezeichnet, sollten vom auslagernden Unternehmen folgende Aspekte unbedingt berücksichtigt werden: • Klare Leistungsbeschreibung und Transparenz der Leistungserbringung • Klare Regelungen und Verantwortlichkeiten • Regelungen zur Einhaltung der Aufbewahrungspflichten • Festlegungen zur Überprüfung und ggf. Anpassung der Vereinbarungen während der Vertragslaufzeit • Regelung von Auskunftspflichten • Regelung von Prüfungsrechten • Regelung der Haftung • Regelung zur Einhaltung der Datenschutzbestimmungen • Vereinbarung von Rechten und Pflichten im Falle einer Vertragsbeendigung Service-Level-Agreements dienen somit der Darstellung der Art (was), des Ortes (wo), der Zeit (wann) und u. U. der Weise (wie), in der die Leistung erbracht werden soll. / / A U S G A B E 0 2 -15 / / FA C H B E I T R Ä G E / / 1 5 // WIR SIND NICHT NUR VERANTWORTLICH FÜR DAS, WAS WIR TUN, SONDERN AUCH FÜR DAS, WAS WIR NICHT TUN.// MOLIÈRE Bezüglich des Punktes „Regelung von Prüfungsrechten“ gibt es zwei unterschiedliche Varianten, wie die gesetzlichen Vertreter des auslagernden Unternehmens ihren Überwachungspflichten nachkommen können: 1) Sie können die Arbeit des Dienstleistungsunternehmens selbst überprüfen oder 2) sie können die Arbeit des Dienstleistungsunternehmens durch einen unabhängigen Dritten prüfen lassen. Prüfungen durch das auslagernde Unternehmen selbst Sofern die gesetzlichen Vertreter die Arbeit des Dienstleistungsunternehmens selbst überprüfen, wird dies meist durch im auslagernden Unternehmen eingerichtete Kontrollen zur Überwachung der bezogenen Dienstleistungen geschehen. Im Falle der Auslagerung der Lohn- und Gehaltsabrechnung können dies z. B. Kontrollen über die Zusendung und den Erhalt von Lohn- und Gehaltsinformationen sein, durch die wesentliche Fehler in der Rechnungslegung verhindert oder aufgedeckt werden können. Diese Kontrollen könnten z. B. darin bestehen, dass ein Vergleich der an das Dienstleistungsunternehmen übermittelten Daten mit Auswertungen, die nach der Verarbeitung der Daten durch das Dienstleistungsunternehmen zur Verfügung gestellt werden, erfolgt oder aber Lohn- und Gehaltsabrechnungen auf rechnerische Richtigkeit in Stichproben geprüft werden und eine Durchsicht der Lohn- und Gehaltssumme auf Plausibilität erfolgt. Prüfungen durch einen unabhängigen Dritten Bei Übertragung der Prüfung auf einen unabhängigen Dritten, z. B. einen Wirtschaftsprüfer, werden standardisierte Prüfungen beim Dienstleistungsunternehmen durchgeführt, die in abschließenden Berichterstattungen vom Typ 1 oder vom Typ 2 zusammengefasst werden. Gegenstand dieser Prüfung sind die Beschreibung des dienstleistungsbezogenen internen Kontrollsystems und die in der Beschreibung des internen Kontrollsystems dargestellten Kontrollen und Kontrollziele auf Basis der von den gesetzlichen Vertretern des Dienstleistungsunternehmens hierzu abgegebenen Erklärung. Bei der Berichterstattung vom Typ 1 wird über die Angemessenheit des dienstleistungsbezogenen internen Kont- rollsystems beim Dienstleistungsunternehmen berichtet. Hierfür wird eine vom Dienstleistungsunternehmen erstellte Beschreibung des internen Kontrollsystems (IKS) darauf hin geprüft, ob das IKS grundsätzlich geeignet ist, Fehler zu verhindern oder aufzudecken. Eine Prüfung der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems findet hier, im Gegensatz zu einer Prüfung, die mit einer Berichterstattung vom Typ 2 endet, nicht statt. Die Prüfung vom Typ 1 bringt dem auslagernden Unternehmen somit nur eingeschränkte Sicherheit über die Tätigkeit des Dienstleistungsunternehmens. Bei einer Prüfung vom Typ 2 werden die Kontrollen des Dienstleistungsunternehmens einem sogenannten Funktionstest unterzogen, der sicherstellen soll, dass die Kontrollen nicht nur eingerichtet, sondern auch ganzjährig wirksam sind. Wichtig ist hierbei, dass jährlich aktualisierte Berichterstattungen vom Typ 2 vorgelegt werden, da die Funktionsprüfungen nur einen bestimmten Zeitraum (in der Regel ein Kalenderjahr) abdecken. Dienstleistungsunternehmen sollten ein Interesse daran haben, Prüfungen vom Typ 2 durchführen zu lassen, da die Ergebnisse von mehreren Kunden genutzt werden können und somit verhindert wird, dass eine Vielzahl von Kunden selbst oder durch von ihnen beauftragte Wirtschaftsprüfer beim Dienstleistungsunternehmen vor Ort prüfen (möchten). // FAZIT Auch bei Auslagerung betrieblicher Funktionen oder Prozesse auf Dienstleistungsunternehmen bleiben die gesetzlichen Vertreter verantwortlich für die Ordnungsmäßigkeit der Durchführung dieser Tätigkeiten. Die Vertragsgestaltung und die Vereinbarung umfassender Prüfrechte sind aus diesem Grund besonders wichtig. Alexandra Gabriel Wirtschaftsprüferin/Steuerberaterin [email protected]
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