Mindestlohn: Aufzeichnungs

BKKService
Informationen für Arbeitgeber • Ausgabe 5|2015
Mindestlohn:
Aufzeichnungs­pflichten vereinfacht
10
Freistellung und
Beschäftigungs­
verhältnis
17
Gesundes Kantinen­
essen – aktuelle
Steuertipps
24
Das große Niesen –
Schutz vor Erkältungen
im Büro
EDITORIAL
Deutscher Unternehmenspreis Gesundheit 2015
„Gesund führen – gesund arbeiten – gesund leben“ – das war das Motto des dies­
jährigen „Deutschen Unternehmenspreises Gesundheit 2015“ des BKK Dachverban­
des. Der Preis wurde an sieben Unternehmen verliehen, die mit ihrem Betrieblichen
Gesundheitsmanagement (BGM) viel erreicht haben.
Die Betriebskrankenkassen haben diese Auszeichnung zum achten Mal in
sechs Unternehmenskategorien vergeben. Zum ersten Mal wurde der Sonderpreis
„BGF-INNOVATIV“ für innovative betriebliche Gesundheitsförderung verliehen.
Aus 58 Bewerbungen wählte eine zehnköpfige Jury die Preisträger aus. Die prä­
mierten Unternehmen kümmern sich intensiv um individuelles, gesünderes Verhalten
der Belegschaft, wie zum Beispiel durch Sportangebote, Vorsorgeuntersuchungen,
Impfungen oder gesundes Kantinenessen. Sie nahmen auch die betrieblichen Ar­
beitsabläufe unter die Lupe, um daraus Rückschlüsse zur Verbesserung der Arbeits­
situation zu ziehen. Alle Betriebe binden verstärkt ihre Führungskräfte in das BGM ein,
denn nur wenn die Leitungsebenen überzeugt sind und mitmachen, werden Verände­
rungsprozesse angeschoben und BGM als Teil der Unternehmens-Philosophie gelebt.
Möchten Sie in Ihrem Unternehmen ebenfalls das Gesundheitsbewusstsein ­Ihrer
Mitarbeiter fördern? Dann sprechen Sie uns an, wir unterstützen und beraten Sie­
sehr gern!
Mit freundlichen Grüßen
Ihre BKK
SCHWERPUNKT
4 Mindestlohn: Aufzeichnungspflichten vereinfacht
KURZ UND KNAPP
3
Pauschalierungsgrenze
angehoben
Ab 1. Januar 2016: Neue
AU-Bescheinigung
Kurzmeldungen
SCHWERPUNKT
4
Mindestlohn: Aufzeichnungspflichten vereinfacht
SOZIALVERSICHERUNG
8
2
Befreiung von der
Krankenversicherungspflicht
BKKService 5/2015
9
Vorbeugen ist besser als
Heilen: Prävention wird
wichtiger
10 Freistellung und
Beschäftigungsverhältnis
12 Abfindungen im Überblick
ARBEITSRECHT
GESUNDHEIT IM BETRIEB
22 Deutscher Unternehmenspreis
Gesundheit 2015 verliehen
PERSONALMANAGEMENT
24 Das große Niesen – Schutz
vor Erkältungen im Büro
16 Aktuelle Urteile
26 Stolperfallen bei
der Weihnachtsfeier
STEUERRECHT
28 Leistungsfähiger
mit Pausensnacks
17 Gesundes Kantinenessen –
aktuelle Steuertipps
SCHLUSSPUNKT
30Kurzmeldungen
31 Vorschau, Impressum
KURZ UND KNAPP
Pauschalierungsgrenze angehoben
Die steuerliche Pauschalierungsgrenze für kurzfristig Beschäftigte wurde zum
1. August 2015 angehoben. Die tägliche Verdienstgrenze beträgt nun 68 EUR statt
bisher 62 EUR. Hintergrund der Anhebung ist der seit 1. Januar 2015 geltende
­gesetzliche Mindestlohn. Somit entspricht die neue Pauschalierungsgrenze einem
Stundenlohn von 8,50 EUR bei einem Achtstundentag. Voraussetzung für die Pau­
schalierung der Lohnsteuer ist, dass der Arbeitnehmer nicht länger als 18 zusam­
menhängende ­A rbeitstage beschäftigt ist und dessen Beschäftigung zu einem
­unvorhersehbaren Zeitpunkt sofort erforderlich wurde. Die Lohnsteuer kann für
diese „Aushilfsjobs“ pauschal mit 25 Prozent erhoben werden.
+++ Seit 1. Juli 2015: Volle Arbeit­
nehmerfreizügigkeit für Kroatien
Seit dem 1. Juli 2015 können laut Beschluss
des Bundeskabinetts kroatische Arbeitneh­
mer in Deutschland ohne jede Einschrän­
kung tätig werden. Damit endet eine zwei­
jährige Übergangsfrist, in der kroatische
Arbeitnehmer in Deutschland eine Arbeits­
genehmigung-EU benötigten. Zu beachten
ist allerdings, dass für kroatische Arbeit­
nehmer, die in Deutschland tätig sind be­
ziehungsweise nach Deutschland entsandt
werden, die Vorschriften des Mindestlohn­
gesetzes beziehungsweise des Arbeitneh­
merentsendegesetzes gelten.
+++ Flüchtlinge: Praktikumsaufnahme
erleichtert
Ab 1. Januar 2016:
Neue AU-Bescheinigung
Zum 1. Januar 2016 werden die bisherigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
(AU-Bescheinigungen, „Gelber Schein“) durch neue Formulare ersetzt. In der neu­
en Bescheinigung werden die bisherige AU-Bescheinigung und der sogenannte
Auszahlschein (für Krankengeld) zusammengeführt. Zudem erhält der Versicher­
te – wie auch der Arbeitgeber und die Krankenkasse – einen eigenen Durchschlag
der Krankschreibung und kann so nachvollziehen, wann eine neue AU-Beschei­
nigung ausgestellt werden muss. Dies soll einen lücken­losen Krankengeldbezug
­gewährleisten und das Verfahren insbesondere bei längerer Krankschreibung ­eines
Arbeitnehmers erleichtern.
Auszahlschein entfällt
Bislang erhalten Arbeitnehmer bei längerer Erkrankung nach Ablauf der Entgelt­
fortzahlung von ihrer Krankenkasse einen speziellen Vordruck, den sogenannten
Auszahlschein. Dieser ist beim behandelnden Arzt vorzulegen, der ihn ausfüllt, und
danach vom Versicherten wieder an die Krankenkasse zu senden, um das Kran­
kengeld zu erhalten. Gab es hierbei Verzögerungen, kam es häufig zu Kürzungen
oder zum Wegfall des Krankengeldes. Dies soll durch die neuen Formulare ab 2016
­vermieden werden.
Flüchtlinge in Deutschland können zukünf­
tig leichter ein Praktikum machen. Dies hat
die Bundesregierung Ende Juli 2015 be­
schlossen. Asylsuchende und Gedulde­
te mit g
­ uter Bleibeperspektive sollen auf
diese Weise schneller in den Arbeitsmarkt
­integriert werden. Bisher musste die Bun­
desagentur für Arbeit bei Asylbewerbern
oder G
­eduldeten einem Praktikum zu­
nächst zustimmen. ­
Voraussetzung war,
dass kein deutscher Praktikant oder EUBürger dafür infrage kam. Durch die Ände­
rung der Beschäftigungsverordnung ent­
fällt diese Prüfung. Die neue Regelung gilt
für Pflichtpraktika, ­Orientierungspraktika,
Ausbildungs- oder studienbegleitende Prak­
tika bis zu drei M
­ onaten sowie für die Teil­
nahme an einer Einstiegsqualifizierung oder
Berufsausbildungsvorbereitung. Nähere
­Informationen hierzu unter: www.bmas.de
+++ Künstlersozialabgabe
Nach dem Entwurf der Künstlersozial­
abgabe-Verordnung 2016 soll der Abgabe­
satz zur Künstlersozialversicherung im Jahr
2016 mit 5,2 Prozent stabil bleiben.
+++ Sachbezugswerte 2016
Nach dem Entwurf einer Achten Verord­
nung zur Änderung der Sozialversicherungs­
entgeltverordnung soll der Monatswert für
freie Verpflegung zum 1. Januar 2016 auf
voraussichtlich 236 EUR steigen. Somit
werden für verbilligte oder unentgeltliche
Mahlzeiten ab 2016 voraussichtlich für ein
Frühstück 1,67 EUR und für ein Mittag- oder
Abendessen 3,10 EUR anzusetzen sein. Die
Sachbezugswerte für freie Unterkunft und
Miete sollen nicht angehoben werden.
BKKService 5/2015
3
SCHWERPUNKT
Mindestlohn:
Aufzeichnungspflichten vereinfacht
Seit 1. August 2015 gibt es
erleichterte Aufzeichnungspflichten beim Mindestlohn.
4
BKKService 5/2015
G
erade einmal acht Monate nach Inkraft­
treten des Gesetzes zum Mindestlohn
(MiLoG) gab es erste Änderungen. Zum
1. August 2015 sind einige Erleichterungen
für Arbeitgeber wirksam geworden. Weite­
re Korrekturen werden von Wirtschaft und
Arbeitgebern zwar gefordert, grundsätzli­
che Änderungen sind jedoch nicht in Sicht.
Auch liegen inzwischen einige, aller­
dings überwiegend erstinstanzliche Urteile
vor, welche bei der Anwendung der gesetz­
lichen Vorschriften die Klarheit bringen, die
der Gesetzestext leider nicht immer bietet.
Gesetzliche Änderungen
Nach §§ 16, 17 MiLoG haben Arbeitgeber
aus den neun in § 2a des Gesetzes zur Be­
kämpfung der Schwarzarbeit und illegalen
Beschäftigung (SchwarzArbG) genannten
Branchen zahlreiche Aufzeichnungs- und
Dokumentationspflichten. Unter ande­
rem im Bau-, Gastronomie-, Gebäuderei­
niger- oder Speditionsgewerbe müssen
zum Beispiel Beginn, Ende und Dauer der
täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet und
spätestens innerhalb von sieben Tagen
dokumentiert werden. In den genannten
Bereichen müssen auch Entleiherbetriebe
die Arbeitszeit überlassener Leiharbeitneh­
mer aufzeichnen.
Rechtsgrundlage ist neben dem MiLoG
die kaum bekannte Mindestlohnaufzeich­
nungsverordnung, welche nun geändert
wurde und die jeder Arbeitgeber zumin­
dest der betroffenen Branchen kennen soll­
te. Die Aufzeichnungspflicht bezieht sich in
den genannten Branchen auf Arbeiter und
Angestellte und branchenunabhängig auf
450-EUR-Kräfte, sofern sie nicht in Privat­
haushalten beschäftigt werden. Die Auf­
zeichnungen sind mindestens zwei Jahre –
beginnend ab dem maßgeblichen Zeitpunkt
– aufzubewahren und für Kontrollen der zu­
ständigen Stellen bereitzuhalten. Auf Ver­
langen der Prüfbehörden müssen sie sogar
am Ort der Beschäftigung bereitgehalten
werden. Ein Verstoß kann ein Bußgeld von
bis zu 30.000 EUR nach sich ziehen. Zudem
können Nachforderungen von Sozialver­
sicherungsbeiträgen drohen, wenn keine
Aufzeichnung der Arbeitszeiten erfolgt.
Praxishinweis
Für mobile Tätigkeiten und Be­
schäftigungen, die nicht an einen
Ort gebunden sind, gilt nur eine
eingeschränkte Aufzeichnungs­
pflicht. Wenn es, wie etwa bei Zu­
stellern, keine exakten Vorgaben
über die tägliche Arbeitszeit gibt,
sondern nur eine Art Rahmenzeit­
vereinbarung besteht und die Ar­
beitnehmer sich ihre Arbeitszeit
eigenverantwortlich einteilen kön­
nen, müssen Sie als Arbeitgeber
nur die Dauer der konkret ange­
fallenen täglichen Arbeitszeit auf­
zeichnen, nicht jedoch deren An­
fang und Ende.
Erleichterungen für Arbeitgeber
Wegen des bürokratischen Aufwandes hat­
ten Wirtschaft und Verbände diese Vorga­
be von Anfang an massiv kritisiert. Von ihr
durfte nur abgewichen werden, wenn ein
Mitarbeiter regelmäßig mehr als 2.958 EUR
verdiente und der Arbeitgeber seinen sons­
tigen Verpflichtungen nachkam. Diese Gren­
ze bleibt auch weiterhin zwar im Grundsatz
bestehen. Arbeitgeber aus den in der Min­
destlohnaufzeichnungsverordnung benann­
ten Branchen müssen seit dem 1. August
2015 jedoch keine Stundenaufzeichnun­
gen mehr vorhalten, wenn das verstetigte
­regelmäßige Monatsentgelt des Arbeitneh­
mers 2.000 EUR brutto überschreitet und
dieses Monatsentgelt für die letzten zwölf
Monate nachweislich gezahlt wurde. Dieses
­ergibt sich aus der Mindestlohndokumenta­
tionspflichtenverordnung (MiLoDokV), die
am 1. August 2015 in Kraft getreten ist.
­Zeiten ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt
bleiben bei der Berechnung des Zeitraums
von zwölf Monaten unberücksichtigt. Die
­Aufzeichnungspflicht entfällt auch für Ehe­
gatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder
und Eltern des Arbeitgebers, die im Betrieb
des Arbeitgebers mitarbeiten.
Praxishinweis
Für Saisonarbeitskräfte oder Mit­
arbeiter mit stark schwankenden
Einkommen und Arbeitszeiten
müssen die Aufzeichnungen wie
bisher erstellt werden, sofern das
Monatseinkommen 2.958 EUR
nicht übersteigt.
Die genannten Einkommensgrenzen für
Ausnahmen von der Aufzeichnungspflicht
gelten in gleicher Höhe auch für Teilzeit­
arbeitsverhältnisse. Die starre Grenze von
2.000 EUR halbiert sich beispielsweise
nicht, wenn der Mitarbeiter nur halbtags
arbeitet. Eine Verringerung der Arbeitszeit
führt also nicht zu anteilig verringerten Ein­
kommensgrenzen.
Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber
die gesamten Unterlagen, aus denen sich
die Erfüllung der Voraussetzungen für die
genannten Ausnahmen von der Aufzeich­
nungspflicht ergeben, im Inland und in deut­
scher Sprache bereithalten muss.
Praxishinweis
Selbst wenn keine Rechtspflicht
zur Dokumentation besteht, kann
es auch in anderen Branchen –
insbesondere im mindestlohn­
nahen Bereich – sinnvoll sein, die
Arbeitszeiten der Mitarbeiter auf­
zuzeichnen, um bei Kontrollen pro­
blemlos nachweisen zu können,
dass der gesetzliche Mindestlohn
gezahlt wurde.
BKKService 5/2015
5
SCHWERPUNKT
Weitergehende Änderungen am Mindest­
lohngesetz soll es nach Angaben des Bun­
desministeriums für Arbeit und Soziales
(BMAS) nicht geben. Insbesondere sollen
weder weitere Ausnahmen von der Auf­
zeichnungspflicht zugelassen noch eine
Anrechnung von Kost und Logis auf den
Mindestlohn eingeführt werden oder eine
Abschaffung der Subunternehmerhaftung
erfolgen.
Geklärt zu sein scheint, dass die Min­
destlohnregelungen für Amateursportler,
die sich in unteren Ligen aktiv betätigen und
dafür regelmäßig eine Aufwandsentschädi­
gung erhalten, nicht gelten. Gleiches gilt
für ehrenamtliche Helfer in Vereinen oder
­karitativen Einrichtungen. In diesen Fällen
stehe nämlich der Spaß am Hobby oder das
karitative Engagement im Vordergrund und
nicht die Erwerbstätigkeit, heißt es aus dem
BMAS.
Praxishinweis
Wer sich im Sportverein nicht nur
freiwillig engagiert, sondern auch
einer Beschäftigung nachgeht,
für die ein tätigkeitsbezogenes
regelmäßiges Entgelt gezahlt
wird, beispielsweise als Tennis­
trainer, muss dafür mindestens
8,50 EUR pro Stunde erhalten.
Die Abgrenzung wird im Einzelfall
nicht immer einfach sein.
6
BKKService 5/2015
Erste Urteile zum Mindestlohn
In den letzten Monaten war nicht nur der
Gesetzgeber aktiv, auch die Arbeitsge­
richte haben zwischenzeitlich Urteile zum
Mindestlohn gefällt. Sie bieten eine erste
Orientierung. Diese verschaffen bei der An­
wendung des Gesetzes in einigen Fällen die
Klarheit, die bislang fehlte.
So hat das Arbeitsgericht Berlin nicht
nur klargestellt, dass ein zusätzliches Ur­
laubsgeld und eine jährliche Sonderzahlung
nicht auf den Mindestlohn angerechnet wer­
den dürfen, sondern gleichzeitig auch deut­
lich gemacht, dass Änderungskündigungen
zur Umgehung der Mindestlohnvorschrif­
ten nicht zulässig sind (Arbeitsgericht Berlin,
4. März 2015 – 54 Ca 14420/14). Im vorlie­
genden Fall bestand die Besonderheit, dass
die Mitarbeiterin vor Einführung des Min­
destlohns deutlich weniger als 8,50 EUR
verdiente. Dafür erhielt sie aber weitere Ver­
gütungsbestandteile wie Leistungszulagen,
Schichtzulagen und Urlaubsgeld, wodurch
ihr Entgelt über 8,50 EUR pro Stunde kam.
Mit Einführung des MiLoG sprach der Arbeit­
geber eine Änderungskündigung aus. Er bot
der Mitarbeiterin an, das Beschäftigungsver­
hältnis bei Zahlung eines Stundenlohns von
8,50 EUR fortzusetzen – bei gleichzeitigem
Wegfall der Zulagen und des Urlaubsgeldes.
Dieser Vorgehensweise erteilte das Arbeits­
gericht eine deutliche Absage.
Nach Ansicht des Arbeitsgerichts
­Düsseldorf kann hingegen ein Leistungs­
bonus durchaus auf den Mindestlohn ange­
rechnet werden. Diese Entscheidung steht
allerdings nur auf den ersten Blick im
Widerspruch zum vorgenannten Urteil des
Arbeitsgerichts Berlin, wenn man sich die
Details vor Augen führt: Im vom Arbeitsge­
richt Düsseldorf entschiedenden Fall zahl­
te der Arbeitgeber zwar nur eine Vergütung
von 8,10 EUR, dazu jedoch einen leistungs­
bezogenen Bonus von bis zu 1,00 EUR
pro Stunde. Nach Einführung des MiLoG
wurden von diesem Bonus grundsätzlich
0,40 EUR als Fixum gezahlt. Gegen diese
Vorgehensweise erhob eine Mitarbeiterin
Klage, blieb damit jedoch vor dem Arbeits­
gericht erfolglos. Das Gericht argumentier­
te, dass ein Leistungsbonus in einem unmit­
telbaren Bezug zur Arbeitsleistung stünde
und deshalb als „Lohn im eigentlichen Sinn“
anzusehen sei. Anders als beispielsweise
vermögenswirksame Leistungen könne ein
solcher Bonus deshalb auf den Mindestlohn
angerechnet werden. Nach Ansicht des
Arbeitsgerichts sei es Zweck des MiLoG, je­
dem Mitarbeiter durch eigenes Einkommen
die Sicherung eines angemessenen Le­
bensunterhalts zu ermöglichen. Zum Min­
destlohn gehörten daher alle Zahlungen, die
als Gegenleistung für die erbrachte Arbeits­
leistung mit Entgeltcharakter geleistet wür­
den, unabhängig davon, wie diese Leistung
benannt sei (Arbeitsgericht Düsseldorf,
20. April 2015 – 5 Ca 1675/15). Hintergrund
dieser Entscheidung war jedoch, dass die
Mitarbeiterin in jedem Fall einen garantier­
ten Lohn von 8,50 EUR erhielt.
Praxishinweis
Bitte überlegen Sie sich genau,
ob Sie die Vergütungsbedingun­
gen Ihrer Mitarbeiter ändern. Sind
diese vertraglich festgelegt, ist ei­
ne einseitige Änderung oft nicht
möglich. Vor allem aber sollten
Sie keine Kündigung aussprechen,
wenn ein Mitarbeiter die Zahlung
des gesetzlichen Mindestlohns
fordert.
Was eigentlich selbstverständlich sein soll­
te, wurde durch das Arbeitsgericht ­Berlin
mit dem Hinweis auf unzulässige Maß­
regelungen gemäß § 612a BGB ausdrück­
lich bestätigt: Mitarbeiter, die ihre gesetz­
lichen Rechte einfordern, dürfen dafür nicht
belangt werden (Arbeitsgericht Berlin,
17. April 2015 – 28 Ca 2405/15).
Da weiterhin zahlreiche Fragen zur Aus­
legung des Mindestlohngesetzes unge­
klärt sind, behalten wir für Sie die laufende
Rechtsprechung „im Auge“. W
BKKService 5/2015
7
SOZIALVERSICHERUNG
Befreiung von der
Krankenversicherungspflicht
Rentner und Studenten
können sich unter bestimmten Voraussetzungen von der
KV-Pflicht befreien lassen.
E
ine Befreiung von der Versicherungs­
pflicht in der gesetzlichen Krankenver­
sicherung nach § 8 Sozialgesetzbuch Fünf­
tes Buch (SGB V) ist unter anderem für
Personen möglich, die aufgrund eines Ren­
tenantrags, des Bezugs einer Rente oder
der Einschreibung als Student versiche­
rungspflichtig werden. Die Befreiung wirkt
tatbestandsbezogen auf das jeweilige Ver­
sicherungspflichtverhältnis, aufgrund des­
sen die Befreiung herbeigeführt worden
ist. Sie gilt so lange, wie der für die Befrei­
ung erforderliche Tat­bestand ununterbro­
chen vorliegt. Die Befreiung schließt den
Eintritt von Versicherungspflicht aufgrund
anderer, zeitgleich vorliegender Tatbestän­
de grundsätzlich aus.
Zu beachten ist allerdings, dass eine
Befreiung von der Krankenversicherungs­
pflicht nur auf andere (zeitgleich vorliegen­
de) zur Versicherungspflicht führende Tat­
bestände wirkt, die gegenüber dem zur
Befreiung führenden Tatbestand als nachoder gleichrangig anzusehen sind.
Danach wirkt sich die Befreiung von
der Krankenversicherungspflicht als Stu­
dent nicht auf den Eintritt der Versiche­
rungspflicht als Arbeitnehmer bei Aufnah­
me einer entsprechenden Beschäftigung
aus. Ursache hierfür ist, dass die Versiche­
rungspflicht als Arbeitnehmer gegenüber
der Versicherungspflicht als Student vor­
rangig ist (siehe Beispiel).
Seit dem 1. Juli 2015 schließt auch
die Befreiung von der Krankenversiche­
rungspflicht als Rentner den Eintritt der
vor­r angigen Versicherungspflicht als Ar­
beitnehmer bei Aufnahme einer entspre­
chenden Beschäftigung nicht mehr aus. W
Beispiel
Sachverhalt:
Der Student Julian Brandt hat sich mit Aufnahme seines Studiums zum 15. April 2015 von der Krankenversicherung der
Studenten befreien lassen, um privat krankenversichert zu bleiben.
Am 1. Oktober 2015 nimmt Herr Brandt eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Verkäufer gegen ein monatli­
ches Arbeitsentgelt in Höhe von 1.200 EUR auf; seine wöchent­liche Arbeitszeit ­beträgt 25 Stunden. Die Beschäftigung
wird nicht am Wochen­ende oder in den Abend- und Nacht­stunden ausgeübt.
Beurteilung:
In der Beschäftigung als Verkäufer unterliegt Herr Brandt der Krankenversicherungspflicht. Die Befreiung von der Kran­
kenversicherung der Studenten wirkt sich nicht auf das Beschäftigungsverhältnis aus.
Personengruppenschlüssel
101Beitragsgruppenschlüssel
1111
8
BKKService 5/2015
Vorbeugen ist besser als Heilen:
Prävention wird wichtiger
Betriebsärzte dürfen künftig auch allgemeine Schutz­
impfungen verabreichen.
D
er Bundestag hat am 18. Juni 2015
das „Gesetz zur Stärkung der Gesund­
heitsförderung und der Prävention“ (PrävG)
­verabschiedet. Am 10. Juli 2015 hat auch
der Bundesrat zugestimmt. Das Gesetz hat
insbesondere Projekte in ­„Lebenswelten“
– also in Schulen, Kindertagesstätten,
­P flegeeinrichtungen oder ­Betrieben – im
Fokus. Außerdem sollen die Leistungen
zur Früh­erkennung von Krankheiten erwei­
tert und die Zusammenarbeit von Kranken­
kassen und Behörden in den Bereichen
Arbeitsschutz und betrieblicher Gesund­
heitsförderung verbessert werden. Mit
der „Nationalen Präventionskonferenz“
wird ein neuer formaler Rahmen für die
­Präventionspolitik geschaffen.
Wesentliche Inhalte des Gesetzes:
bb Bei der Prävention sollen gesetzliche
und private Krankenkassen, gesetz­liche
Renten-, Unfall- und Pflegekassen zu­
sammenarbeiten.
bb Das Präventionsgesetz fördert durch ei­
ne Reihe gesetzlicher Maßnahmen die
Impfprävention. Künftig soll der Impf­
schutz bei allen Routine-Gesundheits­
untersuchungen für Kinder, Jugendliche
und Erwachsene sowie bei den Jugend­
arbeitsschutzuntersuchungen überprüft
werden. Auch Betriebsärzte sollen künf­
tig allgemeine Schutzimpfungen vorneh­
men können. Bei der Aufnahme eines
Kindes in die Kita muss ein Nachweis
über eine ärztliche Impfberatung vorge­
legt werden. Beim Auftreten von Ma­
sern in einer Gemeinschaftseinrichtung
(zum Beispiel Kita, Schule, Hort) können
die zuständigen Behörden ungeimpfte
Kinder vorübergehend vom Besuch der
Einrichtung ausschließen. Medizinische
Einrichtungen dürfen die Einstellung von
Beschäftigten vom Bestehen eines er­
forderlichen Impf- und Immunschutzes
abhängig machen. Zudem können Kran­
kenkassen Bonus-Leistungen für Imp­
fungen vorsehen.
bb Die Gesundheits- und Früherkennungs­
untersuchungen für Kinder, Jugend­
liche und Erwachsene sollen weiterent­
wickelt werden. Stärkeres Augenmerk
soll dabei auf individuelle Belastungen
und auf Risiko­faktoren für das E
­ ntstehen
von Krankheiten gelegt werden. Ärzte
­erhalten die Möglichkeit, Präventions­
empfehlungen auszustellen.
Die Krankenkassen und Pflegekassen
­sollen künftig mehr als 500 Mio. EUR für
die ­Gesundheitsförderung und Prävention
­investieren, insbesondere in Kitas, ­Schulen,
Kommunen, Betrieben und Pflegeeinrich­
tungen mit insgesamt mindestens rund
300 Mio. EUR jährlich. Die gesetzlichen
Krankenkassen sollen vom kommenden
Jahr an 7 EUR statt bislang 3,17 EUR pro
Versichertem und Jahr für Gesundheitsför­
derung ausgeben.
Die finanzielle Unterstützung der ge­
sundheitlichen Selbsthilfe wird durch das
Präventionsgesetz um rund 30 Mio. EUR
­erhöht. Für Selbsthilfegruppen, -organisa­
tionen und -kontaktstellen stellen die Kran­
kenkassen ab dem Jahr 2016 je Versicher­
tem 1,05 EUR zur Verfügung. W
BKKService 5/2015
9
SOZIALVERSICHERUNG
Freistellung und
Beschäftigungsverhältnis
Bei langfristigen Freistellungen spielt die Wiederanstellungsoption eine Rolle.
10
BKKService 5/2015
D
as versicherungspflichtige Beschäfti­
gungsverhältnis endet bei einer verein­
barten Freistellung von der Arbeitsleistung
mit dem regulären (vereinbarten) Ende des
Arbeitsverhältnisses, wenn bis zu diesem
Zeitpunkt Arbeitsentgelt gezahlt wird.
Während einer Freistellung von der
A rbeitsleistung unter Fortzahlung der
­
B ezüge besteht im Falle der Arbeits­
­
unfähigkeit für den Arbeitnehmer grund­
sätzlich ein Krankengeldanspruch, wenn
mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses
kein un­mittelbares Ausscheiden aus dem
­Erwerbsleben verbunden ist.
Dies gilt selbst dann, wenn der Entgelt­
anspruch des Arbeitnehmers gegenüber
seinem Arbeitgeber – unabhängig von
­einer Arbeitsunfähigkeit und im Falle ei­
ner Arbeitsunfähigkeit über die Dauer von
sechs Wochen hinaus – durchgehend bis
zum Ende der Freistellungsphase erhalten
bleibt. Dabei ist es unbeachtlich, dass der
Krankengeldanspruch in dieser Zeit ruht.
Welcher Beitragssatz ist gültig?
Für diese Arbeitnehmer ist aufgrund des
grundsätzlichen Krankengeldanspruchs
während der Freistellungsphase stets der
allgemeine Beitragssatz in der Krankenver­
sicherung anzuwenden.
Der allgemeine Beitragssatz ist auch
dann anzuwenden, wenn der Arbeitge­
ber gemäß der Freistellungsvereinbarung
über das Ende des Entgeltfortzahlungs­
zeitraums von sechs Wochen hinaus bei
Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers
keine Vergütung schuldet (siehe nebenstehendes Beispiel).
Ist jedoch davon auszugehen, dass der be­
treffende Arbeitnehmer unmittelbar zum
Ende der Freistellungsphase beziehungs­
weise des Beschäftigungsverhältnisses aus
dem Erwerbsleben ausscheidet, ist ein Be­
zug von Krankengeld faktisch ausgeschlos­
sen. Für diese Arbeitnehmer kommt daher
während der Freistellungsphase unverän­
dert der ermäßigte Beitragssatz in der Kran­
kenversicherung zur Anwendung.
Diese Grundsätze zur Anwendung des
maßgebenden Beitragssatzes in der Kran­
kenversicherung gelten gleichermaßen für
Zeiten einer Freistellung von der Arbeits­
leistung nach § 7 Absatz 1a SGB IV, die
auf einer Wertguthabenvereinbarung be­
ruhen. W
Beispiel
Sachverhalt:
Die SC GmbH hebt das langjährig mit dem 53-jährigen Prokuristen
Jens Lange bestehende Beschäftigungsverhältnis einvernehmlich zum
31. Oktober 2017 auf. Mit Herrn Lange wird auch vereinbart, dass er
­bereits ab 1. August 2015 von der Arbeitsleistung und der täglichen
­Anwesenheitspflicht – unter Fortzahlung der monatlichen Bezüge bis
zum 31. Oktober 2017 – freigestellt ist. Eine Vereinbarung über eine fle­
xible Arbeitszeitregelung wurde nicht geschlossen. Herr Lange hat dem
Arbeitgeber zum 31. Juli 2015 seinen Firmenwagen, sein Diensthandy
und seinen Dienstlaptop ausgehändigt.
Beurteilung:
Das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis von Herrn Lan­
ge endet mit dem 31. Oktober 2017 (Ende des regulären/vereinbarten
Arbeitsverhältnisses) und nicht bereits mit der Einstellung der tatsäch­
lichen Arbeitsleistung am 31. Juli 2015. Da Herr Lange erst 53 Jahre
alt ist, wird davon ­ausgegangen, dass er ­wieder dem Arbeitsmarkt zur
­Verfügung stehen wird und eine ­Beschäftigung ­aufnimmt. Daher gilt in
diesem Fall der allgemeine Beitragssatz.
Die SC GmbH erstattet die Meldung für Herrn Lange durchgehend wie
folgt:
Personengruppenschlüssel101
Beitragsgruppenschlüssel 1111
BKKService 5/2015
11
SOZIALVERSICHERUNG
Abfindungen im Überblick
Bei Abfindungen sind
­s teuerliche und finanzielle
Auswirkungen zu beachten.
A
bfindungen sind eine beliebte Maß­
nahme bei kurzfristiger Beendigung
des Arbeitsverhältnisses. Was gilt es dabei
zu beachten?
Häufig werden Arbeitsverhältnisse
im beiderseitigen Einvernehmen gegen
­Zahlung einer Abfindung als Entschädigung
für den Verlust des Arbeitsplatzes beendet.
­Arbeitgeber und Arbeitnehmer können zum
Beispiel einen Aufhebungsvertrag schließen
und darin eine Vereinbarung treffen, dass ein
Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeit­
punkt enden soll. Der Arbeitnehmer verzich­
tet darauf, dass die Kündigungsfristen einge­
halten werden und arbeitsrechtliche Schritte
einzuleiten. Der Arbeitgeber zahlt als Gegen­
leistung eine Abfindung.
Gesetzlicher Abfindungsanspruch
Viele Arbeitnehmer sind der Auffassung,
bei jeder Kündigung eines Arbeitsverhältnis­
12
BKKService 5/2015
ses durch den Arbeitgeber müsse eine Ab­
findung gezahlt werden. Falsch: Einen ge­
setzlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt
es nicht. Nur im Falle einer betriebsbeding­
ten Kündigung oder eines Sozialplans kann
ein gesetzlich festgelegter Abfindungsan­
spruch entstehen. Voraussetzung ist jedoch
zunächst, dass der Arbeitgeber im Kündi­
gungsschreiben freiwillig die Zahlung einer
Abfindung anbietet, während der Mitarbei­
ter im Gegenzug darauf verzichten muss,
Kündigungsschutzklage zu erheben.
Der Sozialplan ist eine Vereinbarung zwi­
schen Arbeitgeber und Mitarbeitervertre­
tung, um wirtschaftliche Nachteile bei einer
betrieblichen Änderung, zum Beispiel Auf­
lösung einer Abteilung/eines Betriebsteils,
für die betroffenen Arbeitnehmer abzumil­
dern oder auszugleichen. Auf diese Weise
soll ein Arbeitsgerichtsprozess vermieden
werden.
| BKK Service
–––––––––– Ende der Leseprobe ––––––––––
Um das komplette Heft zu erhalten,
wenden Sie sich bitte an Ihre BKK.
Impressum:
Herausgeber:
BKK Dachverband e. V.
Mauerstraße 85
10117 Berlin
Alle Rechte vorbehalten
BKK ® und das BKK Logo sind registrierte Schutzmarken
des BKK Dachverbandes. Nachdruck und Vervielfältigung
nur mit Genehmigung des Herausgebers erlaubt.
Kontakt zum Herausgeber:
E-Mail: [email protected]
Verantwortlicher Redakteur:
Stefan Allary
Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr.
Bestellung der Zeitschrift/Verlag:
MBO Verlag GmbH
Achtermannstraße 19, 48143 Münster
Telefon: 02 51 / 84 93 82 - 0
Telefax: 02 51 / 84 93 82 - 29
E-Mail: [email protected]