ELEKTRONIK Audi: Die Jagd nach dem perfekten Licht Lichtdesign ist für Automobilhersteller mittlerweile mehr als eine reine Funktion von Sehen und Gesehen werden, sondern immer stärker auch Ausdruck der Markenwerte. Zur Ästhetik des Lichts kommt neuerdings die Funktion als Informationsträger. Geht es nach den Audi-Entwicklern, wird das Licht lebendig, es bewegt sich und gewinnt so neue Ausdrucks- und Differenzierungsformen. Der neue Audi R8 mit LED-Scheinwerfern mit Laserfernlicht. 24 HANSER automotive 3-4 / 2015 Laserlabor, eine Werkstatt, ein Medienraum und eigene Räume für die Entwicklung von Innenlicht-Technologien. Matrix-Laser-Technologie Mit den Matrix-Laser-Scheinwerfern vollzieht Audi nun den nächsten Entwicklungsschritt in der automobi » Bei den Lichtsystemen der Zukunft wird es neben dem Design noch einen zweiten Faktor geben, der den Unterschied ausmacht – die Software. Dr. Wolfgang Huhn, Leiter Entwicklung Licht/Sicht bei Audi. © Carl Hanser Verlag, München © Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss beim Verlag gesondert beauftragt werden. Bilder: Audi E in Fernlicht-Spot, der mehrere hundert Meter weit strahlt, Matrix-LEDScheinwerfer, die durch intelligente Ansteuerung mehrere Millionen Lichtverteilungen realisieren können und ein Laser-Projektionslicht mit hunderttausenden einzeln schaltbaren Spiegeln. Audi hat nun anlässlich der Inbetriebnahme seines neuen Lichtassistenz zentrums in Ingolstadt seine aktuellen und künftigen Lichtsysteme vorgestellt. Speziell für das Fernlicht und die kamerabasierten Lichtassistenzsysteme geht jetzt ein neuer, befahrbarer Lichtkanal mit 120 Metern Länge in Betrieb. Das sogenannte Lichtassistenzzentrum (LAZ) ist in seiner Form das größte in Europa. Zur Ausstattung gehören ein straßenähnlicher Bodenbelag, ein Drehteller und eine Waage für die Autos, ein len Lichttechnologie. In kleine Pixel zerlegt, kann der Lichtstrahl die Straße hochauflösend und fein geregelt ausleuchten (Bild 1). Den Entwicklern und Designer eröffnen sich dadurch völlig neue Möglichkeiten. Die Chip-Technologie, auf die Audi bei den Matrix-Laser-Scheinwerfern setzt, kommt von Texas Instruments und trägt das Kürzel „DMD“ (Digital Micromirror Device), sie ist auch in vielen Video-Beamern im Einsatz. Kern element ist eine Matrix von Hunderttausenden von Mikrospiegeln, deren Kantenlänge nur einige Hundertstelmillimeter beträgt. Mithilfe elektrostatischer Felder lässt sich jeder einzelne Mikrospiegel pro Sekunde bis zu 5.000 Mal kippen. Je nach Stellung der einzelnen Spiegel wird das Licht auf die Straße projiziert. Dabei wird die Straßenausleuchtung für den Fahrer optimal an die Umgebungsbedingungen angepasst. Mit der DMD-Technologie ist es möglich, fast unendlich viele Licht verteilungen zu realisieren und so für ELEKTRONIK Bild 1: Bei der Matrix-LaserTechnologie, wie Audi sie Anfang 2015 auf der CES in Las Vegas vorgestellt hat, erzeugt ein Laser, der räumlich vom Scheinwerfer getrennt ist, das Licht. Ein Chip mit separat steuerbaren Mikrospiegeln teilt es in kleine Pixel auf. Bild 2: Das Baustellenlicht legt zwei Lichtstreifen von etwa 15 Meter Länge auf die Straße, sie markieren die Breite des Autos. jede Fahrsituation das ideale Licht zu erzeugen. Gezieltes Licht hilft dem Fahrer beispielsweise in Baustellen beim Halten der Spur, in Abbiege- und Kreuzungssituationen wiederum weist es ihm den richtigen Weg – wenn gewünscht, mit Pfeilen oder ähnlichen Grafiken, die auf die Straße projiziert werden. Das hochauflösende Licht kann wichtige Verkehrszeichen hervorheben oder die Blendung anderer Verkehrsteilnehmer vermeiden. © Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss beim Verlag gesondert beauftragt werden. » ELEKTRONIK Virtueller Zebrastreifen Für den Fahrer und alle anderen in seiner Nähe bedeuten die Matrix-LaserScheinwerfer ein immenses Plus an Sicherheit – auch für das pilotierte Fahren der Zukunft. Die Audi-Entwickler denken dabei zum Beispiel an ein Raster aus hellen und dunklen Zonen, das direkt vor das Auto gelegt wird. Es wirkt wie eine Art Zebrastreifen und zeigt dem Fußgänger an, dass er die Straße sicher überqueren kann. Baustellenlicht Bild 3: Designmodell mit OLEDs. Auch beim Baustellenlicht (Bild 2) handelt es sich um eine neue Funktion mittels Matrix-LED- oder der Matrix-LaserTechnologie. Es legt zwei Lichtstreifen von etwa 15 Meter Länge auf die Straße, sie markieren die Breite des Autos. Bei der Durchfahrt von Baustellen oder ähnlichen Engstellen bildet das neue Licht eine große Hilfestellung – der Fahrer kann ihm wie auf Schienen folgen. OLEDs als Außenlicht Das Außenlichtdesign in OLED-Technologie, das Audi bereits für den Serien einsatz vorbereitet, wird ebenso intelligent wie attraktiv sein (Bild 3). Vorstellbar ist etwa ein Szenario, bei dem das Licht auf den Fahrer reagiert, wenn er auf sein Auto zugeht: Es bewegt sich mit ihm und zeigt ihm dabei wichtige Fahrzeugkonturen oder den Türgriff an. Wenn der Fahrer einsteigt, folgt ihm das Licht – indem im Innenraum eine dezente OLED-Beleuchtung aktiv wird. Ausblick OLED-Lighting Audi arbeitet, wie andere Hersteller auch, daran, organische Leuchtdioden (OLED) in den Rückleuchten einzusetzen. Als Modell dafür dient unter anderem eine Leuchteneinheit, in der mehrere OLED-Flächen aufrecht hintereinander stehen – mit dreidimensionalen Effekten. Weil das OLED-Material derzeit nur maximal 80 °C verträgt, bedürfen OLED-Leuchten eines umfangreichen Thermomanagements. Laser-Schlusslicht Bild 4: Bei guter Sicht erscheint das fächerförmig und leicht nach unten abgestrahlte Laser-Nebelschlusslicht als rote Linie auf der Straße. 26 HANSER automotive 3-4 / 2015 tikel in der Luft treffen und an ihnen sichtbar werden. Das Laser-Nebelschlusslicht wirkt dann wie ein großes Warndreieck. Das Laser-Nebelschlusslicht – ein weiteres Vorentwicklungsprojekt von Audi – erfüllt eine wichtige Sicherheitsaufgabe (Bild 4). Von einer Laserdiode am Fahrzeugheck generiert, zeigt es dem Hinterherfahrenden ein helles, klares Signal und hält ihn dadurch auf Abstand. Bei guter Sicht erscheint das fächerförmig und leicht nach unten abgestrahlte LaserNebelschlusslicht als rote Linie auf der Straße. Ihre Länge ändert sich mit dem Abstand zum Fahrzeug, in etwa 30 Meter Entfernung entspricht sie etwa dessen Breite. Dieses eindeutige Signal fordert den Hintermann ummissverständlich auf, ausreichend Abstand zu halten. Im Nebel oder in der Regengischt verwandelt sich die Linie in ein Dreieck, indem die Laserstrahlen auf die Wasserpar- Mit dem extrem schnell, intelligent und präzise geregelten Matrix-Laser-Scheinwerfer, der sich bei Audi in der Vorentwicklung befindet, lassen sich fast unendlich viele Lichtverteilungen realisieren und zudem Navigationspfeile oder Informationen wie Zebrastreifen oder Warndreiecke auf die Straße projizieren. Und da, wo das Sichtfeld endet, kommt dann die Car-to-X-Technologie ins Spiel, also Informationen von anderen Autos und der Infrastruktur. So könnten sich Autos künftig beispielsweise die Beleuchtung einer Straße teilen, so dass jedes weniger Energie aufwenden muss. Im Begegnungsverkehr wird Blendung kein Thema mehr sein. Dahinter steht das Prinzip des „Machine Learnings“. Dies bedeutet, dass die Scheinwerfer-Steuergeräte die selbst gesammelten Daten nutzen, um die Lichtverteilung weiter zu verbessern. Die Intelligenz, die sie dafür nutzen, kann onboard gehostet sein oder auch in der Cloud – in diesem Fall läuft der Transfer über das LTE-Modul. W » go.hanser-automotive.de/1002089 Dr. Wolfgang Huhn stellt im Video das neue Lichtassistenzzentrum vor. Klaus Oertel ist Chefredaktur der Hanser automotive. © Carl Hanser Verlag, München © Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss beim Verlag gesondert beauftragt werden.
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