KVB FORUM Ausgabe 6.2015

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Wirtschaftlichkeitsprüfung:
KVB legt regelmäSSig Widerspruch ein
Viele Mitglieder wissen nicht, dass die KVB bei grundsätzlichen Problemstellungen regelmäßig und flächendeckend Widerspruch zugunsten der von
belastenden Verwaltungsakten betroffenen Vertragsärzte einlegt. Hierzu für
Sie einige Hintergrundinformationen.
U
nzureichende „HzV-Bereinigung“, Verletzung statistischer Grundsätze, Nichtbeachtung des Grundsatzes „Beratung vor Regress“ oder die Wahl
der falschen Prüfmethode – die
Gründe für, nach Ansicht der KVB,
fehlerhafte und damit rechtswidrige Bescheide der Prüfungsstelle
Ärzte Bayern sind vielfältig. Neben
unserem gezielten Beratungsangebot für betroffene Vertragsärzte
zum Themenkomplex „Wirtschaftlichkeitsprüfung“ ist es uns ebenso wichtig, gegen diese generellen
Missstände im Prüfverfahren juristisch vorzugehen.
Insgesamt hat die KVB seit 2012
mehr als 1.500 Widersprüche gegen Regressbescheide betroffener
Praxen eingelegt, allein im Jahr
2014 waren es 259. Sofern der Beschwerdeausschuss Ärzte Bayern
den Widersprüchen der KVB nicht
stattgibt, erheben wir – nach Prüfung der entsprechenden Erfolgsaussichten – beim Sozialgericht
München Klage gegen die jeweiligen Widerspruchsbescheide. Wi-
Hintergrund
Die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Paragraf 106 SGB V folgt einem
Verfahren, das in der Prüfungsvereinbarung (PV) festgelegt ist. Sie
erstreckt sich auf alle ärztlich erbrachten sowie auf die verordneten
Leistungen. Durchgeführt wird die Prüfung des in Paragraf 12 SGB V
verankerten Wirtschaftlichkeitsgebots durch die Prüfungsstelle und
den Beschwerdeausschuss Ärzte Bayern, die ihre Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen.
Alle Prüfverfahren enden grundsätzlich mit einem Prüfbescheid, gegen den innerhalb der gesetzlichen Frist (ein Monat nach Bekanntgabe des Bescheids) Widerspruch zum Beschwerdeausschuss Ärzte Bayern eingelegt werden kann. Wichtige Ausnahmen stellen dabei einige Prüfverfahren nach Paragraf 18 PV dar: Hier muss direkt
Klage zum Sozialgericht München erhoben werden. Sie erkennen
dies an der Rechtsbehelfsbelehrung. Das Widerspruchsrecht steht
neben dem betroffenen Mitglied auch den Krankenkassen und der
KVB als Verfahrensbeteiligte zu.
K V B F O R U M 6/2015
derspruchsrelevante Sachverhalte
finden sich in den unterschiedlichsten Bereichen:
Begrenzung der Prüfung durch
„Fünf-Prozent-Regel“
Es bestehen erhebliche Zweifel, ob
die Prüfungsstelle Ärzte Bayern die
gesetzliche Regelung zur Begrenzung der Anzahl der zu prüfenden
Praxen auf fünf Prozent je Fachgruppe im Bereich der (Ersatz-)
Richtgrößenprüfung ermessensgerecht ausübt, sodass wir zugunsten unserer Mitglieder Widerspruch
gegen belastende Regressbescheide einlegen.
Unsachgemäße Prüfung aufgrund von Durchschnittswerten
Insbesondere im Bereich der Verordnungsweise bestehen grundsätzliche Bedenken gegenüber einer
Prüfung nach Durchschnittswerten. Daher greifen unsere Widersprüche bei der Ersatzrichtgrößenprüfung neben der Tatsache,
dass in etwa 20 Prozent der hausärztlichen Praxen nur in geringem
Umfang Verordnungen durchgeführt werden, auch die Problematik der unterschiedlichen Verordnungstiefe und Morbidität sowie
die Inhomogenität der Vergleichsgruppe auf.
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scheide der Prüfungsstelle Ärzte
Bayern, mit denen Sie nicht einverstanden sind, auch selbst fristgemäß Widerspruch einzulegen.
Fehlerhafte „HzV-Bereinigung“
und Einfluss der Hausarztverträge
Da die Prüfungsstelle Ärzte Bayern
Verfahren trotz fehlerhafter Datenbereinigung durchführt, werden wir weiterhin flächendeckend
Widerspruch gegen Regressbescheide bei Ersatzrichtgrößenprüfungen im Arznei- und Heilmittelbereich einlegen. Einen weiteren
Grund stellt das durch die Hausarztverträge veränderte Patientengut der Vergleichsgruppe dar, das
die Regressgefahr für viele Praxen
signifikant erhöht.
„Beratung vor Regress“ nach
Paragraf 106 Absatz 5e SGB V
Nach dem eindeutigen Wortlaut
der Neuregelung darf ein Regress
bei (Ersatz-) Richtgrößenprüfungen im Fall der erstmaligen Überschreitung um mehr als 25 Prozent frühestens nach einer individuellen Beratung festgesetzt werden, woran sich die Prüfeinrichtungen jedoch häufig nicht halten.
Flächendeckend Widerspruch legen wir außerdem gegen die Einladungen der Prüfungsstelle Ärzte
Bayern zu individuellen Beratungen ein. Diese Angebote beinhalten die pauschale Feststellung des
unwirtschaftlichen Verordnungsverhaltens der Betroffenen, ohne
nachvollziehbare Prüfungen von
Praxisbesonderheiten vorzunehmen.
Fehlerhafte Prüfmethode bei
Heilmitteln
Unsere Widersprüche gegen Regressbescheide richten sich im
Bereich der Verordnung von Heilmitteln gegen die unzulässigerweise durchgeführten Prüfungen auf
Basis von Durchschnittswerten,
die aufgrund der Inhomogenität
der Prüfgruppe nicht zu beweistauglichen Ergebnissen führen.
Viskoelastika-Problematik bei
Augenärzten
Eine statistische Vergleichsprüfung
der ärztlichen Behandlungsweise
ist in Hinblick auf die Kostenpauschalen für Viskoelastika bereits
aufgrund der Inhomogenität dieser
Leistungsgruppe nach Ansicht der
KVB nicht möglich. Auch gegen
diese Honorarkürzungen legen wir
flächendeckend Widersprüche ein.
Bei uns können Sie erfahren, ob in
Ihrem konkreten Prüfverfahren Widerspruch durch die KVB eingelegt wurde beziehungsweise vorgesehen ist.
Trotzdem sollten Sie im Fall einer
Wirtschaftlichkeitsprüfung als
Betroffener keinesfalls darauf
verzichten, gegen belastende Be-
Noch ein wichtiger Hinweis zum
Schluss: Kein Betroffener muss
befürchten, dass es aufgrund eines Widerspruchs der KVB zu einer
„Verschlechterung“ gegenüber dem
ursprünglichen Ausgangsbescheid
der Prüfungsstelle Ärzte Bayern
kommt (Verbot der „reformatio in
peius“). Wir legen unsere Widersprüche ausdrücklich zugunsten
der betroffenen Vertragsärzte ein.
Ein höherer Regress beziehungsweise eine höhere Honorarkürzung
ist ausschließlich in Fällen möglich, in denen (zusätzlich) ein Widerspruch von den beteiligten Krankenkassen eingelegt wurde.
Tanja Müller (KVB)
Weitere Informationen und
Hilfestellungen
Unsere Experten unterstützen Sie bei Ihren
Wirtschaftlichkeitsprüfungen und stehen Ihnen
für Fragen zum Prüfverfahren zur Verfügung.
Auch, wenn Sie als Betroffener einen Widerspruch
in Betracht ziehen – zum Beispiel, weil Ihre Praxisbesonderheiten durch die Prüfungsstelle Ärzte Bayern nicht ausreichend berücksichtigt wurden, oder aufgrund der hier dargestellten Problemstellungen – helfen Ihnen unsere erfahrenen
Mitarbeiter gerne weiter.
Ihr Kontakt zu unseren Fachabteilungen:
Bezirksstellen München, Mittelfranken,
Oberfranken und Unterfranken
Telefon 09 11 / 9 46 67 – 6 51
Fax 09 11 / 9 466 7 – 6 66 51
Bezirksstellen Oberbayern, Oberpfalz,
Niederbayern und Schwaben
Telefon 09 41 / 39 63 – 2 85
Fax 09 41 / 39 63 – 6 82 85
E-Mail [email protected]
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