1/9 Hebr 13,1-6 Sommer, Friedemann | Schmudde, Peter Michael | Zentrum für ev. Predigtkultur 19.07.2015 7. Sonntag nach Trinitatis | stichWORT zu Hebr 13,1-6 (Reihe IV) Wort „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ (Eph 2,19). Das sprechen Sie an diesem Sonntag der Gemeinde als Wochenspruch zu. Der neue Predigttext aus dem Hebräerbrief erinnert: Vergesst die Gastfreundschaft nicht, gerade als Bürger und Hausgenossen Gottes! Der touristisch anmutende Begriff der Gastfreundschaft, ggf. noch wohlige Urlaubserinnerungen weckend, ist nicht gemeint. Die Gastfreundschaft ist hier „nicht nur altruistisch in einem spontanen Freundschaftsgefühl begründet. Sie entspricht vielmehr der Furcht vor dem Geheimnisvollen und den magischen Kräften, die der Fremde mit sich bringt, weil man ihn nicht kennt.“ (Gräßer, 349) Der Gast darf nicht nur leibliches Wohl und Obdach erwarten, „sondern alles, was das Haus bietet“. Ja mehr noch: „Der juristisch rechtlose Fremde wird darüber hinaus in die Hausgemeinschaft aufgenommen und genießt Familienschutz, nicht selten bis zur Pflicht der Blutrache seitens des Gastgebers.“ (Graßer, 350) Das alles ist common sense in der antiken Gesellschaft, nichts Typisches für die frühe Glaubensgemeinschaft. 2/9 Das Alleinstellungsmerkmal liegt hingegen in der Begründung, die der frühen Glaubensgemeinschaft dazugesagt wird: Vergesst die Gastfreundschaft nicht, denn durch sie haben einige, ohne es zu wissen, Engel, Abgesandte Gottes beherbergt. Der Hebräer-Brief zitiert oft und gern die Altvorderen. In der Wolke der Zeugen kann man sich hier die drei Gestalten an Abrahams Zelt vorstellen (Gen 19) oder an Lot (Gen 18,1-3) denken. Kurz gesagt: Gastfreundschaft ohne Eigeninteresse „wird vom Himmel gesegnet“ (Gräßer, 351). Die Perikope steht auch in bestem Kontrast zum Sonntagsevangelium (Joh 6, Speisungswunder). Aus dem Glauben Leben ist mehr als banales Wunder Erwarten. Solches Leben bedarf der rechten Haltung; (neben Gastfreiheit finden sich in den Vv3ff noch weitere, das gemeinschaftliche wie das persönliche Leben betreffende Ermahnungen, die aber allesamt Ausführungen der Geschwisterliebe in V1 darstellen). Solcherart Haltungen nennt man sinnigerweise seit Jahrhunderten Tugenden (und nicht wie heute gern „Werte“). Und die Tugend der Gastfreiheit zu üben, durchaus im Sinne einer regelmäßigem Praxis, ermöglicht dem frommen Christenmenschen zuweilen „Wunder“ wie Engelbeherbung, i.e. Kontakt mit dem Heiligen. Zum Weiterlesen: Erich Gräßer, An die Hebräer (EKK XVII/3), Zürich und Neukirchen-Vluyn 1997, 343-63. Ulrike Wagener, Der Brief an die Hebräerinnen. Fremde in der Welt, in: Luise Schottroff, Marie-Theres Wacker, Kompendium feministische Bibelauslegung, Gütersloh 1998, 683-93. (Friedemann Sommer) Stich Heinz Rudolf Kunze, Aller Herren Länder www.songtexte.com Predigt Wenn Welten wanken, Sicherheiten splittern, 3/9 wenn nicht mehr trägt, was war, dann sollt Ihr fliehen. Mutig fliehen. Zueinander fliehen. Einer zum andern. Denn zusammen seid Ihr weniger allein. Wenn Gott dunkel wird und alles mit ihm – dann geh dahin, wo Du ihn findest. Dann sollst Du ihn leuchten lassen auf Deinem Gesicht, für die anderen und miteinander, bis Ihr wieder mutig in seinem Licht steht. Wenn Dein Licht verlischt, dann sollst Du ein anderes finden, das für Dich leuchtet, solange es braucht. Dann sollt Ihr die Hände auftun. Dann sollt Ihr geben, was Ihr habt und nehmen, was Ihr braucht. Dann werden viele suchen und sie sollen finden: Die anderen bei Dir und Du bei den anderen. 4/9 Wenn Dein Boot untergeht, sollst Du nicht allein um Dein Leben schwimmen müssen. Da sollen sich Hände öffnen unter den engen Horizonten, und Türen und Häuser und Herzen und Hirne. Wenn es eng wird und nichts zum Guten steht: Bleibt fest und seid Geschwister der Liebe. Lasst Gäste zu Euch! Mit ihnen kommen die Engel ... Wenn in den fernen Wüsten Blut in den Sand fließt, wenn weinende Waisen nackt umherirren, wenn Städte zu brennenden Leichenhäusern werden schaut nicht weg. Lasst sie nicht allein und lasst Gott nicht in Ruhe! Habt Mut, für die mit zu glauben, denen das Vertrauen verdampft und in Tränen zerfließt. Schließt nicht die eisernen Bänder ums Herz, lasst es schlagen laut, rot und warm! Lasst die Lebensliebe nicht zitternd im Dunkeln zurück! 5/9 Als wärt ihr Mitgefangene und auch Misshandelte an Leib und Leben. Wenn die alten Altäre nur noch vor sich hindampfen und die kaputten Orgeln Eure Gesänge kläglich machen, wenn dunkle Kirchtürme ins Leere läuten, wenn die Menschen gehen und nichts mehr wissen, hören, spüren von der Freiheit, der Liebe, von Hoffen und Zukunft, dann geht nicht mit ihnen! Euer Gott ist Leben und Kraft, rüttelt und schüttelt die Welt und Euch und Alles. Der lässt sich nicht einmauern in kalte Bastionen. Den müsst Ihr nicht einsperren in Eure Kleinlichkeiten aus Tradition und Phobie und ehernem Gesetz. Gott findest Du nicht, wenn Du ihn ängstlich vor Zeit und Welt versteckst. 6/9 Gott findest Du, wenn mit der Liebe der Himmel auf Erden geboren wird, wenn Menschen zusammengehören und das wissen in all den tausend Gesichtern der Liebe. Denn Gott duftet von oben bis unten nach seiner Schöpfung und seinen Geschöpfen. Duftet vor Liebe zu allem was lebt. Ihr müsst mit Reichtum nichts beweisen, denn Ihr seid auf dem Weg zum Himmel. Haltet Euch nicht gegenseitig auf auf diesem Weg mit Kontrolle und Schnüffeleien, mit Herzbeschwer und Sinnlosem! Gott hat ja gesprochen: »Ich will dich nicht verlassen und nicht von dir weichen.« Wenn Gott Euch finster wird, dann flieht. Flieht mutig! Flieht zueinander! Teilt, was Ihr habt! Teilt, was Ihr braucht! Und Christus gibt Euch das Licht ins Herz Brot des Lebens 7/9 Wein der Freude. Immer. Amen. (Peter Michael Schmudde, Wernigerode) 8/9 Diese Predigthilfe wurde zur Verfügung gestellt von: Zentrum für ev. Predigtkultur Das Zentrum für ev. Predigtkultur der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) darf seit 2009 die Lust an der Predigt fördern, durch ● ● ● seine eigene Predigthilfe stichWORT (siehe unten) das Predigtcoaching cura homiletica die Erprobung neuer Predigt-Formate (z.B. Predigt-Slam, Jugend predigt). Das Zentrum bringt Predigt in den Dialog mit den Künsten, durch ● ● die Werkstatt des Sehens/Passagen Akademien wie die Homiletische Sommerakademie oder die Junge Homiletische Akademie. Das Zentrum vernetzt Homiletikerinnen und Homiletiker, durch ● ● die Aktivität in sozialen Medien wie facebook Multiplikatoren-Veranstaltungen wie Fachgespräche und Konsultationen. Kontakt Mail senden Predigthilfe stichWORT 9/9 Im Rahmen des Angebots stichWORTp bringt das Zentrum seine eigene Reihe stichWORT ein. Diese wurde im Advent 2012 für die erste Probephase zur Perikopenrevision erfunden. Das stichWORT besteht aus einem Wort, einem Stich und einer fertigen Predigt. "Wort" - das ist ein exegetischer Kommentar des Predigttextes. Der "Stich" schließt daran an, bspw. mit einem Lied, einem Gedicht. Die Predigt führt die Gedanken exemplarisch aus. Die bisherigen stichWORTE finden Sie hier: http://www.ekd.de/zentrum-predigtkultur/stichworte.html Neugierig? Alle Informationen auf www.predigtzentrum.de
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