Zeitungsbericht Olivia Derungs

Roger Brunner
wird heute
zum Priester
gewählt. > 53
In der Region
Aargau-Solothurn gibt es
10 500 Blutspender. Der
Bedarf ist damit
aber noch nicht
gedeckt. > 54
Schweiz am Sonntag, Nr. 24, 14. Juni 2015
Die Biber-Dame
aus dem Zoo
vermehrt sich
an der Birs. >55
LIMMATTAL
49
Sie wahrt die Schweizer Hühnertradition
Die Hennen Elsa und Anna tragen als Appenzeller Barthühner zum Fortbestehen einer seltenen Nutztierrasse bei
Bei Olivia Derungs zu Hause
spazieren aussergewöhnliche
Hühner im Garten herum. Denn
die Birmensdorfer Juristin setzt
sich für den Erhalt alter Schweizer Hühnerrassen ein.
VON ANJA MOSBECK
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T
ierisch geht es bei Familie
Risch-Derungs in Birmensdorf zu und her. Inmitten
von Katzen, Schildkröten
und Wachteln spazieren zwei
Hühner durch den Garten. Es sind aber
nicht irgendwelche Hühner, sondern Appenzeller Barthühner. Sie gehören neben dem Appenzeller Spitzhaubenhuhn
und dem Schweizerhuhn zu einer der
drei alten traditionellen Schweizer Hühner-Landrassen. Für den Erhalt dieser
drei Hühnerrassen setzen sich die Stiftung ProSpecieRara und der Züchterverein für ursprüngliches Nutzgeflügel
(ZUN) ein. Hier im Limmattal möchte
sich Juristin Olivia Derungs mit einer zukünftigen kleinen Zucht für den Erhalt
der Hühner-Landrasse einsetzen.
SEIT EINEM JAHR SIND die beiden Appenzeller Barthühner Elsa und Anna Teil der
Familie. Sie legen nicht nur fleissig Eier,
sondern sind auch handzahm. Ruft ihre
Besitzerin ein paar Mal «Tschiggetschiggetschiggediiis» in den Garten hinaus,
kommen die beiden Hennen sofort herbeigerannt, lassen sich streicheln und in
den Arm nehmen. «Sie sind wie Hunde
und folgen mir auf Schritt und tritt,
wenn ich im Garten bin», so Derungs.
Dass die Tiere so zahm sind, sei auch für
die Kinder eine Bereicherung, denn so
entstehe Vertrauen zwischen Mensch
und Tier.
Die Hennen Elsa und Anna allein
komplettieren aber noch keine Zuchtgruppe. Darum gibt es seit etwa drei Wochen Nachwuchs im Hause Risch-Derungs. Geschützt in einem Käfig mit
INSERAT
Brutlampe wachsen die 20 Küken
schnell heran. Zehn davon sind Appenzeller Barthühner, die anderen zehn
sind Schweizerhühner. «Diese werden
aber grösser und können darum auch
nicht so gut fliegen», sagt sie.
Aus welchen der beiden Hühnerrassen die frischgebackene Hobbyhühnerhalterin eine Zuchtgruppe zusammenstellt, entscheidet sich an der Anzahl der
Hennen. Männchen und Weibchen liessen sich jetzt noch nicht definieren, deshalb müsse sich Derungs überraschen
lassen. «Ich hoffe aber, dass sich mehr
Hennen als Hähne unter den Küken befinden, denn junge Hennen gibt es seltener zu kaufen», sagt sie. Ausserdem
brauche es nur einen Hahn verteilt auf
sechs bis acht Hennen, der diese nicht
nur befruchtet, sondern auch als Leittier
für die Gruppe verantwortlich ist.
AUF DIE BEIDEN Geflügelrassen gekom-
Die Appenzeller Barthuhn- und Schweizerhuhn Küken sind noch geschützt im Stroh und unter der Wärmelampe.
men ist Derungs schon länger. Durch eine Freundin, die im Coop arbeitet, habe
sie von der Stiftung ProSpecieRara erfahren. Neben Pflanzen und Gemüse sei sie
auch auf die Hühner gestossen, deren
Vermittlung ZUN übernimmt. «Ich befürworte den Gedanken, den Erhalt einer alten Schweizer Rasse zu unterstützen. Dafür müssen möglichst viele Zuchtgruppen verbreitet werden», so Derungs. Sie
möchte sich jedoch nicht lediglich auf
die Zuchttiere konzentrieren. «Wir wer-
den auch diejenigen Hühner, die altersbedingt weniger legefreudig sind als andere, bei uns behalten und ihnen ein
schönes Leben bieten», so Derungs. Und
auch für die nicht zur Zucht geeigneten
Tiere werde sie einen guten Platz finden.
Denn Derungs ist eine Tierliebhaberin. Bevor die Hühner kamen, habe sie
sich zuerst Wachteln zugelegt. «So konnte ich meinen Mann langsam auf die et-
was grösseren Hühner einstimmen»,
sagt sie und lacht. Mit Elsa, Anna und
Schweizerhuhn Lady Gaga startete Derungs ihre kleine Hühnergruppe. «Lady
Gaga entpuppte sich aber nach einiger
Zeit als Mr. Gaga. Darum musste ich ihn
leider an eine Schweizerhuhn-Zuchtgruppe abgeben», sagt sie.
Um auch anderen Hühner-Liebhabern einen Einblick in ihr Hobby zu ge-
AMO
währen, ist zurzeit die Internetseite
www.huehner-rei.ch in Bearbeitung. Zudem bietet Derungs ein Hühnerleasing
an. Dabei kann jeder sein Huhn besuchen und auch dessen Eier nach Hause
nehmen. «Wir haben bereits einige Anfragen. Das Interesse an der gefährdeten
Schweizer Nutztierrasse geht bereits
über unseren Bekanntenkreis hinaus»,
sagt sie.
■ ZWEI ORGANISATIONEN SETZEN SICH FÜR DREI HÜHNER EIN
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In der Schweiz gibt es heute noch drei
ursprüngliche, lokale Hühnerrassen:
das Appenzeller Spitzhaubenhuhn, das
Appenzeller Barthuhn und das Schweizerhuhn. Die Stiftung ProSpecieRara
setzt sich für die kulturhistorische und
genetische Vielfalt von Pflanzen und
Tieren ein. Aus deren Rettungs- und
Erhaltungsprojekten heraus hat sich
der Züchterverein für ursprüngliches
Nutzgeflügel (ZUN) entwickelt. Stiftung und Verein arbeiten eng zusammen, wobei sich ProSpecieRara um die
Öffentlichkeitsarbeit, Rasseninformationen oder Vermarktungsaktivitäten
kümmert. Der ZUN hingegen übernimmt die Zuchtbuchführung, den
Ringversand, die Tiervermittlung- und
beurteilung, die Mitgliederberatung
und die Kursorganisation. Dahinter
steckt das Ziel, für die drei Rassen eine
Erhaltungszucht mit Zuchtbuch zu betreiben. So können eine möglichst
grosse Menge an alter Genetik bewahrt
und Inzuchtprobleme klein gehalten
werden. (AMO)
Olivia Derungs mit einem ihrer Appenzeller Barthennen und einem Küken. AMO