GWR Gesellschaftsund Wirtschaftsrecht 9/2015 Geschäftsführender Herausgeber: Dr. Wolfgang Weitnauer, Rechtsanwalt in München 7. Jahrgang · 13. Mai 2015 Seiten 177–198 Herausgegeben von: Professor Dr. Wulf Goette, Vorsitzender Richter am BGH a. D. Professor Dr. Mathias Habersack, LMU München Dr. Hildegard Ziemons, Rechtsanwältin beim BGH, Ettlingen Handels- und Gesellschaftsrecht · Kapitalmarktrecht · Finanzierung Praxisprobleme der fristlosen Kündigung beim Arbeitszeitbetrug RA, FAArbR Thomas Pauken, vangard Arbeitsrecht, Düsseldorf Die Erfassung der Arbeitszeit ist in den meisten Unternehmen und Betrieben inzwischen Standard. Ebenso Standard ist – leider – mittlerweile die Thematik der fehlerhaften Erfassung der Arbeitszeit durch den Arbeitnehmer, sodass sich das Problem des Arbeitszeitbetruges zu einem arbeitsrechtlichen Dauerbrenner der betrieblichen Praxis entwickelt hat. Meist wird dieses Problem im Kontext eines Kündigungsschutzprozesses anlässlich einer fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber erörtert. Dabei sind einige grundlegende Aspekte zu beachten, um das Thema in der täglichen Praxis in den Griff zu bekommen. geber verpflichtet, ihre Arbeitszeit ordnungsgemäß zu erfassen, sofern eine solche Dokumentation verlangt wird, § 241 II BGB. I. Erscheinungsformen • Angabe eines früheren Arbeitszeitbeginns oder eines späteren Arbeitszeitendes Arbeitgebern ist deshalb dringend zu raten, ihre diesbezüglichen Anforderungen und Anweisungen möglichst klar und für alle Arbeitnehmer verständlich zu fassen und zu kommunizieren. Es muss klar sein, welche Zeiten wie genau und wo und ggf. auch wann zu erfassen sind, um Missverständnisse und Interpretationsspielräume zu vermeiden. Dies bedeutet auch, dass Arbeitnehmer über etwaige Änderungen der Zeiterfassungspraxis genau und rechtzeitig zu informieren sind, z. B. bei Umstellung von elektronischer auf manuelle Erfassung und insbesondere auch bei erstmaliger Einführung einer Arbeitszeiterfassung. • Nichterfassung der Pausenzeiten durch Unterlassen von „Ausstempeln“ etc. Praxistipp: Zu den vielfältigen Erscheinungsformen des Arbeitszeitbetruges gehören insbesondere: • Nachträgliches „Korrigieren“ der Aufzeichnung, sei es handschriftlich oder durch Eingriff in die elektronische Zeiterfassung • Hinzuaddieren von Arbeitszeit, z. B. durch nachträgliche Manipulation des Arbeitszeitkontos • Nichtberücksichtigung privater Tätigkeiten während der Arbeitszeit Intention des Arbeitnehmers ist es dabei zumeist zu suggerieren, er habe das geschuldete Mindestarbeitspensum erreicht oder er habe gar mehr als gefordert gearbeitet. II. Arbeitszeitbetrug als Kündigungsgrund „an sich“ 1. Pflicht zur ordnungsgemäßen Erfassung der Arbeitszeit Arbeitnehmer sind schon aus der nebenvertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber ihrem Arbeit- Darüber hinaus kann sich eine solche Pflicht auch aus gesonderter vertraglicher Vereinbarung, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder Anweisung des Arbeitgebers ergeben. Im letzteren Fall fällt immer wieder auf, dass viele Arbeitgeber unklare diesbezügliche Anweisungen an ihre Mitarbeiter geben und sich dann auf eine Verlegenheitsargumentation („das musste ihm doch klar sein!“) zurückziehen. Arbeitgeber sollten entsprechende Anweisungen schriftlich erteilen und sich den Empfang dieser Anweisung sowie die Kenntnis etwaiger hierzu bestehender Betriebsvereinbarungen durch den Arbeitnehmer gesondert quittieren lassen. 2. Pflichtverletzung Verstößt der Arbeitnehmer gegen entsprechende Vorgaben, so verletzt er hierdurch in erheblicher Weise seine ihm gegenüber dem Arbeitgeber bestehende diesbezügliche Pflicht (BAG NZA 2011, 1027; Hess. LAG BB 2014, 2164). Denn er dokumentiert eine andere Arbeitszeit und damit regelmäßig ein anderes Arbeitspensum, als er tatsächlich geleistet hat, und suggeriert, 178 GWR 2015 Beiträge dass er mehr Vergütung „verdient“ hat als ihm eigentlich zusteht. Der Arbeitgeber erleidet daher regelmäßig in Höhe der zu viel gezahlten Vergütung einen Schaden. Dies stellt einen Arbeitszeitbetrug dar, ohne dass es auf die strafrechtliche Bewertung entscheidend ankommt (BAG NZA 2011, 1027). Die überwiegende Rechtsprechung wertet ein solches Verhalten daher folgerichtig als einen eine fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund (z.B. Hess. LAG BeckRS 2014, 70658; LAG Rheinland Pfalz, BeckRS 2013, 65008; LAG Niedersachsen, BeckRS 2010, 68028; BAG NZA 2006, 484; vgl. auch ErfK-Müller-Glöge, 15. Aufl. 2015, § 626 BGB Rn. 152). Auch der dringende diesbezügliche Verdacht genügt bereits (LAG Sachsen Urt. v. 17.12.2009 – 1 Sa 383/09). Denn ein entsprechendes Verhalten des Arbeitnehmers zerstört regelmäßig das in diesen gesetzte Vertrauen. Dies zeigt, dass „Schummeleien“ bei der Arbeitszeiterfassung keinesfalls ein Kavaliersdelikt sind, sondern schwere vertragliche (Neben-)Pflichtverletzungen darstellen. Dabei genügt grds. auch schon ein einmaliger Verstoß des Arbeitnehmers. Eine Pflichtverletzung dürfte meist auch dann anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber Nachlässigkeiten bei der Zeiterfassung über einen längeren Zeitraum duldet und/oder eine dahingehende betriebliche Praxis besteht. Darin wird regelmäßig kein Verzicht des Arbeitgebers auf eine ordnungsgemäße Zeitdokumentation liegen. Gleichwohl kann eine solche Duldung oder zumindest lasche Handhabe des Arbeitgebers die Pflichtverletzung des Mitarbeiters als weniger schwer erscheinen lassen und sich daher zumindest im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu seinen Gunsten auswirken. 3. Nachweis Um dem verdächtigten Arbeitnehmer den Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Arbeitszeiterfassung nachzuweisen, ist zunächst ein Abgleich von dokumentierter und tatsächlicher Arbeitszeit erforderlich. Die dokumentierte Arbeitszeit wird sich regelmäßig aus entsprechenden Zeiterfassungsbögen bzw. der EDV ergeben; Zweifel daran werden Auslöser für entsprechende Nachforschungen und Kündigungserwägungen des Arbeitgebers sein. Zur Aufklärung des Sachverhalts und zum Nachweis der Pflichtverletzung kommen insbesondere in Betracht: • Einschaltung eines Observationsdienstes/Detektei • Beobachtung durch Vorgesetzte/Kollegen • Befragung von Kollegen • Anhörung des Mitarbeiters • Auswertung der Zeiterfassung • Auswertung anderer EDV-Systeme, z. B. der Videoüberwachung zum Nachweis des Betretens bzw. Verlassens des Betriebsgeländes. Heft 9 Praxistipp: Vorsorglich sollten Arbeitgeber mehrere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhaltes und zum Nachweis des Verstoßes ergreifen und sich nicht nur auf das Ergebnis einer Maßnahme verlassen. Befragungen des Mitarbeiters sollten nur unter Zeugen stattfinden. Erfolgt die Sachverhaltsaufklärung durch den Einsatz technischer Systeme, so sind die Vorgaben des BDSG zu beachten. Da nach § 32 I BDSG auch nicht automatisierte Datenerhebungen (z. B. Anhörung von Kollegen, Beobachtung des Mitarbeiters) datenschutzrechtlich einer Rechtfertigung bedürfen, sind Arbeitgeber gut beraten, etwaige Unregelmäßigkeiten bei der Arbeitszeiterfassung eines Mitarbeiters sorgfältig zu prüfen und zu dokumentieren. Fehlt es daran und lässt sich der Verdacht gegen den Mitarbeiter nicht anders begründen, so können die aus einer entsprechenden Überwachung oder Kontrolle gewonnenen Erkenntnisse u. U. vor Gericht unverwertbar sein. Bedeutsam ist, dass eine Überwachung z. B. durch einen Detektiv nur dann zulässig ist, wenn der Arbeitgeber aufgrund konkreter Tatsachen berechtigten Anlass hat, an der ordnungsgemäßen Arbeitszeiterfassung des Mitarbeiters zu zweifeln. Andernfalls ist die Überwachung nicht nur rechtswidrig und damit ggf. unverwertbar, sondern berechtigt den Mitarbeiter u. U. auch zu Schmerzensgeld (vgl. BAG Urt. v. 19.2.2015 – 8 AZR 1007/13). Die Überwachung darf also nur aufgrund eines Verdachts, nicht zur Erweckung eines solchen erfolgen. Entscheidet sich der Arbeitgeber für den Einsatz von Observationsdiensten (Detektei), so gilt auch hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Observation darf daher nur so lange und so intensiv durchgeführt werden wie dies unbedingt erforderlich ist, d. h. insbes. nur während der Arbeitszeit und nicht im privaten Bereich. Auch sollte der generelle Überwachungszeitraum vorher definiert sein. Praxistipp: Einem Detektiv sollte der Überwachungsumfang präzise mitgeteilt werden. Soweit es sich zunächst nur um einen diesbezüglichen Verdacht gegenüber dem Mitarbeiter handelt, ist dieser zwingend vor Ausspruch einer etwaigen Verdachtskündigung anzuhören. Dabei ist ihm das Thema der bevorstehenden Anhörung vorab grob mitzuteilen. Aber auch wenn der Arbeitgeber vom Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Zeiterfassung überzeugt ist bzw. die Pflichtverletzung sicher feststeht, empfiehlt sich aus Gründen der Sorgfalt dennoch eine – abschließende – Anhörung des Mitarbeiters zu den Vorwürfen. Lässt sich der Vorwurf des Arbeitszeitbetruges gegenüber dem Mitarbeiter auch nach allen im Einzelfall denkbaren und zumutbaren Aufklärungsversuchen nicht sicher nachweisen, so bleibt dem Arbeitgeber noch die Möglichkeit der Verdachtskündigung. Heft 9 Beiträge III. Interessenabwägung und Verhältnismäßigkeit einer Kündigung 1. Interessenabwägung Im Rahmen der Interessenabwägung sind die üblichen Erwägungen anzustellen. Hier wird man zunächst auf die Häufigkeit des Verstoßes des Arbeitnehmers abstellen müssen. Je häufiger ein Arbeitnehmer seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Erfassung der Arbeitszeit verletzt, desto wahrscheinlicher liegt ein grob fahrlässiger und ggf. sogar vorsätzlicher Verstoß vor und es dürfte ein Versehen des Mitarbeiters ausscheiden. Insbesondere wird eine solche wiederholte und bewusste Täuschungshandlung so schwer wiegen und das Vertrauensverhältnis so nachhaltig stören, dass sich der Arbeitnehmer regelmäßig nicht mehr auf Bestandsschutz berufen kann (vgl. BAG NZA 2011, 1027). Im vom Hess. LAG (vgl. BeckRS 2014, 70658) entschiedenen Fall hatte der Arbeitnehmer an 16 Tagen seine Pausenzeiten nicht erfasst, was gegen ein Versehen sprach und sich entsprechend nachteilig auswirkte. Zu fragen ist auch, ob das vom Arbeitnehmer gezeigte diesbezügliche Verhalten weitere Auffälligkeiten zeigt, z. B. Einlegen längerer Pausen nach Abschluss der letzten Liefertour unmittelbar vor Rückkehr in den Betrieb, ohne dass dies mit Lenkzeitpausen zu rechtfertigen wäre und ohne dass diese Pausen bei der Dokumentation abgezogen (ArbG Elmshorn, Urt. v. 10.7.2014 – 3 Ca 138 d/14, n. v.) würden. Schließlich ist zu berücksichtigen, ob dem Arbeitgeber infolge des Pflichtverstoßes auch ein konkreter Schaden entstanden ist. Da Arbeitszeitbetrug regelmäßig darauf abstellt, ein Arbeitspensum zu suggerieren, das der Mitarbeiter tatsächlich nicht geleistet hat, liegt ein entsprechender Schaden des Arbeitgebers regelmäßig darin, für die vergütete Arbeitszeit keine korrespondierende Arbeitsleistung des Mitarbeiters erhalten zu haben (s.o.). Ein Schaden dürfte allerdings dann ausscheiden, wenn der Pflichtverstoß „nur“ in einer fehlerhaften Zeiterfassung liegt, der Arbeitnehmer aber dennoch sein geschuldetes Arbeitspensum erreicht hat und auch kein Anspruch auf Abgeltung vermeintlicher Überstunden ausgelöst wird (z.B. weil eine wirksame pauschale Abgeltung vereinbart ist). Praxistipp: Neben dem genauen Abgleich von tatsächlicher und dokumentierter Arbeitszeit sollte auch ein möglicher Schaden konkret berechnet werden. 2. Abmahnung Auch eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetruges unterliegt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Daher ist auch hier zu fragen, ob nicht vorrangig eine Abmahnung auszusprechen wäre. Dies ist – wie stets – eine Frage des Einzelfalls. Allgemein wird eine Abmahnung u. a. dann als entbehrlich angesehen, wenn eine Verhaltensänderung nicht zu erwarten ist oder anhand der Schwere der Pflichtverletzung eine Hinnahme durch GWR 2015 179 den Arbeitgeber auch für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen ist (z.B. Hess. LAG BeckRS 2014, 70658). Ferner ist zu analysieren, in welchem zeitlichen Rahmen sich die Differenzen bewegen, also ob der Verstoß erheblich ist (z.B. mehrere Stunden) oder eher unbedeutend (z.B. wenige Minuten). Zwar sind grds. auch geringfügige Verstöße schon ausreichend, jedoch wird dann eine Abmahnung eher naheliegen als bei erheblichen Verstößen. Ein mit einem Arbeitszeitbetrug einhergehender Vertrauensverlust liegt insbesondere dann nahe, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die manuelle Erfassung der Arbeitszeit vertrauensvoll selbst überlassen hat und daher in besonderem Maße auf die Redlichkeit des Arbeitnehmers vertraut (vgl. BAG NZA 2011, 1027; LAG Rheinland-Pfalz BeckRS 2013, 71098). Auch in diesen Fällen wird eine Abmahnung regelmäßig entbehrlich sein. Letztlich ist also auch hier eine Gesamtschau des Verhaltens des Mitarbeiters anzustellen. Lässt sich dies als mehr oder weniger systematisches, zumindest aber fortgesetztes Verhalten einordnen, so spricht dies für eine Entbehrlichkeit der Abmahnung, weil dann davon ausgegangen werden darf, dass auch dem Mitarbeiter selbst ein so häufiges Fehlverhalten nicht mehr entgangen sein kann und er nicht damit rechnen durfte, der Arbeitgeber werde dies tolerieren. Dagegen wird eine Abmahnung regelmäßig dann vorrangig sein, wenn der Mitarbeiter z. B. seine Arbeitszeit nur fehlerhaft erfasst hat, dem Arbeitgeber hierdurch aber kein Schaden entstanden ist und im Ergebnis das Arbeitspensum des Arbeitnehmers auch korrekt ist. Ähnliches lässt sich annehmen, wenn es einer allgemeinen Praxis im Unternehmen entspricht, es mit der Arbeitszeiterfassung nicht so genau zu nehmen. Denn dann wird man dem Arbeitnehmer nicht vorhalten können, für ihn sei die Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber erkennbar ausgeschlossen gewesen. 3. Andere Verhältnismäßigkeitsaspekte Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sind auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit und eine etwaige Vorbelastung des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen. Allerdings kann auch ein etwaiges „Vertrauenskapital“ (vgl. BAG-Pressemitteilung Nr. 42/10) den Arbeitnehmer m. E. zumindest nicht generell vor einer Kündigung schützen. Denn ein solches wird man allenfalls bei Bagatelldelikten heranziehen können (BAG NZA 2010, 1227), zu denen Arbeitszeitbetrug aber sicher nicht mehr gehört. Schließlich ist zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer Kenntnis von den diesbezüglichen Anweisungen, Vorgaben und bestehenden Regelungen des Arbeitgebers hatte. Kenntnis oder Nichtkenntnis von bestehenden Vorgaben und Regelungen wirken sich – bei BV trotz normativer Wirkung – erheblich auf den Verschuldensvorwurf gegenüber dem Mitarbeiter aus und sind damit für die Verhältnismäßigkeit der Kündigung von Bedeutung. 180 GWR 2015 Beiträge IV. Mitbestimmung Ferner sind die Beteiligungsrechte des Betriebsrats zu wahren. Im Vorfeld – namentlich bei der Einführung und Anwendung von Videoüberwachung, elektronischer Zeiterfassungssysteme etc. – ist § 87 I Nr. 6 BetrVG zu beachten. Zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Zeiterfassung bietet sich auch der Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung an, § 87 I Nr. 2 BetrVG. In dieser sollte klar definiert sein, was als Arbeitszeit gilt und wie und durch wen die Zeiterfassung erfolgt. Denn eine klare Vorgabe zur Arbeitszeiterfassung ist essentiell für die Beurteilung, ob eine Kündigung in Betracht kommt und kann zudem Verstöße von Mitarbeitern verhindern. Für bereits bestehende Betriebsvereinbarungen dieser Art gilt die Hinweispflicht nach § 2 I 2 Nr. 10 NachwG. Heft 9 Beweislast dafür, dass dem Arbeitnehmer die Regelungen und Anweisungen zur Arbeitszeiterfassung (z.B. Betriebsvereinbarung, Dienstanweisung etc.) bekannt sind, z. B. durch Nachweis der Übergabe von Schriftstücken. Praxistipp: Dokumentieren Sie sorgfältig alle relevanten Maßnahmen und Daten. Ist die Observationsmaßnahme (z.B. Videoüberwachung) unrechtmäßig erfolgt und das erlangte Ergebnis deshalb nicht verwertbar, so kann der Arbeitgeber hiermit den Nachweis der Pflichtverletzung nicht führen. Arbeitgebern ist daher dringend zu raten, vorsorglich mehrere Aufklärungsmaßnahmen zu ergreifen, um bei der (Un-)Verwertbarkeit eines Ergebnisses vor Gericht keine böse Überraschung zu erleben. Anlässlich der Kündigung ist schließlich der Betriebsrat nach § 102 I BetrVG anzuhören, und zwar vorsorglich zu einer Tat- und einer Verdachtskündigung. Nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast hat der Arbeitnehmer, nachdem der Arbeitgeber die Arbeitsaufgaben aufgrund des Umfangs substantiiert beschrieben und insbesondere die unrichtige Arbeitszeiterfassung dargelegt hat, darzulegen, ob und welche Tätigkeiten er in den fraglichen Zeiträumen verrichtet hat (LAG Sachsen Urt. v. 17.12.2009 – 1 Sa 383/09). V. Darlegungs- und Beweislastfragen VI. Fazit Es gelten die allgemeinen Grundsätze, wonach der Kündigende alle tatsächlichen Voraussetzungen des wichtigen Grundes darzulegen und ggf. zu beweisen hat, d. h. Verstoß des Mitarbeiters gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Arbeitszeitdokumentation, Eintritt eines etwaigen Schadens, Einhaltung der Frist nach § 626 II BGB etc. Er trägt auch die Darlegungs- und Das Thema Arbeitszeitbetrug lässt sich aus kündigungsrechtlicher Sicht durch Beachtung einiger wichtiger Aspekte sicher handhaben. Nach Möglichkeit sollten Arbeitgeber aber bereits bei der Vorbeugung dieser Problematik ansetzen und klare Regeln zur Arbeitszeit und zur Arbeitszeitdokumentation schaffen. Dies reduziert das Risiko späterer Diskussionen. & Die konkrete Überwachungsmaßnahme (z.B. Beauftragen eines Privatdetektivs, persönliche Überwachung durch Mitarbeiter/Vorgesetzte) ist dagegen mitbestimmungsfrei (BAG NZA 1991, 729).
© Copyright 2024 ExpyDoc