Soziales Neue „Bettelbroschüre“ für Dornbirn Informationen für Bettler und „Notreisende“ – Bettelverbot während Märkten wird diskutiert Mit einer neuen Broschüre – angelehnt an die Kommunikation der Stadt Salzburg – möchte die Stadt Dornbirn den Bettlern oder „Notreisenden“ in Dornbirn Informationen über die rechtlichen Grundlagen für das Betteln näher bringen. Die Broschüre ist einfach gehalten und erklärt mit verständlichen Grafiken sowie in fünf Sprachen, was erlaubt ist und was nicht. Gleichzeitig werden in der Stadt Überlegungen über ein temporäres Bettelverbot während der Märkte und Veranstaltungen in der Innenstadt angestellt. Diese Vorgangsweise wurde vergangene Woche im Sozialausschuss diskutiert. Die Dornbirnerinnen und Dornbirner sollen ebenfalls über das Gemeindeblatt sowie die Internetseite informiert werden. Seit einer Gesetzesänderung vor rund zwei Jahren, die aufgrund einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs notwendig war, ist das Betteln in Österreich nicht mehr verboten. Die österreichischen Städte und Gemeinden sind von dieser Aufhebung unterschiedlich betroffen. In den vergangenen Monaten sind die Bettler, die nahezu ausschließlich aus Rumänien kommen, immer mehr Teil des Stadtbildes in Vorarlberger Städten geworden. Manche Bürgerinnen und Bürger versuchen, mit Almosen die dargestellte Not zu lindern. Andere sehen sich vom teils massiven Auftreten beispielsweise beim Bahnhof und Busbahnhof aber auch in der Innenstadt, belästigt. Die Informationsarbeit der Stadt soll beide Bevölkerungsgruppen ansprechen und einerseits Informationen über die Bettler als auch über die gesetzlichen Rahmenbedingungen vermitteln. In Vorarlberg regelt das Landes-Sicherheitsgesetz das Bettelwesen. Darin sind mehrere Vorgaben festgeschrieben. Beispielsweise dürfen Bettler nicht „aggressiv“ um Almosen bitten – sie dürfen den Menschen nicht nachgehen, sie anfassen oder beschimpfen. Es ist zwar nach der derzeitigen Rechtslage erlaubt, Kinder beim Betteln mitzuführen, diese dürfen aber nicht „mitwirken“. Auch das Betteln in Gasthäusern oder Gastgärten, in Geschäften oder von Haus zu Haus ist verboten. Um diese gesetzlichen Bestimmungen an die Bettlerinnen und Bettler verständlich weiter zu geben, wurde von der Stadt nun eine Broschüre herausgegeben. Als Grundlage dient eine Broschüre der Stadt Salzburg, die seit der Aufhebung des Bettelverbotes massiv mit dieser Problematik konfrontiert ist. 20151016 Bettelbroschüre -2Bettelverbot während Veranstaltungen und Märkten wird diskutiert Als mögliche weitere Maßnahme zur Eindämmung des Bettelwesens in der Innenstadt wird derzeit eine Verordnung für ein temporäres Bettelverbot während Märkten und Veranstaltungen in der Innenstadt rechtlich geprüft. Eine erste Diskussion darüber wurde im Sozialausschuss geführt. In den kommenden Monaten sollen erste Entwürfe ausgearbeitet werden, die anschließend in den städtischen Gremien weiter besprochen werden sollen. Zur Vermeidung der Entstehung von wilden Zeltlagern und die damit verbundenen Probleme wie zB fehlende Sanitäranlagen oder „Vermülllung“ soll auch die Erlassung einer Campingverordnung geprüft werden. Die Bettlerinnen und Bettler, die sich derzeit in Dornbirn aufhalten stammen vorwiegend aus vier Städten in Rumänien und haben dort einen angemeldeten Wohnsitz. Sie sind mit Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten im Nahen Osten nicht vergleichbar. Kriegsflüchtlinge sind auf der Flucht, weil sie für sich und ihre Familien um ihr Leben fürchten müssen. Bettlerinnen und Bettler wollen ihre wirtschaftliche Situation und die ihrer Familien in Rumänien verbessern. Fragen und Antworten zum Bettelwesen: Muss ich einer Bettlerin oder einem Bettler etwas geben? Ob die Bürgerinnen oder Bürger ein Almosen geben, ist jedem selbst überlassen. Sie müssen sich aber fragen, wem dieses Geld letztlich hilft. Die sich derzeit in Dornbirn aufhaltenden Gruppen gehören zu Familien, die patriarchalisch organisiert sind. Das Geld wird, bestätigen Beobachtung, von den einzelnen Bettlern abgegeben und kommt nicht ihnen persönlich zu Gute. Vielleicht ist eine Spende an die Caritas oder eine andere soziale Einrichtung, welche mit Projekten in Rumänien die Bevölkerung vor Ort unterstützt, sinnvoller. Kann ich mit Sachspenden helfen? Mitbürgerinnen und Mitbürger haben Mitleid, wenn Bettler barfuß um Almosen bitten oder für die Temperaturen im Herbst zu wenig warm gekleidet sind. Die Sachspenden (Schuhe, Mäntel, etc.) werden von den Bettlern gerne angenommen und getragen, wenn sie nicht betteln. Während des Bettelns ziehen sich die Bettler allerdings wieder um. Dies wurde von der Polizei und Passanten mehrfach beobachtet. Ein möglichst armseliges Aussehen gehört zum „Geschäftsmodell“ und ist auch so zu sehen. Dürfen Bettler ein Haus betreten? Nein, das Betteln von Haus zu Haus ist verboten. Bettler dürfen ohne Zustimmung des Eigentümers keine privaten Grundstücke oder Gebäude betreten. Auch im Krankenhaus ist das Betteln verboten. Bettlerinnen und Bettler werden verwiesen, sofern sie nicht aus gesundheitlichen Gründen eine Behandlung benötigen. Sind Bettler Flüchtlinge? Bettler sind keine Flüchtlinge aus Kriegsgebieten, die in Europa Schutz suchen, weil sie um ihr Leben fürchten. Die Bettler oder „Notreisenden“, die sich derzeit in Dornbirn aufhalten, versuchen zwar der Armut in ihrem Heimatland mit Hilfe des „Geschäftsmodells“ Betteln zu entfliehen, sind dort aber nicht, wie Flüchtlinge aus dem Nahen Osten unmittelbar gefährdet. Es ist deshalb wichtig, diesen Unterschied zu sehen. -3Weshalb sind die Gruppen aus Rumänien in Dornbirn? Das durchschnittliche Monatseinkommen in Rumänien beträgt rund 350,-- Euro. Viele rumänische Staatsbürger, vor allem die sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen der Roma, sind deshalb im westlichen Teil Europas unterwegs, um das Familieneinkommen zu verbessern. Der Großteil macht dies in Form des Bettelns von Almosen. Das Geld, das erbettelt wird, wird großteils an die Familienclans in Rumänien geschickt, um dort die Lebenssituation zu verbessern. Woher kommen die Bettler? Die beiden Gruppen, die derzeit in Dornbirn sind stammen vorwiegend aus vier Städten in Rumänien: Buzau, Ploiesti, Sibiu und Brasov. Diese Städte liegen im Bereich nördlich der Landeshauptstadt Bukarest. Im Internet können Sie sich ein Bild von diesen Städten machen: Ploiesti – rund 210.000 Einwohner: https://de.wikipedia.org/wiki/Ploie%C8%99ti Brasov – rund 250.000 Einwohner: https://de.wikipedia.org/wiki/Bra%C8%99ov Sibiu - rund 150.000 Einwohner: https://de.wikipedia.org/wiki/Hermannstadt Buzau – rund 150.000 Einwohner: https://de.wikipedia.org/wiki/Buz%C4%83u Derzeit befinden sich rund 60 bis 70 Personen aus diesen Gebieten in Dornbirn. Weshalb wohnen die Bettler in Zelten? Der Aufenthalt der Gruppen in Vorarlberg ist selbst gewählt. Als EU-Bürger genießen sie Reisefreiheit als Touristen. Sie haben aber kein Aufenthaltsrecht und daher auch keinen Anspruch auf soziale Leistungen. Umgekehrt hätten auch Österreichische Staatsbürger keine Ansprüche in Rumänien, es sei denn, sie gingen einer Beschäftigung nach und würden in das Sozialnetz Beiträge einzahlen. Die Bettlergruppen haben deshalb auch keinen Anspruch auf eine Unterkunft. Die Menschen aus Rumänien haben in ihrem Heimatland einen festen Wohnsitz. Sie sind in der Regel nur wenige Monate in einer Stadt und ziehen dann weiter. Was geschieht mit den Kindern der Bettler? Die sich derzeit in Dornbirn befindenden Gruppen haben kleine Kinder und teilweise Säuglinge bei sich. Wo der Verdacht auftaucht, diese würden nicht ausreichend versorgt, wird die Jugendwohlfahrt der Bezirkshauptmannschaft eingeschaltet. Es gab bereits mehrere Untersuchungen, die festgestellt haben, dass die Versorgung der Kinder gewährleistet ist. Gerüchte, die Kinder würden durch Alkohol oder Medikamente ruhig gestellt, die teilweise im Umlauf sind, haben sich als nicht richtig erwiesen. Wie kann ich wirklich helfen? Die Bettler in unserem Land verdienen eine menschenwürdige Behandlung. Sie dürfen allerdings darauf hingewiesen werden, wenn sie die Regeln unserer Gesellschaft missachten. Wer Bettlern ein Almosen gibt trägt damit zum „Verdienst“ bei und unterstützt damit indirekt das „Geschäftsmodell“ dieser Gruppen. Die Bettler haben ausreichend zu Essen, genügend Kleidung um sich warm anzuziehen und die Unterkunft in Zelten ist freiwillig gewählt. Vielleicht überlegen Sie sich, ob Sie nicht besser eine in Rumänien aktive soziale Einrichtung unterstützen, die sicherstellt, dass konkrete Hilfsprojekte für die gesamte, sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppe der Roma umgesetzt werden. Mit Ihrer Spende an einzelne Bettler in Dornbirn unterstützen Sie hingegen nur einen Familienclan.
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