mehrwerk WERKSTATT IM BLICKPUNKT – DAS MAGAZIN Ausgabe 49 – Oktober 2015 ARBEIT IN DEN WERKSTÄTTEN UND REHABILITATION GEHEN HAND IN HAND Lynn Wennmachers’ langer Weg zurück INHALTSVERZEICHNIS 3 4 14 Berufsbildungsbereich Stimmen zu „mehrwerk“, Zur Vernissage nach Wien, LEWAC übernimmt neue Aufgaben 16 Kundenporträt 5 Neue Azubis: 17 Mobil.Pro.Fit 6 Werkstatthelden 18 Kurz notiert 8 „Wir dürfen die Entwicklung nicht verschlafen“ – Schwerpunktthema Werkstatt 4.0: 19 Tipps und Termine, Impressum 20 Bilderalbum 22 Bilderalbum Editorial Kurz notiert Viel Erfolg! Lynn Wennmachers ist eine Kämpferin Interview mit Norbert Zimmermann, der Blick von außen und ein Besuch in unserer IT-Abteilung 12 13 Kunst am Campus: Dauerausstellung von willsosein im FIR-Gebäude Interview mit einer Neueinsteigerin, Kursbericht: Orientierung in der fremden Stadt Ethen Rohre: „Ein zuverlässiger Partner“ Demnächst öfter mit dem Rad Car Aachen, Neues Führungskonzept, Brandstiftung Sommerfeste Special Olympics Kurz notiert Führungswechsel im Elternbeirat, 1000 Euro für ein Pferd, Neue Leitung im HPA Hinweis: In unseren Texten sind Frauen und Männer stets gleichermaßen gemeint. Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir jedoch meist die männliche Form. 2 Editorial mehrwerk WELCHE FOLGEN HAT DIE DIGITALISIERUNG VON PRODUKTION UND LOGISTIK FÜR UNS ALS INDUSTRIELLEN DIENSTLEISTER? NORBERT ZIMMERMANN ÜBER WERKSTATT 4.0 Liebe Leserinnen und Leser! Herzlichen Dank für die zahlreichen positiven Rückmeldungen zum neuen Erscheinungsbild unseres Magazins. Darüber haben wir uns sehr gefreut. Auf Seite 4 lassen wir, stellvertretend für viele, zwei langjährige Wegbegleiter unseres Unternehmens zu Wort kommen. Ihr Lob spornt uns an. Ja, wir wollen und müssen moderner und zeitgemäßer über unsere Arbeit informieren. Daher steht im nächsten Schritt auch die Neugestaltung unserer Internetseite auf der Tagesordnung. Bitte haben Sie noch etwas Geduld, in der nächsten Ausgabe der „mehrwerk“ können wir darüber hoffentlich mehr verraten. Eine zukunftsweisende Veränderung gibt es auch bei unseren Leistungen für den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach der Gründung des Integrationsunternehmens CleanCare gGmbH vor zwei Jahren haben wir jetzt ein weiteres Gemeinschaftsunternehmen, dieses Mal mit unserem Partner WABe, gegründet: Aus einem erfolgreichen Projekt wird nun die LEWAC gGmbH. Das Team wird künftig die Betreuung unserer Mitarbeiter übernehmen, die auf betriebsintegrierten Arbeitsplätzen bei Aachener Unternehmen eingesetzt sind. Über die ersten Erfahrungen werden wir ebenfalls in der nächsten Ausgabe berichten. Das Schwerpunktthema dieses Heftes lautet Werkstatt 4.0. Dahinter verbirgt sich die Frage: Wie lässt sich die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben zukünftig so gestalten, dass sie zwei aktuellen Entwicklungen gleichermaßen gerecht wird: Zum einen die Entwicklung hin zu einem inklusiven Arbeitsmarkt auf der Grundlage der UN-Behindertenrechtskonvention, zum anderen die zunehmende Digitalisierung von Produktion und Logistik in der Wirtschaft. Auf dem Weg zu dieser Industrie 4.0 sind wir unterwegs – als industrieller Dienstleister für Kunden aus der Süßwaren- und Kosmetikindustrie und durch unseren Kontakt zum Cluster Smart Logistik auf dem RWTH Campus. Lesen Sie mehr ab Seite 8. Zum Schluss möchte ich Ihnen den Beitrag über unsere Mitarbeiterin Lynn Wennmachers besonders ans Herz legen (Seite 6). Bei zahlreichen Begegnungen durfte auch ich miterleben, wie sie sich nach ihrem Unfall zurück ins Leben gekämpft und, man kann sagen, gearbeitet hat. Auch Ihnen und Ihren Lieben wünsche ich alles Gute. Ihr Norbert Zimmermann, Geschäftsführer 3 mehrwerk Kurz notiert STIMMEN ZUR NEUEN „MEHRWERK“ Manfred Fuchs, ehemaliger Vorsitzender des Aufsichtsrats: „Herzlichen Glückwunsch zur neuen Ausgabe des Werkstattmagazins. Ich finde es in Aufmachung und Inhalt sehr gut. Die Leser erhalten dadurch noch besser als bisher einen hervorragenden Einblick in die Arbeit der Werkstatt und die Leistungsfähigkeit behinderter Menschen. Sie können aber vor allem durch die guten Artikel und großartigen Fotos sehen, dass diese Menschen ebenso fröhlich sein können und ein erfülltes Leben führen wie die Nichtbehinderten.“ Michael Mahr, Geschäftsleitung Theod. Mahr Söhne GmbH, schrieb uns: „Die Zeitschrift Mehrwerk erinnert mich in regelmäßigen Abständen daran, dass es keine innere Zufriedenheit geben kann, wenn ein Volk, eine Wirtschaft oder eine Familie nicht auch Anstrengungen unternimmt, den Benachteiligten zu helfen. Der hohe Bildanteil zeigt sehr plastisch, wie es gelingt, mit immensem persönlichen Aufwand vieler den verantwortungsvollen Aufgaben gerecht zu werden.“ LEWAC: AUS EINEM ERFOLGREICHEN PROJEKT WIRD MEHR Seit 2009 ist LEWAC – eine Kooperation der Werkstatt mit WABe e. V. – im Auftrag der Arbeitsagentur in den Bereichen „Unterstützte Beschäftigung“ sowie „Diagnose der Arbeitsmarktfähigkeit“ von Menschen mit Behinderung tätig. Im Bereich der unterstützten Beschäftigung werden lernbehinderte Menschen passgenau in Unternehmen vermittelt. Aus dem Projekt LEWAC wird nun eine gemeinnützige GmbH, deren Leitung Ulrike Feldmann-deVet übernimmt. Bereits zum Start der neuen gGmbH wird mit den „Betriebsintegrierten Arbeitsplätzen“ (BiAp) auch die Begleitung der Beschäftigten der Werkstatt, die einen Einzelarbeitsplatz in einem Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes haben, hinzukommen. „Unsere Kompetenzen bei der passgenauen Vermittlung und die guten Kontakte zu den Firmen in der Region sind eine ideale Grundlage für den neuen Arbeitsbereich“, so Feldmann-deVet. Weitere Infos: www.lewac.de ZUR VERNISSAGE NACH WIEN Sechs Künstler unserer Gruppe „willsosein“ nahmen im Mai an der Vernissage in „Michl´s Café“ in Wien teil. Das Michl´s im Pflegewohnhaus Leopoldstadt ist ein Projekt der Wien Work, ein gemeinnütziges Unternehmen der Sozialwirtschaft. Entstanden ist der Kontakt nach Wien im EU-Projekt „Lebenslanges Lernen“, in dem der internationale Austausch zwischen Organisationen zum Thema Inklusion im Fokus stand. Besonderer Schwerpunkt war die Integration von Menschen mit Behinderung in gastronomischen Unternehmen. Daraus entstand die Idee, Bilder zum Thema Essen auszustellen, die von Menschen mit Behinderung gemalt wurden. Ein herzliches Dankeschön an den Rotary Club Aachen-Land, der die Reise der willsosein-Künstler ermöglichte und mit zahlreichen Mitgliedern begleitete. 4 Ausbildung mehrwerk Fünf gewinnt Das neue Ausbildungsjahr hat begonnen. Fünf junge Menschen haben sich für eine Ausbildung bei uns entschieden. Wir stellen sie kurz vor. Benedikt Kochs, 21, aus Alsdorf hat nach dem Abitur zunächst ein Informatikstudium an der FH Aachen begonnen, sich aber dann für die Ausbildung zum Bürokaufmann entschieden. Er kennt die Lebenshilfe gut, da sein Bruder eine Behinderung hat und hier betreut wird. Vanessa Koch, 20, aus Aachen macht bei uns die Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. An der Käthe-Kollwitz-Schule hatte sie zuvor eine Ausbildung zur Sozialassistentin gemacht und ein Jahrespraktikum in unserem Heilpädagogischen Arbeitsbereich absolviert. Martin Schulz, 21, aus Aachen kennt die Werkstatt von seinem Freiwilligen Sozialen Jahr bei unserer Außenarbeitsgruppe bei Zentis und einer Zeit als Produktionshelfer. Jetzt will er ebenfalls Heilerziehungspfleger werden. v. l. n. r.: Benedikt Kochs, Vanessa Koch und Martin Schulz Laura Kück, 23, aus Würselen, begann nach dem Fachabitur zunächst eine Ausbildung zur Erzieherin, bevor sie sich dann für die Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement entschied. Pia Franken, 22, aus Geilenkirchen, hat ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Lebenshilfe Heinsberg gemacht und wollte zunächst ebenfalls Erzieherin werden. Dann entschied sie sich jedoch für die Heilerziehungspflege und bewarb sich bei uns mit Erfolg. Laura Kück und Pia Franken 5 mehrwerk Werkstatthelden Gruppenleiter Ralf Bohr: „Lynn redet mit den Leuten, sie kümmert sich und hilft, wenn jemand Hilfe braucht.“ WERKSTATTHELDEN KÄMPFERIN FÜR DAS LEBEN In unserem Unternehmen arbeiten viele interessante Persönlichkeiten. Menschen mit sympathischen Macken, Menschen mit ungewöhnlichen Hobbys, Menschen, die still und zuverlässig ihre Arbeit tun, kurz: Menschen, die man einfach mögen muss. Lesen Sie den zweiten Teil der Serie „Unsere Helden“. 6 LYNN WENNMACHERS: EIN LANGER WEG ZURÜCK Der Unfall passiert im August 2009. Es ist ein schöner Sommertag. Lynn Wennmachers, 22 Jahre, Studentin, stürzt zu Hause die Treppe hinunter, schlägt mit dem Kopf auf und fällt ins Koma. Erst nach langen Untersuchungen im Krankenhaus stellen die Ärzte fest, dass der Auslöser des Sturzes ein Gehirn-Aneurysma war. Dabei reißt eine Schlagader und löst eine Hirnblutung aus. In der Folge werden zentrale Hirnfunktionen geschädigt. Die junge Frau muss künstlich beatmet und ernährt werden. Sie ist ein Pflegefall. Es folgen zahlreiche Operationen, Phasen im Wachkoma und lange Aufenthalte in Reha-Kliniken in Köln und Herdecke. Erst nach 18 Monaten zeigt sie zum ersten Mal wieder eine bewusste Reaktion. Nach 24 Monaten isst sie ihr erstes Stückchen Apfel. Heute, sechs Jahre nach dem Unfall, ist Lynn Wennmachers wieder da. Sie hat gekämpft, sich nie aufgege- ben. Sie war wütend und sauer auf ihr Schicksal. Sie war verbissen und abwehrend, für ihre Eltern, Betreuer, Therapeuten und Ärzte oft kaum erträglich. Aber sie ist wieder da. Sie kann wieder laufen, ihr Sprachvermögen wird von Tag zu Tag besser. Zugleich hat sie verstanden und akzeptiert, dass sie ihr altes Leben nicht wieder aufnehmen kann. Auch wenn heute niemand sagen kann, was möglich ist. Viele Menschen haben bei dieser erstaunlichen Rehabilitation mitgeholfen. Zuallererst natürlich ihre Familie und Helfer aus dem privaten Umfeld. Aber auch Menschen in der Werkstatt: Betreuerinnen, Therapeutinnen und Gruppenleiter, zunächst Anne Nacken und später Ralf Bohr. Im Herbst 2011 kommt Lynn zum ersten Mal in die Werkstatt, zunächst stundenweise. Eine Freundin übernimmt die Betreuung der Rollstuhlfahrerin und den Fahrdienst. Lynn fand es „schrecklich“, berichtet Vater Gerd Wennmachers. „So viele Menschen mit einer Behinderung. Diese Lautstärke. Der kleinste Anlass setzte Lynn unter Stress.“ Sie schreit, zetert, wirft Gegenstände an die Wand, wenn ihr etwas nicht passt. Ralf Bohr weist sie in die Schranken, fin-det die richtigen Worte – und letztlich einen Draht zu ihr. che mit ihrem Vater haben wir ihr Schritt für Schritt neue Aufgaben gegeben und sie damit motiviert.“ Nachdem sie keinen Rollstuhl sondern nur noch Rollator oder Gehstock brauchte, arbeitete sie zeitweise im Stehen. Im Februar 2014 stimmt Lynn schließlich der bislang letzten Operation zu. An ihrem rechten Fuß wird die Achillessehne verlängert und die Spitzfußstellung erfolgreich korrigiert. Seitdem kann sie wieder fast normal gehen, und das ist die Basis für den nächsten Schritt: Lynn übernimmt neue Aufgaben in der Küche, genauer: Sie hilft beim Aufdecken und Abräumen, zunächst nur vormittags bei der Frühstückspause. „Da geht es nicht ganz so hektisch zu wie beim Mittagessen“, erklärt Ralf Bohr. „Als sie das gut geschafft hat, haben wir dann als nächste Herausforderung die Mittagspause obendrauf gesetzt.“ Heute sei Lynn schon so belastbar, dass sie auch spontan andere Aufgaben übernehme, „ohne stundenlang darüber zu diskutieren“. „Parallel zur schrittweisen Verbesserung ihrer körperlichen und sprachlichen Fä-higkeiten wurde Lynn freundlicher“, blickt Ralf Bohr zurück. „In enger Abspra-- Manchmal will Lynn aber auch schnell zu viel. Im Sommerurlaub an der holländischen Küste ist sie Rad gefahren und im Sand gestürzt. Sie will weitergehen, nicht stehen bleiben. Im Moment steht die Wohnfrage im Raum. Findet sich eine Wohngemeinschaft für Lynn? „Es ist schon etwas Besonderes“, sagt Gerd Wennmachers, „wie sie sich in den vier Jahren in der Werkstatt entwickelt hat. Wir sind sehr froh, dass Lynn hier so viele therapeutische Angebote wahrnehmen kann.“ Ihre Arbeit nimmt Lynn Wennmachers sehr genau. Für Gruppenleiter Ralf Bohr zählt sie zu den Leistungsstärksten. Nach zwei Jahren im Berufsbildungsbereich hat sie nun einen regulären Werkstattvertrag. 7 mehrwerk Schwerpunktthema: Werkstatt 4.0 Ohne Computer läuft nichts: Bei der Verpackung von Süßwaren sind wir über Buchungsterminals direkt mit dem Kunden verbunden. WENN ROBOTER DEN RASEN MÄHEN SCHWERPUNKTTHEMA WERKSTATT 4.0 Roboter mähen Rasen. Im Supermarkt kassieren Maschinen. U-Bahnen, und bald wohl auch die ersten Serienautos, fahren automatisch. Immer mehr Tätigkeiten von Menschen übernehmen Computer. Welche Folgen hat diese Entwicklung für Werkstätten für Menschen mit Behinderung? Wir haben mal kurz in die Zukunft geschaut. 8 INTERVIEW MIT GESCHÄFTSFÜHRER NORBERT ZIMMERMANN – „WIR DÜRFEN DIE ENTWICKLUNG NICHT VERSCHLAFEN“ Herr Zimmermann, Sie haben den Begriff Werkstatt 4.0 geprägt. Was verstehen Sie darunter? Den Begriff habe ich aus dem Sprachgebrauch der Wirtschaft übernommen. Hier ist das Stichwort Industrie 4.0 derzeit in aller Munde (siehe Beitrag von Prof. Stich). Er beschreibt verschiedene Phasen der industriellen Entwicklung. Übertragen auf die Werkstätten heißt das: Auch in unseren sozialen Unternehmen gibt es ständigen Wandel. Wir sind ein Teil der Gesellschaft und passen uns gesellschaftlichen Veränderungen an. Welche Phasen haben denn die Werkstätten durchlaufen? Angefangen hat es ja mit den Beschützenden Werkstätten in den 1960er und 1970er Jahren. In dieser Zeit des Aufbaus war die Werkstatt 1.0 ein eher geschlossenes System. Dann kam die „Werkstatt für Behinderte WfB“. Bis Ende der neunziger Jahre wurde diese Werkstatt 2.0 nach und nach in die Wertschöpfungsketten der regionalen Wirtschaft eingebunden. Heute haben wir die „Werkstatt für behinderte Menschen WfbM“, in der mit der Reform des Sozialgesetzbuches XI im Jahr 2001 der Gedanke der beruflichen Teilhabe im Vordergrund steht. Das ist für mich die Werkstatt 3.0, die sehr stark institutionell denkt. Norbert Zimmermann ist seit 2007 Geschäftsführer der Werkstatt. Know-how oder auch die Kundenkontakte der Werkstatt nutzen wollen. Und gleichzeitig verändert sich dieser Arbeitsmarkt, weil immer mehr intelligente Maschinen zum Einsatz kommen. So ist es, vor allem in den Bereichen, wo wir als industrieller Dienstleister tätig sind, zum Beispiel in der Verpackung. Hier müssen wir bei der Digitalisierung der Produktions- und Logistikprozesse mitgehen, wenn wir Aufträge und Arbeitsplätze nicht verlieren wollen. Und was macht den Sprung zu 4.0 aus? Es ist die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung, die Deutschland 2009 unterzeichnet hat. Sie besagt, dass nicht die Menschen sich den vermeintlichen Systemzwängen des Arbeitsmarktes anpassen sollen, sondern das System den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Menschen. Dafür müssen Werkstätten ihre Angebote mehr auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse der einzelnen Person ausrichten. Ziel ist die Entwicklung hin zu einem inklusiven Arbeitsmarkt. Und was erwarten Sie für die Bereiche, wo noch Handarbeit gefragt ist? Das ist schwer zu sagen. Keiner weiß, wohin uns Industrie 4.0 führen wird. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass wir uns als Werkstätten für Menschen mit Behinderung eines nicht leisten können: am Rand stehen zu bleiben und die Entwicklung zu verschlafen. Wie soll ein inklusiver Arbeitsmarkt erreicht werden? Dazu gibt es ganz unterschiedliche Ansätze. Wir können versuchen, noch mehr betriebsintegrierte Arbeitsplätze zu schaffen. Wir könnten darüber hinaus ganze Arbeitsbereiche aus dem räumlichen Verbund der Werkstatt etwa in ein Gewerbegebiet auslagern. Dadurch gäbe es mehr Kontakte zu anderen Betrieben. Und drittens könnten wir unsere Türen öffnen für Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes, die z. B. als Untermieter und Kooperationspartner den modernen Maschinenpark, das Imagefilm anschauen auf www.werkstatt-ac.de 9 WERKSTATT 4.0: AUF DEM WEG ZUR INKLUSION BIAP BETRIEBSINTEGRIERTE ARBEITSPLÄTZE AUSGELAGERTE ARBEITSPLÄTZE AUSGELAGERTE ARBEITSPLÄTZE MENSCHEN WERKSTÄTTEN DER LEBENSHILFE AACHEN 1. ARBEITSMARKT CATERING RESTAURANT BETRIEBSKANTINE BIAP BETRIEBSINTEGRIERTE ARBEITSPLÄTZE MIT BEHINDERUNG UNTER DER SICHERHEIT DER WERKSTATT 1. ARBEITSCATERING MARKT RESTAURANT BETRIEBSKANTINE WERKSTÄTTEN DER LEBENSHILFE AACHEN GEGENWART: WERKSTATT 3.0 ZUKUNFT: WERKSTATT 4.0 SEHR STARK INSTITUTIONSORIENTIERT MEHR PERSONENORIENTIERT WARUM HEISST ES EIGENTLICH INDUSTRIE 4.0? Industrie 1.0 Industrie 2.0 Industrie 3.0 Industrie 4.0 Nutzung der Wasser- und Dampfkraft Massenfertigung mit Hilfe von Fließbändern und elektrischer Energie weitere Automatisierung durch den Einsatz von Elektronik und Informationstechnik Digitalisierung und intelligente Vernetzung: Entwicklung, Einkauf, Produktion, Lagerung, Logistik und Verkauf bis hin zu Recycling wachsen zusammen. „DIE WERKSTÄTTEN BRAUCHEN KEINE ANGST ZU HABEN“ Seit 2013 sind wir Partner im Cluster Smart Logistik auf dem RWTH Aachen Campus. Am dortigen Institut FIR arbeiten Wissenschaftler und Praktiker gemeinsam am Thema Digitalisierung, das unsere Lebensweise Volker Stich schon bald radikal verändern wird. Davon jedenfalls ist Professor Dr. Volker Stich (Foto), Geschäftsführer des FIR, fest überzeugt. Wer ein Smartphone hat, erlebt die Veränderung schon heute. Stichs Lieblingsbeispiel ist die App MyTaxi. „Früher habe ich die Taxizentrale angerufen und am Straßenrand gewartet. Heute bediene ich auf meinem Smartphone zwei Tasten, und schon sind der Taxifahrer, der 400 Meter weiter um die Ecke steht, und ich digital miteinander verbunden. Auch bezahlt wird digital.“ Das sei erst der Anfang: Im Jahr 2020, so Stich, wird es weltweit geschätzt 50 Milliarden vernetzte Geräte geben, deutlich mehr als Menschen auf der Erde. Die Digitalisierung verändere vor allem die 10 Abläufe in Produktion und Logistik. Zum Beispiel kommen in der Produktion zunehmend smarte („intelligente“) Technologien zum Einsatz. Werkstücke sind mit Chips oder Sensoren bestückt. Sie transportieren Informationen etwa über stoffliche Zusammensetzung, Zustand oder Lagerzeit. „Früher hat man im Lager nach einem bestimmten Werkstück gesucht. Heute sehe ich auf meinem Handcomputer nicht nur sofort, wo es liegt, sondern auch, zu welchem Zweck es dort liegt und in welchem Zustand es ist.“ Und welche Folgen hat die Digitalisierung für die Zukunft der Arbeit? Das könne derzeit niemand sagen. Ja, es gebe noch nicht einmal verlässliche Daten über den Qualifizierungsbedarf der heute Beschäftigten. Klar sei nur, dass es in allen Bereichen grundlegende Änderungen geben wird. Für Menschen mit Behinderung sieht Stich in der Digitalisierung „eine Riesenchance, weil sie besser in Leistungsprozesse eingebunden werden können“. Zum Beispiel durch die Datenbrille, die den Mitarbeiter mit Zusatzinformationen versorgt und ihn unterstützt, noch genauer zu arbeiten. Die Werkstätten bräuchten keine Angst zu haben und es gäbe neue Chancen für Schwerpunktthema: Werkstatt 4.0 Inklusion. „Ich kann mir durchaus digitale Produktionsbereiche mit gemischten Teams vorstellen, wo Menschen mit und ohne Behinderung zusammenarbeiten“, sagt Stich. „Wichtig ist, dass mehrwerk die Digitalisierung, die unaufhaltsam ist, in jedem Unternehmen zur Chefsache gemacht wird.“ BESUCH IN DER IT-ABTEILUNG – „SCHON HEUTE DIGITAL VERNETZT“ Die Süßwarenindustrie ist ein wichtiger Auftraggeber für uns. Wir erfüllen dabei nicht nur die hygienischen Anforderungen, sondern auch die vorgeschriebene Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln. Jedes Lebensmittel muss in jeder Phase der Produktion und Verteilung zurückverfolgt werden können. Nur so ist die sofortige Rücknahme von unsicheren Lebensmitteln möglich. Unsere IT-Ausstattung wird daher ständig auf den neuesten Stand gebracht. automatisch an den Kunden.“ So ist gewährleistet, dass es bei Anlieferung, Produktion und Auslieferung möglichst wenig Leerlauf gibt. Auch mit anderen Kunden gibt es bereits einen solchen Datenaustausch, so Braun. Weitere Projekte zur Vernetzung seien in Arbeit. Darüber hinaus kümmern sich Braun und seine Mitarbeiter um 160 PC-Arbeitsplätze. Zusätzlich gibt es sechs Außenstellen und 20 mobile Endgeräte, die über ein VPN-Netzwerk mit der Werkstatt verbunden sind. „Mit unserem heterogenen Netzwerk sind wir gut aufgestellt“, so Braun. Die zunehmende Digitalisierung von Produktion und Logistik sieht er gelassen. „Das ist weniger ein technisches Problem. Die eigentliche Herausforderung ist, dabei auch zukünftig die Datensicherheit zu gewährleisten.“ Dieter Braun (Mitte), René Mertens (rechts) und Markus Decker bilden das IT-Team der Werkstatt. „Über eine separate und gesicherte Internetverbindung tauschen wir heute mit unserem Kunden laufend die Auftragsdaten aus“, erläutert IT-Chef Dieter Braun. „Dank unseres Warenwirtschaftssystems Laysi wissen wir jederzeit, welche Vorprodukte auf Lager sind. Wird neue Ware geliefert oder ist eine Palette fertig gepackt, melden wir den aktuellen Bestand Wareneingang, Bereitstellung der Ware für die Produktion, Warenrückgabe aus der Produktion, Warenausgang: Alle Abläufe werden von unseren Mitarbeitern im Lager schon heute digital erfasst. MIT DER WETTERVORHERSAGE ENERGIE SPAREN Ein weiteres Beispiel für die Vernetzung von technischen Systemen in unserem Unternehmen ist das Meteoviva-Projekt. Dabei werden Daten aus der Wettervorhersage und den Betriebszeiten unseres Maschinenparks so miteinander verbunden, dass Raumtemperatur und Raumklima in unseren Gebäuden immer optimal eingestellt sind. Denn das System sagt die Entwicklung des Wärme- und Kältebedarfs vor ihrem Eintreten voraus. Dadurch senken wir den Energieverbrauch. Anfang Oktober wird das System in Betrieb gehen. 11 mehrwerk Kunst am Campus Foto: Andreas Steindl am Campus Für Professor Dr. Volker Stich (hinten links neben Norbert Zimmermann), Geschäftsführer des FIR, ist es „gelebte Kooperation“. Die Zusammenarbeit der Lebenshilfe-Werkstatt mit dem Institut ist um eine Facette reicher. Anfang Juni wurde auf dem Campus Melaten eine Dauerausstellung unserer Künstlergruppe „willsosein“ eröffnet. Zu sehen sind Werke von Thomas Hieber, Lars Otten, Sürejja Durovska, Jürgen Kirschbaum und Natalie Nießen. Aus aller Welt kommen Wissenschaftler zu Veranstaltungen hierher. Viele sind überrascht und erfreut, 12 an diesem Ort auf Kunstwerke von Menschen mit Behinderung zu stoßen. Einige Bilder waren bis Mitte September bereits verkauft. Sie werden durch neue Kreationen ersetzt. Am Sonntag, dem 15. November gibt es zudem eine Versteigerung. Die Rotary-Clubs aus der Region Aachen bringen von 18 Uhr bis 20 Uhr Bilder von „willsosein“ zugunsten der Flüchtlingshilfe unter den Hammer. Auktionator ist Dr. Jürgen Linden. Dazu sind alle Interessierten herzlich eingeladen ins Cluster Smart Logistik, Campus-Boulevard 55, 52074 Aachen. Kurz notiert mehrwerk FÜHRUNGSWECHSEL IM ELTERNBEIRAT Bernd Knauf ist neuer Vorsitzender des Angehörigen-, Eltern- und Betreuerbeirats, kurz Elternbeirat. Nach vier Jahren als Stellvertreter übernahm der 60-jährige Bezirkspolizist aus Haaren den Vorsitz jetzt von Helmut Thyssen, der das Ehrenamt acht Jahre innehatte. Aktuelles Schwerpunktthema des Elternbeirats ist laut Knauf die Diskussion um die Zukunft der Werkstätten. „Natürlich müssen sich die Werkstätten weiter verändern, aber wir stellen uns deutlich gegen jede Forderung nach ihrer Schließung“, sagt er. „Dabei würden viele Mitarbeiter mit Behinderung auf der Strecke bleiben.“ Bei diesem Einsatz für die Werkstätten arbeiten die Aachener eng mit dem Landesverband der Elternbeiräte zusammen. Insgesamt sieht Knauf den Elternbeirat mit seinen 17 Mitgliedern gut aufgestellt. Wichtig ist ihm weiterhin der enge Kontakt zwischen Beschäftigten, Gruppenleitungen und Angehörigen. So übernimmt jedes Mitglied des Beirates in ein bis zwei Gruppen in den Produktions- und Servicebereichen sowie im Heilpädagogischen Arbeitsbereich die Rolle des Ansprechpartners. Für die Zukunft wünscht sich Bernd Knauf, dass diese Möglichkeit zum direkten Austausch stärker genutzt wird, „wenn irgendwo der Schuh drückt“. TAUSEND EURO FÜR EIN PFERD Unsere Künstlergruppe „willsosein“ beteiligte sich jetzt an einer Benefizaktion zugunsten der Jürgen-Kutsch-Stiftung. Anfang September wurden in den Aachen Arkaden insgesamt 19 Kunstpferde versteigert. Unter dem Motto „Faszination Pferd“ waren sie von Künstlern, Schulen, Unternehmen und Kindergärten liebevoll und einzigartig gestaltet worden. Unsere Künstler hatten für ihre Skulptur das Thema „Ritt durch den Zauberwald“ gewählt und einen märchenhaften Mikrokosmos erschaffen (im Bild: Annika Sachtleben). Bei der Versteigerung durch Auktionator Volker Raulf weckte es großes Interesse. Der Startpreis lag bei 500 Euro, in 50er Schritten ging es weiter, bis schließlich bei 1.000 Euro der Hammer fiel. Für die Stiftung, die kulturund generationsübergreifende Projekte im Ostviertel unterstützt, kamen über 14.000 Euro zusammen. Unsere Künstler waren sehr stolz, dazu einen Beitrag geleistet zu haben. NEUE LEITUNG IM HPA In unserem Heilpädagogischen Arbeitsbereich (HPA) im Werk Haaren beschäftigen wir zurzeit 53 Menschen mit schweren Behinderungen. Viele sind Rollstuhlfahrer, manche haben gleich mehrere Handicaps: Epilepsie, Spastik, geistige oder körperliche Behinderungen. Für die Beschäftigten und das 20-köpfige Betreuerteam ist nun Claudia Vieten verantwortlich. Claudia Vieten bringt vielfältige berufliche Erfahrungen mit. Unter anderem war die Diplom-Sozialarbeiterin bei den Gangelter Einrichtungen im Bereich ambulant betreutes Wohnen tätig. Zuletzt hat sie beim Integrationsfachdienst in Heinsberg Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes beraten, wenn es um die Sicherung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Schwerbehinderung ging. Für ihre neue Aufgabe wünscht sich Claudia Vieten, dass „einfach alle immer gerne hierhin kommen“. 13 „Ich hatte Schiss “ ERSTE SCHRITTE IN DIE BERUFSWELT 33 junge Frauen und Männer sind in diesem Herbst neu zu uns in die Werkstatt gekommen. Die meisten kommen von der Kleebachschule, der Viktor-Frankl-Schule, der Schule am Rödgerbach oder der Parzivalschule. Wir stellen eine unserer neuen Nachwuchskräfte vor. Sie ist neugierig, offen und schlagfertig. Und sie will unbedingt in die Gastronomie. Nach einem Praktikum in unserem Betriebsrestaurant in der Borchersstraße im vergangenen Jahr war für die 19-jährige Sabrina Loevenich klar: Das ist ihr Ding. In der Küche mitarbeiten, Gemüse schneiden, Salat putzen und später vielleicht auch im Service bedienen – es macht ihr einfach großen Spaß. Auch Jochen Rößeler, unser Küchenchef, war überzeugt: Sabrina passt gut ins Team und ist eine große Hilfe. So unterstützt sie seit Anfang September das Küchenteam unseres neuen Betriebsrestaurants bei der Arbeitsagentur Aachen in der Roermonder Straße. In den ersten Tagen war es nicht einfach. „Ich hatte Schiss“, sagt sie. Doch eine Kollegin habe ihr geholfen, und nach zwei Tagen „lief es von alleine“. Sabrinas Eltern Petra und Bert Loevenich sind glücklich, dass ihre Tochter einen Platz in diesem Arbeitsbereich gefunden hat. „Bisher hat alles super geklappt“, sagt Bert Loevenich. „Wenn Sabrina von der Arbeit nach Hause kommt, ist sie einfach gut drauf. Das Gefühl, gebraucht zu werden, tut ihr unheimlich gut.“ In der Schule sei 14 sie zuletzt doch unterfordert gewesen, erläutert Petra Loevenich. Auch in ihrer Freizeit sucht die junge Frau immer wieder neue Herausforderungen. Seit vielen Jahren spielt Sabrina regelmäßig Tischtennis im Verein und fährt jedes Jahr nach Frankfurt zum Deutschen Down-Sportlerfestival. Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom messen sich hier im Wettkampf in vielen Sportarten. Außerdem geht Sabrina jeden Dienstag zum HipHop-Tanzen. Fitness, Disziplin und Ehrgeiz – gewiss nicht die schlechtesten Voraussetzungen für eine große Zukunft in der Gastronomie. Berufsbildungsbereich mehrwerk VIELE ARBEITSFELDER Der Berufsbildungsbereich dauert bis zu zwei Jahre. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durchlaufen dabei möglichst viele Arbeitsbereiche der Werkstatt. Zusätzlich gibt es Praktika, Kurse und Schulungen. So lernen sie ihre beruflichen Stärken und Interessen kennen. Insgesamt befinden sich zurzeit 68 jun- ge Menschen im Berufsbildungsbereich, davon rund die Hälfte im Verpackungsbereich. Neun sind im Team Garten- und Landschaftsbau eingesetzt, acht haben einen Außenarbeitsplatz bei Pro-Idee, Zentis, in unseren Betriebsrestaurants, in der Kita Waldmeister und auf dem Lohner Hof. Wo geht´s zum Bahnhof? ORIENTIERUNG IN DER FREMDEN STADT Während der Zeit im Berufsbildungsbereich (BBB) durchläuft jeder Teilnehmer auch den Unterrichtsblock „Mobilität“. Dazu gehört in diesem Jahr erstmals ein Ausflug nach Köln. Zwischen Mai und August waren bereits fünf Gruppen dort. Kursleiterin Cornelia Cordes aus unserem BBB-Team berichtet von einer Fahrt mit Hindernissen. Buslinie, die uns zum Bahnhof bringt, wann fährt der Zug nach Köln und zu welchem Gleis müssen wir? In Köln dann mit dem Bus oder der Straßenbahn weiter? Mit welchen Anbindungen haben wir die kürzeste Wartezeit? Und ist die ganze Strecke auch barrierefrei zu bewältigen? „Die fünfköpfige Gruppe hatte also im Vorfeld viele Fragen und Aufgaben zu lösen, bevor sie die große Reise antreten konnte“, so Cordes. Als sich alle bestens gerüstet fühlten und es dann endlich losging, wäre der Ausflug beinahe schnell wieder zu Ende gewesen: Am Bahnhof Rothe Erde war der Aufzug defekt. „Doch uns konnte das nicht aufhalten. Mit vereinten Kräften und Teamgeist haben wir unseren Rollstuhlfahrer sicher zum Gleis gebracht.“ In Köln verbrachte die Gruppe dann einen wunderschönen Tag. Dazu gehörten natürlich eine Fahrt mit der Seilbahn über den Rhein und ein Besuch im Schokoladenmuseum. „Die Fahrten haben allen Teilnehmern sehr gefallen“, weiß Cordes, „und ihren ErfahrungsHorizont ein schönes Stück erweitert.“ „In jedem Block vermitteln wir zunächst theoretische Grundkenntnisse“, sagt die 36-jährige Sport- und Fitnesskauffrau. Sie studiert derzeit Soziale Arbeit und ist seit einem Jahr für die Werkstatt tätig. Als Fußgänger gehe es zum Beispiel um diese Fragen: Wo darf ich mich aufhalten, wo ist ein Radweg, der nicht zum Bürgersteig gehört, wie überquere ich sicher eine Straße mit oder auch ohne Ampel und welche Verkehrsschilder sind für mich relevant? Dann geht es um die praktische Anwendung. Höhepunkt ist immer ein gemeinsamer Ausflug. Die Fahrt nach Köln erforderte natürlich eine besonders gute Vorbereitung: Wie kommen wir von der Werkstatt in Aachen zu unserem Ziel in Köln? Wo ist die nächste Bushaltestelle, welches die richtige 15 mehrwerk Kundenportrait „EIN ZUVERLÄSSIGER PARTNER“ Für Ethen Rohre produziert unsere Holzwerkstatt seit über drei Jahren Transportkisten. Wir haben Geschäftsführer Tobias Kirch am Firmensitz am Grünen Weg in Aachen besucht. Herr Kirch, was produziert Ihr Unternehmen? Kirch: Wir stellen seit fast achtzig Jahren sogenannte Kapillarrohre her, das sind Rohre mit einem Außendurchmesser von 0,7 bis 18 Millimeter. Sie werden zum Beispiel für die Mess- und Regeltechnik, in der Medizintechnik und im Maschinenbau gebraucht. Die Rohre sind aus unterschiedlichem Material und haben unterschiedliche Längen, aber in der Herstellung kommt es immer auf höchste Genauigkeit an. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe-Werkstatt? Wir liefern unsere Rohre an Kunden in aller Welt. Damit die Rohre sich beim Transport nicht verbiegen, brauchen wir eine extrem robuste Verpackung. Bis vor einigen Jahren haben wir die Transportkisten selbst gefertigt, aber das hat letztlich zu viel Zeit gekostet. Deswegen haben wir einen Lieferanten gesucht. Aus welchem Grund haben Sie sich dann für uns entschieden? Es passte einfach alles: Ihre Schreinerei war damals sehr flexibel und hat sich hervorragend auf unsere Anforderungen eingestellt. Bis heute sind wir sehr zufrieden: Die Qualität der Kisten ist gleichbleibend hoch. Und der Preis stimmt auch. Tobias Kirch ist 30 Jahre alt, verheiratet und Vater eines zweijährigen Sohnes. Seit 2008 ist er Geschäftsführer und Gesellschafter der Ethen Rohre GmbH. Welchen Umfang hat der Auftrag? Pro Jahr bestellen wir zwischen 600 und 800 Transportkisten mit 6,20 Meter Länge. Sie werden in der Werkstatt gelagert und auf Abruf in Teilmengen geliefert. Kleine Kistenmaße, die wir in geringen Mengen brauchen, produzieren wir noch selbst. Vor kurzem haben wir die Werkstatt aber mit der Produktion eines weiteren Kistenmaßes beauftragt. Es gab noch einen ganz anderen Auftrag. Ja, die Regale in unserem Lager hat Ihre Metallwerkstatt mit Belägen aus Hartkunststoff ausgestattet. Das schützt unsere Rohre besser gegen Verwitterung. Auch diese Aktion hat den Sinn der Werkstatt für praktische Lösungen und die Kundennähe gezeigt. Das ist eine wunderbar zuverlässige Partnerschaft. Die Werkstatt ist ein Geschäftspartner wie jeder andere? Wenn wir etwas brauchen, fragen wir auch die Werkstatt an. Das ist normaler Wettbewerb. Es gibt keinen Bonus. In Ihrem Haus weiß man, dass wir nicht auf die Lebenshilfe gewartet haben. Aber wie gesagt, was bisher gelaufen ist, ist super. Herr Kirch, vielen Dank für das Gespräch. Für den Transport von Ethen Rohren liefern wir robuste Transportkisten aus Holz. 16 Mobil.Pro.Fit mehrwerk DEMNÄCHST ÖFTER MIT DEM RAD? Im Frühjahr gestartet, hat unsere Beteiligung am Projekt „Mobil.Pro.Fit.“ bereits ein erstes Ergebnis: Ein Dienstwagen wurde abgeschafft. Die Auswertung des Fahrtenbuchs hatte gezeigt, dass der Betrieb des Pkw mangels Auslastung nicht lohnt. Genau darum geht es bei dem Projekt: den in unserem Unternehmen anfallenden Verkehr umweltfreundlicher und wirtschaftlicher zu gestalten. „Mobil.Pro.Fit.“ wird gefördert durch den Bundesdeutschen Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management e. V. und die Städteregion Aachen als eine von zehn Modellkommunen. Nach dem Start des Projekts konnten einige Mitarbeiter zunächst sechs Pedelecs für Fahrten zwischen Neuenhofstraße und Haaren und für die Strecke zwischen Wohn- und Arbeitsort testen. Die Erfahrungen waren positiv, sodass die Anschaffung von vier Dienst-Pedelecs Anfang 2016 bereits beschlossen ist. Eine Mitarbeiterbefragung wurde ebenfalls durchgeführt. Danach wohnt jeder vierte Mitarbeiter nicht weiter als zehn Kilometer vom Arbeitsort entfernt, sieben von zehn kommen alleine im Pkw. 38 Prozent würden bei besseren Bedingungen auf Bus oder Rad umsteigen. Welche Maßnahmen die Werkstatt ergreifen kann, um das Umsteigen zu fördern, wird nun diskutiert. Die Ideen reichen vom Jobticket in Zusammenarbeit mit Nachbarbetrieben über die Förderung von Fahrgemeinschaften durch feste Stellplätze bis hin zur Schaffung eines Beratungsangebots zur Nutzung mobiler Hilfssysteme für Menschen mit Behinderung. Klar ist: Es kann einiges getan werden, um unsere Öko-Bilanz zu verbessern. Das gilt auch für die anderen sieben am Projekt beteiligten Unternehmen, die sich im August in unseren Räumen in Haaren zu einer Zwischenauswertung trafen. Anfang 2016 sollen die endgültigen Ergebnisse vorliegen. Für so manchen Weg ist das Auto nicht immer das beste Fortbewegungsmittel. 17 mehrwerk Kurz notiert VORBILDLICH BEI BRANDSTIFTUNG REAGIERT: SCHLIMMERES VERHINDERT Anfang August haben Unbekannte in der Nacht an unserem Gebäude am Hergelsmühlenweg gelagerte Kartons angezündet. Durch das Feuer entstand Sachschaden am Mauerwerk. Aufgrund der starken Hitzeentwicklung stand ein Übergreifen des Brandes in das Innere der Werkstatthalle unmittelbar bevor. Die Feuerwehr konnte ein Ausbreiten der Flammen jedoch verhindern. Die Kriminalpolizei ermittelt. Dank unserer Brandmeldeanlage wurde Schlimmeres verhindert. Auch das besonnene Verhalten von Fachpersonal und Beschäftigten am Folgetag war vorbildlich, betont Geschäftsführer Norbert Zimmermann. MIT ROTARY AM RURSEE Gemeinsam mit Mitgliedern des Rotary Club Aachen-Land haben wir Ende September einen Ausflug zum Rursee gemacht. Mit dabei waren 37 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Werkstatt, die direkt in den Betrieben von Partnerunternehmen eingesetzt sind. Schon während der Busfahrt nach Rurberg kam es zu ersten Begegnungen und Gesprächen zwischen den Rotarieren und den Menschen mit Behinderung, die sehr offen und auch mit einem gewissen Stolz über ihr Leben und insbesondere über ihre Arbeit berichteten. Nach der Besichtigung der Staumauer und den Erläuterungen zum Unter- und Obersee ging es von Rurberg aus mit dem Ausflugsschiff zum abschließenden Mittagessen nach Schwammenauel. Für unsere Beschäftigten und die Freunde des Clubs war der Tag ein besonderes Erlebnis. MIT DER AUTOBRANCHE GUT VERNETZT Seit fast zwei Jahren sind wir Mitglied, seit Januar durch Norbert Zimmermann auch im Vorstand vertreten. Die Rede ist vom car e. V. Das „competence center automotive region aachen / euregio maas-rhein“ ist ein Netzwerk von Akteuren im Bereich der Automobilbranche. Als Dienstleister unter anderem für die Kohl-Gruppe bietet uns der Verein interessante Möglichkeiten, weitere Kontakte mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen in diesem Bereich zu knüpfen. Der Dialog mit der regionalen und überregionalen Wirtschaft und den Hochschulinstituten der RWTH und der FH Aachen, mit Studenten, mit Nachwuchs- und 18 Fachkräften, aber auch mit der internationalen Fachwelt spielt also eine große Rolle. Für Michael Preising, Geschäftsführung des car e. V., ist die Mitgliedschaft der Werkstatt eine willkommene Erweiterung des Mitgliederkreises. Für ihn liegt der Reiz in dem breiten Spektrum der car-Mitglieder. Es erstreckt sich vom Hightech-Forscher über RWTH-Institute und Ingenieurbüros bis zu Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation. Treffen sich die Mitglieder untereinander, ist ein reger Interessensaustausch gewährleistet. Und ein Ziel des Vereins erreicht: aus der Region für die Region aktiv sein. Tipps und Termine mehrwerk TIPPS UND Termine LEBENSHILFE-TERMINE Nov 30 Dez 5/6 CAFÉ LIFE Einstimmung in den Advent Nov Kursangebot des Lebenshilfe FeD in der Adenauerallee 38 mit Annerose Frey, Gemeindereferentin, und Gabi Laumen, Diözesanbeauftragte, 17 bis 18.30 Uhr www.fed-aachen.de 15 Großer Flohmarkt Nov 20 der Lebenshilfe in der Aula Carolina, Samstag von 9 bis 19 Uhr, Sonntag von 11 bis 18 Uhr www.lebenshilfe-aachen.de Nov 15 Sonntag, 15. November, 18 Uhr bis 20 Uhr Versteigerung der Rotary-Clubs aus der Region Aachen zugunsten der Flüchtlingshilfe (Auktionator: Dr. Jürgen Linden) im FIR, Cluster Smart Logistik, Campus-Boulevard 55 Lese-Frühstück „Camino Campino“. Mit dem Fahrrad auf dem Jakobsweg. Live-Hörspiel mit Heinz-Georg Schenke und dem Bühnenhörspieler, 10 Uhr Themenabend „Primeur Abend“ (AUSVERKAUFT) Für die Themenabende ist eine Reservierung erforderlich. www.cafelife-ac.com UNTERNEHMER BEST PRACTICE ARBEITGEBER SEIN FÜR MENSCHEN MIT BEHINDERUNG Auf dem Portal REHADAT-Gute Praxis finden Arbeitgeber gelungene Beispiele aus Unternehmen, wie sie Menschen mit Behinderung erfolgreich beschäftigen und wie sie dadurch beispielsweise Potentiale an Arbeits- und Fachkräften erhalten können. Über 900 Praxisbeispiele machen auch deutlich, welche Institution dabei beraten und finanziell gefördert hat. www.rehadat-gutepraxis.de Impressum Herausgeber: Lebenshilfe Aachen Werkstätten & Service GmbH, Neuenhofstr. 170, 52078 Aachen Tel. 02 41 / 92 81 10, [email protected], www.werkstatt-ac.de V.i.S.d.P.: Norbert Zimmermann, Geschäftsführer Konzeption, Text, Redaktion: gossen-kommunikation.de Gestaltung: POWER+RADACH werbeagentur, power-radach.de Fotos: Werkstätten & Service GmbH, Christian Charlier, Siegbert Gossen, Andreas Steindl Druck: mtb, Maastricht, Auflage: 2.000 19 mehrwerk Sommerfeste Sommer Bilderalbum feste 20 21 mehrwerk Special Olympics 2016 – Bilderalbum Special Olympics 2016 Auf dem Weg zu den Special Olympics 2016: Bei den Landesmeisterschaften NRW im Juni in Paderborn waren wir mit 10 Sportlern und einem dreiköpfigen Betreuerteam dabei. 22 23 Großer Tannenbaum– verkauf IN DER NEUENHOFSTRASSE 170 Dez 12 Dez 19 t Weihnach18ts:30mUharrk von 10:00 Uhr r üblichen und während de r Werkstatt de Öffnungszeiten Besuchen Sie unseren Lebenshilfe-Weihnachtsmarkt und unterstützen Sie uns durch den Kauf von Tannenbäumen, handgemachtem Schmuck und unseren K-Lumets. Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Ansprechpartnerin: Petra Bremen, Tel: 0241/92811-84, [email protected]
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