Frauenarbeit‹ – ›Männerarbeit - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen

„Frauenarbeit“ – „Männerarbeit“
Mechanismen systematischer Abwertungen weiblicher Erwerbsarbeit
Sarah Lillemeier
„Frauenberufe heute. Was ist meine Arbeit wert?“
21.01.2016, Arbeitnehmerkammer Bremen
„Women are paid less because
they are in women job‘s, and
women‘s jobs are paid less
because they are done by women“
(Shepela/Viviano 1984: 47)
Sarah Lillemeier
21.01.2016
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Gliederung
(1) Das „Comparable Worth“ Projekt
a) Hintergrund
b) Theoretischer Ansatz
c) Exkurs: Lohnfindungsprozesse
in Deutschland
d) Konzeptionelle Überlegungen
(2) Erste empirische Ergebnisse
Sarah Lillemeier
21.01.2016
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„CW“-Projekt
 Kooperationsprojekt der UDE und des WSI
 Projektleitung:
• Prof. Dr. Ute Klammer (UDE)
• Dr. Christina Klenner (WSI)
 Projektbearbeitung:
• Sarah Lillemeier (UDE)
 Finanzierung:
• Hans-Böckler-Stiftung
 Laufzeit:
• 01.04.2015 - 31.03.2018
Sarah Lillemeier
21.01.2016
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Projekthintergrund
Ursachen für den Gender Pay Gap
Ursachen 2. Ordnung
Ursachen 1.Ordnung
Formale
Qualifikation
Vertikale
Arbeitsmarktsegregation
Allokative
Diskriminierung?
Erwerbsunterbrechungen &
-reduzierungen
Horizontale
Arbeitsmarktsegregation
Evaluative
Diskriminierung?
Chancengleichheit?
Sarah Lillemeier
21.01.2016
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Theoretischer Ansatz
• Interdisziplinärer Ansatz
• Basiert auf soziologischen, arbeits- &
rechtswissenschaftlichen Argumenten
• Politische Forderung:
 „gleiches Entgelt für Frauen und Männer bei
gleichwertiger Arbeit“
• Rechtliche Fundierung:
 ILO Kernarbeitsnorm seit 1951
 EU Recht (inzwischen Art. 157 AEUV)
Sarah Lillemeier
21.01.2016
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Theoretischer Ansatz
• Zentral: „Devaluationshypothese“
 „that portion of the wage gap between women and
men (...) that is due to systematic undervaluation
of women`s work” (Steinberg 1984: 16)
 „The central proposition is that cultural processes
of valuation are gendered; because women are
devalued, social roles (including occupations) and
skills that are associated with women are
culturally devalued relative to those associated
with men“ (Kilbourne et al. 1994: 694).
Sarah Lillemeier
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Theoretischer Ansatz
• Systematische Unterbewertungen weiblicher
Erwerbsarbeit = „evaluative Diskriminierungen“
 „The argument is that past and present
discrimination by employers and male dominated
trade unions resulted in sex-segerageted jobs and
wage rates for female-dominated jobs that are
systematically lower than wage rates for jobs of
similar complexity usually held by (.) men.“ (Acker
1989: 6)
• „Evaluative Diskriminierungen“ als Folge
vergeschlechtlichter Arbeitsbewertungen
Sarah Lillemeier
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Theoretischer Ansatz
• Verfahren der Arbeitsbewertung kommt im CWAnsatz eine entscheidende Bedeutung zu
 Erkenntnisse der
diskriminierungskritischen
Arbeitswissenschaft fließen in den CWAnsatz ein
» Ausgestaltung der Verfahren kann evaluative
Diskriminierungspotenziale enthalten
» Anwendung der Verfahren kann zu evaluativen
Diskriminierungen führen
Sarah Lillemeier
21.01.2016
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Theoretischer Ansatz
Zu systematischen Unterbewertungen weiblicher Erwerbsarbeit kann es
z.B. kommen, wenn…
1.
Die Kriterien der Bewertung besser geeignet sind, um Aspekte zu
bewerten, die in der Regel bei Männerdominierter Arbeit auftreten (wie
z.B. physische Anforderungen und Belastungen)
2.
Kriterien ausgespart werden, die in der Regel im Zusammenhang mit
Frauendominierter Arbeit relevant werden (wie z.B. psycho-soziale
Anforderungen und Belastungen)
3.
Die Kriterien zur Bewertung nicht geschlechtsneutral definiert und
ausgelegt werden (z.B. Verantwortung nur mit Führungsverantwortung
gleichgesetzt wird und Verantwortung für das Wohlergehen anderer
unberücksichtigt bleibt)
Sarah Lillemeier
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Exkurs: Lohnfindungsprozesse in Deutschland
Nur 1/3 der Verdienste in Deutschland werden frei verhandelt
(Brenzel, Gartner, Schnabel 2013)
Ansonsten werden feste Lohnangebote gemacht
Arbeitsbewertungsverfahren sind für
einen Großteil der
Beschäftigten in
Deutschland
entscheidend!
Stellen werden im Vorfeld durch Arbeitsbewertungsverfahren
(z.B. im Tarifvertrag oder einer betrieblichen Regelung)
bewertet
Aufgrund der Ausgestaltung der Verfahren kann es in der
praktischen Anwendung zu evaluativen Diskriminierungen
Definition „mittelbare
kommen, die rechtlich auch als mittelbare
Diskriminierung“:
Eine Situation, in der dem
Entgeltdiskriminierungen bezeichnet werden
Anschein nach neutrale
Vorschriften, Kriterien oder
Verfahren Personen des einen
Geschlechts in besonderer
Weise gegenüber Personen des
anderen Geschlechts
benachteiligen können (Art. 2,
Abs. 1b, EU Richtlinie
2006/54/EG)
Sarah Lillemeier
Empirie: Institutionelle Verfestigung von
Unterbewertungen weiblicher
Erwerbsarbeit!
21.01.2016
Arbeitsbewertungsverfahren müssen
rechtlich
diskriminierungsfrei
gestaltet sein!!!
(Art. 2, EU Richtlinie
2006/54/EG)
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Konzeptionelle Überlegungen
 Was ist als
Psychosoziale
Wissen
&
gleichwertige
Arbeit
Kompetenzen
Können
anzusehen?
 Wie können
gleichwertige
Baustein 1
Tätigkeiten
identifiziert werden?„Comparable
Worth“ Index
Verantwortung
Physische
Anforderungen
 Inwieweit wird
gleichwertige
Arbeit von Frauen
und Männern
gleich bezahlt?
Baustein 2
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„Comparable
Worth“ Gap
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Konzeptionelle Überlegungen
Paarvergleich eg-check
1. Anforderungen an das Wissen und Können
1.1 Fachkenntnisse und Fertigkeiten
1.2 Fachbezogene Zusatzqualifikationen
1.3 Fachübergreifende Kenntnisse und Fertigkeiten
1.4 vorausgesetzte fachliche Erfahrung in der
Praxis
1.5 Planen und Organisieren
1.6 Bewältigung von Arbeitsunterbrechungen
1.7 Ununterbrochene Aufmerksamkeit und
Konzentration
2. Psycho-soziale Anforderungen
2.1 Kommunikationsfähigkeit
2.2 Kooperationsfähigkeit
2.3 Einfühlungs- und Überzeugungsvermögen
2.4 Belastende psycho-soziale Bedingungen
3. Anforderungen an Verantwortung
4. Physische Anforderungen
3.1 Verantwortung für Geld und Sachwerte
3.2 Verantwortung für die physische und
psychische Gesundheit und die Datensicherheit
3.3 für die Arbeit anderer und für Führung
3.4 für die Umwelt
4.1 Anforderungen an die Körperkraft
4.2 Anforderungen an die Körperhaltung,
Bewegungsabläufe und Sinnesorgane
4.3 Belastende arbeitszeitliche Bedingungen
4.4 Beeinträchtigende Umgebungsbedingungen
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Konzeptionelle Überlegungen
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Konzeptionelle Überlegungen
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Konzeptionelle Überlegungen
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Konzeptionelle Überlegungen
• Fragen im Paarvergleich können mit bestehendem
Datensatz (BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung)
größtenteils beantwortet werden
• CW-Index enthält Punktwerte
 Gleichwertige Tätigkeiten können identifiziert
werden!
• Betrachtung gleichwertiger Berufe in Verbindung
mit den jeweiligen Einkommensniveaus, erlaubt
Identifizierung und Bezifferung vermeintlicher
Unterbewertungen weiblicher Erwerbsarbeit (CW
Gap)
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Erste Ergebnisse
Top Ten Berufe (Männer)
Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012, eigene Berechnungen.
Sarah Lillemeier
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Erste Ergebnisse
Top Ten Berufe (Frauen)
Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012, eigene Berechnungen.
Sarah Lillemeier
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Erste Ergebnisse
Deutschland
Bruttostundenlohn
(in €)
Frauen
16,82
Männer
20,83
Verdienstunterschiede
(in %)
19,3
Bremen*
Frauen
16,62
Männer
23,90
30,5
Top Ten Berufe Deutschland
Frauen
16,66
Männer
21,78
23,5
Top Ten Berufe Bremen*
Frauen
16,00
Männer
26,44
39,5
*Die Fallzahlen sind sehr gering, daher haben diese Werte nur eine eingeschränkte Aussagekraft.
Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012, eigene Berechnungen.
Sarah Lillemeier
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Vielen Dank!
[email protected]
www.uni-due.de/biwi/klammer/comparable_worth.php
Sarah Lillemeier
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