05.11.2015 Drucksache 6/1262 6. Wahlperiode Doppelte Arbeit

Thüringer Landtag
6. Wahlperiode
1262
Drucksache 6/
05.11.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Holbe (CDU)
und
Antwort
des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales
Doppelte Arbeit durch Aktenarchivierung in der Bußgeldstelle Artern?
Die Kleine Anfrage 479 vom 13. August 2015 hat folgenden Wortlaut:
In der Zentralen Bußgeldstelle Thüringens in Artern erfolgt schon seit mehreren Jahren eine elektronische
Aktenerfassung, das heißt, die in Papierform vorliegenden Unterlagen zu Ordnungswidrigkeiten werden eingescannt und zu digitalen Akten zusammengeführt. Darüber hinaus werden die dazugehörigen Papierakten archiviert und zur weiteren Bearbeitung an Staatsanwaltschaften und Gerichte weitergereicht. Im Justizbereich wurden bisher noch keine Voraussetzungen geschaffen, um die digitale Weiterbearbeitung der
Aktenvorgänge vorzunehmen.
Die Aufbewahrungszeit dieser Akten betrug bis zum November 2014 bis zu drei Jahre. Durch einen entsprechenden Erlass des zuständigen Ministeriums vom Dezember 2014 (vgl. Thüringer Staatsanzeiger
Nr. 1/2015, Seite 32) soll die Bußgeldstelle die Akten ab dem 1. Dezember 2014 nun nicht mehr vernichten. Dies hat einen Aufwuchs von ca. 60.000 bis 70.000 Aktenvorgängen pro Monat zur Konsequenz, so
dass in den Archivräumen die Aktenberge bald nicht mehr aufbewahrt werden können. Die fehlende digitale Schnittstelle zum Justizbereich bedeutet für das Personal der Bußgeldstelle in vielerlei Hinsicht doppelte Arbeit. Der Fragestellerin liegen zudem Informationen vor, wonach in der Bußgeldstelle Artern von 104
Personalstellen derzeit nur 86 Stellen besetzt seien.
Ich frage die Landesregierung:
1. Müssen auch bei einfachen Verwaltungsvorgängen zu Ordnungswidrigkeiten (außerhalb des Punkte- und
Fahrverbotsbereiches, erledigte und bezahlte Fälle) die Akten künftig aufbewahrt werden? Wenn ja, wie
und wo werden die künftig anfallenden Akten archiviert?
2. Wann werden die Voraussetzungen im Justizbereich geschaffen, um eine digitale Weiterverarbeitung zu
gewährleisten (Einführung der sogenannten E-Akten)?
3. Welche Gründe liegen vor, dass seitens der Justiz mit dem Jahr 2022 (und darüber hinaus) ein derart
langer Zeitraum veranschlagt worden ist, um Änderungen der Rechtsverordnungen, Beschaffung von
Technik und Software, Schaffung von Schnittstellen zur Polizei usw. umzusetzen, obwohl diese Modifikationen möglichst sofort in Kraft treten müssten?
4. Ist eine Organisationsüberprüfung in der Zentralen Bußgeldstelle Artern vorgesehen?
Druck: Thüringer Landtag, 17. November 2015
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5. Wie erklärt die Landesregierung die Besetzung der Zentralen Bußgeldstelle Artern mit 86 Beschäftigten
bei einem Stellenplan von 104 Stellen?
6. Beabsichtigt die Landesregierung die Besetzung der freien Stellen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum
nicht?
Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan­desre­
gierung mit Schreiben vom 4. November 2015 wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
In Ergänzung zu den allgemeinverbindlichen Bestimmungen der "Richtlinie über die Aufbewahrung von
Schriftgut in der Verwaltung des Freistaats Thüringen" vom 11. Juli 2014 (ThürStAnz Nr. 30/2014) regelt
die von der Abgeordneten Holbe in Bezug genommene Verwaltungsvorschrift "Erlass zur Aufbewahrung,
Aussonderung und Vernichtung von Schriftgut der Thüringer Polizei vom 10. Dezember 2014" (ThürStAnz
Nr. 1/2015) besondere Aufbewahrungsfristen für Schriftgut der Thüringer Polizei. Sofern sich aus den speziellen Vorschriften für die Thüringer Polizei keine Aufbewahrungsfristen ergeben, gelten mithin die allgemeinen Aufbewahrungsfristen der o. g. Richtlinie für die Verwaltung des Freistaats Thüringen (vgl. Ziffer 2.2.
des Erlasses zur Aufbewahrung, Aussonderung und Vernichtung von Schriftgut der Thüringer Polizei vom
10. Dezember 2014).
Für die in Frage 1 der Kleinen Anfrage benannten "einfachen Verwaltungsvorgänge zu Ordnungswidrigkeiten (außerhalb des Punkte- und Fahrverbotsbereichs, erledigte und bezahlte Fälle)" sind keine besonderen Aufbewahrungsfristen festgesetzt. Insoweit gilt die grundsätzliche Aufbewahrungsfrist von einem Jahr
nach Ziffer 4.3 ff. der Richtlinie über die Aufbewahrung von Schriftgut in der Verwaltung des Freistaats Thüringen und sechs Monate für Verwarnungs- einschließlich Anschlussbußgeldverfahren und Kostenbescheide gemäß § 25a Straßenverkehrsgesetz, nach Punkt 2.2 und Anlage 1 des Erlasses zur Aufbewahrung,
Aussonderung und Vernichtung von Schriftgut der Thüringer Polizei vom 10. Dezember 2014. Ein Vernichtungsverbot sieht der o. g. Erlass nicht vor.
Zu 2.:
Die Schaffung der Voraussetzungen obliegt nicht allein der Thüringer Justiz. Die Anpassungen erfordern
Abstimmungen in Länderverbünden. Diese sind bereits initiiert und länderübergreifend in Arbeit.
Zu 3.:
Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen.
Zu 4.:
Im 1. Halbjahr 2015 wurde im Rahmen einer Organisationsüberprüfung der gegenwärtige Organisationsund Dienstpostenplan der Zentralen Bußgeldstelle durch einen internen Arbeitsauftrag geprüft. Der Arbeitsauftrag fokussierte auf die "Mitteilung über die Prüfung von Organisation und Arbeitsweise der Zentralen
Bußgeldstelle" des Thüringer Rechnungshofs vom 11. August 2012.
Der Abschlussbericht des Auftragnehmers liegt seit dem 20. Juli 2015 vor. Danach ist die Organisation der
Zentralen Bußgeldstelle grundsätzlich geeignet, die zukünftigen Aufgaben effizient zu bewältigen.
Zu 5.:
Im Organisations- und Dienstpostenplan der Landespolizeidirektion sind für die Zentrale Bußgeldstelle
104 Dienstposten ausgewiesen. Von den ausgewiesenen Dienstposten sind zurzeit 101 Dienstposten besetzt. Drei Dienstposten sind nicht besetzt. Durch die Inanspruchnahme der Freistellungsphase der Altersteilzeit durch elf Beschäftigte sowie die Verwendung von zwei Beschäftigten in anderen Bereichen der Landespolizeidirektion stehen damit 88 Beschäftigte zur Aufgabenerfüllung in der Zentralen Bußgeldstelle zur
Verfügung.
Zu 6.:
Die Besetzung freier und frei werdender Dienstposten erfolgt wie in den übrigen Bereichen der Thüringer
Polizei im Rahmen freier und frei werdender Planstellen und Stellen, sofern diese nicht dem Stellenabbau
unterfallen. Die personalrechtliche Zuständigkeit liegt dabei in der Landespolizeidirektion.
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Bei der Übernahme von Anwärtern des mittleren und gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes in
den Landesdienst, sowie bei der Einstellung von Beschäftigten wird der Einstellungsbedarf der Bußgeldstelle durch die Landespolizeidirektion entsprechend berücksichtigt. So wurden 2014 von den acht in die
Thüringer Polizei übernommenen Regierungssekretären drei in der Zentralen Bußgeldstelle verwendet.
Zusätzlich wurde etwa zeitgleich ein Beamter des mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienstes von der
Landespolizeidirektion zur Zentralen Bußgeldstelle umgesetzt.
Die nach Beendigung der Freistellungsphase der Altersteilzeit durch Renten- bzw. Pensionsbeginn frei werdenden Planstellen und Stellen der in der Antwort zu Frage 5 genannten elf Beschäftigten sollen aus heutiger Sicht wieder besetzt werden. Allerdings wird dieser Prozess bis in das Jahr 2018 andauern.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Abbau von Stellen für Beschäftigte in der Thüringer Polizei im Rahmen des Stellenabbaukonzepts mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Auswirkungen auf die Zentrale Bußgeldstelle haben wird. Eine fundierte Aussage hierzu kann aber erst nach Abschluss der Überprüfung der Polizeistrukturreform getroffen werden.
Dr. Poppenhäger
Minister
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