ADAC Unfallforschung

ADAC Unfallforschung
Berichte der ADAC Unfallforschung
Oktober 2015
Verfasser: Dipl. Ing. Thomas Unger
Heckaufprall im Van 3. Sitzreihe
ADAC Unfallforschung im ADAC Technik Zentrum Landsberg/Lech
Heckaufprall bei Insassen auf dritter Sitzreihe
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1 Ergebnis Zusammenfassung
1.1 Key Story
Immer mehr Fahrzeuge verfügen über eine dritte Sitzreihe, die entweder fest verbaut ist
oder rasch herausgeklappt werden kann. Sind die dort sitzenden Passagiere genauso
sicher untergebracht wie vorn? Dieser Frage ist die ADAC Unfallforschung nachgegangen – mit Auswertungen aus ihren Datenbanken und mit einem Crashtest.
Ergebnis: Für Erwachsene mit der mangels Platz oft sehr „gefalteten“ Sitzposition ist die
Sicherheit beim Heckaufprall akzeptabel. Trotz korrekt gesicherter Kinder ist das potentielle Verletzungsrisiko nicht zu vernachlässigen, zumindest im Fall des gecrashten Fiat
500L Living.
Die wichtigsten Erkenntnisse des Crashtests mit dem Fiat 500L Living sind:
•
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•
Die Rückenstütze der dritten Sitzreihe bleibt stabil, auch bei einem schweren
Heckaufprall
Aufgrund der erhöhten Position des Kindersitzes prallt der Kopf des Kindes gegen
den Fahrzeughimmel und führt so zu einem erhöhten Verletzungsrisiko
Die Abstützung der Kopfstütze für kleine Menschen (5%-Frau) ist ausreichend.
Aufgrund des geringen Abstandes der Sitze zur Heckscheibe, wandern die Köpfe
der Fondinsassen gefährlich nahe an/in die Kollisionszone
Es gibt eine Reihe von Fahrzeugmodellen in unterschiedlichen Fahrzeugklassen mit dritter Sitzreihe. Wichtig: Es können, bei bestimmten Modellen, Einschränkungen bezüglich
der Gewichtsklasseneinteilung von Kindern in Bezug auf die entsprechenden Kindersitzvarianten auftreten.
Fast jeder fünfte Unfall in Deutschland ist ein Auffahrunfall. Sehr häufig spielt der zu geringe Sicherheitsabstand oder aber Unaufmerksamkeit oder Ablenkung bei der Entstehung dieser Unfälle eine Rolle.
Kommt es zum Unfall ist die Verletzungsschwere (Sterblichkeitsrisiko) oftmals sehr niedrig. Die häufigsten Verletzungen der Fondinsassen treten im Bereich der Wirbelsäule,
insbesondere der Halswirbelsäule auf.
Steckbrief Crashtest:
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Auffahrunfall zweier Pkw mit
100 prozentiger Fahrzeugüberdeckung
60 km/h Aufprallgeschwindigkeit
Heckaufprall bei Insassen auf dritter Sitzreihe
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2 ADAC Empfehlungen
•
Bei Fahrzeugen mit dritter Sitzreihe sollten die Platzverhältnisse so gestaltet werden, dass ein normales Sitzen möglich ist
•
Die Abstände von Sitzlehnen/Kopfstützen sollten ausreichend zu Scheiben oder
Öffnungen dimensioniert werden, um ein Heraustreten der Sitze/Insassen zu vermeiden
•
Gurt- und Sitzplatzgeometrie sollte so gestaltet werden, dass Kinder (-sitze) und
Erwachsene adäquat gesichert werden können
3 Tipps für den Verbraucher
•
Beim Kauf von Fahrzeugen mit einer dritten Sitzreihe sollten die hintersten Plätze
vorher auf die Eignung für die eigenen Zwecke untersucht werden.
o Eignung der Sitzplätze für Kindertransport, oder vom Hersteller ausgenommen
o Passen meine Mitfahrer auf die Plätze?
o Kann ich die notwendigen Kindersitze installieren?
o Wie gut ist der Ein- und Ausstieg zu den Plätzen möglich?
• Nutzen Sie die dritte Sitzreihe nur, wenn es notwendig ist, Diese Plätze sollten
nicht als Standardsitz für jeden Tag angesehen werden.
4 Unfallforschung
Anzahl der Unfälle/Verletzten in Deutschland - Auffahrunfälle in der amtlichen Statistik
Im Folgenden werden die Daten aus der amtlichen Unfallstatistik vom statistischen Bundesamt, Wiesbaden (Stand 2015) verwendet. Im Gesamtunfallgeschehen sind Auffahrunfälle sehr bedeutsam. Hier zeigt sich, dass 18% der 302.438 Unfälle mit Personenschaden Auffahrunfälle sind. Diese 53.048 Unfälle gehen mit insgesamt 79.300 Verletzten [1] einher. Damit sind durchschnittlich 1,5 Personen pro Auffahrunfall verletzt.
Auffahrunfälle in der ADAC Unfallforschung
Die Analyse des Unfallgeschehens aus der ADAC Unfallforschung untersucht die Besonderheiten bei Auffahrunfällen im Hinblick auf die Verletzungsverteilung von Pkw-Insassen. Dabei wird speziell auf die Verletzungsschwere der Heckinsassen des „getroffenen“
Fahrzeugs und die Frontinsassen des „auffahrenden“ Fahrzeugs eingegangen. Ziel ist
es, die Unterschiede der Verletzungsmuster und deren Folgen zwischen den Beteiligten
bei einem Auffahrunfall darzustellen. Aufgrund zu geringer Fallzahlen, insbesondere für
Unfälle, bei denen Insassen auf der dritten Sitzreihe saßen, werden bei dieser Untersuchung die Fondinsassen in ihrer Gesamtheit betrachtet.
Bei Auffahrunfällen sind in mehr als der Hälfte Pkw beteiligt. Rund ein Drittel der Beteiligten sind Lkw und circa 10% Motorradfahrer (siehe Abbildung 1). Bezogen auf den Gesamtbestand von Kraftfahrzeugen in Deutschland ergibt sich hierbei ein deutlicher Unterschied bei den Pkw (82%) und Lkw (5%). Die Lkw-Beteiligung an Auffahrunfällen ist somit
Heckaufprall bei Insassen auf dritter Sitzreihe
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überproportional hoch. Diese ist der Häufigkeit an Unfällen auf Autobahnen und knotenfreien Strecken wie Bundes- und Landesstraßen geschuldet. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei einer Unfallkonstellation mit einem auffahrenden Lkw aufgrund der
großen Masse und hohen Geschwindigkeit oft schwerwiegende Crashs mit enormen Verletzungsschweren entstehen können.
Abbildung 1: Beteiligte bei Auffahrunfällen
Abbildung 2 zeigt die Auflistung der Kollisionsart bei Auffahrunfällen in der ADAC Unfallforschung. Dabei handelt es sich in rund 40% um einen frontalen Anprall und in etwa 34%
um einen Heckaufprall.
Abbildung 2: Beteiligte Pkw bei Auffahrunfällen nach Kollisionsart
Heckaufprall bei Insassen auf dritter Sitzreihe
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Der Vergleich der Verletzungsverteilung zwischen Heckinsassen beim vorausfahrenden
Fahrzeug und Frontinsassen beim auffahrenden Unfallgegner ist in Abbildung 3 dargestellt. Diese Trennung der jeweils für den Aufprall relevanten Personen spiegelt die typischen Verletzungsverteilungen der Konstellationen wieder.
Vergleich der Verletzungsverteilung zwischen Heckund Frontinsassen bei Auffahrunfällen in der ADAC
Unfallforschung
25,0%
relative Häufigkeit
20,0%
15,0%
10,0%
5,0%
0,0%
Körperregi onen
Heckinsassen (getroffenes Fahrzeug)
n = 128
Frontinsassen (auffahrendes Fahrzeug)
n = 424
Abbildung 3: Vergleich der Verletzungsverteilung bei Auffahrunfällen
So sind im Bereich der Wirbelsäule, insbesondere der Halswirbelsäule, bei Heckpassagieren im Falle eines Auffahrunfalls meist die klassischen Verletzungsmuster eines
Schleudertraumas zu erkennen. Frontinsassen hingegen weisen häufig die typischen
Verletzungen eines Frontcrashs im Bereich des Kopfes und der oberen und unteren Extremitäten auf.
5 Quellenverzeichnis
[1] Verkehrsunfallstatistik 2014, Bundesamt für Statistik, Wiesbaden, Stand 2015