anstössiges zu geld & glück

ANSTÖSSIGES ZU GELD & GLÜCK
THEMA: VERGLEICHEN
Wir sind reich!
Ja, genau: Sie sind reich! Wie, das wussten Sie nicht? Wie
gut, dass Sie diesen Infoletter abonniert haben, denn nun
wissen Sie es. Was, Sie glauben es nicht? Dann muss ich es
Ihnen wohl beweisen. Bitte beantworten Sie die folgenden
vier Fragen mit „ja“ oder „nein“:
Haben Sie …
… genug zu essen?
(ein kleiner Hinweis für Leute wie mich: in der
Regel wäre weniger sogar besser …)
… passende und ordentliche Kleidung?
(das heisst nicht schick, teuer, modisch …)
… ein vom Wetter schützendes Heim?
(dicht und warm ist es auch, wenn es nicht an
bester Lage, nur gemietet oder zu klein ist …)
… ein verlässliches Transportmittel?
(übrigens: ein Fahrrad ist sehr verlässlich …)
…
ja
…
nein
…
ja
…
ja
…
nein
…
nein
…
ja
…
nein
Wenn Sie vier Mal „ja“ sagen konnten, dann gehören Sie
sicher zu den 15% reichsten Menschen der Welt. 85% der
Weltbevölkerung können nicht alle vier Fragen mit „ja“ beantworten. Da wir alle sicher noch wesentlich mehr als das
Erfragte haben, gehören wir vielleicht zu den 5% reichsten
Menschen der Welt. Sie und ich, wir sind richtig reich!
Wir sind unzufrieden!
Wir sind reich und merken es nicht oder sind sogar unzufrieden. Warum nur? Bei mir gibt es verschiedene Gründe:
1) Ich bin ein Kind des Zeitgeistes: mehr ist immer besser! Kein Wunder fühle ich mich nicht reich angesichts der
grossen Zahl geweckter und unbefriedigter Bedürfnisse.
2) Ich bin der Nabel der Welt. Ich kann mich nicht in die
Haut der anderen 95% der Menschen versetzen, die wesentlich weniger haben - und vor allem fühle ich mich Ende
Monat angesichts des Berges von Rechnungen alles andere
als reich und zufrieden.
3) Ich bin ein Konkurrent. In unserer Leistungs- und
Wettbewerbsgesellschaft zählt vor allem der Vergleich mit
anderen: „mein Haus, mein Auto, mein Boot, mein Hund,
meine Frau, meine Kinder …“. Wir vergleichen uns natürlich mit Menschen aus der gleichen oder höheren „Liga“, zu
der wir uns zugehörig fühlen - und da gibt es immer welche,
die mehr haben. Darum kann ich gar nicht zufrieden sein.
Was ist zu tun? Ich finde es schwierig, sich nicht vom Zeitgeist prägen zu lassen und sich selbst nicht am wichtigsten
zu nehmen. Daher werde ich beim Vergleichen ansetzen. Es
ist das Vergleichen, das uns vor allem unzufrieden macht.
„Vergleichen mit anderen ist das Ende des Glücks und der
Anfang der Unzufriedenheit“ hat der dänische Philosoph
Søren Kierkegaard (1813 - 1855) treffend festgestellt.
Wer bin ich?
Das ist die zentrale Frage hinter allem Vergleichen. Durch
den Vergleich wollen wir als Erstes erkennen, wer wir sind.
Der Vergleich macht Unterschiede z.B. bezüglich Identität
und sozialem Status deutlich. Zufrieden sind wir nach Erreichen oder Übertreffen der Erwartungen oder des definierten Anspruchsniveaus. Erwartungen und Ansprüche
steigen in der Regel nach Erfolgserlebnissen. Daraus folgt
der nächste Schritt im Prozess des Vergleichens: Reiche
wollen reicher, Schöne schöner und Intelligente intelligenter werden. Dies ist der Versuch, Identität und sozialen
Status aktiv zu verbessern, was u.a. im aufwändigen Wettbewerb mit Statussymbolen zu beobachten ist. Dieser führt
im dritten Schritt zur Angst, den Vergleichen nicht standhalten zu können. Man will nicht mehr nur als Sieger
beneidet, sondern auf keinen Fall als Verlierer deklassiert
werden.
Vergleiche führen in einen Teufelskreis der Unzufriedenheit: Durch die ständig steigenden Ansprüche kann man
auch im Erfolgsfall nie zufrieden werden; und je höher die
erreichten Ansprüche, desto grösser die Angst, nicht mehr
zu genügen und abzustürzen. Unter der Perspektive Geld &
Glück bedeutet das: Mehr Geld schafft mehr Möglichkeiten
sich mit anderen zu vergleichen. Mehr Vergleiche führen
aufgrund des Teufelskreises zu grösserer Unzufriedenheit.
Geld macht so gesehen eher unglücklich. Der Multi-Millionär Andrew Carnegie (1835 -1919) hat dazu einfach bemerkt: „Millionaires seldom smile.“
Anstösse
Angesichts dieses Teufelskreises überrascht mich das letzte
der Zehn Gebote der Bibel nicht: „Du sollst nicht begehren
deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles,
was dein Nächster hat“ (2.Mose 20,17). Wir wollen doch
nur dann, was unser Nächster hat, wenn wir uns im
Vergleich als minderwertig einschätzen. Also gilt: weniger
vergleichen = mehr Lebensglück. In unserer Gesellschaft zu
lernen, sich nicht ständig zu vergleichen, ist nicht einfach.
Darum einige Anstösse:
¾
Welche Vergleiche stellen sie häufig an? Was vergleichen Sie? Mit wem und weshalb vergleichen Sie
sich? Schreiben Sie die Namen der Vergleichs-Personen und -Kriterien auf.
¾
Üben Sie willentlich inne zu halten, wenn Sie merken,
dass Sie sich mit anderen vergleichen. Denken Sie an
das, was Sie sind und haben, statt an das zu denken,
was Sie - im Vergleich - nicht sind und nicht haben.
¾
Suchen Sie bewusst Kontakt zu Menschen, denen es
nicht so gut geht wie Ihnen, z.B. durch die Unterstützung eines Hilfswerkes - am besten mit mehr als
nur Geld - oder eine Kinder-Patenschaft, so dass Sie
regelmässig die Möglichkeit haben, sich in einem weiteren Kontext zu sehen.
¾
Überlegen Sie sich, um was es Ihnen beim Vergleichen
wirklich geht: Identität, Status, Selbstwert, Anerkennung? Wonach suchen Sie und gibt es in Ihrem Leben
nicht zuverlässigere Quellen dafür?
Ich wünsche Ihnen viele Erkenntnisse und gegebenenfalls
die nötige Disziplin zur Umsetzung und Veränderung. Mit
freundlichen Grüssen.
Dr. rer. pol. Thomas Giudici
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