Gewalt gegen taube Frauen: das unerhörte Problem

Gewalt gegen taube Frauen: das unerhörte Problem
Gewalt gegen Frauen ist auch in Deutschland alltäglich. Vor allem Frauen mit Behinderungen machen
von Kindesbeinen an Gewalterfahrungen, und am schwersten betroffen sind taube Frauen. Gleichzeitig
nutzen sie das bestehende Hilfesystem praktisch nicht. Ein Berliner Bündnis will das nun endlich ändern.
Berlin, den 22.09.2015. Während das Ausmaß von Gewalt gegen alle Frauen massiv ist, sind
Frauen mit Behinderungen besonders durch Gewalterfahrungen belastet. Vor allem taube
Frauen erleben am meisten Gewalt. Im Rahmen der Deaf Week will das Bündnis „Kampagne
gegen Gewalt an gehörlosen Menschen“ auf Hilfeangebote aufmerksam machen und
Betroffene erreichen.
Eine vom BMFSFJ in Auftrag gegebene Studie belegte 2014 die besondere Gewaltbetroffenheit
tauber Frauen (Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und
Behinderungen in Deutschland, Schröttle 2014). Gravierend ist dabei, dass diese Gewalt häufig
bereits in der Kindheit beginnt: Frauen mit Beeinträchtigungen sind zwei bis drei Mal häufiger
von sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend betroffen sowie häufiger und schwerer der
Misshandlung durch die eigenen Eltern ausgesetzt.
Taube Frauen sind zudem am häufigsten von sexueller, körperlicher und psychischer Gewalt
betroffen. Fast alle (90%) haben Erfahrungen mit psychischer Gewalt (Durchschnitt: 45%). Über
zwei Drittel (bis zu 75%) erleben körperliche Misshandlungen. Das ist doppelt so viel wie der
Durchschnitt (35%). Und bis zu 43% haben erzwungene sexuelle Handlungen angegeben.
Damit sind sie auch als Erwachsene bis zu drei Mal häufiger von sexueller Gewalt betroffen als
Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt.
Die Gewalttäter stammen dabei in der Regel aus dem nächsten sozialen Umfeld, meist sind sie
derzeitige oder ehemalige Partner. Zwar gibt es in Berlin einige wenige spezialisierte
Unterstützungsangebote für taube Frauen; diese werden jedoch kaum von der Zielgruppe
genutzt.
Pfarrer Krusche von der Gehörlosengemeinde Berlin: „Viele Betroffene schweigen aus Scham
oder weil sie nicht wissen, dass es barrierefreie Informationen und Beratung mit
Gebärdensprachdolmetscherinnen gibt. Deshalb haben wir, die ´Kampagne gegen Gewalt an
gehörlosen Menschen´ uns zu einem Bündnis zusammengefunden: mit dem Aktionstag wollen
wir auf die bestehenden Angebote aufmerksam machen“.
Dazu wird es am 22.09.2015 einen Schnupperkurs WenDo, Selbstbehauptung für Frauen
geben, den Vortrag "Gewalt macht krank - Heilung ist möglich", das Mitmach-Theater „Silkes
Geschichte“ und es wird der Film "Gewalt gegen Frauen" aus der Reihe „Sehen statt Hören“
über häusliche Gewalt an tauben Frauen gezeigt.
Beginn ist um 16:30 Uhr im Gehörlosenzentrum Friedrichstraße 12, 10969 Berlin.
Mehr Informationen und das Programm unter www.taub-gewalt-stop.net und bei
Pfarrer Dr. Roland Krusche, Gehörlosen- und Schwerhörigenseelsorge der Ev. Kirche Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz, Bernburger Straße 3-5, 10963 Berlin
Tel.: (030) 265 26 32
E-Mail: [email protected]
Im Rahmen der