Der dünnste Draht misst weniger als ein Haar - ANKA

Der dünnste Draht misst weniger als ein Haar
wünscht ist. Plötzlich müssen wir einem Gabelstaplerfahrer ausweichen,
der eine eben gewogene Seilspule zum
Verpacken in den Versand bringt.
In der zweiten Verlitzerei- bzw. Verseilerei-Halle staunen wir nicht
schlecht, als ein Roboter eine halb volle Seilspule aus der Produktion
nimmt. „Wahrscheinlich ein Drahtbruch“, vermutet Rüdiger, „Schweißstellen akzeptiert die Autoindustrie
nicht, darum muss dieser Draht wieder eingeschmolzen werden.“ Als wir
die Schlosserei betreten, hält sich Julia
die Nase zu und stöhnt: „Hier riecht es
sonderbar!“ Sie meint damit die ungewohnten Gerüche der Kühlöle und der
Schweißapparate. Wir bestaunen eine
große CNC-Maschine und erfahren,
dass die Schlosserei praktisch alle Ersatzteile für die Maschinen selbst herstellt.
ANKA DRAHT In dem modernen
Familienunternehmen werden täglich 500 000 Kilometer Draht gezogen.
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KLASSE 8B DER BISCHOF MANFRED
MÜLLER SCHULE, REGENSBURG
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VORM WALD. Zielstrebig
marschiert unsere Klasse über die
Holzbrücke der Teichanlage von Anka-Draht und genießt bei strahlendem
Sonnenschein den Blick in das kleine
Gewässer. Schon bald meldet Sami,
unser Tierliebhaber, dass er einen abschreckenden Stör im Teich entdeckt
hat. Das soll jedoch kein Omen für unseren Betriebserkundungstag sein,
denn wir Schüler werden von Gerald
Rüdiger, dem technischen Leiter und
Sicherheitsfachkraft im Betrieb, und
von Personalleiterin Berta Baarfuß
empfangen.
Wir sind begeistert, als wir beim Betreten der 25 000 Quadratmeter großen Firma einen Monitor mit: „Herzlich Willkommen Klasse 8b“ entdecken. Hier wird uns gleich erklärt, dass
die Familie Andreas Insinger vor 39
Jahren die Firma gegründet hat, die
sich seitdem Schritt für Schritt vergrößert und technisch weiter entwickelt.
Nun stapfen wir gespannt die Treppe
hoch und dürfen uns im Filmvorführraum gleich ein wenig entspannen.
NEUNBURG
Julias Haar dient als Beweis
Täglich 500 000 Kilometer Draht
Obwohl wir zu Hause über die Firma
gelesen haben, ist der Film „Drahtsache“ ein optimaler Input, um über
Aufgabenbereiche der Firma einen ersten Überblick zu bekommen. Besonders beeindruckt uns, dass täglich aus
100 Tonnen acht Millimeter dickem
Grobzugdraht mithilfe von trichterförmigen Ziehsteinen ca. 500 000 Kilometer Draht in unterschiedlichen Dicken gezogen werden. „Das ist wohl
ein mittelständischer Industriebetrieb
für spezielle Kundenaufträge“, merkt
ein Schüler an.
Die vielen technischen Fachausdrücke, wie z.B. Galvanisierung, Feuerverzinnung, Kühlemulsion, Ziehsteine
Die Klasse lernt die Produktionsabläufe von Anka-Draht kennen.
und Litze überfordern uns momentan
noch. Umso mehr freuen wir uns jetzt
auf die Betriebsführung, bei der wir
die im Film erwähnten Abteilungen
und Produktionsschritte kennenlernen dürfen.
Als wir die Werkshallen betreten,
schlägt uns Maschinenlärm (mindestens 90 Dezibel, ab 85 Dezibel ist Gehörschutz vorgeschrieben) entgegen,
sodass wir unsere Ohrenstöpsel, die
Gerald Rüdiger uns vorher ausgegeben
hat, noch tiefer ins Ohr drücken. In
der Verlitzerei sehen wir, wie eine
Würgelitze entsteht; dabei werden
sechs Seile um ein siebtes gedreht. Leider ist die Kommunikation mit unseren Betriebsführern nur möglich,
wenn wir uns eng zusammenstellen.
Spannend finden wir auch, dass eine
rückgedrehte Würgelitze beim Durchschneiden nicht aufsplisst.
Ein Roboter sortiert aus
Immer wieder grüßen uns freundliche
Maschinenführer; überhaupt haben
wir den Eindruck, dass im Betrieb eine
hohe Berufszufriedenheit herrscht.
Fotos: Klasse 8b
Vielleicht liegt es daran, dass die Maschinenführer ihre eigenen Produkte
prüfen dürfen oder auch, wie ein Schüler verschmitzt bemerkt, dass Poster
von leicht bekleideten Mädchen das
Wohlbefinden der männlichen Belegschaft heben.
Als wir den Versand betreten, staunen wir, dass nur ein kleines Warenlager zu sehen ist. Rüdiger erklärt, dass
nur auf Kundenauftrag angeliefert, gefertigt und ausgeliefert wird und dass
eine lange Lagerung von Kupferlitzen
wegen der Verfärbung nicht er-
Ähnliche Gerüche begegnen uns, als
wir im Keller die Kühl- und Reinigungsanlage der Fabrik besichtigen. In
der Ziehsteinpoliererei im ersten
Stock herrscht göttliche Ruhe und
nach dem Entfernen der Ohrstöpsel
genießen wie, dass wir wieder jedes
Wort verstehen. Franz Weiß erklärt
uns anschaulich, wie hier per Elektronenmikroskop Verschleißschäden bei
den Diamantsplittern in den Ziehsteinen vermessen und anschließend
durch trichterförmige Bohrungen im
Tausendstelbereich repariert werden.
Wir können es kaum glauben, dass
der dünnste Draht mit 0,05 Millimeter
dünner als Frauenhaar sein soll. Aber
die Laservermessung von Julias Haar
bringt den Beweis: Ihre Haardicke beträgt im Vergleich zum Draht doch
„satte“ 0,062 Millimeter.
Bei einer zünftigen Brotzeit mit Getränken dürfen wir noch unser Interview mit Lagerleiter Andreas Kaiser
durchführen. Zufrieden und reich beschenkt mit Drahtproben besteigen
wir den Bus. Der Abschied von Gerald
Rüdiger und Berta Baarfuß hat fast etwas Familiäres. Wir haben also hautnah erleben dürfen, wie toll in einem
großen Familienbetrieb das Betriebsklima sein kann.