Fotografieren leicht gemacht Lernheft 33

Fotografieren leicht gemacht
Lernheft 33
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
Inhaltsverzeichnis:
33.1
Einleitung ...............................................................................................
2
33.2
33.2.1
33.2.2
33.2.3
33.2.4
33.2.5
33.2.6
33.2.7
Die Vorteile als Foto-Profi......................................................................
Finanzen ................................................................................................
Befugnisse .............................................................................................
Aufgaben ...............................................................................................
Ansehen.................................................................................................
Selbstbewusstsein .................................................................................
Hobby zum Beruf ...................................................................................
Berufsverband .......................................................................................
2
3
3
3
4
5
5
5
33.3
33.3.1
33.3.2
33.3.3
33.3.4
33.3.5
33.3.6
33.3.7
33.3.8
Die Nachteile als Foto-Profi ...................................................................
Permanente Kunden-Akquise................................................................
Gängelung beim Auftrag........................................................................
Monotonie ..............................................................................................
Künstler?................................................................................................
Investitionen...........................................................................................
Kenntniserweiterung ..............................................................................
Beschränkung auf einen Bereich ..........................................................
Panik! .....................................................................................................
6
6
7
7
8
9
9
9
10
33.4
33.4.1
33.4.2
33.4.3
33.4.4
33.4.5
Die Vorteile als Amateur ........................................................................
Lust und Laune ......................................................................................
Themenvielfalt .......................................................................................
Anerkennung und Selbstbewusstsein ...................................................
Investitionen...........................................................................................
Fehler .....................................................................................................
11
11
12
12
12
13
33.5
Selbstlernaufgabe ..................................................................................
13
33.6
Zusammenfassung ................................................................................
13
33.7
Hausaufgabe .........................................................................................
14
33.8
Lösung zu der Selbstlernaufgabe ..........................................................
14
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Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
33.1
Lernheft 33
Einleitung
Wie in vielen handwerklichen-gestalterischen Berufen ist es möglich sich auch als
Amateur und interessierter Laie die Kenntnisse anzueignen, die ein professioneller
Handwerker besitzt. Als Autodidakt, durch Bücher oder durch ein Fernstudium mit
praktischen Aufgaben kann man die Grundbegriffe und Techniken erlernen.
Gerade in der Fotografie ist die Möglichkeit professionell zu arbeiten jedem gegeben,
der mit Fleiß und Interesse sich dem Medium und seinen Bedingungen widmen will.
Wo liegen nun die Vorteile und wo die Nachteile, was macht den Unterschied
zwischen einem engagierten Hobby-Fotografen und dem professionell arbeitenden
Fotografen aus? Eine genauere Beschreibung des Berufsbildes Fotograf wurde schon
in Lernheft 12 gegeben.
Lernziele:
–
Was kann nur der Profi, was ist sein Vorteil?
–
Was kann nur der Amateur, wo liegen seine Vorteile?
Erklärung der Symbole
Selbstlernaufgaben
Hausaufgabe
Zusammenfassung
Hinweise/Tipps
Lösungen zu den
Selbstlernaufgaben
Notizen
Anhang
33.2
Die Vorteile als Foto-Profi
Der Berufs-Fotograf arbeitet meistens selbstständig für Verlage, Industrie oder auch
private Personen. Festangestellte Fotografen in Verlagen oder Firmen sind sehr
selten. Der Bereich der Fotografie umfasst jedoch sämtliche Bereiche des Lebens und
der Wirtschaft, beispielsweise die Modefotografie, Werbefotografie, Porträtfotografie
oder als Begleiter von Journalisten.
Alle im Folgenden beschrieben Vor- und Nachteile gelten sicher nicht immer und überall für den ganzen Berufsstand, sind aber das Ergebnis der Erfahrungen einer langen
Berufskarriere des Autors. In Einzelfällen oder unter bestimmten Berücksichtigungen
kann man auch ganz andere Erlebnisse machen, ein Tierfotograf wird sein Berufsfeld
anders wahrnehmen als ein Modefotograf, ein künstlerisch arbeitender Fotograf
anders als ein Fotoreporter.
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Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
33.2.1
Lernheft 33
Finanzen
Irgendwann wird aus dem Amateur allein schon durch das Bezahlen seiner Fotos ein
kommerziell arbeitender Profi-Fotograf. Ein erster Auftrag, eine erste Rechnung und
man erlebt Fotografie anders.
Der Kunde ist zufrieden und vermittelt andere Kunden, eine Agentur schaltet sich
dazwischen und man wird „gebucht“, für einen Tag, für mehrere Tage. Und man verdient in diesen Tagen viel Geld, so dass wenige gute Fototermine im Monat schon
ausreichen, um die Wohnung, das Studio und sein Leben zu bezahlen.
Die gelieferte Leistung wird angenehm bezahlt, und ein Aspekt zum Beispiel in der
Mode- und Werbefotografiebranche ist der, dass, je höher das Honorar ist, desto toller
und wichtiger wird man dort angesehen. Der Geldbetrag, der bezahlt wird, macht nicht
nur den Fotografen glücklich, sondern auch den Auftraggeber, da er sich einen
solchen Künstler leisten kann. Die Bezahlung in der Fotografie ist eine Mischung aus
Entgelt für handwerkliche Arbeit, als Belohnung für kreative Leistung und als Gegenwert für gesellschaftliche Einschätzung. Dabei ist aber die Aufteilung in den meisten
Fällen nicht gleichmäßig, sondern eher mit einer Gewichtung auf dem letzten Punkt.
33.2.2
Befugnisse
Als Foto-Reporter/in und Journalist/in sollte man einen Presseausweis besitzen, das
ermöglicht ihm/ihr, Veranstaltungen oder Messen zu besuchen. Den Ausweis kann
man u. a. über die Gewerkschaft Ver.di oder über die Deutsche Journalisten Union
beantragen, wenn man nachweisen kann, dass das Haupteinkommen über journalistische Aktivitäten erzielt wird. In den meisten Fällen muss man sich vor dem Besuch
der gewünschten Veranstaltung akkreditieren und erklären, welchen Auftrag man hat
oder was man fotografieren möchte. Es gibt aber auch Termine, die extra für die
Presse gemacht werden, um es den Reportern zu ermöglichen, ungestört und frei zu
arbeiten. Zusätzlich wird ein Platz oder Zutritt genehmigt, der dem „normalen“
Besucher verwehrt bleibt.
Man erhält Einladungen und Vergünstigungen, Rabatte oder Extras, Pressevertreter
werden manchmal hofiert, um ein Produkt oder eine Idee zu bewerben. Es ist
angenehm, im Interesse zu stehen, man kann Wünsche äußern und ist bei den
Ersten, die fotografieren oder über etwas berichten.
33.2.3
Aufgaben
Ein unschlagbarer Vorteil als professioneller Fotograf ist der interessante Auftrag, die
ungewöhnliche Arbeitssituation. Zum Beispiel: das Dokumentieren einer Baustelle im
20. Stock eines Wolkenkratzers, die Reportage über einen Bergmann unter Tage im
Ruhrgebiet, die Portraitaufnahme einer bekannten Persönlichkeit, die Tieraufnahme
im Zirkus. Als Fotograf kommt man auf diese Weise ganz exklusiv mit Situationen in
Berührung, die allein schon ein eindrucksvolles Abenteuer sind, aber durch das Fotografieren zu einem unwiederbringlichen Erlebnis werden.
3
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
Lernheft 33
Im Zusammenspiel zwischen Szene und Fotograf ergeben sich Erfahrungen und
Geschehnisse, die einmalig sein können.
Abb. 1:
Eine Fotografie von Igor Strawinsky, aufgenommen von Arnold Newman im
Museum Louisiana in Kopenhagen, Dänemark
Hier bestätigt sich der Begriff: Traumberuf, in einem Arbeitsfeld, das losgelöst vom
typischen Alltag der „anderen“ zu jedem Fototermin immer etwas Neues, manchmal
etwas Einmaliges und in Einzelfällen auch etwas Aufregendes bereithält. Man
erweitert seinen Horizont, man sammelt Erfahrungen, die vielen verwehrt sind.
33.2.4
Ansehen
Der Fotograf/die Fotografin wird inzwischen allgemein als künstlerisch tätiger Mensch
angesehen und genießt daher ein positives Prestige. Durch Veröffentlichungen und
Ausstellungen sind seine/ihre Arbeiten und damit auch sein/ihr Name einigen bekannt,
es besteht Interesse an seiner/ihrer Arbeit. Man bewundert den Mut zur Selbständigkeit, die Vitalität der Kreativität und Ideenvielfalt und die Lust an der Rolle des
öffentlichen Künstlers. In einer Art Stellvertreterfunktion übernimmt der Fotograf diese
wichtige Position von öffentlich gemachtem Kulturschaffen und erfüllt damit eine
entscheidende Aufgabe in einer Gesellschaft. Der Fotograf/Künstler ist ein unverzichtbares Mitglied unserer sozialen Gemeinschaft.
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Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
33.2.5
Lernheft 33
Selbstbewusstsein
Daraus kann sich auch das passende Selbstbewusstsein entwickeln. Der Beruf birgt
ein gewisses Risiko, was finanzielle und kreative Möglichkeiten angeht. Ist man
erfolgreich, darf man sich auf die Schulter klopfen und Stolz empfinden. Oder die
Arbeiten, die Fotografien, bleiben im Idealfall auch über den aktuellen Moment hinaus
bekannt. Sie werden weiterhin veröffentlicht, in Magazinen gedruckt und es werden
Bücher mit Ihren Arbeiten publiziert, Ihre Bilder bleiben auch über Ihren Tod hinaus
bestehen. Das befriedigt die Seele und stärkt das Selbst.
33.2.6
Hobby zum Beruf
Fotografie, und das ist nicht für alle handwerklichen Berufe zutreffend, kann von
jedem ausgeübt werden. Man startet als neugieriger Anfänger, der seine einfache
Kompaktkamera ausprobieren möchte. Man entwickelt sich weiter als engagierter
Amateur (lat.: amare: lieben) und später verdient man sein Geld als versierter
Berufsfotograf mit hochkompliziertem Handwerkszeug. Zur klassischen Laufbahn
gehört die Lehre und die Berufsschule oder ein Studium der Fotografie an einer
Hochschule. Doch auch für Neben-Einsteiger und Autodidakten ist das Arbeiten als
Fotograf aussichtsreich (auch wenn man sich dann nicht Fotograf nennen darf,
sondern Fotodesigner!). Und selbst in vielen weiteren Berufsfeldern ist Fotografie
präsent: in der Medizin, in der Bautechnik, in der Archäologie und in einigen anderen
Wissenschaften. Fotografie ist überall zu finden.
So kann aus dem eigenen Berufsumfeld heraus und natürlich auch auf privater Ebene
das Interesse zu Fotografie ausgebaut und gesteigert werden. So ist es möglich, dass
über die „Liebe“ zum Fotografieren das Interesse am Medium so weit erfolgreich
intensiviert wird, dass das Hobby zum Beruf wird. Das haben viele Fotografen so
erlebt und auch gemacht. Die berufliche Tätigkeit wird hier eben nicht als Stress,
Arbeit oder wesensfremde Last empfunden, sondern als Auseinandersetzung mit
dem, was man leidenschaftlich betreiben möchte! Im Idealfall ist jeder Auftrag eine
willkommene Abwechslung, eine spannende Vertiefung oder eine reizvolle
Herausforderung.
33.2.7
Berufsverband
Als Fotograf kann man Mitglied in verschiedenen Verbänden werden, die Weiterbildung anbieten, Kontakte vermitteln und die Interessen des Einzelnen vertreten. Hier
ist man als selbständiger, allein „kämpfender“ Fotograf in einer großen Gemeinschaft
aufgehoben. Man unterstützt sich in rechtlichen Fragen, man informiert sich über
technische und künstlerische Entwicklungen und man tauscht sich über die neuesten
Fakten aus.
Beim BFF (Bund freischaffender Fotodesigner), in der Gewerkschaft Ver.di und
anderen Journalisten-Vereinigungen kann man einfach Mitglied werden. Bei der
DFA (Deutsche fotografische Akademie) und bei der DGPh (Deutsche Gesellschaft für
Photographie) muss man berufen werden und ein gesichertes Werk präsentieren
können oder sonstige Erfolge mit Fotografie.
5
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
Abb. 2:
33.3
Lernheft 33
Unblutiger Stierkampf, Fotografien als Dekoration in einer Stierkampf-Arena
in Alcudia auf Mallorca, Spanien
Die Nachteile als Foto-Profi
Doch leider sieht die Foto-Welt nicht immer so rosig aus, der Alltag und die Problemstellungen können einen zweifeln lassen.
33.3.1
Permanente Kunden-Akquise
Mal läuft es prima, man hat genug zu tun, Kunden vergeben Auftrag nach Auftrag,
doch dann hat der Sachbearbeiter gewechselt und schon ist man einen guten Kunden
los. Oder die Agentur hat zu hoch gepokert und ist nun pleite, die bisher vermittelten
Aufträge gehen jetzt woandershin. Die Redaktion einer Zeitschrift verlegt ihr Büro in
eine andere Stadt, nun wird dort ein Kollege beauftragt. Das Gros der Fotografen
steht nicht im Rampenlicht und muss Tag für Tag seine Dienste immer wieder neu
anbieten: in Fotoadressenlisten, mit Werbeaktionen und dem Schalten von Anzeigen,
durch persönliches Vorstellen bei Redaktionen oder Werbeagenturen versucht der
Fotograf sein Glück. Dabei muss er immer bereit sein, immer eine gut fotografierte
Mappe präsentieren können und professionell auf die Aufträge, so ungewöhnlich sie
auch sein mögen, reagieren.
Natürlich kann man sich mit genauer, spannender und guter Fotografie einen Namen
machen, der Ruhm ist aber vergänglich. Das Konto muss immer neu gefüllt werden
und Fehler sind nicht erlaubt. Denn, auch wenn Sie die Arbeit verbessern, das
Vertrauen in Ihre Qualitäten kann getrübt sein. Mal investiert Ihr Kunde in neue
Werbemaßnahmen, dann werden Sie in Zeiten der Rezession gut verdienen. Mal
kürzt Ihr Kunde genau deshalb seine Ausgaben und Sie sitzen auf dem Trockenen.
Ein Sich-Verlassen auf Umsatz und Gewinn ist nur schwer möglich, das Leben als
Selbständiger ist mühsam, hart und nicht immer trotz erheblicher Anstrengungen
erfolgreich. Und das alles hat mit Ihrer Fähigkeiten als Fotograf nichts zu tun!
6
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
33.3.2
Lernheft 33
Gängelung beim Auftrag
Das Telefon hat nach einer langen Durststrecke mal wieder geklingelt, Sie sollen alle
Mitarbeiter eines Verwaltungsbetriebes einmal porträtieren. Sie machen ein Angebot
und stellen Ihre Bedingungen. Doch dieser neue Kunde will aber einen um 25 %
geringeren Preis pro Foto zahlen und dazu noch alle Rechte am Bild erwerben. Er
berichtet von einem Bekannten, der würde „hobbymäßig“ fotografieren und der fände
den angebotenen Preis auch zu hoch.
Der „Bekannte“ verdient sein Geld mit einer Festanstellung als Chemielaborant und
wäre natürlich mit einer geringeren Bezahlung zufrieden. Und seine Beurteilung, was
teuer und was preiswürdig ist, fußt auf seinen geringen Kenntnissen der Fotoszene.
Jetzt muss man entscheiden, ob man den Auftrag annimmt, damit aber für die Zukunft
sein Preisniveau senkt oder ob man ablehnt und einen eventuellen Kunden nie wieder
sieht?
Eine Möglichkeit, ohne das Gesicht zu verlieren, mit dem Kunden zu verhandeln, ist,
ihm einen Rabatt für diesen ersten Auftrag als Kennenlern-Angebot einzuräumen und
dann, wenn er zufrieden einen neuen Auftrag starten will, den vollen Preis zu
veranschlagen.
Sollte der Auftrag ohne Probleme gestartet sein, erfährt man zwischendurch, dass das
männliche Modell doch weiblich sein soll, oder dass als Dekoration kein Rotwein,
sondern Sekt gewünscht ist. Später schaut man in den Firmen-Prospekt, für den die
Fotografien waren, und entdeckt, dass der Sekt raus retuschiert wurde und ein Glas
Rotwein im Bild steht. Man hatte gehofft, mit dem gut arrangierten Foto die eigene
Mappe zu bestücken (der Name des Fotografen, also Ihr Name, steht unter dem Bild),
doch die Künste des Retuscheurs waren nicht so toll und das Bild wirkt stümperhaft.
33.3.3
Monotonie
Eine Firma ruft an und möchte Autoanlasser fotografieren lassen, 1000 verschiedene
Exemplare, vor Ort und auf weißem Untergrund. Ihre Vorstellung von Fotografie hat
etwas zu tun mit: Gestaltung, Bildidee und Konzepten. Nimmt man einen Auftrag an,
der einschläfernd, langweilig und absolut gleichförmig ist? Ist das Honorar ein
Schmerzensgeld? Trotzdem darf man nicht die Konzentration verlieren und immer die
richtige Seite des Anlassers in die Kamera drehen und die Bezeichnung exakt in einer
Fotoliste notieren.
Der Erfahrungswert meines Alltags als kommerziell arbeitender Fotograf sind:
10 % reizvolle und interessante Aufträge, 80 % reizlose und monotone Routine und
10 % stressige und nervende Ärgernisse. Lohnt sich ein Arbeitsleben mit 90 % unbefriedigenden Arbeiten? (Mein Kommentar: JA!)
7
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
Abb. 3:
33.3.4
Lernheft 33
Gruppenaufnahme (um 1920) einer Dorfgemeinschaft in einer Gaststätte in
S´Arracó auf Mallorca, Spanien
Künstler?
Auf einer Party stehen Sie mit anderen zusammen und unterhalten sich. Es geht ums
Aufstehen, und man fragt Sie nach Ihrem Beruf. Ja, stöhnen die anderen, die
„Künstler“ schlafen bis mittags und drücken ein paar Mal auf den Auslöser und schon
ist das Geld im Kasten. Sie versuchen von Ihrem letzten Auftrag zu erzählen, als Sie
für das örtliche Krankenhaus morgens um fünf die Frühschicht der Krankenschwestern begleitet haben. Ach so, Krankenschwestern?, fragt einer in der Runde,
hatten die den noch was an? Jeder Versuch seriös zu argumentieren wird müde
belächelt. Sie gelten hier als der lustige Künstler, eher ein lustiger Clown als ein
ernsthafter Handwerker.
Und natürlich fällt auch noch das Argument, dass schließlich jeder fotografieren könne
und letztendlich der Preis der Kamera doch das Bild ausmacht. Im Grunde hat keiner
eine Ahnung vom Beruf des Fotografen und nach einer gewissen Zeit kennen Sie alle
Vorurteile und Fehleinschätzungen.
8
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
33.3.5
Lernheft 33
Investitionen
Für einen Porträttermin haben Sie Hintergrundkarton, Stative, Lampen und Ihre
Kamera in den vierten Stock eines Unternehmens getragen. Hier sollen die Mitarbeiter
für eine Firmenzeitung nacheinander fotografiert werden. Alles klappt, bis der
Abteilungsleiter, ein „Fotofreund“, Sie nach Ihrer Kamera befragt. Er hätte ja eine
„hyper-super-teure Cakon“ mit einem „notwendigen-tollen-dreifach-vergüteten Objektiv
von 18 bis 200 mm“ und eine „8 Gigabyte-Speicherkarte aus Japan“. Und warum Sie
diese Kamera, die ja ein „extra-wichtiges-Profi-Modell“ ist, nicht haben? Das wurmt,
denn Ihre Investitionen in neue Software, in Equipment und neue Blitzlampen ist eine
dauernde Aufgabe und wegen der ständigen Weiterentwicklungen auf diesem Feld ein
Sie immer begleitender Kostenfaktor. Und der muss getätigt werden, ob Sie nun gut
verdienen oder nicht. Der Kunde erwartet immer die bestmöglichen Ergebnisse,
technisch wie gestalterisch. Und der „Fotofreund“ hat seine Kamera nicht zum
Fotografieren sondern zum Angeben.
33.3.6
Kenntniserweiterung
Und nicht nur in Ausrüstungen müssen Sie investieren, neue Motivideen, neue
Fototechniken und neue Bilder wollen Sie bei den Kunden zur Akquise präsentieren.
Mit einem Einsatz von Zeit, Energien und Aufwand entwickeln Sie Ihre frischen
Fotografien. Sie sollten Ausstellungen besuchen, Kollegen treffen und in Seminaren
neue Moden von unnötigem Firlefanz unterscheiden lernen. Fotografie bedeutet
permanente Bewegung, kein Stillstand, kein Ausruhen auf den alten Bildern. Gerade
Fotografie baut nicht auf Erfahrung und Wissen, sondern auf immer neuen
zeitaktuellen Ideen und Visionen. Und die müssen erforscht, erarbeitet und umgesetzt
werden können. Dieser Zwang, immer technisch und gestalterisch auf der Höhe zu
sein, zermürbt und unterstützt in den seltensten Fällen Ihre Energien und Kreativität.
33.3.7
Beschränkung auf einen Bereich
Die meisten Fotografen haben sich einen Bereich der Fotografie als Schwerpunkt
ausgesucht. Architektur, Theaterfotografie, Mode oder Werbung, Reportage, Hochzeit
und Gesellschaftsfotografie, Kunst oder Dokumentation und Reproduktion, alle
Gebiete verlangen eine eigene Auseinandersetzung mit dem Medium. Durch diese
Spezialisierung garantiert man dem Kunden besondere Kenntnisse und erfolgreiche
Umsetzung des Auftrags. Denn das ist das Wichtigste, die Bilder müssen termingerecht in einem akzeptablen Qualitätsmaßstab fertig sein. Ein besseres Bild zum
einem späteren Termin ist „verlorene Liebesmüh“!
Daraus ergibt sich eine gewisse Enge der Auftragslage, der Werbefotograf wird immer
im übertrieben beschönigenden Stil Produkte fotografieren, der Reprofotograf immer
wieder Gemälde und Grafiken dokumentieren. Ein Tausch der Bereiche, ein Überschreiten der abgesteckten Grenzen macht für beide Seiten keinen Sinn, der mögliche
Gewinn könnte eher in einer inhaltlichen Auseinandersetzung liegen (daran ist keiner
interessiert) und sicher nicht in Präzision und Abwicklung des Auftrags. Also arbeitet
jeder auf seinem Gebiet und erweitert kaum den eigenen Horizont.
9
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
33.3.8
Lernheft 33
Panik!
Heute besitzt der Ablauf eines Fototermins eine beruhigende Komponente. Mittels der
digitalen Technik ist ein Ergebnis sofort nach der Aufnahme zu erkennen. Diese
Kontrolle gibt dem Kunden und dem Fotografen die Sicherheit und er kann ohne
weitere Maßnahmen seine Arbeit fortsetzen. Doch trotzdem können sich bis zur
Abgabe der Bilder Fehler und Defekte einstellen.
Der Akku in der Kamera macht ausgerechnet jetzt schlapp, der Chip kann später nicht
gelesen werden, der Autofokus war falsch eingestellt, die Daten gingen bei der
Übertragung verloren, der Computer ist zum falschen Moment abgestürzt und die
Vergrößerungen haben einen Farbstich. Der Abgabetermin wurde vorverlegt, der
Kunde will noch eine Bildmontage und erwartet von Ihnen alle Bilder auf einem
anderen neuen Datenträger, die von Ihnen gelieferte CD kann nicht gelesen werden.
Die Rechnung wird erst nach zwei Wochen reklamiert, weil die Anschrift Ihnen falsch
übermittelt wurde, der Kunde möchte in zwei Raten zahlen und überweist dann erst an
einen Kollegen mit dem gleichen Nachnamen wie Sie im Nachbarort.
Entspannen werden Sie sich erst können, wenn das Geld der Rechnung tatsächlich
auf Ihrem Konto gelandet ist.
Alle die hier beschriebenen Beispiele sind nicht Märchen oder Horrorszenarien, nein,
der Autor hat alle selbst erlebt!
Abb. 4:
Vervielfältigte Sehenswürdigkeit, „Kleine Meerjungfrau“ in Kopenhagen,
Dänemark
10
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
33.4
Lernheft 33
Die Vorteile als Amateur
Alle in diesem Lernheft eingefügten Abbildungen sind aus Lust und Laune, aus
Begeisterung für die Fotografie entstanden. Als Liebhaber-Fotograf entdeckt man
lustige, ungewöhnliche oder „schräge“ Verwendungen von Fotografie, und dann spürt
man den Drang, genau dieses Bild festzuhalten. Dieser nur vom sinnlichen, visuellen
und spontanen Eindruck getragener Impuls ist typisch für den wahren Amateur.
33.4.1
Lust und Laune
Die Sonne scheint, das Wetter ist angenehm, man hat Zeit für einen kleinen Spaziergang um den Block. Eine Kamera ist griffbereit umgehangen. Nun entscheidet das
Auge, wann und wo fotografiert wird. Wenn das Licht nicht stimmt, wenn eine neue
Baustelle die Szene beeinträchtigt, dann läßt man die Kamera weiter hängen und geht
seiner Wege.
Kein fest definierter und terminierter Auftrag fordert Sie auf, zu fotografieren, kein
Geschäfts-Druck bedrängt Sie, mit neuen Bildern zu glänzen. Sie allein bestimmen
und haben die Freiheit, dann zu gestalten, das Gesehene festzuhalten oder einfach
etwas auszuprobieren, wenn Sie es wollen.
Von dem bekannten Fotografen Robert Häusser ist eine kleine Geschichte aus dem
Jahre 1970 bekannt. Häusser hatte den Auftrag auf dem Hockenheimring zu fotografieren. Ein Formel-Eins-Rennen sollte stattfinden und ein Verlag plante, mit diesem
seltenen Ereignis einen Fotokalender zu gestalten. Robert Häusser reiste an, ging
herum und entdeckte einen Rennwagen, der noch komplett verpackt unter einer Plane
abseits stand. Der nur in Konturen angedeutete Rennwagen bildete mit der
gepflasterten großen Fläche um ihn herum eine skurrile Szene.
Er machte eine Aufnahme und stellte dann überrascht fest, dass ihm jegliche Lust auf
quirlige Rennatmosphäre, röhrende Motoren, hektische Mechaniker und konzentrierte
Rennfahrer abhanden gekommen war. Er konnte und wollte einfach nicht weiter fotografieren. Er verließ die Rennstrecke und war mit seinem einen Foto glücklich und
zufrieden.
Diese Verwegenheit, sich vor Ort anders zu entscheiden – er hatte den Auftrag ja
angenommen – ist sicher nur einem renommierten und angesehenen Fotografen
möglich, ein ganz normaler Berufsfotograf hätte sich das nicht erlauben können. Die
Haltung von Robert Häusser entspricht genau der Haltung eines Amateurs, jemand,
der dem Medium Fotografie emotional verbunden ist. Er hat die einmalige und
unwiederbringliche Chance genutzt und das Foto gemacht, welches alle seine Ideen,
Visionen und Gefühle perfekt vereint.
11
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
33.4.2
Lernheft 33
Themenvielfalt
Die Motivvielfalt der Fotografie ist grenzenlos, die Möglichkeit einer Spezialisierung
auf einen einzelnen Bereich scheint erst einmal sinnvoll. Dennoch steht es Ihnen frei,
Ihr Lieblingsthema zu wechseln. Gerade wenn Sie in einem Gebiet sich sicher und
gefestigt fühlen, macht es Spaß, einmal andere Themen zu fotografieren.
Ein professioneller Fotograf wird oft nur für eine Anwendung gebucht, ein ArchitekturFotograf bleibt bei diesem Thema, einen Gesellschaftsreporter würde man nicht für
einen Architektur-Auftrag fragen. Dieser Eingrenzung müssen Sie nicht folgen, Ihr
Variieren aber sollte bewusst und konzentriert sein.
33.4.3
Anerkennung und Selbstbewusstsein
In Ihrem Bekanntenkreis sind Sie als Hobby-Fotograf bekannt, man kennt Ihre
engagierte Leidenschaft, weiß um Ihre Kenntnisse und fragt Sie bei Kamerakäufen
oder anderen Fotofragen. Doch die Wertschätzung, die Sie erfahren, wenn einmal ein
Bild in der Tagespresse veröffentlicht wird, wenn Sie eine Ausstellung machen oder
wenn Sie sogar einen kleinen Katalog herausgeben können, die ist ungleich größer.
Anderen zu beweisen, dass man nicht nur seine tägliche Arbeit ordnungsgemäß
macht, sondern auch noch andere Qualitäten besitzt, macht Spaß. Mit fotografischen
Kenntnissen glänzen, mit neuen Fähigkeiten überraschen und mit interessanten
Bildern überzeugen ist ein leicht zu genießender Aspekt als Foto-Amateurs. Gerade
im Austausch mit anderen können Sie Ihre Qualitäten beweisen und sich selbstbewusst zurücklehnen.
33.4.4
Investitionen
Ihr Budget erlaubt Ihnen, einen gewissen Betrag zur freien Verfügung zu nutzen.
Entweder kaufen Sie dann das neue Objektiv, das Sie ins Auge gefasst hatten, oder
Sie sind mit dem bisherigen zufrieden und machen stattdessen eine kleine Reise. Sie
sind interessiert an Makrofotografie und benötigen nun eine bestimmte Lampe, die der
Berufsfotograf dringend empfiehlt? Es besteht keine Pflicht, kein Druck, keine Aufforderung, diese Lampe tatsächlich zu kaufen, vielleicht erreichen Sie ja nach einigen
Versuchen sogar bessere Ergebnisse als mit einer professionellen Lampe. Ihre
Konstruktion mag provisorisch oder amateurhaft aussehen, aber auch hier zählt nur
das Bildergebnis.
12
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
33.4.5
Lernheft 33
Fehler
Und zu guter Letzt: Ein Fehler ruiniert nicht die Karriere, ein Fehler macht sich nicht
finanziell bemerkbar, ein Fehler muss nicht unbedingt vermieden werden.
Nein, ganz im Gegenteil. Sie können den Fehler provozieren, Sie können
experimentieren und ganz bewusst einmal alles falsch machen, um dann zu
entdecken, wie sich das auf das Bild, die Gestaltung auswirkt. Der amerikanische
Managementberater Laurence Johnston Peter (1919 – 1990) befand:
„Fehler vermeidet man, indem man Erfahrung sammelt.
Erfahrung sammelt man, indem man Fehler macht.”
Und Ulrich Tukur (*1957), ein Bühnen- u. Filmschauspieler sagt: „Man kann nicht aus
den Fehlern lernen, die andere begangen haben.” In diesem Sinne lassen Sie sich
treiben, probieren Sie Ihre Kamera und Ihre Visionen aus, ohne Rücksicht auf
Verluste. Sichern Sie sich den unschätzbaren Vorteil, völlig frei und ungezwungen
fotografieren zu können.
33.5
Selbstlernaufgabe
Öffnen Sie eine Schublade in einer Kommode oder eines Schrankes in Ihrer Wohnung
und machen Sie ein Foto vom Inhalt, akzeptieren Sie die vorhandene Unordnung. Das
Motiv hat sich selbst gestaltet und Sie dokumentieren.
33.6
Zusammenfassung
Wenn Sie die Fotografie zu Ihrem Beruf machen möchten, müssen Sie sich auf
Bedingungen einlassen, die oft schwierig und mühsam sind. Ungenau formulierte
Aufträge, ungeduldige und unzufriedene Kunden, behindernde Arbeitsbedingungen
und schlechte Zahlungsmoral begleiten das Fotografieren. Doch manchmal wird man
mit ungewöhnlichen Erlebnissen und unglaublichen Abenteuern überrascht. Und
dafür lohnt es sich, die Fotografie zum Beruf gemacht zu haben. Doch wenn Ihnen
das Risiko zu groß ist, wenn Ihnen der Spaß wichtiger ist und die absolute Unbedingtheit fehlt, dann haben Sie das schönste Hobby der Welt!
Der Profi-Kommentar: In Deutschland verlassen jedes Jahr an ungefähr 30 Hochschulen jeweils 10 bis 20 Studenten die Studiengänge Kommunikationsdesign,
Gestaltung und Fotografie und drängen auf den Arbeitsmarkt. Es gibt über 2000
Ausbildungsplätze für Fotografie-Lehrlinge, dazu bilden sich ungezählte engagierte
Amateure autodidaktisch in Fotografie aus. Sie sehen, es wird immer schon einer da
sein, der auch fotografieren kann. Dennoch besteht die große Chance, mit Fotografie
glücklich zu werden, entweder als ehrgeiziger Berufsfotograf oder als fleißiger
Amateur-Fotograf.
13
Meine Vorteile als Amateur – meine Vorteile als Profi
33.7
Lernheft 33
Hausaufgabe
Versuchen Sie einmal ein Bild zu machen, das nach den herkömmlichen Regeln der
Fotografie falsch und unpassend wäre, mit einer nicht passenden Einstellung für das
Motiv: Innenraum. Stellen Sie mit der Einstellung: manuell ein lange Belichtungszeit
und eine kleine Blendenöffnung ein. Dann halten Sie die Kamera abends auf eine
Lampe in Ihrer Wohnung und bewegen die Kamera auf und ab, schwenken oder
drehen Sie sie. Das Ergebnis ist ein so genanntes: Luminogramm, eine Lichtspur der
Leuchte vor dunklem Grund. Viel Erfolg!
33.8
Lösung zu der Selbstlernaufgabe
Abb. 5:
Schublade mit Weihnachtskugeln
14