Neuen Luzerner Zeitung vom 19. Januar 2016

Sportjournal
Dienstag, 19. Januar 2016 / Nr. 14
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NEUE URNER ZEITUNG
31
BOTE DER URSCHWEIZ
Sie spielt schon jetzt wie eine Grosse
HANDBALL Die 15-jährige
Daphne Gautschi nimmt am
Master Cup im U-18-Nationalteam eine Hauptrolle ein. Das
Talent des LK Zug liebäugelt
bereits mit dem Ausland.
Gino Delchiappo,
U-19-Nationalspieler
«Ich gehe hart
zur Sache»
STEPHAN SANTSCHI
[email protected]
Daphne Gautschi grinst und sagt:
«Ich erhalte von meinem Vater 20
Franken. Die versprach er mir, wenn
ich einen Pass hinter meinem Rücken
hindurch spiele.» Am Samstag, im zweiten von insgesamt drei Partien am
Master Cup gegen die Alterskolleginnen
von Slowenien, setzte Gautschi die Vorgabe in die Tat um, als sie auf diese
Weise einen Treffer vorbereitete. «Mein
Vater sagt, ich solle aus mir heraus-
Der Krienser Gino Delchiappo
(17) hat seine Verletzung auskuriert.
Am Master Cup kam es für den U19-Nationalspieler zu besonderen
Begegnungen.
Gino Delchiappo, mit dem U-19Nationalteam spielten Sie am
Master Cup zweimal gegen die
SG Pilatus. Wie war es?
Gino Delchiappo: Der Master Cup ist
immer ein super Erlebnis. Mit meinen
Leistungen bin ich mehr oder weniger
zufrieden. Diesmal war es für mich
sehr speziell, weil ich ja selber zur
SG Pilatus gehöre. Im Duell mit den
eigenen Teamkollegen will man zeigen, was man kann. Das waren ganz
lustige Spiele (schmunzelt).
kommen und Dinge ausprobieren. Das
bringt mich weiter», erzählt die 15-Jährige, die im U-18-Nationalteam bereits
eine tragende Rolle inne hat. «Ich bin
zwar die Jüngste, muss noch Dinge tun
wie Bälle aufpumpen und Eis holen.
Mit meinen Leistungen verschaffe ich
mir aber Respekt.» Gegen die Sloweninnen verlor die Schweiz am Wochenende zwar alle drei Spiele, Gautschi
machte als Topskorerin ihres Teams (18
Treffer) trotzdem positiv auf sich aufmerksam.
NACHGEFRAGT
Gab es eine besondere Begegnung?
Delchiappo: Ja, mit Sandro Bucher,
als wir am Boden in einem Ringkampf
um den Ball fighteten. Das fanden
alle ziemlich lustig. Ich bin bekannt
dafür, dass ich hart zur Sache gehe.
Das Durchsetzungsvermögen in der
Deckung ist meine Stärke.
Die Jüngste in der SPL2
Mit ihrer Verspieltheit verkörpert das
Rückraumtalent des LK Zug eine Qualität, die man im Schweizer Frauenhandball kaum zu Gesicht bekommt. «In der
Sportschule trainiere ich auch mit Jungs
zusammen, denen kann ich einiges abschauen», erklärt Gautschi, die aktuell
die Sport-Kanti in Aarau besucht. Wohnhaft in Muri AG spielt sie erst ihre
zweite Saison beim LKZ. Nach einem
Jahr bei den Juniorinnen wird sie nun
in der SPL2 eingesetzt. Dort ist sie mit
Jahrgang 2000 die jüngste Spielerin
überhaupt. «Ich spiele mit Erwachsenen
seit ich zehn Jahre alt bin – damals in
der 3. Liga. Das bin ich mich mittlerweile gewohnt», sagt sie und hält
schmunzelnd fest: «Das grösste Problem
mit den älteren Teamkolleginnen ist der
Gesprächsstoff neben dem Platz.»
Auf dem Platz muss die 1,72-Meter
grosse Athletin mit den kräftigeren Gegnerinnen zurechtkommen. «Das ist für
sie nicht immer einfach», stellt Christoph Sahli, ihr Trainer bei Zugs zweiter
Equipe, fest. Mit Dynamik, Schnelligkeit,
guter Technik und ansprechender Wurfvarianz behauptet sie sich aber auch
auf diesem Niveau, was die Torschützenliste bestätigt. Gautschi ist mit 68 Toren
die Topskorerin der Zugerinnen und
damit massgeblich am überraschenden
zweiten Platz beteiligt. Beschleunigt
wurde ihre Entwicklung durch die Ver-
«Mein Vater sagt,
ich solle aus mir
herauskommen.»
DA P H N E G AU T S C H I
letzung von Shanice Kägi, der nominellen Nummer eins im linken Aufbau.
Gautschi kam so schnell zu einem
Stammplatz in der SPL2.
«Die haben uns fertiggemacht»
Der linke Aufbau ist dabei eine
Position, die ihr noch etwas besser
behagt, als jene Rolle, die sie vornehmlich in der U-18-Nationalmannschaft
bekleidet. Dort ist sie als Spielmacherin gesetzt, übernimmt mehr organisatorische Aufgaben. «Wenn ich aller-
Wie sehen Sie Ihre Rolle im U-19Nationalteam?
Delchiappo: Ich teile mir die Position
am Kreis gemeinsam mit Philip Novak
von den Kadetten Schaffhausen. Wir
ergänzen uns sehr gut. Mal steht er
in der Startformation, mal ich.
Daphne Gautschi in der Sporthalle Zug, wo sie
am Samstag am Master Cup im Einsatz stand.
Zuletzt fielen Sie aber länger aus.
Was war passiert?
Delchiappo: Ich brach mir bei der
Arbeit in der Zimmermann-Lehre das
Sprunggelenk, fiel acht Wochen aus.
In der Rückrunde werde ich entweder
bei den U-19-Junioren oder im 1.-Liga-Team der SG Pilatus zum Einsatz
kommen.
Bild Corinne Glanzmann
dings im linken Rückraum spiele, kann
ich noch mehr aufs Tor werfen, das
mache ich sehr gerne. Ich bin bekannt
dafür, dass ich möglichst oft in den
Abschluss gehe.» Nicht selten fehle ihr
dann aber noch die Genauigkeit. «Ich
muss besser schauen, was der gegne-
rische Goalie macht», gibt sie sich
selbstkritisch.
Um weiterzukommen, investiert die
schweizerisch-italienische Doppelbürgerin viel. Neun Mal trainiert sie pro
Woche, «ich spiele mega gerne Handball», betont sie. Gautschi denkt sogar
16 Zentralschweizer Talente
MASTER CUP ss. 17 Spiele hatte der
17. Master Cup am vergangenen Wochenende auf seinem Programm. Im
Einsatz standen elf internationale
Nachwuchsteams, komplettiert wurde
das Teilnehmerfeld durch die SG Pilatus (NLB). Hauptgastgeber des Traditionsanlasses war erneut Zug, am
Freitag fanden zudem Spiele in Luzern, Emmenbrücke und Wolhusen
statt. Insgesamt stellten Kriens-Luzern,
die SG Pilatus, der BSV Stans, der LK
Zug, die Spono Eagles Nottwil und
Malters 16 Juniorinnen und Junioren
für die fünf Schweizer Nachwuchsauswahlen.
Wichtige Rollen übernahmen neben
der U-18-Internationalen Daphne
Gautschi (siehe Haupttext) und dem
U-19-Nationalspieler Gino Delchiappo
(siehe Nachgefragt) auch Samuel
Weingartner (Männer U 21), Xenia
Hodel, Shanice Kägi (Frauen U 20)
und Kristina Ukaj (Frauen U 18).
MASTER-CUP
Frauen U 20: Tschechien - Slowakei 35:24. Slowenien - Schweiz 28:26. Tschechien - Slowenien
26:21 (15:10). Schweiz - Slowakei 30:25 (14:14).
Slowakei - Slowenien 26:41 (11:21). Schweiz Tschechien 19:33 (12:18). – Frauen U 18: Schweiz
- Slowenien 25:27 (12:14). Schweiz - Slowenien
22:29 (12:19). Schweiz - Slowenien 25:28 (11:14).
Männer U 17: Schweiz - Österreich 28:29 (11:16).
Schweiz - Österreich 22:27 (13:13). Schweiz - Österreich 22:22 (11:9). – Männer U 19: Schweiz
- SG Pilatus 21:22 (12:12). Schweiz - SG Pilatus
25:20 (16:11). – Männer U 21: Schweiz - Tschechien 26:24 (16:7). Schweiz - Tschechien 18:24
(9:12). Schweiz - Tschechien 32:20 (17:10).
Alle Infos: www.mastercup.ch
bereits über den nächsten Karriereschritt nach. «Ich möchte die Kanti in
spätestens zwei Jahren im Ausland fortsetzen. In Deutschland zum Beispiel.
Oder in Frankreich.» Sie liebe neue
Herausforderungen und strebe nach der
bestmöglichen Förderung. Dass noch
viel Luft nach oben vorhanden ist, stellte sie vor einem Jahr fest. Ein AhaErlebnis war es, das EM-Qualifikationsspiel gegen Dänemark, das man mit
10:35 verloren hatte. «Die haben uns
fertiggemacht», erinnert sie sich.
Zukunft in Dänemark?
Geht es nach LKZ-Trainer Sahli, kann
es Gautschi weit bringen. «Nicht nur im
Nationalteam. Auch international auf
Klubebene. Dänemark würde mit dem
dynamischen Handball gut zu Daphne
passen», findet er. Ab dem nächsten
Wochenende wird sie vorderhand aber
wieder in der SPL2 im Einsatz stehen,
dann wird mit dem Heimspiel gegen
GC Ami/Wohlen die zweite Saisonhälfte eingeläutet. Ein Mal pro Woche trainiert Gautschi zudem mit dem SPL1Team. Ab und zu steht sie auch noch
im Aufgebot der U-17-Juniorinnen.
«Dort zähle ich zu den Älteren, das bin
ich mich nicht gewohnt. Auf diese Weise kann ich mich in einer Chefrolle
üben.» Bälle aufpumpen müssen dann
andere.
Welche Ziele haben Sie im Handball?
Delchiappo: Ich möchte möglichst
weit kommen. Die NLA ist mein Ziel,
habe ich sie erreicht, werde ich weiter schauen. Aktuell absolviere ich
eine Sportlerlehre in einem 80-Prozent-Pensum. Am Abend nach einem
Arbeitstag ist es manchmal schwierig,
im Training die Konzentration hoch
zu halten. Aber dann muss ich mich
eben zusammen reissen.
Sie sind erst 17-jährig, geben mit
1,94 Metern Grösse und 105 Kilo
Gewicht aber bereits eine sehr
stattliche Figur ab. Ihre Perspektiven sind nicht schlecht, schliesslich sind kräftige Kreisläufer in der
Schweiz dünn gesät.
Delchiappo: Das stimmt. Alen Milosevic spielt zwar in der Bundesliga,
aktuell aber nicht für die Schweiz. Mit
Daniel Fellmann und Fabio Baviera
haben wir in Kriens zwei gute Kreisläufer, denen ich einiges abschauen
kann. Mein Vorbild ist Bjarte Myrhol.
Als er noch bei den Rhein-Neckar
Löwen spielte, hat mir das Zusammenspiel mit Andy Schmid sehr gefallen. Gerade im Zusammenspiel mit
dem Spielmacher kann ich mich noch
verbessern.
STEPHAN SANTSCHI
[email protected]