Osteopathie erfordert heilpraktikererlaubnis

Rechtsprechung
AMK
gen des § 275 Abs. 1c SGB V unterliegt, schon mangels gesetzlicher Grund­
lage und aus Gründen des Patientendatenschutzes nicht geben kann.
Die gegenteilige Rechtsprechung des BSG stelle einen Verstoß gegen das
Gewaltenteilungs­prinzip dar, so das SG Speyer. Nach seinem Urteil können
sowohl Fragen der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der erfolgten
­Behandlung als auch der zutreffenden Kodierung Gegenstand einer Abrech­
nungsprüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative SGB V sein.
PRAXISHINWEISE | Nach aktuellen, allerdings noch unbestätigten Meldungen
plant der Gesetzgeber eine Klarstellung zugunsten der Krankenhäuser. Bis dahin
werden sich die Kliniken aber weiterhin dem teils recht „forschen“ Vorgehen der
Krankenkassen in Fragen der Abrechnungsprüfung ausgesetzt sehen, die die
BSG-Rechtsprechung als willkommenen Anlass gesehen haben, auch rückwir­
kend die Zahlung von Aufwandspauschalen zu verweigern bzw. bereits gezahlte
Pauschalen zurückzufordern oder zu verrechnen. Diesen Kassen sei die Lektüre
des Gesetzes und der erfreulich klaren Urteile der Untergerichte empfohlen; die
Rechtsprechung des BSG ist keineswegs willkürlich anwendbar.
Klarstellung des
Gesetzgebers
notwendig
BERUFSRECHT
Osteopathie erfordert Heilpraktikererlaubnis
von RA, FA für MedR Torsten Münnch, Dierks + Bohle Rechtsanwälte
Partnerschaft mbB, Berlin, www.db-law.de
Auf Betreiben mehrerer Heilpraktikerverbände hat das Oberlandes­gericht
(OLG) Düsseldorf einem Physiotherapeuten untersagt, gewerbsmäßig die
Osteopathie selbst oder durch Angestellte auszuüben und dafür zu wer­
ben, solange er nicht als Arzt approbiert oder in Besitz einer Heilprakti­
kererlaubnis ist (Urteil vom 8.9.2015, Az. I-20 U 236/13, Abruf-Nr. 145715).
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
◼◼Hintergrund: Heilpraktikererlaubnis
IHR PLUS IM NETZ
Wer die Heilkunde ausüben will, ohne als Arzt approbiert zu sein, bedarf einer
Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Heilpraktikergesetz (HeilPrG). Unter Ausübung der
Heilkunde versteht § 1 Abs. 2 HeilPrG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorge­
nommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten,
Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Die Erlaubnis wird u.a. nicht erteilt,
wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antrag­
stellers ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine
Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde. Da die Prüfung auf Gefahren­
abwehrgesichtspunkte beschränkt ist, darf sie nicht als „medizinisches Staats­
examen mit ermäßigten Anforderungen“ ausgestaltet sein. In der Regel wird die
schriftliche Beantwortung eines Fragenkatalogs verlangt, an den sich ein münd­
liches Prüfungsgespräch anschließt. Die Versagung der Heilpraktikererlaubnis
kann von den Verwaltungsgerichten unbeschränkt nachgeprüft werden.
11-2015
ARZT- UND MEDIZINRECHT
KOMPAKT
amk.iww.de
Abruf-Nr. 145715
18
Rechtsprechung
AMK
Die Entscheidung
Das OLG Düsseldorf schloss sich der Vorinstanz an und qualifizierte die
­Osteopathie als Ausübung der Heilkunde im Sinne von § 1 Abs. 2 HeilPrG, da
es sich um eine Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen handele. Sie umfasse verschiedene sogenannte „alternativmedizinische Krankheits- und Behandlungstechniken“ und bezwecke die Diagnostik und Therapie von reversiblen
funktionellen Störungen insbesondere am Stütz- und Bewegungsapparat.
Zur Behebung körperlicher Funktionsstörungen bediene sie sich manueller
Behandlungsmethoden, deren Zweck es sei, durch bestimmte Hand- und
Massagegriffe Blockierungen insbesondere innerhalb des Gelenkapparates
zu beseitigen.
Osteopathie ist
Heilkunde
Einer verfassungskonformen Einschränkung der Erlaubnispflicht im Lichte
von Art. 12 GG bedürfe es nicht. Danach sind zum einen erlaubnisfrei diejenigen heilkundlichen Verrichtungen, die keine nennenswerte Gesundheitsgefahr zur Folge haben können. Dazu verweist das OLG auf die Curricula
der Osteopathie-Ausbildungsverbände. Jedenfalls würden insbesondere
morphologische Veränderungen, die mit einer Schwächung der Knochenoder Bandstruktur einhergehen oder Krankheiten wie rheumatoide Arthritis, Tumoren und Traumen sowie Bandscheibenvorfälle, die nur mit medizinischem Fachwissen erkannt werden können, ein erhebliches Risiko bei
der bzw. ein Hindernis für die Anwendung osteopathischer Behandlungsmethoden darstellen.
Verfassungsrechtlich
keine andere
Wertung erforderlich
Eine verfassungsrechtlich gebotene Einschränkung erfordere auch nicht die
Tatsache, dass der beklagte Physiotherapeut im Besitz einer Erlaubnis zur
Ausübung der Physiotherapie gemäß § 1 Abs. 1 MPhG war. Zwar sei er danach
auch ohne Heilpraktikererlaubnis berechtigt, aufgrund ärztlicher Verordnung
physiotherapeutische Leistungen zu erbringen. Die Tätigkeit eines Osteopathen gehe indes über das Tätigkeitsspektrum eines Physiotherapeuten hinaus. Dies zeige sich daran, dass die Osteopathie nicht Bestandteil des Ausbildungs- und Prüfungscurriculums nach den Anhängen zur Ausbildungs- und
Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten (PhysTh-APrV) sei. Da die Physiotherapeuten-Ausbildung Osteopathie nicht umfasse, könne sich auch die
entsprechende Erlaubnis zur Ausübung der Physiotherapie hierauf nicht beziehen.
Osteopathisches
Spektrum geht
hinaus über das des
Physiotherapeuten
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
Schließlich akzeptierte es das Gericht auch nicht, dass eine beim beklagten
Physiotherapeuten angestellte Behandlerin – im Gegensatz zu ihm – eine
Ausbildung zur Osteopathin absolviert hatte. Für diese rein privatrechtlich
organisierte Ausbildung sei im Heilpraktikergesetz keine Ausnahme von der
Erlaubnispflicht enthalten.
FAZIT | Das OLG hat seine Auffassung zur Erlaubnispflicht gut begründet und
sich der bereits 2008 ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 8.12.2008, Az. 7 K 967/07) und der Auffassung der Bundesregierung angeschlossen (Bundestags-Drucksache 17/10205, S. 72 f.).
11-2015
ARZT- UND MEDIZINRECHT
KOMPAKT
OLG entscheidet
im Einklang mit
bisheriger
Rechtsprechung
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