STANDPUNKT DIGITALES BAUEN

Aktuell
STANDPUNKT
DIGITALES BAUEN
«BIM-Einführung in der Schweiz » lautete der
architektur + technik : Fast täglich ist in
Building Information Modeling, kurz BIM,
oder zukünftigen Nutzer mit seinen Anfor-
Welche Rolle müssen die Verbände bei
gemeinsam angehen. «Bauen digital
Titel einer zweitägigen Tagung von SIA und
den Medien von der «Digitalisierung » von
ist heute in aller Munde. Alle reden davon.
derungen und Bedürfnissen über die ver-
der Einführung von BIM in der Schweiz
Schweiz » wird in Zukunft Vorgaben und
buildingSMART. BIM, die Abkürzung für Buil-
Wirtschaft und Gesellschaft zu lesen. Wo
Aber ist BIM in der Realität der Schweizer
fügbaren Produkte und Systeme bis zu Pla-
spielen?
Standards konsolidieren und ausweiten, Bil-
ding Information Modeling, ist nicht nur in
steht die Schweizer Bauwirtschaft in die-
Bauwirtschaft bereits angekommen?
nung, Ausführung und Betrieb. Wenn diese
Wie die Bauwirtschaft ist auch die Vereins-
dungs- und Forschungslücken schliessen
der Schweiz auf dem Vormarsch. Über die
ser digitalen Transformation?
In den letzten Jahren ist ein regelrechter
Prozesse intelligent vernetzt werden, eröff-
landschaft in der Schweiz sehr fragmentiert.
sowie Aufklärungsarbeiten und weiterge-
Gebäudedaten-Modellierung und ihre Facet-
Markus Weber : Die Digitalisierung verändert
BIM-Boom entstanden, alle reden davon,
nen sich ganz neue Perspektiven und
Es gibt unzählige Vereine / Verbände, so
hende Hilfestellungen zur Marktimplemen-
Geschäftsmodelle.
haben sich zum Beispiel rund 30 Vereine /
tierung leisten. Wir dürfen gespannt sein !
ten aus dem In- und Ausland informierten
die Welt, der von «Accenture » neu kreierte
aber nur wenige haben den Weg hin zum
Fachleute und Experten. Nach der Tagung
Digitalisierungsindex bestätigt leider meine
«digitalen Bauen » beschritten. Doch jetzt
wurde die Interessengemeinschaft «Bauen
Erkenntnisse : Die Bauwirtschaft bildet
wird die Bauwirtschaft zum Handeln
Die Aufgaben von Planern und Architek-
detechnik zur KGTV (Konferenz der Gebäu-
Digital Schweiz » der Öffentlichkeit bekannt
zusammen mit der Öl- und Gasindustrie das
gezwungen : Auf EU-Ebene wurde der Ein-
ten verändern sich damit also grundle-
detechnik-Verbände) zusammengeschlos-
gemacht. Wir unterhielten uns im Anschluss
Schlusslicht, ganz vorne zu finden sind zum
satz von BIM in öffentlichen Bauten
gend, oder, anders gefragt, braucht es den
sen, um vereint Einfluss auf den politischen
mit dem Initiator Markus Weber.
Beispiel die Telekommunikation und die Auto-
beschlossen, und Länder wie Grossbritan-
Architekten, wie wir ihn heute kennen, in
Prozess rund um die Energiewende zu neh-
REDAKTION Uwe Guntern
mobilhersteller. Das «digitale Bauen» steht
nien, Skandinavien oder die Niederlande
Zukunft noch?
men und die grossen Potenziale der Gebäu-
GRAFIK Benjamin Rüdlinger
noch ganz am Anfang und stellt die Bauwirt-
haben dies per Gesetz vorgeschrieben. Und
Den Architekten braucht es auf jeden Fall,
detechnik zu etablieren. Ähnlich muss das
die Schweizer Bauwirtschaft ist mit innova-
schliesslich geht es bei einem Neu- oder
auch in Bezug auf das «digitale Bauen » pas-
tiven Bauherren konfrontiert, die BIM in
Umbau auch um Baukultur, Identität und
sieren : Die Vereine / Verbände rund um das
ihren Ausschreibungen fordern. Die Nach-
Landschaftsbild. Doch die Zusammenarbeit,
Planen, Bauen und Bewirtschaften müssen
frage hat das Angebot überholt, und die
wie wir sie heute kennen, wird sich verän-
die Transformation der Schweizer Bauwirt-
schaft vor grosse Herausforderungen.
Akteure sind gleichermassen überfordert.
dern. Wie einschneidend und mit welchem
schaft zum «digitalen Bauen » gemeinsam
Tempo, ist heute schwierig abzuschätzen.
angehen. Denn wenn die Schweizer Bauwirt-
Wie wird BIM den Bauprozess verändern?
Zieht man Analogien zu anderen Wirt-
schaft diesen Entwicklungsschritt nicht
Moderne Neu- und Umbauten sind komplexe
schaftszweigen, wird auch im Planen, Bauen
rechtzeitig schafft, wird ihre Konkurrenz­
Systeme, bei denen unterschiedlichste Bau-
und Bewirtschaften von Gebäuden eine wei-
fähigkeit geschmälert, und ein Teil der Wert-
teile, Produkte und Technologien durch eine
tergehende Automatisierung Einzug halten,
schöpfung droht ins Ausland abzuwandern !
Vielzahl und nach Projektphasen wechseln-
dem gegenüber werden aber neue Jobs im
den Akteuren zu einem optimalen Ganzen
Bereich Software und Dienstleistungen
Sie haben am 11./12. Juni an der ETH die
zusammengefügt werden sollen. Die
geschaffen.
Tagung «BIM-Einführung in der Schweiz »
mit organisiert. Aktuell gibt es viele Ver-
gewohnten konventionellen Planungs- und
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architektur + technik 7 | 2015
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Verbände aus dem Bereich Energie-/Gebäu-
Baumethoden kommen an ihre Grenzen :
Wo sehen Sie die grössten Herausforde-
anstaltungen zum Thema — was hat Ihre
Markus Weber
Ineffizienzen in der Zusammenarbeit, lange
rungen bei der Einführung von BIM in der
Tagung besonders interessant gemacht?
ist Elektroingenieur FH / SIA und Betriebs-
Planungs- und Bauzeiten sowie Qualitäts-
Schweiz?
mängel sind die Konsequenzen. BIM ist eine
Die BIM-Einführung in der Schweiz ist nicht
Die Veranstaltung hat verschiedene Blick-
neue Methode, diese komplexen Planungs-
einfach ein Wechsel von 2D- zu intelligenter
winkel auf das Thema BIM ausgeleuchtet :
eines Planungsunternehmens im Bereich
und Bauprozesse wieder in den Griff zu
3D-Planung, es geht um eine Transformation
Einerseits die Nachfrage und das Angebot,
Energie- und Gebäudetechnik mit gegen
ingenieur ISZ / SIB. Er ist stellvertretender
Geschäftsleiter der Amstein & Walthert AG,
bekommen, doch BIM alleine löst die Pro­
eines ganzen Wirtschaftssektors ins digitale
dann bereits etablierte Geschäftsmodelle,
800 Mitarbeitenden. Zudem ist er Präsident
bleme nicht ! Beim «digitalen Bauen » geht
Zeitalter, die digitale Vernetzung der Wert-
andererseits den Blick über die Schweizer
des SIA Fachvereins Gebäudetechnik und
es um mehr als BIM: Strukturieren, Modula-
schöpfungskette. Architekten und Planer
Grenzen und zum Schluss eine Vision zum
Energie (www.fge.sia.ch) und Vorsitzender
risieren, Standardisieren und industriell Fer-
sind es nicht gewohnt, in Forschung und Ent-
«Bauen digital Schweiz ». Zudem wurde im
der Konferenz der Gebäudetechnik-Ver-
tigen sind ebenso wichtige Bestandteile.
wicklung zu investieren, und auch die mage-
Anschluss an die BIM-Tagung am 12. Juni
bände (www.kgtv.ch).
ren Margen beinhalten wenig Potenzial für
2015 die nationale Interessensgemeinschaft
Welche primären Vorteile dieser Verände-
Entwicklungsprojekte. Zudem ist die Schwei-
«Bauen digital Schweiz » ins Leben gerufen:
rungen sehen Sie?
zer Bauwirtschaft durch ihre vielen Klein-
Über diese Interessensgemeinschaft wer-
Der primäre Vorteil und zugleich die grosse
und Mittelbetriebe geprägt, was bei der
den Vereine / Verbände und Unternehmun-
Herausforderung beim «digitalen Bauen »
Transformation zum «digitalen Bauen » ein
gen rund um das Planen, Bauen und Bewirt-
ist die digitale Vernetzung der Wertschöp-
zusätzlicher Nachteil gegenüber dem Aus-
schaften die Transformation der Schweizer
fungskette, angefangen beim Bauherrn
land sein dürfte.
Bauwirtschaft zum «digitalen Bauen »
7 | 2015 architektur + technik 5