Special Immobilienwirtschaft Computer in Beton Digitalisierung Wie Entwickler, Ersteller, Betreiber und Eigentümer von Immobilien von der digitalen Transformation gefordert werden. D Beat Seger as schon länger bekannte Building Information Modeling (BIM) wird sich etablieren. BIM ist eine Planungsmethode, welche die Erzeugung und Verwaltung von digitalen Darstellungen der physikalischen und funktionalen Eigenschaften eines Bauwerks umfasst, und zwar von der Vorplanung bis zum Rückbau. Das Potenzial von BIM realisiert sich durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten auf der zentralen Datenbank. In dieser sind sämtliche Projektinformationen intelligent zusammengefasst. Das Ziel von BIM ist die integrierte, partnerschaftliche Arbeitsweise über den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken. Voraussetzung ist, dass alle Projektbeteiligten ihren ständigen Beitrag leisten. Im Idealfall sind sämtliche Informationen sofort dokumentiert und bilden eine verlässliche Quelle für Entscheidungen. Was technisch möglich ist, wird aber noch nicht umgesetzt. Selbst bei grösseren, auf BIM gestützten Bauvorhaben agieren die Beteiligten nach herkömmlicher Manier. Dadurch werden Chancen verpasst, welche die Innovation treiben, Effizienz erhöhen, Investitionen optimieren und Nachhaltigkeitspotenziale ausschöpfen. Läuft die Bau- und Immobilienbranche Gefahr, den Zug zu verpassen und Wertschöpfung an Branchenfremde zu verlieren? Neue Marktteilnehmer, die bestehende Geschäftsmodelle in Frage stellen, haben mit digitalen Technologien und Systemen bereits andere Wirtschaftszweige umgekrempelt, indem sie die Mehrwerte schaffen, welche die Nutzer nachfragen. Big Data treibt die Evolution Die Grundlagen sind vorhanden, um den nächsten Evolutionsschritt in der über bauten Welt zu vollziehen. Immobilien sind Computer in einer Betonhülle. Eine Vielzahl Sensoren innerhalb der Gebäude und in ihrer Umgebung erfassen eine Unmenge Daten. Beispiele sind Rauchmelder, Thermostate, Lichtsensoren, Haustechniksteuerungen, Sonnenkollektoren oder Kameras. Auch Antennen, Fernseher, Computer und Mobilgeräte sammeln Informationen. Wer- 8 den diese Daten mit weiteren Informatio nen der Immobiliennutzer ergänzt, so kann bereits heute ein dynamisches Bild der Liegenschaft, ihres Leistungsbeitrags und ihrer Nutzer gezeichnet werden. Die intelligente Interpretation von Informationen hat das Potenzial, unseren Umgang mit dem gebauten Raum grundlegend zu verändern. Ausgangspunkt ist das Verständnis, dass der Erfolg einer Liegenschaft davon abhängt, welchen ökonomischen, persönlichen oder gesellschaftlichen Beitrag sie für die Anspruchsgruppen leistet. Konventionelle Datenanalysen bilden bereits die Grundlage für eine Vielzahl immobilienbezogener Entscheidungen. BigData-Analysen gehen den entscheidenden Schritt weiter, unstrukturierte Daten zu Die Grundlagen sind vorhanden, um den nächsten Evolutionsschritt in der überbauten Welt zu vollziehen. e iner Gesamtsicht zu kompilieren. Daraus können versteckte Muster, Korrelationen und andere Zusammenhänge extrahiert werden. Die Analyse hilft, die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft zu steuern. Dass im Facility Management der Energie- und Ressourcenverbrauch über die Feinjustierung von Steuerungen optimiert werden kann, liegt auf der Hand. Diese Informationen können mit Daten zu Flächen und zur technischen Ausstattung, mit Bewegungsmustern des Unterhaltsdienstes, Ortungsdaten von Besuchern, aber auch Umsatzzahlen von Mietern oder Beiträgen in Sozialen Medien angereichert werden. Die Analyse dieser Datenkombination ermöglicht es, Effizienzgewinne zu realisieren und Kosten zu reduzieren, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und den Nachhaltigkeitsaspekten besser Rechnung zu tragen. Bereits bei der Wahl oder beim Abbau von Standorten bilden Big-Data-Analysen eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Je nach unternehmerischer Zielsetzung kön nen makroökonomische Daten mit der Ver- fügbarkeit von Arbeitskräften, Immobi lienpreisen, ÖV-Fahrplänen, Stauintensität, Informationen aus Loyalitätsprogrammen oder Kreditkarten, Besucherfrequenzen und Wetterdaten kombiniert werden. Dies erhöht die Sicherheit bei Standortentscheiden und ermöglicht es den Firmen, ihre Produkte auf die prognostizierte Nachfrage auszurichten und die Risiken zu minimieren. Disruptives Potenzial Big Data wird Mietmodelle beeinflussen, indem zeit- und frequenzabhängige Komponenten berücksichtigt werden. Dies hat Einfluss auf die Investitionsplanung, in der Erträge, Ausgaben, Investitionen oder Finanzierungskonditionen in Optionen modelliert werden können. Algorithmen leiten eine prospektive Transparenz über Risiken und Ausfallwahrscheinlichkeiten und beeinflussen die Geschäftsentscheidungen. Vermarktungsinformationen sind Gold wert und helfen bei der Wahl der besten Option. Big Data kann die Immobilienbranche grundlegend verändern. Das schiere Volumen der Immobiliensubstanz, die allein in der Schweiz rund 3 Billionen Franken umfasst, und der hohe Leistungsbeitrag der Immobilienwirtschaft an das BIP sind Anreiz für neue Geschäftsmodelle. Diese Innovationen werden sich auch im Bereich Cyber Security reflektieren. Im Internet der Dinge reicht es nicht, die Türe abzuschliessen und Firewalls hochzuziehen, um die Gefahren ausser Haus zu halten. Die digitale Entwicklung erfordert Strategien und Konzepte zur Aufrechterhaltung der Sicherheit. Die neuen Realitäten zwingen, uns Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass ganze Unternehmen oder Hochhäuser auf Knopfdruck lahmgelegt werden. Nicht zu unterschätzen sind auch die Herausforderungen bezüglich des Schutzes der Privatsphäre. Entsprechende neue gesetzliche Regelungen sind in der Schweiz und in der EU in Bearbeitung. Fest steht, dass Innovation keine Rücksicht darauf nimmt, wie rasch sich die Branchenakteure auf sie einstellen. Es bleibt die Frage, welche Dienstleister sich ihr Stück vom Wertschöpfungskuchen abschneiden. Beat Seger, Partner, Real Estate, KPMG, Zürich. handelszeitung | Nr. 4 | 2016 © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer Schweiz SE, - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung HANDELSZEITUNG-2016-01-28-tui- 91472b7a6e6800048073e2fe0678e15
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