Standpunkt - Targobank

Q2|16
Standpunkt
Finanzmarkt-Analysen auf den Punkt
Markterwartung
Fundamentale Einschätzung
Verhängnisvoll sind die vielen Unwägbarkeiten, zu
denen wir u. a. den Ölpreisverfall, die Brexit-Gefahr,
die Bankenschwäche in Europa sowie den anhaltenden Konjunkturabschwung weltweit rechnen;
für sich alleine genommen können sie gemanagt
werden. Doch wenn sich diese Risiken wie kleine
Kugeln gegenseitig beschleunigen, weil sie alle
zusammenhängen, wird es kritisch für die Weltkonjunktur. Das gilt vor allem auch deshalb, weil
die Richtung der großen Kugel – die chinesische
Wachstumsschwäche – nicht abschätzbar ist.
Rentenmärkte
Niedrige Inflationsraten und eine extrem lockere
Geldpolitik in den westlichen Industrieländern
stehen einem Anstieg der Zinsen und Renditen
kurz- und mittelfristig entgegen. Das verringert
aufgrund der inversen Beziehung von Rendite
und Anleihekurs das Kursrisiko. Trotzdem bleibt
die Attraktivität von Rentenanlagen aufgrund der
niedrigen Verzinsung gering. Wir weichen deshalb auf offene Immobilienfonds aus. Von kurzfristigen USD-Engagements raten wir ab, weil uns
für den USD weitere Wechselkursfantasie fehlt.
Performance-Erwartung
(Zeitraum: 12–18 Mon.)
Unterdurch­
schnittliche
Wert­ent­
wicklung
Neutral
Überdurch­
schnittliche
Wert­ent­
wicklung
Immobilien
Aktienmärkte
Die Aktienmärkte werden vorerst volatil bleiben.
Auf Sicht von drei bis sechs Monaten ist ihr Aufwärtspotenzial sehr beschränkt. Wir bevorzugen in
dieser Asset-Klasse weiterhin einen sehr defensiven
Ansatz. Im Rahmen eines Dividendenansatzes konzentrieren wir uns ausschließlich auf die Industrieländer und meiden weiterhin die Schwellenländer;
diese werden interessant, wenn sich die Rohstoffpreise stabilisieren. Wir investieren in Aktien, weil
wir die Gefahren für eine globale Rezession und
Deflation zwar sehen, aber diese nicht erwarten.
Offene
Immobilienfonds
Rentenmarkt
Hochzinsanleihen
Euro-Staatsanleihen
Euro-Unterneh­
mensanleihen
Aktien
Industrieländer
EM-Länder
Quelle: Bloomberg, TARGOBANK
Globale „Divi­
denden-Story”
ohne geogra­
fische Schwer­
punkte
Stand: 24.02.2016
Anlagestrategie
Portfolio-Zusammensetzung
Der heftige Kurseinbruch an den Aktienmärkten
zu Beginn des Jahres kam unerwartet. Die vielen
weiter bestehenden Unwägbarkeiten können die
Finanzmärkte zurzeit immer noch in weitere ungeahnte Turbulenzen stürzen. Wir behalten deshalb
unsere sehr konservative Anlagelinie unverändert
bei. Neu ist die Betonung, auf eine breit aufgestellte
defensive Asset-Allokation zu achten.
In dieser haben auch Anleihen, allerdings nur erstklassige Rentenwerte, ihren Platz, obgleich ihre
Verzinsung sehr gering oder sogar negativ ist. Sie
bieten unverändert einen Schutz vor fallenden
Aktienmärkten, weil in dem Fall – wie auch zu
Beginn des Jahres gesehen – ihre Kurse steigen.
Diese Aufgabe aber erfüllen nur erstklassige Anleihen. Das Ausweichen auf südeuropäische Anleihen
forcieren wir nicht mehr.
Eine Alternative zu der eher renditeschwachen
Rentenanlage stellen unverändert offene Immobilienfonds dar. Diese sollten kurz- und längerfristig
eine stabile Verzinsung von mehr als zwei Prozent
erwirtschaften können. Weil wir aber die Risikostreuung aktuell sehr in den Vordergrund stellen,
würden wir selbst in sehr konservativen Portfolios
keine Gewichtung von über 40 % empfehlen.
Aufgrund der immer noch durchwachsenen
Konjunkturaussichten ist eine zu große Aktienposition ebenfalls zu vermeiden. Sie sollte, selbst in
den aggressiveren Portfolios, klar auf unter 100 %
beschränkt werden. Wir setzen auf einen konservativen Dividendenansatz in einer Fondslösung, in
dem die Titelauswahl eine größere Rolle spielt als
eine Länderallokation.
Research im Internet www.targobank.de/Research
Risiko
Wenn die chinesische Konjunktur weiter Fahrt
verliert, kämen Aktienwerte unter Druck. Die von
uns eher untergewichteten Rentenwerte dagegen
würden haussieren – die Rentenkurse sollten also
zulegen, die Renditen weiter fallen. Das träfe insbesondere für die von uns eher verschmähten langen
Laufzeiten zu. Der Einfluss auf die Entwicklung
offener Immobilienfonds wäre vernachlässigbar.
Ähnliches würde bei einer Eskalation der geopolitischen Risiken gelten.
Auf der anderen Seite würde eine sich verbessernde Einschätzung der globalen Konjunkturerwartungen eine gegenteilige Reaktion auslösen.
Da wir die Wahrscheinlichkeit für das Eintreffen
des ersten Risiko-Szenarios höher einschätzen als
die des zweiten, präferieren wir eine Aktienquote
von maximal 50 %.
Standpunkt
Konjunktur
BIP-Prognosen: Erholung kaum vorhanden
2014
2015
2016
3,3
3,1
3,0
1,7
2,4
0,9
-0,1
1,9
2,4
1,4
0,5
1,5
2,0
1,3
-0,1
4,6
6,4
0,7
2,4
4,1
6,1
-0,8
1,1
4,2
5,9
-0,2
1,6
Wachstum gg. Vj., %
- Global
Industrieländer
- G7
- USA
- Eurozone
- Japan
Emerging Markets
- EM-Raum
- EM-Asien
- EM-Lateinamerika
- EM-Europa
Quelle: TARGOBANK
Stand: 24.02.2016
Historische Wertentwicklungen oder Prognosen sind keine
verlässlichen Indikatoren für eine künftige Wertentwicklung.
(1) OECD rechnet mit breiter
Wachstumsabschwächung
8
ECD-Schätzung per Feb.
O
2016
Veränderung zur Schätzung
vom Nov. 2015
6
4
2
0
-2
-4
(2) Wie lange könnten die Zinsen
noch mindestens negativ bleiben?
Eine Analystenumfrage
EZB
Bank von Japan
Schweizer Notenbank
03/14
03/15
03/16
03/17
03/18
03/19
03/20
(3) Zinssenkungen haben in Europa die
Deflationsthematik nicht beseitigt
5,00
3,50
4,00
2,50
3,00
Quelle für alle Charts: Bloomberg, TARGOBANK
Stand: 24.02.2016
1,50
2,00
0,50
1,00
0,00
E U-Inflationsrate gg. Vj., in %
EZB-Leitzins (re. Achse)
-0,50
-1,00
03/06
Befinden wir uns im Szenario „The New Normal“?
Das fundamentale Bild
Seit Beginn des Jahres ist das Bild an den Finanzmärkten von großen Kursschwankungen und stark
nachgebenden Preisen, vor allem für Aktien, geprägt. Für den Rückgang gibt es viele Gründe; da ist
die berechtigte Sorge über eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft; da ist auch die Sorge, ob
die US-Notenbank in dem Moment ihren monetären Kurs verschärft, in dem sich die US-Konjunktur
abzuschwächen beginnt; da sind die fallenden Rohstoffpreise, die zusammen mit der China-Schwäche
das Wachstum im gesamten EM-Raum erheblich dämpfen; da ist Europa mit einer größer werdenden
Anzahl von Problemen, die inzwischen sogar bis zum Auflösen der Gemeinschaft reichen. Auch die
kaum mehr durchschaubaren geopolitischen Risiken und politischen Entwicklungen (US-Wahlkampf;
Flüchtlingskrise und Syrienkrieg) tragen nicht zur Stabilisierung der Finanzmärkte bei.
Gleichzeitig macht sich eine große Unsicherheit breit. So werden klare Überzeugungen der Vergangenheit
massiv in Frage gestellt bzw. sogar ins Gegenteil verkehrt. Ein Beispiel: Galten in den letzten 40 Jahren
fallende Rohstoffpreise für die Industrieländer als segensreich, werden sie inzwischen als Vorboten einer
globalen Rezession interpretiert.
Wenn vom Tagesgeschehen abstrahiert wird, lassen sich die skizzierten Probleme größtenteils auf eine
Handvoll Anomalien zurückführen, die zurzeit immer noch schwerlich erklärbar sind:
Zu nennen ist das schwächliche Wachstumspotenzial und das damit einhergehende sinkende Weltwirtschaftswachstum. Möglicher Grund ist die Schwierigkeit, die private und öffentliche Verschuldung
zurückzuführen. Dieser Prozess begann in den USA, fand dann seine Fortsetzung in Europa und hat
inzwischen auch den EM-Raum erreicht. Aber auch der Alterungsprozess der westlichen Gesellschaft,
der zwangsläufig zu höherer Ersparnis und geringerer Investitionstätigkeit führt, lähmt das Wachstum.
Unverständlich allerdings ist, dass der anhaltend hohe technologische Fortschritt die Produktivität der
Weltwirtschaft nicht gefördert hat.
Das schwache Weltwirtschaftswachstum pauschal mit mangelnden Strukturreformen zu erklären, mag
richtig sein, ist uns allerdings zu pauschal. Die fehlenden klaren Antworten allerdings verunsichern zusätzlich und führen zu einer Zurückhaltung bei den Kapitalinvestitionen, was dann wiederum die Wachstumsschwäche zusätzlich befeuert.
Die zweite wesentliche Anomalie ist die weltweite Geldpolitik. Die Null-Zinspolitik mit teilweise negativen Zinsen hätte man sich vor Ausbruch der Finanzmarktkrise weder vorstellen können, noch hätte
man vermutet, dass diese so lange Bestand haben könnte und dass ihr gleichzeitig fast alle westlichen
Industrieländer folgen würden. Auch haben sich die Einschätzungen, wie sich diese in der realen Wirtschaft auswirken könnten, in keiner Weise bewahrheitet. Weder das Wirtschaftswachstum ist überschäumend angesprungen, noch hat diese Geldpolitik zu Inflation geführt – sogar das Gegenteil ist
eingetreten. Die Angst vor einer (globalen) Deflation ist so groß wie selten.
Eine weitere Anomalie ist die Vernachlässigung der massiven geopolitischen Risiken an den Finanzmärkten. In Europa wird immerhin der Zusammenbruch der Europäischen Gemeinschaft seriös diskutiert,
Russland wird außenpolitisch immer aggressiver, und der Nahe Osten befindet sich in einem grundlegenden Umwälzungsprozess, der augenscheinlich nicht zum Vorteil der westlichen Industrieländer ist.
Wir erinnern uns: Allein infolge von „9/11“ waren die US-Börsen mehrere Tage geschlossen.
Die hier umrissenen Anomalien, die unter Volkswirten auch zynisch „The New Normal“ genannt werden,
haben aber auch ihr Gutes. Die stark gestiegenen Vermögenspreise steigen nicht mehr, die Finanzmärkte haben begriffen, dass hier etwas nicht stimmt. Die Folge ist Zurückhaltung. Die möglichen Blasen,
die sich im Zusammenhang mit der extrem lockeren Geldpolitik aufgebaut haben, bilden sich zurück –
ohne dass es dazu zu einem Crash kommen muss.
-1,50
03/08
03/10
03/12
Quelle für alle Charts: Bloomberg, TARGOBANK
2 Standpunkt Q2|16
03/14
03/16
Stand: 24.02.2016
www.targobank.de
Standpunkt
Anleihen
(1) US-Zinsschritt vorerst nicht zwingend
10
50
Rendite ist unattraktiv
40
8
30
20
6
10
0
4
2
-10
US-Leitzins
Weltexporte in
USD, Veränderung
gg. Vj. in % (li.
Achse)
-20
-30
0
-40
86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12 14 16
(2) Wie tief noch? Deutsche Umlaufrendite
fast am historischen Tief
2,00
2,00
1,75
1,75
1,50
1,50
1,25
1,25
1,00
1,00
0,75
0,75
Umlaufrendite deutscher
Bundesanleihen
Unterstützung und
Widerstandslinien
0,50
0,25
0,50
0,25
0,00
0,00
-0,25
-0,25
02/12 08/12 02/13 08/13 02/14 08/14 02/15 08/15 02/16
(3) Goldpreis und Inflationserwartung
2.000
3,00
1.800
1.600
2,50
1.400
1.200
2,00
1.000
800
600
Aktuelle Lage
Die Rentenmärkte in Europa feiern die Ankündigung der EZB im Dezember, die Geldpolitik nochmals zu
lockern, sowie die anhaltenden Deflationsrisiken mit Kursgewinnen. Die eingetrübten Aussichten auf USLeitzinserhöhungen haben dem USD einen empfindlichen Dämpfer verpasst.
Goldpreis in USD/Unze
Inflationserwartung
für den Euroraum in
fünf Jahren
400
1,50
1,00
02/12 08/12 02/13 08/13 02/14 08/14 02/15 08/15 02/16
Quelle für alle Charts: Bloomberg, TARGOBANK
3 Standpunkt Q2|16
Stand: 24.02.2016
Markteinschätzung
Nach fast sieben Jahren Null-Zinspolitik hat die US-Notenbank im Dezember die Zinsen ganz leicht angehoben. Diese Zinserhöhung bedeutet aber nicht die Rückkehr zu „normalen“ Verhältnissen – die Fed hat keinen
klassischen Zinsanhebungszklus eingeleitet, der die US-Leitzinsen in absehbarer Zeit wieder an ihren langfristigen Durchschnitt führen wird. Im Extremfall ist sogar eine Umkehrung des jüngsten Zinsschritts möglich. Es
ist im Wesentlichen der Mangel an Wachstumsfantasie, der höhere Zinsen in den USA und auch anderswo
zurzeit nicht zulässt. Anders als in den 1980er-Jahren, als Japan die Wachstumslokomotive war, oder in
den 1990er-Jahren, als die USA diese Rolle übernahm, oder in der Finanzmarktkrise, in der dem EM-Raum
diese Rolle zufiel, zeichnet sich zurzeit keine Region ab, die aktuell diesen Part adäquat ausfüllen könnte. Die
jeweiligen Regionen sind entweder überschuldet, leiden an Überkapazitäten oder Überalterung oder haben
Probleme wegen der fallenden Rohstoffpreise. Der abnehmende Welthandel reflektiert diese Entwicklung;
er unterstreicht aber auch, dass das Wachstumsmodell mit dem Namen Globalisierung an seine Grenzen zu
stoßen scheint. Vor diesem Hintergrund dürfen die Zinsen noch länger unattraktiv niedrig bleiben.
Sollen in diesem Umfeld die Rentenmärkte über Jahre vernachlässigt werden? Die jüngsten Turbulenzen
an den Aktienmärkten, die immerhin dem DAX in der Spitze von seinem Hochpunkt in 2015 einen Verlust
von rund 30 % beschert haben, verdeutlichten, dass die Rentenmärkte einen Versicherungsschutz gegen
Risiken in anderen Anlageklassen darstellen. Mehr aber scheint es nicht zu sein. Wir haben an dieser Stelle
in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass wir mangels Rendite auf der Rentenseite offene Immobilienfonds bevorzugen. Das tun wir unverändert auch heute noch. Doch die vielen Anomalien, die uns in
der heutigen Finanzwelt begegnen, veranlassen uns, auf eine breit angelegte Asset-Allokation einen noch
größeren Wert zu legen. In ein breit gestreutes Portfolio gehören deshalb auch Rentenwerte. Wir bevorzugen unverändert Titel mit einer erstklassigen oder zumindest mit einer guten Bonität. Hochzinsanleihen
bieten im Zweifelsfall keinen Schutz vor Kapitalmarktturbulenzen und finden daher vorerst weiterhin keine
Berücksichtigung. Den südeuropäischen Anleihen halten wir die Treue. Allerdings würden wir hier kürzere
Laufzeiten wählen.
Eine weitere Alternative ist Gold. Die Kursaussichten sind insbesondere wegen der nicht vorhandenen
Inflationsbefürchtungen eher gering; doch kann Gold, anders als Papiergeld, nicht willkürlich auf den
Markt gebracht und damit entwertet werden. Wiederum auch aufgrund der angesprochenen Anomalien
scheint deshalb Gold eine logische Berechtigung in einem diversifizierten Portfolio zu haben. Wir meiden
allerdings ein Goldinvestment in Form von Goldminenaktien.
Eine weitere Alternative wäre ein Währungsinvestment. Hier böte sich insbesondere der USD an. Wir sind
allerdings skeptisch, was dessen Performance-Aussichten angeht. Die US-Konjunktur läuft kaum besser
als die europäische und der im letzten Jahr noch angekündigte Zinsanhebungszklyus fällt aus. Woher soll
da die Fantasie für den USD kommen? Auch als Absicherung eines Aktienportfolios dient er zurzeit nicht.
In den letzten zwei Jahren stieg der Greenback, wenn die Aktienkurse fielen und umgekehrt. Aber dieser
Zusammenhang ist zusammengebrochen, was möglicherweise mit den eingetrübten US-Konjunkturaussichten zu erklären ist.
Risiko zu unserer Strategie
Politische wie auch konjunkturelle Risiken können immer noch zu einem Auseinanderbrechen des EuroWährungsraums führen, der durch die Flüchtlingskrise zusätzlich destabilisiert werden kann. Im Krisenfall
wären ausländische Anlagen, insbesondere in USD, die bessere Alternative.
www.targobank.de
Standpunkt
Aktien
(1) Die Baisse hat fast alle Segmente der
Finanzmärkte erfasst
(Zeitreihen zum Startzeitpunkt auf 100 indexiert)
130
130
120
120
110
110
100
100
90
90
80
80
70
70
China MSCI-Aktienindex
Ölpreis in USD/Fass
Stoxx 50 – Europ. Aktienindex
60
50
60
50
40
40
02/15
04/15
06/15
08/15
10/15
12/15
02/16
(2) Die Charttechnik ist nicht vielversprechend
2.000
1.800
1.600
1.400
1.200
1.000
MSCI-Weltaktienindex
mit 200-Tage-Linie
Unterstützung und
Widerstandslinien
800
600
08
09
10
11
12
13
14
15
16
(3) Gibt es Parallelen zu den zwei Baissezyklen
in den letzten 16 Jahren?
12.200
10.200
8.200
6.200
4.200
Der Weg nach oben ist vorerst verstellt
Aktuelle Lage
An den Finanzmärkten wird fast verzweifelt nach Argumenten gesucht, die für stabile oder höhere
Aktienkurse sprächen. Doch alle Argumente werden verworfen. Die Angst vor einem globalen Konjunkturabschwung ist das überragende Thema – „The New Normal“ –, mit dem niemand vernünftig
umzugehen weiß.
Markteinschätzung
Es ist nicht zu übersehen, dass sich inzwischen alle Finanzmärkte auf einen Konjunkturabschwung
eingeschworen haben. Was mit einem Aktienkursverfall in China im Mai 2015 begann, ging mit dem
Preisverfall für Erdöl und Rohstoffe weiter und mündete inzwischen in eine Baisse für alle führenden
Aktienmärkte. Darüber gerieten fast alle EM-Währungen unter Druck; auch der USD schwächte sich
gegenüber dem Euro ab. Dagegen haussieren die Rentenmärkte, sofern sie einen „Safe-Haven-Status“
aufweisen können, und auch der Goldpreis ging nach oben. Die Botschaft könnte eindeutiger kaum
sein und lässt keine Zweifel daran, was an den Märkten gedacht wird.
Infolgedessen hat sich auch die Charttechnik für fast alle großen Aktienindizes erheblich verschlechtert.
Der MSCI-Weltaktienindex hat seinen im März 2009 gestarteten Hausse-Trend beendet. Nach einer
zwischenzeitlichen Erholung Ende letzten Jahres drehte der MSCI-Index im ersten Quartal 2016 klar
nach unten. Dabei hat sich eine Top-Formation herausgebildet, die den technischen Charakter einer
Kopf-Schulter-Verkaufsformation aufweist. Aus dieser ist der Index inzwischen herausgefallen – die
Unterstützungsbereich um 1.570 Indexpunkte hat nicht gehalten. Damit ist aus charttechnischer Sicht
ein neuer mittelfristiger Abwärtstrend entstanden. Der Abwärtstrend liegt aktuell bei rund 1.600 Punkten. Charttechnisch ist die Gesamtsituation also negativ zu beurteilen. Das Gesamtbild wird erst dann
wieder besser oder zumindest neutral, wenn der Index den mittelfristigen Abwärtstrend verlässt.
Steht uns ein großer Baissezyklus bevor? Die Betrachtung der zwei jüngsten Aktienbaissen hilft in der
aktuellen Situation nicht weiter. Der Kurseinbruch zwischen 2000 und 2002 war im Wesentlichen die
Folge einer Überbewertung der Aktienmärkte – genauer gesagt von Teilsegmenten im Bereich der
Technologie. Aber große Überbewertungen sind an den Aktienmärkten zurzeit nicht auszumachen.
Der Kursrückgang von 2008 war die Folge des Verfalls der US-Immobilienpreise, eine Entwicklung,
die beinahe die ganze Finanzwelt in den Abgrund gerissen hätte. Möglicherweise sind hier Parallelen
erkennbar. Der Rückgang der Immobilienpreise müsste u. a. durch den Konjunkturabschwung in China
und den Preisverfall der Rohstoffpreise ersetzt werden. Es ist möglicherweise ein ganzes Konglomerat
von Risiken, die – wenn sie zusammen ausbrechen – dem Weltfinanzsystem auch heute wiederum
erhebliche Schwierigkeiten bereiten können; solange sie aber isoliert sind, scheinen sie beherrschbar.
Die Finanzmärkte aber fürchten sich von ihrem gemeinsamen Auftreten in einer Welt, die durch ein
nachlassendes Wirtschaftswachstum und Deflationsängste geprägt ist.
Auf Aktien aber wollen wir in unseren Portfolios trotzdem nicht verzichten. Wir sehen in dieser Anlageklasse mittel- und langfristig die besten Kurschancen, auch wenn das Umfeld im Moment kaum für
die Aktie spricht. Wir raten unverändert zu einem globalen Dividendenansatz, wobei Aktien von Unternehmungen im Vordergrund stehen, die eine breite Produktpalette aufweisen und möglichst über weltweite Absatzmöglichkeiten verfügen. Wir setzen keine regionalen Schwerpunkte, sehen aber vorerst
von einem Engagement in den EM-Ländern vollständig ab. Wir bleiben also trotz widriger Umstände
unverändert unserer defensiven Aktien-Anlagestrategie treu.
DAX Index
2.200
200
96
98
00
02
04
06
Quelle für alle Charts: Bloomberg, TARGOBANK
4 Standpunkt Q2|16
08
10
12
14
16
Stand: 24.02.2016
Risiken zu unserer Einschätzung
Die größten Risiken gehen von einer erneuten schubartigen Stimmungsverschlechterung aus. Dabei
müssen insbesondere der Bankensektor und die Wirtschaftsentwicklung in China im Auge behalten
werden.
www.targobank.de
Standpunkt
Contrarian View
An dieser Stelle präsentieren wir eine Einschätzung, die in der Finanzwelt kaum diskutiert
wird, die wir aber für wichtig halten. Dieses Mal möchten wir über die Folgen eines sinkenden
Ölpreises reden.
Rohstoffpreise und Wachstum
(1) Normalerweise verleihen fallende
Rohstoffpreise den Industrieländern
einen Wachstumsschub
5
-80
4
-60
-40
3
-20
2
0
1
Uns fällt es immer noch schwer zu verstehen, warum ein sinkender Ölpreis eine Weltrezession zur
Folge haben soll. Es ist auch keine fünf Jahre her,
da hätten fast alle Ökonomen folgende Daumenregel unterschrieben: Ein Rückgang des Öl-preises
um 20 USD/Fass bringt der Welt 0,5 % mehr Wirtschaftswachstum. Aber vielleicht ist auch das ein
Teil des „New Normal“, alle stabilen Zusammenhänge der Vergangenheit infrage zu stellen.
20
0
40
-1
60
-2
80
7: BIP-Wachstum gg. Vj., in %
G
Ölpreis: Veränderung gg. Vj., in %,
inverse Darstellung, Vorlauf: 2 Jahre
-3
100
-4
03/06
120
03/08
03/10
03/12
03/14
03/16
Quelle: Bloomberg, TARGOBANK
03/18
Stand: 24.02.2016
Das Schaubild unterstreicht unser Unverständnis.
Es zeigt die Entwicklung des Wirtschaftswachstums in den G7-Ländern, den sieben größten
Industrieländern der Welt. Darüber hinaus ist die
Veränderung des Ölpreises in den Chart eingezeichnet. Diesen haben wir mit einem Vorlauf von
zwei Jahren versehen, d.h. dass sich gesamtwirtschaftlich eine Ölpreisveränderung erst mit einer
Verzögerung von zwei Jahren auswirkt. Wenn die
beiden Zeitreihen in der beschriebenen Form
übereinandergelegt werden, lässt sich ein Zusammenhang erkennen: Ein steigender Ölpreis führt
verzögert zu weniger Wirtschaftswachstum und
umgekehrt. Wenn wir uns auf den aktuellen Rand
konzentrieren, können wir aufgrund des jüngsten Ölpreisverfalls eine klare Wachstumsbeschleunigung ablesen. Sie könnte das Wachstum
in den G7-Ländern von derzeit rund zwei Prozent
auf rund drei Prozent heben.
Wir sehen auf Sicht von einem Jahr aufgrund des
gesunkenen Ölpreises eine Wachstumsbeschleunigung in den G7-Ländern voraus. Das wäre eine
Überraschung für die Finanzmärkte, die zurzeit
vom Gegenteil ausgehen. Wir fühlen uns aber mit
unserer Aktienstrategie bestätigt.
Datenkalender
Wo geht es bitte zum Aufschwung?
(I) Datenkalender für Q2|16
Letzter
Wert
Veröffentlichung
Apr
Mai
Jun
Stimmungsindikatoren
PMI*
Ifo-Index*
USA
48,2
EU
51,0
erster Arbeitstag im
Monat
CHN
49,4
DE
105,7
zwischen dem 18.-25.
90,7
zwischen dem 18.-25.
erster Freitag im Mon.
Verbraucherstimmung* USA
Konjunkturangaben
Arbeitslosenquote*
Produktion**
Verbraucherpreise**
Notenbanksitzungen
USA
4,9
DE
6,2
erste Woche im Mon.
USA
-0,7
zwischen dem 12.-16.
EU
-1,3
zwischen dem 10.-18.
CHN
0,0
zwischen dem 14.-18.
USA
1,4
zwischen dem 15.-20.
EU
0,3
zwischen dem 12.-28.
CHN
1,8
zwischen dem 10.-17.
FED-Zinssatz
Leitzins
USA 0,0-0,25% 27.04.
–
15.06.
EZB-Zinssatz
EU
–
02.06.
0,00
*Indexstand, **Veränderung zum Vorjahr, %
Quelle: TARGOBANK
5 Standpunkt Q2|16
21.04.
Stand: 24.02.2016
Der Datenkranz, der die Finanzmärkte beeinflusst,
war selten breiter gefasst als zurzeit. Letztendlich
aber geht es immer um die Frage: Wo geht es bitte zum Konjunkturaufschwung? Wenn allerdings
das „New Normal“ Gültigkeit hat, wird es auf diese Frage noch länger keine klare Antwort geben.
Dennoch werden die Anleger auf Stimmungsindikatoren – insbesondere die Einkaufsmanagerindikatoren in China und den USA – achten. In beiden
Ländern geht es um das Gleiche, einen weiteren
Wirtschaftsabschwung zu vermeiden. Das wird
möglicherweise in den USA besser gelingen als
in China, eine Entwicklung, die die Finanzmärkte
kaum zufriedenstellen dürfte.
Das zweite große Augenmerk liegt auf den
Rohstoffpreisen. Nur wenn diese steigen, so im
Moment das Credo, wäre ein Eckpfeiler für eine
Stabilisierung der Weltkonjunktur gegeben. Hier
besteht Hoffnung, dass die Wünsche der Finanzmärkte erhört werden. Auf die Dauer wird trotz
aller Querelen insbesondere den erdölexportierenden Ländern klar, dass nur eine Drosselung der
Förderung zu höheren Ölpreisen führt.
Über die Ausrichtung der Geldpolitik scheint Klarheit zu herrschen. Die EZB, die japanische Notenbank und auch die chinesische behalten ihre
lockere monetäre Gangart bei bzw. könnten sie
weiter lockern. Die amerikanische Zentralbank
dagegen dürfte nur vage weitere Zinsschritte in
der zweiten Jahreshälfte 2016 in Aussicht stellen.
Ob das an den Märkten gut ankommt, ist offen.
Bei anhaltendem Konjunkturabschwung besteht
die Gefahr, dass sich an den Finanzmärkten die
Meinung durchsetzt, dass die Notenbanken ihr
Pulver restlos verschossen haben.
Kritisch kann es für die Notenbanken aber auch
dann werden, wenn von den Rohstoffpreisen
keine inflationsdämpfenden Effekte mehr ausgehen und die Inflationsraten beginnen, deutlich
anzuziehen.
www.targobank.de
Standpunkt
Wichtiger Hinweis der TARGOBANK
Hinweis auf mögliche Interessenkonflikte
Die TARGOBANK AG & Co. KGaA („TARGOBANK“) hat bei der öffentlichen Verbreitung von Finanzanalysen mögliche Interessenkonflikte offenzulegen. Dieser Verpflichtung kommt sie nach, indem sie auf die nachfolgende Darstellung möglicher Interessenkonflikte hinweist. Die möglichen Interessenkonflikte werden mit größtmöglicher Sorgfalt innerhalb
der TARGOBANK ermittelt und regelmäßig auf ihre Aktualität überprüft.
Die in Finanzanalysen geäußerten Ansichten geben die persönliche Ansicht
des Analysten über die genannten Wertpapiere oder Emittenten wieder;
die Vergütung des Analysten war weder in der Vergangenheit, ist nicht
in der Gegenwart und wird auch nicht in Zukunft an die Empfehlungen
oder Ansichten innerhalb der Finanzanalysen gebunden sein. Die in Finanz­
analysen genannten Inhalte, Produktinformationen, Ausarbeitungen oder
Einschätzungen zu Wertpapieren sind nur zu Ihrer Information bestimmt
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aktuelle Entwicklungen könnten diese jedoch überholt sein oder sich ansonsten geändert haben, ohne dass die bereitgestellten Einschätzungen, Bewertungen, Ausarbeitungen und Informationen geändert wurden bzw. werden.
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Dritter wiedergeben, müssen diese nicht mit den Auffassungen der TARGOBANK im Einklang, sondern können auch im Widerspruch hierzu stehen.
Der Wert der in den Finanzanalysen genannten Anlagen unterliegt
Schwankungen des Marktes, welche zum ganzen oder teilweisen Verlust des Investments führen können. Zum Beispiel kann infolge von
Wechselkursveränderungen bei der Währung, auf die die Kapitalanlage lautet, der Wert der Kapitalanlage steigen oder fallen, wenn die
Impressum
6 Standpunkt Q2|16
Verantwortlich
für den Inhalt:
Dr. Otmar Lang
Direktor
Research
eigene Währung des Anlegers eine andere ist. Anlagen in diese Produkte sind keine Bankeinlagen und sind entsprechend weder durch die
TARGOBANK noch im Rahmen der Einlagensicherung garantiert. Die Performance der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die zukünftige
Wertentwicklung zu. Soweit Prognosen abgegeben werden, könnten diese
unter Umständen nicht oder nicht vollständig zutreffen. Vor dem Erwerb
eines Produkts sollte der Kunde eine selbstständige Anlageentscheidung
treffen, ohne sich auf eine Finanzanalyse zu verlassen. Die Finanzanalyse
ersetzt keine anleger- und anlagegerechte Beratung. Es sollte eine ausführliche und an der Kundensituation ausgerichtete Beratung erfolgen.
Die in Finanzanalysen genannten Geldanlagen in Unternehmen oder Märkte
sollten nur von Anlegern in Betracht gezogen werden, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen in Finanz- und Wertpapiergeschäften in der Lage sind,
die damit einhergehenden Vorteile und Risiken einzuschätzen; andere Personen
sollten keine Wertpapiergeschäfte auf Grundlage einer Finanzanalyse tätigen.
Die genannten Produkte können nicht von US-Personen erworben werden.
Die TARGOBANK erhält für Abschluss und Bestand eines Anlageproduktvertrages vom Emittenten oder der Kapitalverwaltungsgesellschaft Provisionen. Zu genannten Produkten wird ein offizieller Prospekt gemäß den gesetzlichen Vorgaben veröffentlicht. Allein maßgeblich für die Produkte sind die Bedingungen des jeweiligen Prospektes,
welcher kostenlos in Ihrer TARGOBANK Zweigstelle erhältlich ist.
Die TARGOBANK, aber auch Organe, Führungskräfte sowie Mitarbeiter halten
möglicherweise Anteile oder Positionen an Wertpapieren oder Finanzprodukten, die Gegenstand von Bewertungen sind. Die TARGOBANK kann daher
auch ein Geschäft mit einem Finanzinstrument getätigt haben, das Gegenstand
der Finanzanalyse ist oder war, bevor diese Information dem Kunden zugänglich gemacht worden ist. Die TARGOBANK hat in Übereinstimmung mit den
gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Regelungen interne organisatorische
Vorkehrungen getroffen, um Interessenkonflikte bei der Erstellung und Weitergabe von Finanzanalysen soweit wie möglich zu vermeiden.
Herausgeber:
TARGOBANK AG
Co. KGaA
Kasernenstraße 10
40213 Düsseldorf
Schlussredaktion:
Dirk Maertens,
Maenken Kommunikation
Grafik:
Birte Janzen, eindesign.de
Redaktionsschluss:
24.02.2016
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