09/2015 No 02 A k t u e l l e P r e s s e t e xt e z u vo l ks - u n d b e t r i e b sw i rt s c h a f t l i c h e n T h e m e n wirtschaftspresseplus ARBEITSLOSIGKEIT Ideelle und materielle Unterstützung erhalten wir von unseren Projektpartnern: WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit 1 Lesen Sie die Presseartikel auf den nächsten Seiten und beantworten Sie die nachstehenden Aufgaben. ARBEITSLOSIGKEIT AUCH IM AUGUST WIEDER GESTIEGEN 1. SEPTEMBER 2015, 16:02 DIE LAGE VERSCHLECHTERT SICH WEITERHIN, EINE TRENDWENDE AM HEIMISCHEN ARBEITSMARKT IST NICHT IN SICHT Wien – Die Arbeitslosigkeit ist in Österreich auch im August weiter gestiegen. Mit Ende des Monats waren 327.000 Menschen als arbeitslos gemeldet, 57.000 befanden sich in einer AMS-Schulung. Die um saisonale Schwankungen bereinigte Arbeitslosenrate – Ökonomen sehen sie als den aussagekräftigsten Indikator – ist im August auf 10,9 Prozent geklettert. Anfang des Jahres lag sie noch bei 10,3 Prozent, vor der Krise bei 7,1 Prozent. Die Arbeitslosigkeit steigt in Österreich seit 2011 beständig an, kurzfristig hat sich die Lage leicht entschärft, als sich die Konjunktur im Euroraum etwas erholte. Die meisten Arbeitslosen haben zuvor im Handel gearbeitet (51.700), der zweitgrößte Sektor ist der Tourismus (36.000) und der Leiharbeiterbereich (34.900). Am stärksten ist der Anstieg der Arbeitslosen derzeit im Gesundheits- und Sozialsektor. In Salzburg verschlechterte sich die Lage mit 3,2 Prozent mehr Arbeitslosen noch am geringsten, gefolgt von Tirol und Vorarlberg (beide + 4,5 Prozent). In Kärnten stieg die Zahl der Arbeitslosen um 5,9 Prozent, in der Steiermark um 6,4 Prozent und im Burgenland um 7,0 Prozent. Niederösterreich verzeichnete einen Zuwachs um 9,7 Prozent, Oberösterreich um 11,7 Prozent. In der Bundeshauptstadt Wien stieg die Zahl der Arbeitslosen um 19,7 Prozent. Im Österreich-Schnitt lag der Zuwachs im Vorjahresvergleich bei 11,9 Prozent. Der hohe Anstieg in Wien liegt aber auch an der Statistik. In Wien ist die Zahl der vom AMS angebotenen Schulungen am stärksten zurückgegangen. Deutlich mehr auf Jobsuche Das Sozialministerium verweist auf die steigende Beschäftigung. Ohne stabile Konjunktur könne jedoch das zunehmende Arbeitskräfteangebot nicht abgedeckt werden. Knapp 65.000 Arbeitskräfte waren im August zusätzlich auf Jobsuche, rund die Hälfte davon finde auch neue Arbeitsplätze. 2 WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit Damit stieg die Zahl der unselbstständig Beschäftigten um rund 30.000 auf einen neuen Rekordwert von 3,582.000 Personen. Derzeit wird hinter den Kulissen an einem Paket für einen Arbeitsmarktgipfel gearbeitet, der im Herbst stattfinden soll. Einen konkreten Termin dafür gibt es noch nicht. Das Wirtschaftsforschungsinstitut rechnet mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit bis 2017, das AMS erweitert diese Prognose sogar auf 2018. Ökonomen prognostizieren aber selbst dann keinen raschen Rückgang. Das liegt vor allem an der schwachen Konjunktur: Österreich ist seit 2012 beim Wachstum deutlich im Eurozonenvergleich zurückgefallen. Auch die hohe Migration erklärt für Ökonomen einen Teil des Anstiegs der Arbeitslosigkeit. Im Vorjahr sind 72.000 Menschen mehr nach Österreich zugewandert als ausgewandert, in den Jahren davor waren es noch deutlich weniger. Reaktionen Die Reaktionen der Parteien fallen sehr unterschiedlich aus: Die FPÖ sieht die Ursache der Probleme bei den Ausländern und tituliert Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) als „Einwanderungsminister“. Die Freiheitlichen werfen dem Sozialminister vor, sich wegen Ambitionen um das Bundespräsidentenamt nicht um die Interessen der Arbeitnehmer zu kümmern und kritisieren die Verschiebung des Arbeitsmarktgipfels. Seit Jahren gebe es „eine starke Zuwanderung über die Asylschiene und seit dem Ende der Übergangsfristen wird unser Land auch von Osteuropäern mehr oder weniger überrannt“. Hundstorfer lehne die FPÖ-Forderung nach einer sektoralen Schließung des österreichischen Arbeitsmarktes für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger einfach ab. „Jetzt fehlt nur noch, dass Hundstorfer als eine Art Abschiedsgeschenk zusätzlich Zehntausenden Asylwerbern in den nächsten Monaten eine Arbeitserlaubnis in Österreich beschafft – dann spielt's aber Granada“, heißt es in einer FPÖ-Aussendung. Die Grünen fordern ein generelles Umdenken und eine andere Verteilung von bezahlter Arbeit. Ein Wirtschaftswachstum, das jedem Arbeitsuchenden einen 40-Stunden-Job biete, sei in den nächsten Jahrzehnten nicht zu erwarten. Auch die unbezahlte Versorgungsarbeit solle professionalisiert werden. Gegen Änderungen würden sich jedoch die Sozialpartner sträuben. ÖVP und NEOS gehen im Vorfeld der Wien-Wahlen auf die Bundeshauptstadt ein. Die ÖVP sieht die rot-grün regierte Bundeshauptstadt im Fach Arbeitsmarkt „durchgefallen“ und drängt auf einen „Kurswechsel“: In WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik fehle es an Effizienz, Professionalität und Transparenz. Die NEOS orten in Wien eine "Bildungsmisere", denn etwa jeder zweite Arbeitslose habe nur einen Pflichtschulabschluss. Die Lohnnebenkosten für die Unternehmer sollten gesenkt werden, fordern die NEOS. (sat, APA, 1.September 2015) 3 4 WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit Österreich: Was tun mit Langzeitarbeitslosen? Im OECD-Vergleich schneidet Österreich bei den Langzeitarbeitslosen gut ab. Doch in vielen Ländern werden Arbeitslose in anderen SozialKategorien versteckt, warnt nun eine Studie. 14.09.2015 | 18:00 | von Christian Höller (Die Presse) Wien. In drei EU-Ländern ist die Arbeitslosigkeit zuletzt gestiegen: in Finnland, in Frankreich und in Österreich. Zumindest in Österreich wird sich dieser Trend fortsetzen. Bis Jahresende soll sich die Zahl der Menschen, die keinen Job haben, laut Expertenschätzungen von zuletzt 384.585 auf knapp eine halbe Million erhöhen. Bis 2019 dürfte sich die Situation weiter zuspitzen. Laut AMS-Prognose werden zwischen 2014 und 2019 rund 212.000 zusätzliche Arbeitskräfte auf dem österreichischen Arbeitsmarkt aktiv sein. Davon stammen 80 Prozent aus dem Ausland – viele davon aus Osteuropa. Diesen 212.000 zusätzlichen Arbeitskräften stehen aber nur 132.000 neue Stellen gegenüber. Die AMSPrognose wurde im Frühjahr veröffentlicht. Sie ist inzwischen wegen des starken Zustroms von Flüchtlingen, die auch auf den österreichischen Arbeitsmarkt drängen werden, überholt. Vor allem für Langzeitarbeitslose wird die Situation immer schwieriger. Als langzeitarbeitslos gilt, wer seit zwölf Monaten keinen Job hat. Das deutsche Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) hat nun dazu eine Studie veröffentlicht. Überraschend ist, dass Österreich gar nicht so schlecht abschneidet. Ähnliches zeigt die OECD-Statistik aus dem Jahr 2014. Demnach liegt der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen in Österreich bei 27,2 Prozent. Der Umgang mit der Statistik Dramatisch ist die Lage in Griechenland, der Slowakei und in Italien. Sogar Deutschland (44,3 Prozent), die Schweiz (37,7 Prozent) und die Niederlande (40,2 Prozent) schneiden schlechter ab als Österreich. Die Studienautoren haben zwar keine Detailergebnisse zu Österreich veröffentlicht, doch sie weisen grundsätzlich darauf hin, dass die Statistik mit Vorsicht zu betrachten ist. Der höhere Anteil in Deutschland hänge damit zusammen, dass dort Arbeitslose nicht „versteckt“ werden wie in anderen Ländern. Wer in Deutschland beispielsweise Hartz IV bekommt, ist in anderen Ländern schon längst aus dem Erwerbsleben ausgeschieden – wie durch Erwerbsunfähigkeitspension, längerfristigem Bezug von Krankengeld oder Vorruhestandsleistungen. Schweden als Vorbild Ein Vorbild ist Schweden, schreiben die Autoren des deutschen Instituts zur Zukunft der Arbeit. Dort ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit 5 niedrig. Auch gibt es in Schweden wenig Frühpensionisten. Denn das schwedische Rentensystem sieht für Menschen, die vor dem gesetzlichen Pensionsalter in Pension gehen, hohe Abschläge vor. Generell gibt es laut Studie bei Langzeitarbeitslosen keine einfachen Lösungen. Während in Deutschland die Qualifizierung eine wichtige Rolle spiele, sei sie in Ländern wie Griechenland weniger von Bedeutung, da dort auch viele Hochqualifizierte keinen Job finden. „In diesen Ländern gehe es zunächst einmal darum, eine entsprechende Arbeitsnachfrage zu generieren“, so die Studie. In Österreich sind besonders viele Langzeitarbeitslose älter als 55 Jahre. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) drängt nun auf die rasche Einführung eines Bonus-Malus-Systems. Doch die Wirtschaftskammer lehnt Sanktionen für Unternehmen, die eine bestimmte Quote an älteren Beschäftigten nicht erfüllen, ab. Nun droht Schelling mit einem Ultimatum: Falls sich die Sozialpartner in den nächsten sechs Monaten hier nicht einigen, sollte die Regierung das Thema im Alleingang lösen. Kritik kommt von der Denkfabrik Agenda Austria. Das Bonus-Malus-System wäre „so etwas wie eine Zuckerbrot- und Peitsche-Lösung, die am Kernproblem nichts ändern würde: Dieses liegt darin, dass die Sozialpartner im Laufe ihres jahrzehntelang ausgeübten Lohnverhandlungsmonopols den Faktor Arbeit zu teuer gemacht haben“, sagt Agenda-Austria-Experte Denes Kucsera. Die Schere zwischen Arbeitskosten und Nettogehältern sei in Österreich so weit aufgegangen wie in kaum einem anderen Land. Verschärfend komme hinzu, dass in Österreich die Arbeitskosten gegen Ende der Berufslaufbahn am höchsten seien, während sie in Ländern wie Schweden ab Mitte 50 wieder zu sinken beginnen. Auf einen Blick Laut Statistik ist in Deutschland der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen höher als in Österreich. Doch solche Vergleiche seien mit Vorsicht zu genießen, warnt nun das Institut zur Zukunft der Arbeit. Der höhere Anteil in Deutschland hänge damit zusammen, dass dort Arbeitslose nicht in anderen Sozial-Kategorien „versteckt“ werden wie in vielen Ländern. Als Vorbild gilt Schweden. Dort ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen niedrig. Trotzdem gibt es in Schweden wenig Frühpensionisten. Denn das schwedische Rentensystem sieht für Frühpensionisten hohe Abschläge vor. ("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.September 2015) 6 WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit 15.Juni 2015, von Martina Madner Wirtschaftsblatt: Generation NEET: Wirtschaftliche Nichtschwimmer Die österreichische Volkswirtschaft verliert jährlich drei Milliarden € durch NEETs, also jene jungen Leute, die etwa aus Angst vor schlechten Noten ihre Schulausbildung abbrechen. Ohne Schul- oder Lehrabschluss haben Jugendliche in Österreich kaum Chancen auf Arbeit. Ein sogenannter NEET zu sein, kostet die jungen Menschen Selbstwertgefühl und Einkommen. Coachings helfen. Es ist keine kleine Gruppe, um die es hier geht: In Österreich gibt es circa 128.000 NEETs-junge Menschen, not in Education, Employment or Training. Es sind 12,6 Prozent jedes Jahrgangs der Jugendlichen im Alter von 15 bis 24 Jahren, die laut Verwaltungsdaten weder eine abgeschlossene Ausbildung noch einen Arbeitsplatz haben und sich auch nicht gerade in einer Schulausbildung, Lehre oder in Kursen befinden. Es sind Jugendliche, die sich laut Mario Steiner vom Institut für Höhere Studien aus einem Sammelsurium aus Gründen aus der Schule oder ihrem Lehrplatz verabschieden: Bei manchen ist es die Angst vor schlechten Noten, dem Lehrpersonal oder Mitschülern; bei anderen die tatsächliche oder einfach nur erwartete Chancenlosigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Manchen fehlen auch Informationen zu Berufs-und Ausbildungsmöglichkeiten. Bei anderen gibt es keine finanzielle Unterstützung vom oder Bildungsförderung im Elternhaus. Wieder andere haben schlechte Selektionserfahrungen, soll heißen, sie wurden aus erfolgversprechenderen Schulen in weniger gute geschickt, schon beim klassischen Schulwechsel mit zehn oder auch nach einem Sitzenbleiben. "Es ist das Feedback, Du genügst nicht'", sagt Steiner. Und bei vielen der vorzeitigen Bildungsabbrecher treffen mehrere Gründe zusammen. LETHARGIE BREMST NOCHMALS Die Folgen sind jedenfalls fatal: NEETs haben Leistungsdefizite. Sie sind orientierungslos. Das Selbstvertrauen leidet. Die Jugendlichen sind demotiviert. Sie werden zu Schulverweigerern. Ihr Risiko, arbeitslos zu werden, ist doppelt so hoch wie bei anderen, sofern sie überhaupt einen Job finden. Denn die Gefahr, nur einen Hilfsarbeiterjob zu bekommen, ist viermal so hoch wie bei Jugendlichen mit Ausbildungsabschluss. So kommt es, dass NEETs zehnmal häufiger als andere Jugendliche komplett inaktiv sind. Und diese Lethargie lässt sich auch immer schwerer aufbrechen, je länger der Zustand der Untätigkeit anhält. Das kostet die Jugendlichen Zeit, Selbstwertgefühl und Einkommen-den Staat Geld. Eine der seltenen Erhebungen zu den Kosten, die durch NEETs entstehen, jene von Eurofund aus dem Jahr 2012, zeigt, dass die WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit 7 österreichische Volkswirtschaft schon 2008 drei Milliarden €, also rund ein Prozent des BIPs, verloren hat. Einmal aus dem Ausbildungssystem draußen, kostet es außerdem weit mehr, die Jugendlichen wieder hereinzuholen, als wenn man sie vom Ausstieg abhalten kann. WACHSENDE KOSTEN Und das Problem wird nicht kleiner, sondern größer: Wenn Arbeits-und Lehrlingsmarkt angespannt sind, verbleiben weniger Arbeitsplätze für jene, die sich weniger profilieren können. Die Jugendarbeitslosigkeit ist zwar aktuell in Österreich die zweitniedrigste nach jener in Holland. Aber in Österreich und anderen Ländern, in denen die Ausbildung sehr durchreglementiert ist und man offizielle Abschlusszertifikate braucht, um ins Berufsleben einzusteigen, ist eine Integration von NEETs oft schwieriger als dort, wo die praktischen, informell erworbenen Kompetenzen, ein Learning by Doing, üblicher und anerkannt sind. „Der Einstieg in die Arbeitswelt ist ohne formale Qualifikation nicht möglich“, stellt Arbeits und Sozialminister Rudolf Hundstorfer bei einer parlamentarischen Enquete des Bundesrats fest. Und AMS-Geschäftsführer Johannes Kopf ergänzt: „Das ist so, als würde ich theoretisch alle zu Freischwimmern ausbilden. Manche machen aber nicht mit, und die Freibäder lassen dich dann ohne dieses Zertifikat nicht hinein.“ Dazu kommt die Entwicklung der Wirtschaft. Wirtschaftsstaatssekretär Harald Mahrer spricht über die Industrie 4.0, mit der die Digitalisierung und komplexere Aufgaben an vielen Arbeitsplätzen einhergehen. Einfache, manuelle Tätigkeiten von Hilfsarbeitern werden außerdem durch Maschinen ersetzt: Der Produktionsjob am Fließband, den es heute noch häufig gibt, stirbt mit dem Wandel in der Industrie. Weil diese Entwicklung bereits voranschreitet, stellt Bundesratspräsidentin Sonja Zwazl fest: „Die Berufswelt ist für die jungen Menschen komplexer und unübersichtlicher geworden. Die Anforderungen steigen - was bei manchen jungen Menschen dazu führt, dass sie sich selbst diese Anforderungen nicht zutrauen und daher quasi abschalten.“ Das Tempo in unserer Gesellschaft werde immer höher. Auch Mahrer sagt: „Unser Bildungssystem kann nicht mit der ökonomischen Dynamik mithalten.“ Um NEETs zu vermeiden, müsse man aber genau da ansetzen: "Bildungspolitik ist die beste Sozialpolitik. Jedes Kind hat Talente, diese gilt es mit positiven Erfolgserlebnissen zu verstärken." LERNEN ALS ERFOLGSERLEBNIS Möglichst flächendeckende Berufsorientierung an den Schulen und Potenzialanalysen, die den jungen Menschen ihre Stärken zeigen, hält Zwazl folglich für unverzichtbar. Für Mahrer ist es allerdings zu spät, an den Schnittstellen, bei Zehnjährigen oder den 14-bis 15-Jährigen, anzusetzen, das müsse viel früher erfolgen. Nicht nur der Staatssekretär, auch Bildungsökonomen wissen seit Langem, dass sich Investitionen in die frühkindliche Bildung, also im Kindergarten, sowohl individuell als auch 8 WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit volkswirtschaftlich am meisten lohnen. Die Arbeit von Kindergartenpädagoginnen und den wenigen-pädagogen wird mittlerweile zwar ideell anerkannt, die Zeiten von „Ein bisserl Kinder hutschen kann eh jede Mutter“ sind vorbei. Von einer monetären Anerkennung in Form von höheren Löhnen, wie sonst im Ausbildungssystem üblich, sind wir aber noch weit entfernt. Und eine pädagogische Hochschulausbildung für die früheren Kindergartentanten ist schon bei der Enquete für manche ein rotes Tuch. Dabei beginnt der Prozess, das Lernen zu erlernen, auf spielerische Weise im Kindergarten. Lernen zum Erfolgserlebnis werden zu lassen ebenfalls. ERWEITERUNG DER PFLICHTEN „Zurück in den Kindergarten“ ist für die heutigen NEETs naturgemäß nicht die richtige Antwort. Das Arbeits-und Sozialministerium verhandelt mit drei weiteren Ministerien nun auch über eine Ausbildungspflicht bis zum Alter von 18 Jahren. Ein Abbruch der Schule oder Lehre ohne Ersatz hätte damit letztlich eine Strafe zur Folge. Zum Glück ist dies nicht das einzige Instrument. Schulschwänzen, für das es bereits Strafen gibt, lässt sich auch nicht durch solche verhindern. Erfolgversprechender ist da das Jugendcoaching, das es seit 2012 gibt. Dabei werden Jugendliche, bei denen die Gefahr besteht, dass sie zu Bildungsaussteigern werden, in ihrer Bildungs-und Berufsorientierung unterstützt. Nicht ganz ohne Erfolg: Die Quote der frühzeitigen Schulab brecher konnte von 7,8 auf 7,0 Prozent gesenkt werden. WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit 9 Der Einsatz ist in folgenden Unterrichtsgegenständen möglich (Auswahl): GEGENSTAND Wirtschafts- und Sozialpolitik des Staates II. bis V. JG Gesellschaft und Arbeitswelt, Auswirkungen globaler sozioökonomischer Veränderungen auf die individuelle Lebens- und Arbeitswelt, Beschäftigung und Soziales 3. Kl. BERUFSBILDENDE MITTLERE SCHULEN (BMS) – DREIÄHRIGE FACHSCHULE FÜR WIRTSCHAFTLICHE BERUFE Betriebs- und Volkswirtschaft V. JG V. JG BERUFSBILDENDE MITTLERE SCHULEN (BMS) – HANDELSSCHULE Volkswirtschaft und Recht Studien- und Berufsorientierung Österreichische Volkswirtschaft BERUFSBILDENDE HÖHERE SCHULEN (BHS) – HÖHERE LEHRANSTALT FÜR WIRTSCHAFTLICHE BERUFE Betriebs- und Volkswirtschaft KLASSE BERUFSBILDENDE HÖHERE SCHULEN (BHS) – HANDELSAKADEMIE Betriebswirtschaft Volkswirtschaft THEMENBEREICH Wirtschafts- und Sozialpolitik des Staates 2. bzw. 3. Kl. Gesamtwirtschaftliche Leistungen und Probleme – Wirtschafts-und Sozialpolitik Unternehmen und Berufsorientierung 7. Kl. ALLGEMEIN BILDENDE HÖHERE SCHULEN (AHS) Geografie und Wirtschaftskunde 10 WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit AUFGABENSTELLUNGEN ZUM TEXT KOMPETENZSTUFEN Wiedergeben Verstehen Anwenden Entwickeln Analysieren Lösen Sie die folgenden Aufgaben mit Hilfe der Pressetexte und recherchieren Sie gegebenenfalls zusätzlich im Internet. 1. Der erste Pressetext wird mit folgenden Sätzen eingeleitet: „Die Lage verschlechtert sich weiterhin, eine Trendwende am heimischen Arbeitsmarkt ist nicht erkennbar.“ Erklären Sie, was damit gemeint ist. 2. Erstellen Sie je ein Diagramm, das die Entwicklung der Arbeitslosen laut Arbeitsmarktservice Erwerbstätigen in Österreich seit 2010 zeigt. 3. Recherchieren Sie, warum es trotz steigender Beschäftigung zu steigenden Arbeitslosenzahlen kommt. Fassen Sie die Findings kurz zusammen. 4. a) Bilden Sie Kleingruppen: Recherchieren Sie in jeder Gruppe nach einer möglichen Maßnahme zur Verbesserung der derzeitigen Beschäftigungssituation und fasst diese zusammen. b) Eine Gruppe fasst alle Ergebnisse auf Flip-Charts zusammen und präsentiert diese der Klasse. c) Diskutieren Sie in der Klasse: Wie beurteilen Sie die einzelnen Maßnahmen? Welche Maßnahmen würden Sie miteinander kombinieren? WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit 11 5. Interviewen Sie einen AMS-Berater/eine AMS-Beraterin über die von ihm betreuten Personen. Finden Sie heraus, in welchem Wirtschaftssektor, die betreuten Personen zuletzt tätig waren, aus welchen Gründen sie arbeitslos wurden, wie lange sie schon arbeitslos sind, welche Auswirkungen (Schwierigkeiten bzw. Herausforderungen) mit deren Arbeitslosigkeit verbunden sind, welche Schritte die betreuten Personen als nächstes setzen werden. Erstellen Sie Plakate und präsentieren Sie diese vor der Klasse. 6. 7. 8. Überlegen Sie in der Kleingruppe, was Sie als Arbeitslose tun würden, um möglichst schnell wieder Arbeit zu finden. Präsentieren Sie Ihre Ergebnisse auf einem Flip-Chart. Für welche Personengruppen gestaltet sich die Beschäftigungssituation immer schwieriger? Begründen Sie Ihre Antwort. Interpretieren Sie die Grafik „Langzeitarbeitslose“ aus dem Pressetext: „Österreich: Was tun mit Langzeitarbeitslosen?“. 9. Erklären Sie, warum Schweden als Vorbild im Pressetext hervorgehoben wird. 10. Erklären Sie, was die Aussage im Pressetext: „Der höhere Anteil in Deutschland hänge damit zusammen, dass dort Arbeitslose nicht „versteckt“ werden, wie in anderen Ländern.“ bedeutet. 11. Recherchieren Sie im Internet, in welcher Altersgruppe die Arbeitslosigkeit in den letzten beiden Jahren am stärksten gestiegen ist. 12. Vergleichen Sie die die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich mit jener in andern Ländern der EU. 13. Erklären Sie, wo der Unterschied zwischen der Jugendarbeitslosenquote und dem NEET-Indikator liegt. 14. Erklären Sie die Bedeutung von NEETs in Österreich: - Was sind NEETS? Wie viele NEETS gibt es in Österreich? Welche Kosten entstehen der österreichischen Volkswirtschaft durch NEETS? 12 WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit 15. Nennen Sie Gründe, weshalb Jugendliche ihre Ausbildung abbrechen. 16. Diskutieren Sie in der Klasse: Welche Bedeutung hat es für einen Jugendlichen, keine Ausbildung zu haben oder keine Arbeit zu finden. 17. Fassen Sie die im Pressetext Ansätze zur Vermeidung von NEETS zusammen. 18. Erklären Sie, aus welchen Gründen es gerade für NEETs schwierig ist, einen Arbeitsplatz zu finden. 19. Diskutieren Sie in der Klasse: Findet jeder, der arbeiten will, eine Arbeit? 20. Entwickeln Sie in der Gruppe Fragen zu den Themen Ausbildung in Österreich. Diskutieren Sie diese mit Ihrer/Ihrem Bildungsberater/Bildungsberaterin die Fragen. Fassen Sie die Ergebnisse z. B. in einer Power-Point-Präsentation, auf Plakaten, in einem Video zusammen. Eine mögliche Frage: Wie finde ich eine Ausbildung, die zu mir passt? WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit 13 LÖSUNGSVORSCHLÄGE 1. Seit 2011 steigen die Arbeitslosenzahlen stetig an. Prognosen zu Folge ist auch in den nächsten Jahren mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen: Wirtschaftsforschungsinstitut: weiterer Anstieg bis 2017 AMS: weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit bis 2018 Auch danach kein rascher Rückgang von Ökonomen prognostiziert 2. Arbeitslose lt. Arbeitsmarktservice in Österreich, 2010 - 2014 350.000 300.000 319.400 250.800 246.700 260.600 2010 2011 2012 250.000 287.200 200.000 150.000 100.000 50.000 0 2013 2014 Erwerbstätige in Österreich, 2010 - 2014 4.000.000 3.974.204 3.947.921 3.950.000 3.922.263 3.875.655 3.900.000 3.850.000 3.807.558 3.800.000 3.750.000 3.700.000 2010 2011 2012 2013 2014 3. Die schwache Konjunktur in Österreich trägt zu einem großen Teil zu den vorherrschenden Arbeitslosenzahlen bei: Österreich ist seit 2012 beim Wachstum deutlich im Eurozonenvergleich zurückgefallen. 14 WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit Ein anderer Grund ist die hohe Migration: Im Vorjahr sind 72.000 Menschen mehr nach Österreich zugewandert als ausgewandert, in den Jahren davor waren es noch deutlich weniger. Ein Teil des Anstiegs der Arbeitslosenzahlen ist durch einen Rückgang der Schulungsteilnahmen statistisch bedingt. 4. a) individuelle Schülerlösung b) individuelle Schülerlösung 5. individuelle Schülerlösung 6. individuelle Schülerlösung 7. Vor allem für Langzeitarbeitslose, die älter als 55 Jahre sind, wird die Beschäftigungssituation in Österreich immer schwieriger. Grund dafür ist, dass in Österreich die Arbeitskosten gegen Ende der Berufslaufbahn am höchsten sind, während sie in Ländern wie Schweden ab Mitte 50 wieder zu sinken beginnen. Als langzeitarbeitslos gilt, wer seit zwölf Monaten oder länger keinen Job hat. Darüber hinaus ist die Beschäftigungssituation für NEETs (Not in Education, Employment or Training) ebenfalls herausfordernd. NEETs sind Jugendliche, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in beruflicher Ausbildung befinden und dies auch nicht unmittelbar anstreben. In Österreich ist die Ausbildung stark reglementiert und Abschlüsse sind zumeist notwendig, um einen Arbeitsplatz zu finden. Die Berufswelt gestaltet sich darüber hinaus immer komplexer und die Anforderungen steigen. 8. Den höchsten Anteil von Langzeitarbeitslosen an den gesamten Arbeitslosen gibt es in den Europäischen OECD-Ländern in Griechenland (73,5 %). Den geringsten Anteil gibt es in Norwegen mit 11,8 %. Österreich liegt mit 27,2 % unter dem OECD-Schnitt (35,2 %). 9. In Schweden ist nicht nur der Anteil der Langzeitarbeitslosen niedrig, es gibt auch wenig Frühpensionisten. Grund dafür ist, dass für Menschen, die vor dem gesetzlichen Pensionsalter in Pension gehen, hohe Abschläge vorgesehen sind. 10. Für die Berechnung arbeitsloser Menschen werden in jedem Land andere Berechnungsmethoden herangezogen. Beispielsweise erhalten Langzeitarbeitslose in Deutschland Hartz IV. Sie werden dennoch zu den Arbeitslosen gezählt. In anderen Ländern sind Langzeitarbeitslose zu diesem Zeitpunkt schon längst aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit 15 11. individuelle Schülerlösung 12. Die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich lag bei 10,3 %. Damit hat Österreich die zweitniedrigste Jugendarbeitslosigkeitsquote innerhalb der EU. Eine niedrigere Jugendarbeitslosigkeit kann nur Dänemark vorweisen. Den letzten Platz in der EU belegt Griechenland mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 52,4 %. Quelle: WKO 13. Der Unterschied besteht darin, dass beim NEET („Not in Education, Employment or Training“)- Indikator nicht nur arbeitslose Jugendliche (verfügbar und aktiv auf Arbeitsuche), sondern auch erwerbslose Jugendliche hinzugezählt werden, die weder in Beschäftigung, (Aus-)Bildung, noch in einer Schulung oder einer beruflichen Weiterbildung ist. 14. 16 WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit Insgesamt gibt es in Österreich rund 128.000 NEETS. Das sind 12,6 Prozent jedes Jahrgangs der Jugendlichen im Alter von 15 bis 24 Jahren, die weder ein eine abgeschlossene Ausbildung noch einen Arbeitsplatz haben und sich auch nicht gerade in einer Schulausbildung, Lehre oder in Kursen befinden. Die österreichische Volkswirtschaft verliert durch sie jährlich drei Milliarden. 15. individuelle Schülerlösung, z. B. Angst vor schlechten Noten, dem Lehrpersonal oder Mitschülern erwartete Chancenlosigkeit auf dem Arbeitsmarkt fehlende Informationen zu Berufs- und Ausbildungsmöglichkeiten fehlende finanzielle Unterstützung oder Bildungsförderung vom Elternhaus schlechte Selektionserfahrungen 16. individuelle Schülerlösung 17. individuelle Schülerlösung 18. individuelle Schülerlösung 19. individuelle Schülerlösung 20. individuelle Schülerlösung WirtschaftspressePLUS 02/2015 — Arbeitslosigkeit 17 IMPRESSUM Medieninhaber und Herausgeber Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Schule (AWS) im Rahmen des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw), Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien, aws.ibw.at Die Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Schule (AWS) ist eine Initiative von Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Österreichischem Sparkassenverband und ist als Projekt am Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw), Rainergasse 38, 1050 angesiedelt. Leiter Mag. Josef Wallner Autorin: Mag.(FH) Petra Stöhr Redaktion: Mag. Josef Wallner, Gudrun Dietrich Cover: www.design.at
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