Thema 1: Zusammenfassung und Erörterung zum Themenbereich

BRP Deutsch; Sem. 3., Probeklausur 4 am 12. 6. 2015
Thema 1: Zusammenfassung und Erörterung zum Themenbereich Tourismus und Reisen
Aufgabe 1.1. Zusammenfassung mit kurzer persönlicher Stellungnahme
Verfasse eine Sachtextzusammenfassung zum Kommentar „Zweifelhaftes Vergnügen. Schimmelpilz
Massentourismus“ im Umfang von etwa 200 bis 250 Wörtern. Führe Einleitungsteil wichtige Textdaten an.
Fasse im Hauptteil die zentralen Kernaussagen in eigenen Worten und in eigener Struktur zusammen (Umfang:
150 bis 200 Wörter). Reflektiere im Schlussabschnitt, ob und inwiefern die im Text geäußerte Kritik am
modernen Massentourismus gerechtfertigt ist.
Achte darauf, sprachlich und stilistisch zwischen eigenen und fremden (wiedergegebenen Aussagen) genau zu
unterscheiden (v.a. mit dem Stilmittel des Konjunktivs für neutral wiedergegebene Aussagen)
Die Maximal-Länge von 200 Wörtern darfst du nicht überschreiten.
Aufgabe 1.2. Erörterung zum Thema Reisen und Tourismus
Im Urlaub zu verreisen war ursprünglich ein Privileg, das nur sehr wenige, begüterte Menschen leisten gehabt
haben. Heute ist es aber für sehr viele Menschen in den westlichen Industriestaaten selbstverständlich,
zumindest einmal im Jahr für zwei oder drei Wochen „in den Urlaub zu fahren.“ Durch die moderne
Reiseindustrie ist das Reisen zu einem leicht zugänglichen und verhältnismäßig günstigen Konsumgut
geworden. Dass der moderne (Massen)tourismus aber auch problematische Seiten hat, blenden wir gerne aus.
Diskutiere in einer Erörterung folgende Fragestellungen:
a) Was sind aus deiner Sicht Ursachen und Motive für die moderne „Reisemanie“ und das Bedürfnis,
möglichst oft in den Urlaub zu fahren?
b) Was sind / wären Formen des Reisens, die eine Alternative zum oft kritisierten Massentourismus sind /
sein können?
Berücksichtige in der Arbeit auch persönliche Erfahrungen und die persönliche Haltung zum Thema. Achte auf
einen vorbereitenden Einleitungsteil (Interesse des Lesers wecken, Thema, Leitbegriffe, Ziele benennen, ….),
auf einen Hauptteil mit einer nachvollziehbaren Textstruktur und argumentativer Darlegung und auf einen
knappen, abrundenden Schluss.
Die Erörterung sollte einen Umfang von mindestens 650 bis 700 Wörtern haben. (Die Minimal-Länge von 650
Wörtern darfst du nicht unterschreiten.)
Textbeilage zu Aufgabe 1.1:
Zweifelhaftes Vergnügen. Schimmelpilz Massentourismus. Von Gina Topiwala („Cicero“, 29. 5.
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2012 )
Es ist das günstige, unkomplizierte, organisierte Vergnügen: Massentourismus. Wie ein Schimmelpilz breitet er
sich jeden Sommer über die Strände dieser Welt. Doch diese Ballung laugt die Länder aus und aus dem fernen
Osten drängt eine neue Sorte Touristen auf den Mark
Tausende Liegestühle überziehen den Strand. Auf ihnen schwitzen korpulente Urlauber, dicht gedrängt, wie
Ölsardinen. Es sind Deutsche und Engländer, die warten, bis ihnen der Sonnenbrand von den entblößten Beinen
den nackten Rücken hinauf kriecht. Die Restaurants servieren fettige Speisen, in den Läden gibt es chinesische
Ramschware zu kaufen, und am Meer verteilen junge Frauen Werbung für die Happy Hour in der grell
blinkenden Hotelbar.
Wie ein Schimmelpilz breitet sich der Massentourismus jeden Sommer über die Küsten des Mittelmeeres.
Benidorm, Playa de Palma oder Antalya heißen die Destinationen der Begierde. Sechzig Milliarden Euro gaben
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http://www.cicero.de/salon/schimmelpilz-massentourismus/49432/ (abgerufen am 1. 7. 2014)
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die Deutschen letztes Jahr für Urlaubsreisen ins Ausland aus, aber auch im eigenen Land, beim Wandern in den
bayrischen Alpen oder für einen Ausflug an die Ostsee. Sie suchen das günstige, unkomplizierte, organisierte
Vergnügen.
Auch dieses Jahr soll die Reisebranche wieder Rekorde brechen, trotz Finanzkrise und Arabischem Frühling. Eva
Brucker ist die Studiengangsleiterin des Departements für Innovation und Management im Tourismus an der FH
Salzburg. „Gerade im deutschsprachigen Raum haben wir eine hohe Beschäftigung, die Einkommen passen. Die
Menschen möchten auch die Gegenwelt zu dem erleben, was sie täglich in der Zeitung lesen“, sagt sie.
Also bucht man sich für 281 Euro eine Reise nach Djerba, Tunesien, Frühstück und Buffet inklusive. Im
Ferienparadies ist die Konkurrenz groß, die Hotelkomplexe und All-inclusive-Anlagen buhlen mit
Schnäppchenpreisen um die Kunden. Die Zimmer sind uniform, in den Bars an der Strandpromenade spricht
man Deutsch, das Bier ist billig. Der Kontakt zu den Einheimischen beschränkt sich auf das Bestellen im
Restaurant.
Die Art und Weise, wie heutzutage gereist wird, ist vor allem eine Frage der gesellschaftlichen Schicht. „Wir
beobachten ein Auseinanderdriften preisgünstiger Angebote in den touristischen Zentren und der Luxus- und
Qualitätsorientierung, bei der Hotels abseits der klassischen Ziele gesucht werden“, so Brucker, „die Mitte fällt
zunehmend weg.“ Die Armen drängen sich also an den Strand in Gran Canaria, während die Wohlhabenden im
schicken Boutiquehotel an der Amalfiküste ihresgleichen begegnen.
Die Baleareninsel Mallorca, Heimatinsel der anspruchslosen Reisemasse, versucht seit einigen Jahren, die besser
gestellte Kundschaft anzulocken. Alte Hotels werden abgerissen oder umgebaut, die Bettenzahl gesenkt. Die
Tourismusforscherin aber ist skeptisch. „Es ist ein langwieriger Prozess. Die gut verdienenden Zielgruppen
suchen individuelle, hochwertige Angebote. Es ist schwierig, das an einem touristischen Zentrum zu erreichen.
Es ist ein riesiges Spannungsfeld“, sagt sie.
Es ist fraglich, welche Überlebenschancen der Massentourismus hat, denn die Grenzen des Wachstums sind
offensichtlich und auch die Ressourcen werden knapper. Die steigenden Ölpreise werden Flugreisen verteuern,
in Zukunft werden es sich immer weniger Menschen leisten können, ins Ausland zu fliegen.
Die Ballung von Touristen an den prominenten Plätzen dieser Welt laugt das Land aus. So führt der exzessive
Wasserverbrauch der Besucher in der Mittelmeerregion zu Wasserknappheit, wertvolles Wasser, das
anschließend in der Landwirtschaft fehlt. Zersiedelung und Verstädterung strapazieren die Natur, Strände,
Wälder – mit das teuerste Gut der Ferienparadiese. „Durch die Touristen verkitscht die Kultur der Einheimischen
zunehmend“, sagt Eva Brucker. „Sie verliert ihre Authentizität.“
Die Zukunft der Reisebranche liegt laut Brucker in individuellen Nischenprodukten. Hotels für Singles, digitale
Enthaltsamkeit im Kloster, Öko-Ferien auf dem Fahrrad. Soll der Massentourismus überhaupt überleben, muss
er nachhaltiger werden. „Das ist eins der grundlegenden Themen der Reisebranche in den nächsten zwanzig
Jahren“, so Brucker. „Wir achten auch im Alltag immer mehr auf Nachhaltigkeit, man denke nur an die
Bioprodukte.“ Zwar seien die Deutschen noch nicht wirklich bereit, für einen fairen Urlaub mehr zu zahlen,
„aber das wird zunehmen. Nachhaltigkeit ist die einzige Möglichkeit für den Massentourismus, auch in Zukunft
zu überleben.“
Derweil drängen aus dem fernen Osten neue Touristen auf den Markt, die dem europäischen Massentourismus
auf halber Strecke begegnen. In China und Indien entsteht eine gewaltige neue Mittelschicht, die es in die große
weite Welt zieht. Sie hat Geld, die Zukunft ist rosig – und sie will Europa entdecken. „Diese Gruppen sind wenig
umweltbewusst“, sagt Brucker. „Ihnen kommt es mehr auf das Luxuriöse an.“ Will Europa seine Kultur- und
Naturschätze erhalten, „liegt es in der Verantwortung der europäischen Veranstalter, Umweltstandards zu
setzen, mit den richtigen Zulieferern und Transportunternehmen zusammen zu arbeiten.“
Bleibt die politische Situation in den Schwellenländern stabil, wird Europa bald von asiatischen Touristen
überschwemmt. Daran sollten wir beim nächsten Kluburlaub in Agadir denken. Lieber dem Kellner ein
großzügiges Trinkgeld geben – in 20 Jahren sind wir vielleicht in seiner Situation.
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BRP Deutsch; Sem. 3., Probeklausur 4 am 12. 6. 2015
Thema 2: Interpretation und Kommentar zum Themenfeld Familie
Aufgabe 2.1: Interpretation zur Kurzgeschichte „Streuselschnecke“ von Julia Franck
Lies die Kurzgeschichte „Streuselschnecke“ von Julia Franck. Kennzeichne für die Analyse wichtige
Textstellen. Arbeite (z. B. mithilfe der Mind-Map-Methode) wichtige Textelemente stichwortartig
heraus. Achte dabei auf folgende Teilaufgaben:
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Nenne im Einleitungsteil die wichtigen Daten zum Text und benenne das Thema / die
wichtigen Themen
Fasse den Inhalt in Form einer kurzen Fabel zusammen
Erläutere die Erzählperspektive
Analysiere die Figuren, also die Protagonistin und den Mann. Achte dabei auch auf
„Leerstellen“.
Beschreibe die Beziehung, die die Protagonistin zum Mann hat.
Erläutere, welche Funktion die Streuselschnecke in der Geschichte hat und wofür sie
eventuell symbolisch stehen könnte.
Diskutiere im Interpretationsteil, ob und inwiefern die Familien-Thematik („fremder Vater“;
Trennungskinder) in der heutigen Zeit aktuell ist. Reflektiere, ob und unter welchen
Bedingungen die Eltern-Kind-Beziehung auch in Trennungsfamilien gelingen kann.
Reserviere für jeden gedanklichen / inhaltlichen Abschnitt einen Absatz; kennzeichne Absätze mit
Leerzeilen
Belege Aussagen mit Texthinweisen / Zitaten
Verfasse eine Arbeit im Umfang von etwa 650 bis 700 Wörtern. Die Mindestwortanzahl darfst du
nicht unterschreiten.
Textbeilage zu Aufgabe 2.1.
Streuselschnecke. Von Julia Franck
Der Anruf kam, als ich vierzehn war. Ich wohnte seit einem Jahr nicht mehr bei meiner Mutter und
meinen Schwestern, sondern bei Freunden in Berlin. Eine fremde Stimme meldete sich, der Mann
nannte seinen Namen, sagte mir, er lebe in Berlin, und fragte, ob ich ihn kennen lernen wolle. Ich
zögerte, ich war mir nicht sicher. Zwar hatte ich schon viel über solche Treffen gehört und mir oft
vorgestellt, wie so etwas wäre, aber als es soweit war, empfand ich eher Unbehagen.
Wir verabredeten uns. Er trug Jeans, Jacke und Hose. Ich hatte mich geschminkt. Er führte mich ins
Café Richter am Hindemithplatz und wir gingen ins Kino, ein Film von Rohmer. Unsympathisch war er
nicht, eher schüchtern. Er nahm mich mit ins Restaurant und stellte mich seinen Freunden vor. Ein
feines, ironisches Lächeln zog er zwischen sich und die anderen Menschen. Ich ahnte, was das
Lächeln verriet.
Einige Male durfte ich ihn bei seiner Arbeit besuchen. Er schrieb Drehbücher und führte Regie bei
Filmen. Ich fragte mich, ob er mir Geld geben würde, wenn wir uns treffen, aber er gab mir keins, und
ich traute mich nicht, danach zu fragen. Schlimm war das nicht, schließlich kannte ich ihn kaum, was
sollte ich da schon verlangen? Außerdem konnte ich für mich selbst sorgen, ich ging zur Schule und
putzen und arbeitete als Kindermädchen. Bald würde ich alt genug sein, um als Kellnerin zu arbeiten,
und vielleicht wurde ja auch noch eines Tages etwas Richtiges aus mir.
Zwei Jahre später, der Mann und ich waren uns immer noch etwas fremd, sagte er mir, er sei krank.
Er starb ein Jahr lang, ich besuchte ihn im Krankenhaus und fragte, was er sich wünsche. Er sagte
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mir, er habe Angst vor dem Tod und wolle es so schnell wie möglich hinter sich bringen. Er fragte
mich, ob ich ihm Morphium besorgen könne. Ich dachte nach, ich hatte einige Freunde, die Drogen
nahmen, aber keinen, der sich mit Morphium auskannte. Auch war ich mir nicht sicher, ob die im
Krankenhaus herausfinden wollten und würden, woher es kam. Ich vergaß seine Bitte.
Manchmal brachte ich ihm Blumen. Er fragte nach dem Morphium, und ich fragte ihn, ob er sich
Kuchen wünsche, schließlich wusste ich, wie gerne er Torte aß. Er sagte, die einfachen Dinge seien
ihm jetzt die liebsten – er wolle nur Streuselschnecken, nichts sonst. Ich ging nach Hause und buk
Streuselschnecken, zwei Bleche voll. Sie waren noch warm, als ich sie ins Krankenhaus brachte. Er
sagte, er hätte gerne mit mir gelebt, es zumindest gern versucht, er habe immer gedacht, dafür sei
noch Zeit, eines Tages – aber jetzt sei es zu spät. Kurz nach meinem siebzehnten Geburtstag war er
tot.
Aufgabe 2.2: Kommentar zum Thema Trennungsfamilien
Du bist JournalistIn bei einer Zeitung. In dieser gibt es eine Serie zum Thema „moderne
Familienformen“. Du hast die Aufgabe, einen Kommentar zu einer Reportage über Kinder, die nach
einer Scheidung in Doppelresidenz-Familien aufwachsen. Dabei lebt das Kind die halbe Zeit (z. B.
eine Woche) beim einen Elternteil und die andere Hälfte (z. B. jede zweite Woche) beim anderen
Elternteil. In deinem Kommentar hast du die Aufgabe, das „Doppelresidenz-Modell“ entweder
positiv zu bewerten und dafür zu argumentieren, dass mehr Trennungseltern sich für dieses Modell
entscheiden. Oder du übernimmst die Aufgabe, das „Doppelresidenz-Modell“ negativ zu bewerten
und Trennungseltern davon abzuraten.
Beachte, dass der Kommentar ein Zeitungstet ist. (Aufbau von Medientexten mit Schlagzeile,
Nachrichtenkopf/Header und eigentlichem Text; am Beginn Thema, Intention und Grundposition
nennen; Mediensprache (kurze Sätze, kein Passiv, keine komplexen Satzstrukturen, konkretanschaulicher Stil, …)
Der Kommentar muss eine Länge von 200 bis maximal 250 Wörtern haben. Du musst die
vorgegebene Wortanzahl in beide Richtungen einhalten.
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BRP Deutsch; Sem. 3., Probeklausur 4 am 12. 6. 2015
Thema 3: Interpretation und Leserbrief zur Novelle „Die Verwandlung“ und
zum Thema Leistungsdruck / Perfektionismus
Aufgabe 3.1.: Interpretation zur Verwandlung
In der Novelle „Die Verwandlung“ von Franz Kafka verwandelt sich der Handelsreisende
Gregor Samsa über Nacht in ein „käferartiges Ungeziefer“. Zu Beginn der Erzählung erfahren
wir indirekt viel über Gregors Persönlichkeit und seine Lebenssituation bis zur Verwandlung.
Diskutiere in einer Textinterpretation, wofür Gregors Verwandlung symbolisch steht. Erkläre
im Analyse-Teil der Interpretation, inwiefern Gregors Verwandlung etwas sichtbar macht,
was bereits vor der Verwandlung vorhanden gewesen ist. Erkläre, inwiefern Gregors
Verwandlung auch eine Art „Schutz“ oder „Flucht“ sein könnte. Achte darauf, Aussagen
auch durch Zitate und Texthinweise zu belegen.
Reflektiere und erkläre im Interpretationsteil, ob und inwiefern auch heute in einer
Situation sein können, die der Gregors zum Zeitpunkt der Verwandlung ähneln.
Markiere Textabschnitte mit Absätzen.
Verfasse eine Arbeit im Umfang von zirka 650 bis 700 Wörtern.
Textbeilage zu Aufgabe 3.1.
Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu
einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt. Er lag auf seinem panzerartig harten Rücken und sah,
wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen gewölbten, braunen, von bogenförmigen Versteifungen
geteilten Bauch, auf dessen Höhe sich die Bettdecke, zum gänzlichen Niedergleiten bereit, kaum
noch erhalten konnte. Seine vielen, im Vergleich zu seinem sonstigen Umfang kläglich dünnen Beine
flimmerten ihm hilflos vor den Augen. …
„Was ist mit mir geschehen?“, dachte er. Es war kein Traum. Sein Zimmer, ein richtiges, nur etwas zu
kleines Menschenzimmer, lag ruhig zwischen den vier wohlbekannten Wänden. Über dem Tisch, auf
dem eine auseinandergepackte Musterkollektion von Tuchwaren ausgebreitet war – Samsa war
Reisender –‚ hing das Bild, das er vor kurzem aus einer illustrierten Zeitschrift ausgeschnitten und in
einem hübschen, vergoldeten Rahmen untergebracht hatte. Es stellte eine Dame dar, die, mit einem
Pelzhut und einer Pelzboa versehen, aufrecht dasaß und einen schweren Pelzmuff in dem ihr ganzer
Unterarm verschwunden war, dem Beschauer entgegenhob.
.....
„Ach Gott“, dachte er, „was für einen anstrengenden Beruf habe ich gewählt! Tagaus, tagein auf der
Reise. Die geschäftlichen Aufregungen sind viel größer als im eigentlichen Geschäft zu Hause, und
außerdem ist mir noch diese Plage des Reisens auferlegt, die Sorgen um die Zuganschlüsse, das
unregelmäßige, schlechte Essen, ein immer wechselnder, nie andauernder, nie herzlich werdender
Verkehr. Der Teufel soll alles holen“ ....
Er glitt wieder in seine frühere Lage zurück. „Dieses frühzeitige Aufstehn“, dachte er, „macht einen
ganz blödsinnig. Der Mensch muss seinen Schlaf haben. Andere Reisende leben wie Haremsfrauen.
Wenn ich zum Beispiel im Laufe des Vormittags ins Gasthaus zurückgehe, um die erlangten Aufträge
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BRP Deutsch; Sem. 3., Probeklausur 4 am 12. 6. 2015
zu überschreiben, sitzen diese Herren erst beim Frühstück. Das sollte ich bei meinem Chef versuchen;
ich würde auf der Stelle hinausfliegen. Wer weiß übrigens, ob das nicht sehr gut für mich wäre. Wenn
ich mich nicht wegen meiner Eltern zurückhielte, ich hätte längst gekündigt, ich würde vor den Chef
hingetreten und hätte ihm meine Meinung von Grund des Herzens aus gesagt. Vom Pult hätte er
fallen müssen! ... Nun, die Hoffnung ist noch nicht gänzlich aufgegeben; habe ich einmal das Geld
beisammen, um die Schuld der Eltern an ihn abzutragen – es dürfte noch fünf bis sechs Jahre dauern
-, mache ich die Sache unbedingt. Dann wird der große Schritt gemacht. Vorläufig allerdings muss ich
aufstehen, denn mein Zug fährt um fünf.
Aufgabe 3.2. Leserbrief
In der Lokalzeitung „Prager Nachrichten“ ist am 14. März über Gregors merkwürdige Verwandlung
und über seinen Tod ein Zeitungsbericht („Tod nach mysteriöser Verwandlung“) erschienen. In der
Folge ist eine Leserbrief-Debatte um die Frage, ob Familienangehörige zur Pflege verpflichtet sind,
entstanden. Im Mittelpunkt der Diskussion steht das Verhalten von Gretes Schwester Grete. Ein Teil
der Leserbrief-SchreiberInnen meint, Grete hätte die Pflicht gehabt, Gregor zu unterstützen und zu
pflegen. Ein Teil der Leserbrief-SchreiberInnen meint, man könne und dürfe Familienangehörige
nicht zwingen, auf ihr eigenes Leben zu verzichten, weil ein Familienmitglied rund um die Uhr
Betreuung braucht. Dafür gebe es Pflegeheime. Du mischt dich mit einem Leserbrief in diese
Debatte ein. Entweder argumentierst du, dass Familienmitglieder für die Pflege verantwortlich sind.
Oder du sagst, dass nicht Familienmitglieder, sondern die Öffentlichkeit / „der Staat“ für die Pflege
zuständig sei.
Verfasse diesen Leserbrief.
Achte auf die einen Leserbrief typischen Formmerkmale (Brief!!!, doppelte Adressaten, dialogischer
Grundton, appellativer Schluss)
Achte auf einen Umfang von 200 bis 250 Wörtern. Du musst die vorgegebene Wortanzahl einhalten.
Thema 1 bis 3
Viel Erfolg!!
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