Die Europäische Währungsunion: House of Cards Thomas Mayer Founding Director – Flossbach von Storch Research Institute www.fvs-ri.com 8. Oktober 2015 Bei der Geburt wurden dem Euro zwei Anlagen mitgegeben Warengeld (Mittel zum Tausch und zur Wertaufbewahrung) • Unelastisches Angebot • Banken können bankrott gehen • Staaten können bankrott gehen • Bankrotte Staaten können den Warengeldstandard aufgeben 8. Oktober 2015 Staatsgeld (Finanzierungsmittel) • Elastisches Angebot durch staatliche Zentralbank zur Erreichung wirtschaftspolitischer Ziele • Kreditgeber der letzten Instanz für Banken • Kreditgeber der letzten Instanz für Staaten Seite 2 Der Euro war ein Kind des Kreditbooms In seinem ersten Lebensjahrzehnt blieb der Charakter des Euro unscharf • Reichlich verfügbarer privater Kredit verdeckte den Konflikt zwischen Warengeld und Staatsgeld • Staatsdefizite konnten mit billigem Kredit finanziert werden • Private Haushalte, Banken und Unternehmen konnten sich scheinbar grenzenlos verschulden • Wachstum wurde durch Immobilien –und Bauboom angetrieben • Griechenland ist ein besonders krasses Beispiel für die öffentliche und private Überschuldung 8. Oktober 2015 Seite 3 Das Zerplatzen der globalen Kreditblase beendete die Flitterwochen des Euro • Günstige Kredite waren der Klebstoff, der die EWU zusammenhielt • Als keine günstigen Kredite mehr bereitstanden, war die Klebewirkung weg • Griechenland war der sprichwörtliche „Kanarienvogel in der Kohlemine“, dem als erstes Land der Bankrott drohte • Der Zerfall der EWU wurde abgewendet, indem private Kredite durch öffentliche Kredite (von Seiten der Regierungen und der EZB) ersetzt wurden 8. Oktober 2015 Seite 4 Zwei Alternativen zur Auswahl: • Das „Maastricht-Modell“ mit „No Bail-out“ beizubehalten und die Anpassung daran durch Verringerung der Zahl der EWU-Mitglieder zu erreichen Ø Euro mit Warengeldcharakter • Alle Mitglieder in der EWU zu halten und dafür das EWU-Modell entsprechend anzupassen („Full Bail-out“) Ø Euro mit Staatsgeldcharakter 8. Oktober 2015 Seite 5 Die Qual der Wahl: • 2010-2011: Die Bemühungen, das Maastricht-Modell aufrechtzuerhalten, führen zu einer Vertiefung der Krise • 2012: Die Entscheidung, den Mitgliedsländern Priorität gegenüber dem Modell einzuräumen, sorgt für Entspannung • Aber: Der Charakter des Euro ändert sich vom „Warengeld“ zum „Staatsgeld“ 8. Oktober 2015 Seite 6 Von der EWU 1.0 zur EWU 2.0: EWU 1.0 • Euro als „Warengeld“ • Souveränität in der Wirtschaftsund Finanzpolitik auf Ebene der Mitgliedsstaaten • ABER: Relativ hohe Anforderungen an nationale Politik, den „Warengeldstandard“ zu erreichen 8. Oktober 2015 EWU 2.0 • Euro als „Staatsgeld“ • Emission von Staatsgeld setzt einen EWU-Staat voraus • ABER: Es fehlt der politische Wille zur Schaffung eines EWUStaats Seite 7 Der Euro ist in der Kreditgeldordnung als Einheitswährung ohne Staat nicht lebensfähig Ein instabiler Schattenstaat für den Euro 8. Oktober 2015 Seite 8 Das Schicksal von Staatsgeld ohne Staat Historische Beispiele • Lateinische Münzunion (1865 – 1914) • Rubelzone (1991-92) 8. Oktober 2015 Seite 9 Das griechische Dilemma • Griechenland war und ist nicht reif für die EWU-Mitgliedschaft und daher in der EWU auf permanente Transfers angewiesen • Das griechische Volk will die EWU-Mitgliedschaft, aber ohne die damit verbundenen Bedingungen • Griechenland torpediert den Merkel‘schen Schattenstaat für den Euro • Frankreich und Italien treten als Anwälte für die griechische EWU-Mitgliedschaft auf, da sie ebenfalls den Euro-Schattenstaat ablehnen • Frankreich und Italien wollen die „bedingungslose“ („whatever it takes“) Unterstützung durch die EZB 8. Oktober 2015 Seite 10 Das deutsche Dilemma • Deutschland braucht den Euro (wirtschaftlich) nicht • Ohne deutsche Mitgliedschaft wäre der Euro aber nichts wert • Lateineuropa widersetzt sich den deutschen Bedingungen für den Euro, wird Deutschland aber nicht aus dem Euro entlassen • Als Gegengewicht zu Lateineuropa braucht Deutschland zur Stabilisierung der EU und zur Wahrung seiner Interessen die zentraleuropäischen Euroländer und die Nicht-Euro EU Länder als Verbündete • Die Migration treibt zwischen diesen Ländern und Deutschland einen Keil • Wenn monetäre Staatsfinanzierung zu Inflation führt, wird die EWU zerrieben (wie gegenwärtig Schengen) 8. Oktober 2015 Seite 11 Eine Zukunftsvision für Europa • EU kann nur als „Demoikratie“ konstituiert werden („Staatenverbund“ nach Bverg) • Kernsouveränität liegt auf nationaler Ebene • Delegation definierter Bereiche auf EU-Ebene • EU der verschiedenen Integrationskreise • EWU: Ø Super-Goldstandard mit Anpassungsmechanismus, Umschuldungs- und ExitKlausel Ø Parallelwährungen neben Gemeinschaftswährung 8. Oktober 2015 Seite 12 Warum die Politik daran nicht interessiert ist • Französische Zentralisten und Deutsche Föderalisten wollen einen Europäischen Zentralstaat • Der Streit geht darum, wie dieser Staat aussehen soll • Man hofft, dass die Eurokrise den Zentralstaat schmieden wird • Das Risiko ist jedoch, dass der Versuch, einen Europäischen Staat zu schaffen, zum Kollaps der Europäischen Union führt 8. Oktober 2015 Seite 13 Rechtliche Hinweise Nachdrucke dieser Veröffentlichung sowie öffentliches Zugänglichmachen – insbesondere Sämtliche Urheberrechte und sonstige Rechte, Titel und Ansprüche (einschließlich durch Aufnahme in fremde Internetauftritte – und Vervielfältigungen auf Copyrights, Marken, Patente und anderer Rechte an geistigem Eigentum sowie Datenträger aller Art bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung durch sonstiger Rechte) an, für und aus allen Informationen dieser Veröffentlichung unterliegen die Flossbach von Storch AG. uneingeschränkt den jeweils gültigen Bestimmungen und den Besitzrechten der jeweiligen eingetragenen Eigentümer. Sie erlangen keine Rechte an dem Inhalt. Das Rechtliche Hinweise Copyright für veröffentlichte, von der Flossbach von Storch AG selbst erstellte Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen und zum Ausdruck gebrachten Inhalte bleibt allein bei der Flossbach von Storch AG. 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