Johannes Bohemus über Esssitten anfangs des 16

Johannes Bohemus über Esssitten anfangs des 16. Jahrhunderts:
,Während die Adligen köstliche Mahle halten, leben die Bürger sehr mässig. Die
Arbeitenden essen viermal, die Nichtstuenden zweimal des Tages. Geringes Brot,
Haferbrei oder gekochte Bohnen bildet die Speise der Bauern. Wasser oder Molken
ihren Trank. Die Sachsen backen Weissbrot, trinken Bier, ihre Speise ist schwer und
unge-schickt: Speck, trockene Würste, rohe Zwiebeln, gesalzene (ungeseihte) Butter.
Vielfach wird am Sonntag gekocht, was die Woche hindurch dann gegessen wird. Die
Kinder werden dort nicht - ‚wie bei uns‘ - mit Brei aus Mehl und Milch ernährt, sondern
mit festerer Speise, die in das Kindermündchen gesteckt wird, nachdem sie von der
Wärterin gut vorgekaut ist: Daher werden auch die Sachsen, an solche Speisen in
zarter Jugend gewöhnt, zäher und stärker als andere.
Die Westfalen essen Schwarzbrot, trinken Bier; Wein trinken nur die Reichen, weil er
nur mit großnen Kosten vom Rheine her zu ihnen kommt.
Die Franken trinken den Wein, den sie bauen, nicht selbst: Sie müssen ihn verkaufen
und sich selbst mit Wasser begnügen. Bier aber verachten sie.
E. Schmidt: Deutsche Volkskunde, Berlin 1904, S. 87. Zitiert nach: J. Kuczynski:
Geschichte des Alltags des deutschen Volkes, Bd. 1, Köln 1991, S. 312