1/2 dbb magazin Januar/Februar 2016 – 67. Jahrgang Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“ Personalmangel und Befristungen: Gefahr im laufenden Betrieb Seite 4 < Interview: dbb Chef Klaus Dauderstädt, Willi Russ und Hans-Ulrich Benra Seite 12 < dbb Jahrestagung 2016: Herausforderung für die Demokratie – Politik contra Bürger? dbb In eigener Sache: << Schwerpunkt: 57. dbb Jahrestagung © stockasso - Fotolia.com … wird der Einkommensrunde 2016 für die Beschäftigten von Bund und Kommunen zukommen, die am 21. März in Potsdam beginnt. Ihr Ablauf und vor allem ihr Ergebnis werden erweisen, ob die Kolleginnen und Kollegen, die seit Jahren in allen Verwaltungsbereichen aufgrund kurzsichtiger Sparpolitik Überlast fahren, von den öffentlichen Arbeitgebern die Wertschätzung erhalten werden, die ihnen zukommt. In besonderer Weise trifft dies auch auf diejenigen Tarifbeschäftigten und Beamten zu, die seit Monaten an Behörden, Schulen und Ämtern mit der Bewältigung des Flüchtlingszustroms beschäftigt sind und dort über alle Belastungsgrenzen hinaus arbeiten. Die Gewerkschaften werden bereits am 18. Februar mit ihrer Forderung an die Öffentlichkeit gehen, nachdem die Kolleginnen und Kollegen in den Fachgewerkschaften des dbb auf einer Vielzahl von Branchentagen die Gelegenheit hatten, die besonderen Probleme ihrer Berufsgruppen zu diskutieren und die Forderungsfindung durch ihre Argumente mitzugestalten. (Siehe dazu den Bericht in dieser Ausgabe, Seite 20). Neben einer spürbaren Lohnerhöhung will der dbb auch eine unbefristete Übernahme aller Auszubildenden erreichen, weil die Befristung von Stellen im öffentlichen Dienst inzwischen ein Ausmaß erreicht hat, das die Kontinuität des Verwaltungshandelns gefährdet. Alles das ist den Verhandlungsführern von Bund und Kommunen bekannt, sodass sie am 21. März in Potsdam weder überrascht noch überfordert sein können. Sie wären gut beraten, angesichts der weiterhin großen Herausforderungen ebenso wie die Gewerkschaften einen zügigen Abschluss mit einem für beide Seiten guten Ergebnis anzustreben. Die erste Runde ohne Arbeitgeberangebot verstreichen zu lassen, würde dem entgegenlaufen und weder bei den Beschäftigten noch bei den Bürgerinnen und Bürgern auf Verständnis stoßen, die sich darauf verlassen, dass der öffentliche Dienst seine Aufgaben effektiv, kontinuierlich und rund um die Uhr erbringt. sm Impressum: Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion – Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.4081-40. Telefax: 030.4081-5599. Internet: www.dbb.de. E-Mail: [email protected] Chefredakteur: Dr. Walter Schmitz (sm). 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Flüchtlings-Gipfel im Bundes kanzleramt: Staat muss handlungs fähig bleiben 8 << Öffentliche Arbeitgeber: Klare Aufstiegsperspektiven schaffen << Pflegeberufe: Qualität der Ausbildung muss bewahrt werden 9 < < fokus << 57. dbb Jahrestagung in Köln: Herausforderung für die Demokratie – Politik contra Bürger? 9 12 18 31 12 die andere meinung: Einkommensrunde 2016 – wessen Krise? 17 << Nachgefragt bei ... Andreas Hemsing, stellvertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission 18 << Branchentage zur Einkommensrunde 2016: Mitglieder diskutierten 20 << Befristungen im öffentlichen Dienst: Neue Studie offenbart massive Strukturprobleme 22 << E-Government: IT-Systeme vereinheitlichen 23 < < spezial << Krisenmanagement: Politik hat Warnungen jahrelang ignoriert 3 24 << Jahreswirtschaftsbericht: Leiharbeit befristen und begrenzen24 << Frauen in Führungspositionen: Regierung hinkt hinterher 25 << Bundesverfassungsgericht: Willkür bei A-Besoldung beenden 25 << Zahlen Daten Fakten 2016: Dringender Personalbedarf 27 12. Frauenpolitische Fachtagung: Digitalisierte Welt: Frauen 4.0 – rund um die Uhr vernetzt? 31 Die Briten und Europa: Droht 2016 der „Brexit“? 32 << Der Fall des Monats 35 << Einstellungspraxis: Befristungs-Irrsinn beenden 38 << 40 8 << << 32 4 < < finale << Glosse: Die neue deutsche Welle ... 39 << Digitale Stadtentwicklung: Lebensader Internet << Mitgliedsgewerkschaften42 << Kulisse: Notlagen 40 47 > dbb magazin | Januar/Februar 2016 aktuell Signalwirkung … dbb Wir machen das! Der dbb hat bei seiner Jahrestagung 2016 sehr konkrete Forderungen aufgestellt, um die Arbeit mit Flüchtlingen zu verbessern. Darüber, und welche Themen 2016 noch wichtig werden, sprach das dbb magazin mit der dbb Führungsspitze: Klaus Dauderstädt, Willi Russ und Hans-Ulrich Benra. << dbb magazin Herr Dauderstädt, es gab große Schwierigkeiten mit der Registrierung, Versorgung und Integration von Asylsuchenden – und teilweise gibt es sie immer noch. Ist es falsch, so viele Flüchtlinge aufzunehmen? << dbb magazin Haben Sie konkrete Beispiele? << Dauderstädt Seit einer gefühlten Ewigkeit warnen wir davor, dass der öffentliche Gesundheitsdienst dem Anstieg der Flüchtlingszahlen. Rechtsanspruch auf Kita-Platz, aber keine zusätz lichen Erzieher. Kontrolle des Mindestlohns, aber keine zusätzlichen Zöllner … wenn ich alle betroffenen Bereiche nennen würde, säßen wir morgen noch hier. drei Jahre. Muss ich noch mehr sagen? << Schon verstanden. Sie haben gerade noch die fehlende Rechtssicherheit erwähnt. Was meinen Sie damit? << << Das ist primär eine politische Entscheidung, die der dbb zur Kenntnis zu nehmen hat. Das Recht auf Asyl ist in der Verfassung verankert. Außerdem ist Solidarität mit Schutzbedürftigen immer auch ein Grundgedanke allen gewerkschaftlichen Handelns. Fakt ist aber: Wer eine politische Entscheidung trifft, der muss auch in der Verwaltung die Voraussetzungen für deren Umsetzung schaffen. Und da ist in den vergangenen Monaten einiges schiefgelaufen. Auf diese Herausforderungen war der öffentliche Dienst schlecht vorbereitet. << dbb magazin Was meinen Sie genau? << Klaus Dombrowsky (3) aktuell 4 Dauderstädt Dauderstädt Es fehlt oft schlicht an Ressourcen und daraus resultierend an Rechtssicherheit. Und mit den Ressourcen meine ich nicht nur Immobilien oder Geld. Damit meine ich in erster Linie geeignetes Personal. Leider ist das eingetreten, was in den letzten Jahren schon so oft passiert ist: Erst werden neue Aufgaben beschlossen und erst dann macht man sich Gedanken, wer die überhaupt schultern soll. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 < < Bundesvorsitzender Klaus Dauderstädt t otal unterbesetzt ist. Die Stellen reichen nicht und selbst die vorhandenen bekommen wir kaum besetzt, weil die Ärzte bei fast jedem anderen Arbeitgeber besser verdienen. Die Aufgaben dort waren vorher schon kaum zu schaffen, und jetzt muss noch eine Million Flüchtlinge versorgt werden. Wie soll das funktionieren? Genauso beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder bei der Bundespolizei. Aber wie gesagt, das ist keine neue Entwicklung, das gab es schon vor << dbb magazin Aber es wurden doch neue Stellen geschaffen. Insbesondere in den von Ihnen genannten Bereichen, etwa beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und der Bundes polizei. << Dauderstädt Zu wenige und zu spät, ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Ausbildung eines Bundespolizisten dauert dbb magazin Dauderstädt Durch die fehlenden Ressourcen sind die Beschäftigten t otal überlastet. Das bleibt übrigens auf Dauer auch gesundheitlich nicht ohne Folgen. Hinzu kommt das Risiko, dass rechtsstaatliche Standards nicht eingehalten werden. Der Wunsch nach schneller und unkomplizierter Hilfe ist natürlich nachvollziehbar. Die vielen freiwilligen Helfer, deren Einsatz ich bewundernswert finde, können da zum Beispiel auch relativ frei agieren. Ein Beschäftigter im öffentlichen Dienst kann das nicht. Der macht sich im Zweifel strafbar, wenn er seinem gesetzlichen Auftrag nicht korrekt nachkommt. Dabei möchte er genauso gerne schnell helfen. Da kann man sich noch so oft über die angebliche Schwerfälligkeit der Behörden echauffieren: Wir brauchen geordnete und transparente Verfahren, die im Fall der Fälle einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Alles andere ist einfach unfair den Beteiligten gegenüber, Flüchtlingen und Beschäftigten gleichermaßen. << dbb magazin Sie zeichnen ein düsteres Bild. Ist die Lage so dramatisch? dbb Dauderstädt Die wahre Größe der Herausforderungen wird sich sogar erst in Zukunft zeigen. Denn es wird eine langfristige Aufgabe. Auch wenn die Fernsehkameras eines Tages wieder weg sind und die Aufmerksamkeit sich auf andere Dinge richtet, wird der öffentliche Dienst noch lange mit der Aufarbeitung beschäftigt sein. Aber es gibt tatsächlich keinen Grund, schwarz zu malen. Es gehört zu unseren Aufgaben als dbb, den Finger in die Wunde zu legen. Es erfüllt mich aber auch mit unglaublichem Stolz zu sehen, wie die Kolleginnen und Kollegen sich in den vergangenen Monaten ins Zeug gelegt haben. Da wurde bis zum Umfallen gearbeitet, um Menschen in Not zu helfen. Das war ganz, ganz stark. Und da wir im öffentlichen Dienst ja daran gewöhnt sind, auch mit schwierigen Rahmenbedingungen umzugehen, traue ich mich, zuversichtlich zu sagen: Wir machen das. << << dbb magazin Oft wird über die sogenannten „Tarif-Rituale“ geschimpft. Das hört sich dann in etwa so an: „Die Gewerkschaften fordern X, die Arbeitgeber bieten nix und am Ende trifft man sich in der Mitte. Der Dumme ist der Bürger, der unter den Streiks leidet. Das muss doch anders gehen.“ << Russ << Da spielen viele Faktoren mit rein. Wirtschaftswachstum, Steuereinnahmen, allgemeine Lohnentwicklung, Inflationsrate und viele mehr. Am Ende steht ein Ideal als Forderung. << dbb magazin Wir leben aber nicht in einer idealen Welt. << Wer so redet, macht es sich aber auch sehr, sehr einfach. Zunächst sollte man festhalten, dass das keine „Tarif-Ritua- Russ Russ Deshalb steht am Ende von Verhandlungen immer ein Kompromiss. Dabei kommen 17,49 Prozent. << dbb magazin Bitte? << Russ Nein, das ist natürlich Quatsch. Die Forderung wird vor allen Einkommensrunden von un seren Gremien beschlossen, so auch dieses Mal. Jetzt schon über Prozentzahlen zu spekulieren, verbietet sich einfach. dbb magazin Bei den Einkommensrunden kämpft der dbb gemeinsam mit ver.di. Wie läuft die Ko operation denn so? Und vor allem: Wie lange wird sie noch Bestand haben? Stichwort „Tarifeinheitsgesetz“. << dbb magazin Russ Russ Ja, das hört man immer wieder mal. Ist aber totaler Unsinn, das ärgert mich wirklich. Glauben Sie mir: Alle Politiker – besonders die, mit denen wir verhandeln – sind bestens informiert, was in den Medien berichtet wird. Und da macht es sehr wohl einen Unterschied, ob wir an einem Tag 3 000 oder 30 000 auf die Straße bringen. Da haben unsere Verhandlungspartner ein sehr feines Gespür. Für die Auswirkungen unserer Streiks auf das öffentliche Leben ebenso. << Sie haben bereits angesprochen, dass die Bezahlung bei der Personalgewinnung eine große Hürde ist. Im Frühjahr steht eine Einkommensrunde für Bund und Kommunen an. Herr Russ, mit welcher Forderung werden Sie in die Ge spräche gehen? << << < < Zweiter Vorsitzender Willi Russ le“ sind. Ich gebe Ihnen Brief und Siegel, dass in der freien Wirtschaft jede Verhandlung nach dem gleichen Muster geführt wird. So laufen Verteilungskämpfe nun mal. Und was unsere Forderung angeht: Glauben Sie wirklich, wir überlegen uns ein gutes Ergebnis und nehmen es dann einfach mal zwei, um auf unsere Forderung zu kommen? weitere Faktoren zum Tragen. Welche Laufzeit hat der Tarifvertrag? Gibt es eine soziale Komponente? Wurden zusätzlich nicht-monetäre Aspekte wie die Arbeitszeit verhandelt, die aber eingepreist werden müssen? Und ganz wichtig: Wie viel Druck konnten wir als Gewerkschaft auf der Straße erzeugen? << << dbb magazin Wie funktioniert es denn? dbb magazin Streiks werden aber gerne als Folklore von gestern abgetan. Russ Das Gesetz wird derzeit vom Bundesverfassungsgericht geprüft. Und wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es diese Prüfung nicht bestehen wird. Ich hoffe, dass wir in diesem Punkt bald Klarheit haben. Die laufenden Kooperationen mit anderen Gewerkschaften sind davon meiner Meinung nach aber ohnehin nicht betroffen. Das funktioniert sehr ordentlich, auch wenn es natürlich hier und da immer mal wieder kleinere Unstimmigkeiten gibt. Das ist aber bei eigenständigen Organisationen vollkommen normal. << dbb magazin Nochmal zurück zur Einkommensrunde: Die wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten ist eine immer wiederkehrende dbb Forderung in allen Einkommens runden. Im kommenden Jahr doch sicherlich auch, Herr Benra? > dbb magazin | Januar/Februar 2016 5 aktuell << dbb << Benra Selbstverständlich. << dbb magazin Haben Sie die Befürchtung, dass es Probleme bei der Umsetzung geben könnte? Immerhin wurde die Besoldung der Bundesbeamten erst im November 2015 in einigen Punkten verbessert. << aktuell 6 Benra Moment. Die Verbesserungen, die Sie mit dem 7. Besoldungsänderungsgesetz ansprechen, waren eine Reaktion auf die besonderen Herausforderungen durch die gestiegenen Flüchtlingszahlen. Beispielsweise eine Erhöhung der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten, also an Feiertagen, während der Nacht und an Wochenenden. Oder die Erhöhung der Reisebeihilfen an abgeordnete Beschäftigte, um wenigstens eine wöchentliche Heimfahrt zur Familie zu ermöglichen. BAMF-Beschäftigte erhalten für die nächsten drei Jahre eine Stellenzulage. Wer seinen Ruhestandseintritt hinausschiebt, erhält bei Weiterbeschäftigung ebenfalls einen Zuschlag. Für diese Verbesserungen haben wir gekämpft, damit die außergewöhnliche Leistung der Kolleginnen und Kollegen wenigstens ansatzweise gewürdigt wird. Mit der „normalen“ Besoldungserhöhung hatte das nichts zu tun. Und wir werden nicht zulassen, dass hier aufgerechnet wird. << dbb magazin Neben der Einkommensrunde erwartet uns 2016 noch ein, wenn man so will, doppeltes Superwahljahr. Neben Landtagswahlen in fünf Ländern finden beim Bund sowie in sieben Ländern – nämlich Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen – Personalratswahlen statt. Sie waren selbst lange Zeit Personalrats- vorsitzender im Bundesinnenministerium, Herr Benra. Welche Bedeutung für den dbb messen Sie den anstehenden Wahlen zu? << Benra Das ist gewerkschaftliches Kerngeschäft, gar keine Frage. Für den dbb ist es essenziell, dass die Kandidatinnen und Kandidaten aus unseren Mitgliedsgewerkschaften wieder ein gutes Ergebnis erzielen, wenn möglich sogar gestärkt aus den Wahlen hervorgehen. Wie könnten wir unsere Arbeit << Benra Zum einen gibt es natürlich logistische und materielle Unterstützung während des Wahlkampfes. Dazu haben wir beispielsweise eine Sonderseite auf dbb.de eingerichtet, wo alle relevanten Infos gebündelt sind. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Hilfestellungen zwischen den Wahlen. Seien es Veranstaltungen und Schulungen zum Personalvertretungsrecht, unser Onlineforum für den Austausch zwischen den Praktikern oder etwa unsere Initiative zur Bündelung der gung 2015 gesprochen haben: Sie haben für eine Rückkehr zu einer bundesweit einheitlichen Besoldung geworben, Herr Dauderstädt. Wie ist der Stand der Dinge? << Dauderstädt Leider hat sich meine Prognose bestätigt: Das ist ein dickes Brett, das da zu bohren ist. 2016 jährt sich die Verabschiedung der Föderalismusreform I zum zehnten Mal. Nach feiern ist bei uns aber niemandem zumute. Vielmehr werden wir dieses Jubiläum zum Anlass nehmen, um eine kritische Bilanz zu ziehen. Und ich kann schon jetzt sagen: Im Beamtenrecht wird sie größtenteils verheerend ausfallen. Die Besoldung driftet immer weiter auseinander. Langsam aber sicher hat auch das Bild des Flickenteppichs dafür ausgedient, denn selbst die Flicken fallen auseinander. << dbb magazin Also keine Hoffnung auf Besserung in Sicht? << < < Stellvertretender Bundesvorsitzender Hans-Ulrich Benra als Dachverband im Berliner Politikbetrieb erledigen, wenn sich die Kolleginnen und Kollegen mit ihrer praktischen Arbeit vor Ort überall in Deutschland nicht um die alltäglichen Sorgen und Nöte kümmern würden? Das garantiert einen direkten Draht zwischen den Beschäftigten, den Mitgliedsgewerkschaften und dem dbb. << dbb magazin Was tut der dbb denn genau, um die Mitgliedsgewerkschaften zu unterstützen? gewerkschaftsübergreifenden Interessen bei den Job-CenterPersonalräten. Aber ich sage auch: Obwohl wir schon viel tun, können und wollen wir diese Angebote weiter aus bauen. << dbb magazin Das andere Superwahljahr, mit Wahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz, MecklenburgVorpommern und Berlin, erinnert an ein Thema, über das wir schon nach der Jahresta- Dauderstädt Das habe ich nicht gesagt. Schauen Sie, die Föderalismusreform 2006 hatte eine Vorlaufzeit von vielen Jahren. Und es ist ja nicht nur das Beamtenrecht betroffen, sondern viele weitere Bereiche. Aber 2019 müssen die Finanzbeziehungen zwischen Bund und den Ländern ohnehin erneut überarbeitet werden, denn der Länderfinanzausgleich läuft ebenso aus wie der Solidarpakt II. Da wird viel in Bewegung geraten, besonders unter dem Druck der Schuldenbremse. Daher gilt es für uns als dbb, bereits jetzt in die Gespräche einzusteigen und uns klar zu positionieren. Und genau das tun wir. Denn meine feste Überzeugung ist: Ein einheitlich geregeltes Beamtentum ist nicht nur gut für unsere Mitglieder, es ist auch gut für Deutschland. Die Fragen stellte Michael Eufinger. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 dbb 2. Flüchtlings-Gipfel im Bundeskanzleramt: Staat muss handlungsfähig bleiben Die Handlungsfähigkeit des Staates muss sichergestellt bleiben. Das hat dbb Vize Willi Russ am 10. Dezember 2015 anlässlich des 2. FlüchtlingsGipfels im Bundeskanzleramt mit Blick auf die nachhaltige Bewältigung des Flüchtlingszustroms in Deutschland klargestellt. ten müssten zudem die notwendigen Finanzmittel zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erhalten. „In diesen nicht ganz einfachen Zeiten ist es wichtiger, in die Zukunft zu schauen als in der Vergangenheit zu verharren“, mahnte Russ. Gleichwohl betonte er, dass die jüngste von Vorwürfen gezeichnete Debatte zwischen Kommunen und Ländern einerseits und dem Bund andererseits infolge der letzten Innenministerkonferenz in Koblenz grenzwertig rung, die die BAMF-Beschäf tigten vor der unberechtigten Kritik in Schutz genommen hatten. Mit „Schwarze-PeterSpielen“ komme man nicht weiter, so der dbb Vize. Gegenüber dem WDR (Funkhaus Europa) wies der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und komba-Chef Ulrich Silberbach am 10. Dezember zudem darauf hin, dass man für die nicht nur im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise dringend benötigte Personalaufstockung im öffentlichen Dienst jetzt aber auch einen langen Atem brauche, sofortige Entlastung lasse sich dadurch nicht erreichen: „Ausgebildete Fachleute wachsen auch in Deutschland nicht auf den Bäumen, die müssen gründlich, zum Teil sogar über mehrere Jahre ausgebildet werden.“ Öffentliche Arbeitgeber: Klare Aufstiegsperspektiven schaffen Die stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Astrid Hollmann hat vor einer sinkenden Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber gewarnt. „Die freie Wirtschaft holt auf“, sagte sie im Interview mit der „Rheinpfalz“ (Ausgabe vom 8. Januar 2016). Dies gelte sowohl bei der finanziellen Sicherheit und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, als auch bei der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Diese Entwicklung sei verheerend, weil der öffentliche Dienst gerade jetzt besonders gefordert werde. Die sinkende Wettbewerbsfähigkeit beim Werben um Nachwuchs treffe den öffentlichen Dienst angesichts der ohnehin enormen Arbeitsverdichtung schwer. Wenn man sich vergegenwärtige, „was an Mehrbelastung durch die Flüchtlings situation hinzukommt, dann werden noch mehr Beschäftigte fehlen“, warnte Hollmann. Und zwar für einen Staat, der „schon heute nur noch auf Sparflamme funktioniert, der dem Bürger nur ein Mindestmaß an Leistungen bietet“. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 ©Gajus – Fotolia.com aktuell 8 „Der Staat muss in Gestalt des öffentlichen Dienstes selbst handeln und darf seine Verpflichtungen nicht dauerhaft ehrenamtlichen Helfern überlassen. Dazu bedarf es vor allem einer entsprechenden Personalstärke. Aktuell fehlen uns allein in Sachen Flüchtlings management fast 180 000 Beschäftigte“, erläuterte Russ. Hinzu komme, dass reguläre Verwaltungsaufgaben im Dienste der Bürger auch weiterhin kontinuierlich erfüllt werden müssen, so der dbb Vize. Die Gebietskörperschaf- ewesen seien: „Einfach den g Schuldigen bei den Beschäftigten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu suchen, ist nicht nur unzulässig, sondern stößt die Kolleginnen und Kollegen auch vor den Kopf, die in Anbetracht der von der Politik zu spät erkannten Versäumnisse einen großartigen Job machen. Sie leisten schon seit vielen Monaten Überstunden in erheblichem Maße. Und sie sind weiterhin bereit, hohe Leistung zu bringen – weit über das normale Maß hinaus. Es geht jeweils um ein komplexes rechtsstaatliches Verfahren, das später justitiabel ist; solche Fälle erfordern grundsätzlich große Sorgfalt und schlicht Zeit, und zwar nicht zum Selbstzweck, sondern im Inte resse unseres Gemeinwesens.“ Russ begrüßte ausdrücklich die „rückenstärkenden Worte“ von Mitgliedern der Bundesregie- Ein Teil des Problems sei die zunehmend hohe Zahl an befristeten Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst, gerade bei Nachwuchskräften. „Junge Leute, die etwa eine Familie gründen wollen, brauchen finanzielle und damit berufliche Sicherheit“, sagte die stellver- dbb tretende dbb Bundesvorsitzende. Wenn sie diese mittlerweile eher in der Privatwirtschaft bekämen, „dürfen wir uns nicht wundern, wenn die jungen Menschen nicht mehr zu uns kommen“. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit einerseits sowie die berufliche Entfaltung inklusive klarer Aufstiegsperspektiven andererseits dürften kein Gegensatz sein. Die Position von Frauen im öffentlichen Dienst müsse eben- falls verbessert werden, etwa bei der Bezahlung. „Da gibt es nach wie vor geschlechtsspezifische Unterschiede“, bemängelte Hollmann. Zwar sei die Differenz in der Privatwirtschaft derzeit noch höher, liege aber auch im öffentlichen Dienst „immer noch bei acht Prozent“. Nachholbedarf gebe es beispielsweise bei der Bewertung von Berufen, in denen überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten, etwa im sozialen Bereich. Pflegeberufe: Mit dem Pflegeberufereformgesetz will der Gesetzgeber die Berufsausbildungen zur Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege zu einem Ausbildungsgang zusammen fassen. Im Rahmen dieser einheitlichen Ausbildung könnten sicher Schnittstellen und gleiche Grundlagen in der theoretischen Ausbildung genutzt werden, erklärte der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach vor der Anhörung. „Allerdings sehen wir die Gefahr, dass aufgrund der Fülle theoretischer und praktischer Lehrinhalte – unter Beibehaltung der dreijährigen Ausbildungszeit – nicht mehr genügend Raum für die derzeit in den Einzelzweigen des Pflegeberufs vermittelten Spezialkenntnisse bleibt.“ Positiv bewerte der dbb die vorgesehene grundsätzliche Schulgeldfreiheit und Ausbil- dungsvergütung, so Silberbach. Beides könne zur Stei gerung der Attraktivität des Pflegeberufs beitragen. Gesetzlich geregelt werden sollen auch die seit Langem geforderten Vorbehaltstätigkeiten. Allerdings müsse stärker als im vorliegenden Entwurf konkretisiert werden, um welche Tätigkeiten es sich dabei handelt. Auf Zustimmung des dbb stoße auch die akademische Öffnung des Pflegeberufs: Durchlässigkeit und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten seien starke Argumente bei der Berufswahl und auch „eine richtige Antwort auf die demografischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte, die die Pflege in besonderem Maße betreffen“, so der dbb Vize. Allerdings müsse sowohl mit Blick auf die Eingruppierung von Beschäftigten mit Hochschulabschluss als auch auf ein ausreichendes Angebot 9 entsprechender Studiengängen die Frage der Gegenfinanzierung geklärt werden. „Bei allen Fortschritten, die die Pflegewissenschaft in den letzten Jahrzehnten gebracht hat, dürfen Differenzierungen in der Ausbildung nicht zu einer Spaltung der Belegschaft führen“, mahnte Silberbach. << dbb Mitgliederzahlen 2015 erneut im Plus Der dbb hat bei den Mitgliederzahlen weiter zugelegt. Zum Jahresende 2015 (Stand: 1. Dezember) verzeichnete der gewerkschaftliche Dachverband insgesamt 1 294 402 Mitglieder, das sind 11 573 mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. „Dieser erneute Zuwachs an Mitgliedern stärkt unsere Durchsetzungsfähigkeit als gewerkschaftliche Spitzenorganisation“, sagte der dbb Zweite Vorsitzende Willi Russ am 21. Dezember 2015 zur Veröffentlichung der neuen Verbandsstatistik in Berlin. „Das verstehen wir auch als ein Votum für unsere erfolgreiche Interessenvertretung im Auftrag der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und der privatisierten Bereiche. Zudem erfreulich ist, dass der dbb im Gegensatz zu vielen anderen Beschäftigtenvertretungen seit Jahren kontinuierlich Mitglieder hinzugewinnt.“ Von den 1 294 402 dbb Mitgliedern sind 915 256 Beamte (2014: 912 012) und 379 146 Angestellte (2014: 370 817). In den Reihen des dbb organisiert sind nun 414 177 Frauen (5 820 mehr als im Vorjahr) und 880 225 Männer (ein Zuwachs um 5 753 gegenüber 2014). Unter dem Dach des dbb vereint sind Landesbünde in allen 16 Bundesländern sowie 43 Mitgliedsgewerkschaften, die Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes sowie Beschäftigte des privatisierten Dienstleistungssektors organisieren. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 aktuell Die Qualität der Ausbildung in den Pflegeberufen darf nicht darunter leiden, dass künftig die Berufsausbildungen zur Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege zu einem generalistischen Ausbildungsgang gebündelt werden sollen. Das hat der dbb in einer Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Pflegeberufe (PflBRefG) unterstrichen und auch bei einer Anhörung auf Einladung des Bundesgesundheits- sowie des Bundesfamilienministeriums zu dem Entwurf am 11. Dezember 2015 in Berlin klargemacht. ©rico287 – Fotolia.com Qualität der Ausbildung muss bewahrt werden dbb 60 Jahre vbba – Gewerkschaft Arbeit und Soziales: Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit Die immer mehr auseinanderdriftende Bezahlung in den Jobcentern ist „ein Ärgernis“ und muss beseitigt werden. Das hat der Zweite Vorsitzende des dbb, Willi Russ, bei einer Festveranstaltung zum 60-jährigen Bestehen der vbba – Gewerkschaft Arbeit und Soziales am 27. November 2015 in Nürnberg betont. aktuell Der dbb Vize würdigte die vor sechs Jahrzehnten gegründete vbba als „maßgebliche und mitgliederstarke Organisation“, die als Fachgewerkschaft in der Bundesagentur für Arbeit (BA) und darüber hinaus wirksam die Interessen der Kolleginnen und Kollegen vertrete und „in Zukunft noch stärker gefordert sein wird“. Der Festakt zum 60-jährigen Bestehen stand unter dem Motto „ Flucht – Schutz – Integration – Eine historische Herausforderung“. Selten seien Politik und Gesellschaft so herausgefordert wie durch die aktuellen Entwicklungen, stellte Russ fest und würdigte die Anstrengungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in nahezu allen Bereichen des öffentlichen Dienstes, darunter auch in den Arbeitsagenturen und Jobcentern: „Sie alle leisten in dieser Zeit unendlich viel dafür, dass Deutschland diese Herausforderung bewältigt – ‚es schafft‘.“ Der Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt komme > dbb magazin | Januar/Februar 2016 in vielen Bereichen der Verwaltung mehr Personal, viel mehr Personal“, konstatierte Russ. Nach dbb Schätzungen fehlen dem Staat derzeit fast 180 000 M itarbeiter. Die Politik müsse Prioritäten setzen und für eine aufgabengerechte Personalausstattung sorgen. Manfred Feit 10 Die kommunalen Arbeitgeber dürften sich nicht länger um dieses Thema herumdrücken. Der dbb habe in zurückliegenden Verhandlungen mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) dieses Problem häufig angesprochen und auf eine Lösung gedrängt, sei aber damit bei den Arbeitgebern bislang auf taube Ohren gestoßen. „Wir werden aber mit unserer Forderung nicht nachlassen, dass hier dem Grundsatz ‚Gleicher Lohn für gleiche Arbeit‘ zum Durchbruch verholfen werden muss“, versicherte Russ. < < Feierten 60 Jahre vbba: Rolf Habermann, Vorsitzender des Bayerischen Beamtenbundes, BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise, der Bundesvorsitzende des vbba, Waldemar Dombrowski, und der Zweite Vorsitzende des dbb, Willi Russ (von links). eine Schlüsselfunktion zu, stellte Russ weiter fest. Viele Unternehmen seien bereit, Flüchtlinge zu beschäftigten, aus- und weiterzubilden. Darin liege einerseits eine Chance zur Fachkräftegewinnung, andererseits biete es den Migranten die Möglichkeit, schnell und eigenständig für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. „Zugleich sollte überlegt werden, an welchen Stellen bürokratische Hürden für alle Beteiligten reduziert und Förderinstrumente frühzeitig eingesetzt werden können.“ Russ dankte „allen, die sich täglich neben den zahlreichen originären Aufgaben um die Beratung, Vermittlung und Integration in den Arbeitsmarkt bemühen“. Dies erfor dere enormen Einsatz und Geschick, konfrontiere mit menschlichen Einzelschicksalen und beschäftige die Kolleginnen und Kollegen weit über den Arbeitstag hinaus. Damit die Integration der Flüchtlinge gelinge, „braucht Deutschland Die vbba unter dem Dach des dbb vertritt unter dem Motto „offen – engagiert – nachhaltig“ die Interessen ihrer Mitglieder – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamtinnen und Beamte – in Arbeitsagenturen und Jobcentern. Der dbb werde die Gewerkschaft bei der Durchsetzung ihrer berufspolitischen For derungen auch künftig nach Kräften unterstützen, versicherte Russ. << Arbeit 4.0 Der Mensch im Mittelpunkt Im November 2015 hat der dbb einen Dialogbeitrag zum Grünbuch „Arbeit 4.0“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht. Darin werden die aus Sicht des gewerkschaftlichen Dachverbandes wichtigsten Ziele für die Arbeitswelt der Zukunft skizziert. Von zentraler Bedeutung wird demnach sein, dass auch in der Arbeitsgesellschaft von morgen der Mensch im Mittelpunkt steht. So sollen die durch die Digitalisierung entstehenden Möglichkeiten genutzt werden, um Beschäftigungsbedingungen zu verbessern. Der dbb wird als Sozialpartner den Dialog über die dafür notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen mitgestalten, um die Arbeits- und Sozialpolitik in diesem Sinne weiterzuentwickeln. So sollen etwa flexiblere Arbeitszeitmodelle mit einer zufriedenstellenden Work-Life-Balance und der Ausbau der das Arbeitsleben begleitenden Qualifizierungsmaßnahmen forciert und gleichzeitig die sozialen Sicherheit inklusive eines angemessenen Lohnniveaus sowie die Mitbestimmung gestärkt werden. Im März 2016 wird ein Zwischenbericht des BMAS erwartet, das Weißbuch zum Thema soll zum Jahresende vorliegen. dbb 57. dbb Jahrestagung in Köln: fokus 12 Ganz im Zeichen der enormen Anstrengungen des öffentlichen Dienstes, die Aufgaben im Zusammenhang mit dem anhaltenden Strom von Schutz, Sicherheit und ein besseres Leben suchenden Menschen nach Deutschland zu meistern, stand die 57. Jahrestagung des dbb vom 10. bis 12. Januar 2016 in Köln. Mehr als 700 Teilnehmer aus den Reihen des dbb und Gäste aus Deutschland und Europa sowie zahlreiche Medienvertreter waren der Einladung gefolgt. Zum Auftakt der Jahrestagung begrüßte der Zweite Vorsit zende des dbb, Willi Russ, in Vertretung des erkrankten Bundesvorsitzenden Klaus Dauderstädt die Teilnehmer. Solidarität mit Schutzbedürftigen habe in Deutschland zu Recht Verfassungsrang und sei „immer auch ein Grundgedanke allen gewerkschaftlichen Handelns“, betonte Russ. << Russ: Handlungsfähige Verwaltung unerlässlich Zugleich mahnte er angesichts der riesigen Herausforderungen an den öffentlichen Dienst im Zusammenhang mit der Flüchtlingsbewegung: „Wer eine politische Entscheidung trifft, muss in der Verwaltung auch die Voraussetzungen für die Umsetzungen schaffen.“ Ohne das besondere Engagement der Kolleginnen und Kollegen beispielsweise im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), bei der Polizei in Bund und Ländern, in den Kommunen, Kitas und > dbb magazin | Januar/Februar 2016 < < Willi Russ Schulen, im öffentlichen Gesundheitsdienst oder der Justiz wäre die Situation nicht zu bewältigen, sagte der dbb Vize und verwies auf die Dauerbelastung der Mitarbeiter bis an die Grenze physischer und psychischer Leistungsfähigkeit. Hinzu komme, dass immer häufiger Entscheidungen herbeigeführt würden, die mit rechtsstaatlichen Verfahren nur schwer vereinbar seien. „Aus der Sicht einer gewerkschaftlichen Spitzenorganisation des öffentlichen Dienstes möchte ich klarstellen, dass verbindliche Regeln nicht der Beschleunigung von Verfahren zum Opfer fallen dürfen“, so Russ. Um für personelle Entlastung zu sorgen, seien Verwaltungsverfahren zu straffen, Schnittstellen für den Datenaustausch zu definieren und Zuständigkeiten zu bündeln, „zum Beispiel mit einer einheitlichen Flüchtlings- und Integrationsverwaltung, die für Unter bringung, Versorgung und Integration zuständig ist“. Die gesamtgesellschaftliche „Herkulesaufgabe“ mache auch deutlich, „wie sich der seit Jahren von der Politik herbeigeführte Personalmangel in einer aktuellen Krisensituation auswirkt“. Es gebe in der Verwaltung keine Reserven und die Altersstruktur biete für die Zukunft keine Perspektive. „Die Politik ist nun gefordert, Prioritäten zu setzen und wieder stärker für eine aufgabengerechte Personalausstattung zu sorgen“, sagte Russ. Die bislang bewilligten neuen Stellen seien zu begrüßen, aber die Beschäftigten müssen erst einmal gefunden, ausgewählt, ausgebildet oder in die konkrete Aufgabe eingearbeitet werden. „Das löst nicht die aktuelle Herausforderung“, machte Russ klar und kritisierte zudem den großen Anteil befristeter Stellen. Wenig hilfreich sei auch, Schuldige für organisatorische Missstände vorrangig bei den Beschäftigten zu suchen. Die Gebietskörperschaften müssten langfristig die notwendi- Marco Urban (8) Herausforderung für die Demokratie – Politik contra Bürger? dbb Zur bevorstehenden Einkommensrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen verwies Russ, der Verhandlungsführer des dbb sein wird, auf die anhaltende konjunkturelle Erholung, den Anstieg der Inflationsrate und die stabile Arbeitsmarktlage in Deutschland. Der dbb werde in den nächsten Wochen auf „Branchentagen“ an der Basis mit den Mitgliedern über ihre Vorstellungen diskutieren, bevor am 18. Februar die Gesamtforderungen für alle Statusgruppen präsentiert werden. Dabei werde es auch um strukturelle Forderungen – etwa die Absenkung des viel zu hohen Anteils befristeter Arbeitsverhältnisse von über 15 Prozent im öffentlichen Sektor – gehen, von dem vor allem Arbeitnehmer unter 35 Jahren betroffen seien. „Der öffentliche Dienst macht im Rahmen seiner ihm gegebenen Möglichkeiten einen verdammt guten Job“, so Russ’ Fazit. „Den wollen wir auch im Rahmen der diesjährigen Einkommensrunde entsprechend gewürdigt sehen.“ << de Maizière: Auf öffent lichen Dienst ist Verlass Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière brachte in seiner Rede auf der Tagung Dank für die Menschen innerhalb und außerhalb des öf fentlichen Dienstes dafür zum Ausdruck, dass sie im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise „solidarisch und beherzt Verantwortung übernommen haben und manches Mal über sich hinausgewachsen sind“. Die aktuelle Lage beweise: „Auf den öffentlichen Dienst ist Verlass. Dafür gibt es hunderte gute Beispiele in ganz Deutschland.“ Die Flüchtlingskrise habe gezeigt, wie notwendig ein guter öffentlicher Dienst ist. Mit Blick auf die sexuellen Übergriffe und Straftaten der < < Thomas de Maizière Silvesternacht in Köln sagte de Maizière, derartige Exzesse habe es in dieser Dimension und möglicherweise auch in der Organisiertheit in Deutschland bisher nicht gegeben. Sie seien inakzeptabel und müssten konsequent mit den Mitteln des Rechtsstaates verfolgt werden. De Maizière vertrat die Auffassung, dass neben der Anwendung des geltenden Rechts auch gesetzliche Verschärfungen notwendig seien. Die Geschehnisse müssten konsequent aufgeklärt, „nichts darf unter den Teppich gekehrt werden“. Es sei auch im Interesse der Flüchtlinge, aufzuklären, wer kriminell ist und wer nicht, sagte der Minister. Als wichtigen Schritt bezeichnete de Maizière das auf den Weg gebrachte Digitalisierungsprojekt samt Gesetzentwurf, das die Verfahrensdauer verkürzt und klar regelt. Die gleichfalls notwendige Sicherung der europäischen Außengrenzen und eine faire Verteilung der Schutzbedürftigen könnten nur in europäischer Solidarität und Verantwortung gelingen. Zur Wahrheit gehöre auch: „Ohne erhebliche Anstrengungen aller Beteiligten, auch und insbesondere der Flüchtlinge, ohne beträchtliche Mehrausgaben wird es nicht gehen. Diese bewegen sich im zweistelligen Milliardenbereich. Aber den Anspruch an die schwarze Null sollten wir halten.“ Erforderlich seien „Flexibilität und Pragmatismus“. So könne es für eine begrenzte Zeit nötig sein, Anforderungen an die berufliche Qualifikation – etwa bei Lehrkräften – abzusenken. Berufliche Fertigkeiten der ins Land Kommenden sollten am besten direkt im Betrieb oder in der Ausbildungsstätte „im Echtbetrieb“ überprüft werden. Es sei Zeit und Gelegenheit, die Lage als Chance zu Modernisierung und Flexibilisierung zu begreifen. Ausdrücklich dankte de Maizière den Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden und Polizeien von Bund und Ländern für ihre „hervorragende Arbeit“. Bei dieser Belastung sei es wichtig, die Sicherheitsbehörden „deutlich zu stärken. Durch gute Gesetze, durch gute Ausstattung und mit mehr Personal.“ „Wenn man will, dass der Staat seine Aufgabe ordentlich erledigt, dann braucht er Personal und Ausstattung“, betonte der Minister und verwies auf den Zuwachs von 1,5 Milliarden Euro im Etat des Bundesinnenministeriums. Damit seien aber die Probleme nicht vom Tisch. „Viele Beschäftigte arbeiten bereits heute mehr als in der Dienstvorschrift steht. Auf Dauer können wir nicht auf den hohen Einsatz mit zig Überstunden und unter hohem Druck bauen.“ Um dringend benötigte Ressourcen zu erschließen, müsse auch Personal umgeschichtet werden. De Maizière versicherte, er werde in nächster Zeit mit den gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen zu einem Spitzengespräch über die Probleme in den Verwaltungen und für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zusammenkommen. << Patzelt: Offenen Meinungsstreit dulden Eine große Diskrepanz zwischen den Erwartungen vieler Bürgerinnen und Bürger und der politisch Verantwortlichen konstatierte Prof. Dr. Werner Patzelt von der TU Dresden in seinem Vortrag. Der Politikwissenschaftler, der zuletzt wegen seiner in den Medien verbreiteten politischen Bewertung der Pegida-Demonstrationen bekannt geworden war, referierte < < Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte in ihrem Grußwort auf dem Begrüßungsabend mit Blick auf das Tagungsmotto: „Wir müssen von der Zuständigkeitskultur zur Lösungskultur wechseln. Dann werden wir auch wieder mehr Interesse der Bürger an der Demokratie bekommen.“ > dbb magazin | Januar/Februar 2016 13 fokus gen Finanzmittel für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erhalten. dbb zum Titelthema der Tagung. Ein nennenswerter Teil der Bürger sympathisiere damit, was Parteien wie die AfD und die Anhänger von Pegida zum Ausdruck bringen. Dies sei, so Patzelt, unter anderem auf eine „Repräsentationslücke“ im rechten Parteienspektrum zurückzuführen. Patzelt sprach von einer „Sozialdemokratisierung“ der Union, die sehr zum Vorteil der Mitte der CDU sei. „Von vielen, die bislang in der CDU ihre politische Heimat finden, wird dies aber bedauert“, sagte der Experte. Er sehe einen Konflikt zwischen dem, was die Bundesregierung sagt, und den Sichtweisen eines Teils der Bevölkerung, der doch eine Obergrenze der Flüchtlingszahlen will. fokus 14 Statt hinzublicken, wer bei den Demos von Pegida und AfD auf die Straße geht und was diese Menschen bewegt, „war man sich schnell einig: ausgrenzen, als dumm und ignorant bezeichnen“. Dies werde sich auch in den Stimmergebnissen bei den anstehenden Wahlen bemerkbar machen und die Regierungsbildung erschweren, zeigte sich Patzelt überzeugt. In der Flüchtlingskrise übernehme die Zivilgesellschaft eine Rolle, die nicht hoch genug zu würdigen sei, aber die Frage nach der staatlichen Verantwortung müsse auch gestellt werden. Eine „unzulängliche Rolle“ spielen laut Patzelts Einschätzung die Massenmedien mit ihrem „anwaltschaftlichen Journalismus“. So habe es das Bemühen gegeben, die AfD „zunächst in die rechte Ecke und dann in die Bedeutungslosigkeit abzuschieben“. Der Staat müsse Anwalt eines offenen Meinungsstreits sein, nicht Anwalt einer bestimmten politischen Ausrichtung. „Öffentliche Zustimmung lässt sich nicht erzwingen – redliche, pluralistische, breit aufgestellte Diskussion“ sei erforderlich und ein legitimes Mittel dafür wäre der Wahlkampf. „Wenn dabei > dbb magazin | Januar/Februar 2016 enug, um zwischen Ganoven g und Rechtschaffenden zu unterscheiden. In diesem Zusammenhang kritisierte Bosbach auch die selektive Wahrnehmung der Medien, die zum Protestverhalten vieler Menschen beigetragen habe: „Die Wahrheit ist politisch korrekt“, sagte er und wandte sich gegen die Tabuisierung von Problemen. Daher müssten auch innerhalb der Parteien unterschiedliche Meinungen offen und nach außen diskutiert werden. < < Norbert Walter-Borjans eikle Themen herausgehalten h werden, entzieht man dem Bürger ein wirkungsvolles Mittel der Meinungsäußerung.“ Das führe zur Gründung von Protest-Parteien und „die Nebenwirkungen können schädlich sein“, sagte Patzelt. << Diskussion: Wähler abholen, nicht abstempeln In einer Diskussionsrunde unter der Leitung von ZDF-Moderatorin Dunja Hayali analysierten im Anschluss Wolfgang Bosbach (CDU), Mitglied des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, und Prof. Patzelt insbesondere die Rolle von Politik und Medien in der Flüchtlingskrise. Das im Impulsvortrag von Patzelt geforderte plebiszitäre Element in der Gesetzgebung lehnte Bosbach ab: „Der Wunsch nach Volksbegehren ist so alt wie die Bundes republik selbst“, sagte er. Das Problem daran sei die Redukti- on der Antwort auf „Ja“ oder „Nein“, die Abwägungsprozesse vermissen lasse. Weiter sei direkte Demokratie kein Rezept gegen Politikverdrossenheit, „weil die Menschen nicht politikverdrossen, sondern parteiund politikerverdrossen sind. Die Diskrepanz zwischen Wählern und Gewählten wird immer größer.“ Mit Blick auf die Flüchtlingsproblematik hänge damit zusammen, dass sowohl in den Parlamenten als auch in den Medien die Tatsache zu kurz gekommen sei, dass Deutschland eben nicht über unbegrenzte Integrationskraft verfüge. Zur AfD als Protestpartei stellte Bosbach klar: „Die Wähler denken nicht, dass die AfD die Probleme löst, sondern dass sie den etablierten Parteien Feuer unter dem Hintern macht.“ Es sei falsch, die Bevölkerung unter den Generalverdacht zu stellen, sie sei nicht klug < < Prof. Dr. Werner Patzelt, Wolfgang Bosbach und Dunja Hayali (von links) Im Zusammenhang mit der Bewältigung des Flüchtlings zustroms lobte Bosbach das über jedes normale Maß hinausgehende Engagement des öffentlichen Dienstes und seiner Beschäftigten: „Wenn die Probleme am größten werden, werden die schönsten Eigenschaften von uns Menschen sichtbar.“ Für Patzelt verlangt ein gangbarer Mittelweg in der politischen und medialen Diskussion „intellektuelle Wachheit und politischen Mut“. Die Medien müssten sich den Vorwurf gefallen lassen, Beihilfe zur Verschleierungstaktik vieler Politiker geleistet zu haben. Jeder sei bemüht gewesen, kein Öl ins Feuer zu gießen, um nicht in eine politische Ecke gestellt zu werden. Die Ereignisse der Silvesternacht in Köln und anderen Städten seien damit sogar eine Chance für die Meinungsbildung, ohne politi schen Scharfmachern das Wort reden zu müssen. „Wenn wir dbb In Ostdeutschland, insbesondere in Dresden, polarisiere das Thema allerdings so stark, „dass kein objektiver Diskurs möglich ist. Gerade in diesem Umfeld löst das Verscheuchen der Wähler keine Probleme.“ Vielmehr treibe der „Ausgrenzungs- und Beschimpfungsmodus“ immer mehr Menschen in die innere Kündigung gegenüber der Politik. Wirklich ausgegrenzt gehörten aber keine Bürgerinnen und Bürger, sondern Rassisten und Scharfmacher. << Güllner: Diktatur der Minoritäten Den programmatischen Schlusspunkt des ersten Tages setzte Forsa-Chef Prof. Manfred Güllner, der vor einer zunehmenden Entfremdung zwischen Politik und Bürgern warnte. Die „Partei der Nichtwähler“ sei weitaus größer als die allenthalben thematisierte Abwanderung insbesondere von den Unionsparteien in Richtung der Rechten, sagte Güllner in seinem Vortrag. Man könne anhand der vorliegenden Daten nicht davon ausgehen, dass die „neue Rechte“, vertreten von Parteien wie AfD, NPD und Republikanern, eine größere Anziehungskraft als je zuvor auf die Wählerinnen und Wähler ausübe, führte Güllner aus. Hätten die Rechten etwa Ende der 1960eroder der 1980er-Jahre zwischen 6 und 5,4 Prozent der Wählerstimmen erhalten, erreichten AfD, NPD und Republikaner bei der letzten Bundes- tagswahl insgesamt „nur“ 3,9 Prozent, bei der vergangenen Europawahl „nur“ 3,7 Prozent. Sehe man sich die Wählerbewegungen genauer an, könne kein Vakuum am rechten Rand der Unionsparteien belegt werden: „Von den Unions- Abwanderern würden einige wenige andere Parteien, mehrheitlich im Übrigen die SPD, wählen, die ganz deutliche Überzahl jedoch gibt an, ihr Wahlrecht gar nicht mehr wahrnehmen zu wollen“, so der Forsa-Geschäftsführer. Einer Million weniger Stimmen für die Unionsparteien standen bei den vergangenen Landtagswahlen in Summe 48 000 mehr Stimmen für die AfD gegenüber – „der rechnerische Rest ist aller Wahrscheinlichkeit gar nicht wählen gegangen“, so Güllners Schlussfolgerung. „Das Potenzial der AfD ist weitgehend ausgeschöpft.“ Problematisch sieht der ForsaChef vor diesem Hintergrund kein etwaiges „Vakuum rechts der Union“, sondern vielmehr die „deutlich nachlassende Bindekraft der Volksparteien“, die ihren Ausdruck in erheblich schwächeren Wahlergebnissen und Vertrauenswerten für CDU und SPD, für die große Koalition fänden. Auch die schlechten Wahlbeteiligungswerte auf regionaler und kommunaler Ebene wie etwa bei Bürgermeisterdirektwahlen seien Ausweis für einen nachlassenden Glauben der Wähler an die Sinnhaftigkeit des Wahlrechts. „Die Konzentration auf die reinen Wahlergebnisse verstellt die Sicht auf die Tatsache, dass immer mehr Menschen nicht zur Wahl gehen. Das aber ist mittlerweile ein handfestes Legitimationsproblem: Wenn jemand sagt, ich bin euer Oberbürgermeister, dann stimmt das bei einer Wahlbeteiligung von 20 Prozent faktisch nicht mehr“, machte Güllner deutlich. Bedenklich sei zudem, dass die Wahlbeteiligung insbesondere in sozial schwachen Räumen noch schlechter sei als andernorts. „Experimente mit dem Wahlrecht“ lehnte der Forsa-Chef mit Blick auf wenig erfolgreiche Reformen in Bremen, Hamburg und Hessen zur Verbesserung der Wahlbeteiligung ab. Vielmehr, so Güllners Plädoyer, müssten die Ursachen der Frustration bei der großen Zahl von Nichtwählern erkannt und behoben werden. „Das ist keine Apathie aus Zufriedenheit. Die Menschen empfinden, dass die großen Parteien kein Ohr mehr für sie haben bei all dem lauten Streit untereinander“, zudem orientiere sich Politik zu sehr an den auch von den Medien häufig und pointiert transportieren Meinungen von Minoritäten – diese „Diktatur der Minoritäten“ sei es, die die Menschen in die Aufkündigung ihrer Beteiligung am politischen Prozess treibe. „Sie fühlen sich unverstanden.“ können diesen Ton nicht mehr ertragen. Sie schalten ab.“ << Friedrich: Vertrauens vorschuss wird erwidert Über erfolgreiche Anstrengungen Baden-Württembergs bei der Aufnahme, Unterbringung und Integration informierte der Minister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegen heiten des Landes, Peter Friedrich, zum Auftakt des zweiten Konferenztages. „Das Recht auf Asyl ist Grundrecht und nicht verhandelbar“, sagte Friedrich eingangs. Baden-Württemberg habe in mehrfacher Weise auf die vielfältigen Herausforderungen reagiert. „Wir haben in den zurückliegenden Monaten bis zu 1 500 Menschen täglich aufnehmen und unterbringen müssen. Ein schnelles Reagieren war mit üblichen Strukturen 15 fokus Menschen abholen wollen, denen eine politische Plattform fehlt, brauchen wir eine Politik, die vermeintliche Tabuthemen besetzt, um kommunikative Nischen zu vermeiden, in denen sich extreme Positionen bilden können.“ Defizite attestierte Patzelt gerade der Opposition, die die Regierung und ihre Politik vor sich hergetrieben und dabei Fehler übersehen habe, die sie eigentlich aufdecken sollte. < < Prof. Manfred Güllner Lohnend sei ein Blick nach Skandinavien, wo die Wahlbeteiligung konstant bei über 80 Prozent liege, empfahl Güllner: „Grund dafür ist wahrscheinlich die stärkere Konsensorientierung des politischen Systems und auch der Medien dort. Auch die deutschen Wählerinnen und Wähler sind für Kontroverse und kritische Diskussion – aber sie wollen am Ende einen Konsens sehen.“ Die politische Diskussion und Berichterstattung hierzulande werde zudem zu sehr von „Häme“ dominiert, so Güllner. „Aber die meisten Menschen nicht möglich.“ Deshalb seien diese verändert und alle staatlichen Ebenen in eine Lenkungsgruppe eingebunden worden – unter anderem Ministerien, Bundeswehr, Feuerwehr. Heute stünden rund 40 000 Plätze zur Erstaufnahme in Baden-Württemberg zur Verfügung. „Wir haben die Bearbeitungszeiten stark verkürzt und versuchen, Abläufe optimal abzustimmen. Zu den Zielen – etwa eines entsprechenden Pilotprojektes in Heidelberg – gehört, Kommunen und Landkreisen nur Flüchtlinge mit > dbb magazin | Januar/Februar 2016 dbb Bleibeperspektive zuzuweisen. Auch die Information über Möglichkeiten der freiwilligen Ausreise sei verbessert worden. 5 300 Menschen hätten zwischen Januar und November des vergangenen Jahres davon Gebrauch gemacht. fokus 16 „Der öffentliche Dienst hat bewiesen, dass er effizient und effektiv reagieren kann. Aber die große Herausforderung liegt eigentlich noch vor uns: Wie werden die Menschen, die dauerhaft bei uns bleiben, integriert? Das bedarf gemein samer Anstrengungen der gesamten Gesellschaft“, sagte Friedrich. Dies betreffe nicht nur den Arbeitsmarkt, wo er für berufsbegleitende „duale Integration“ plädiere. In Baden-Württemberg sei ein Anerkennungsgesetz für Berufsabschlüsse geschaffen worden, Praktika seien ein gangbarer Weg, Menschen ohne Ausbildung müssten schnellstmöglich qualifiziert werden. In über 2 000 Vorbereitungsklassen würden Kinder auf den Schulbesuch vorbereitet, auch bei der Ganztagsbetreuung und im Bereich der sozialen Arbeit unternehme man in Baden-Württemberg große Anstrengungen. Allerdings fehle, um etwa Stellen beim KitaAusbau zu besetzen, schlichtweg das geeignete Personal. Schwierigkeiten gebe es auch dabei, genug bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. „Wir wollen aber keine Ghettoisierung“, machte der Minister deutlich. „Der Vertrauensvorschuss durch Willkommenskultur wird von den ins Land Kommenden vielfach erwidert“, stellte Friedrich fest. „Aber wie eine Gesellschaft funktioniert, lernt man nicht abstrakt, sondern durch das Miteinander im Alltag.“ Deshalb plädiere er dafür, „weiterhin den Mut aufzubringen, offen miteinander umzugehen und damit einen Beitrag zur Integration zu leisten“. << Diskussion: Von Regis trierung zu Integration Die konkreten Herausforderungen für die öffentliche Verwaltung beim Umgang mit der Flüchtlingssituation waren auch das Thema der abschließenden Diskussionsrunde. Auf dem Podium: Dr. Eva Lohse, Präsidentin des Deutschen Städtetages, Detlef Scheele, Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Peter Friedrich, baden-württembergischer Europa-Minister und der dbb Vize Ulrich Silberbach. Die Moderation hatte erneut Dunja Hayali übernommen. Im Fokus der Debatte standen insbesondere die Kommunen, die durch die Betreuung der Flüchtlinge vor Ort besonders gefordert sind. Lohse warnte, dass die Belastungsgrenze vieler Städte und Gemeinden bereits überschritten sei. Sie betonte in diesem Zusammenhang die Verantwortungsgemeinschaft mit den Ländern und dem Bund, von denen sie ein auch finanziell stärkeres Engagement erwarte. „Wir geben gerade Geld aus, < dbb Vize Ulrich Silberbach, Peter Friedrich, Detlef Scheele, Dr. Eva Lohse und Moderatorin Dunja Hayali ( von links) > dbb magazin | Januar/Februar 2016 das wir nicht haben“, sagte Lohse mit Blick auf die Kosten etwa durch die Unterbringung. Auch Silberbach sieht die Hauptlast bei den Kommunen. „Von den 200 000 fehlenden Stellen im öffentlichen Dienst entfallen mindestens 120 000 auf den kommunalen Bereich“, so der dbb Vize. Für die erforderliche Personalgewinnung sei eine größere Wertschätzung der Beschäftigten erforderlich. Diese gelte für die Bezahlung, „aber auch für die öffentliche Anerkennung. Wenn sich nach den furchtbaren Vorkommnissen der Silvesternacht nun die Politik hinstellt und die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst mit Schelte überzieht, dann finde ich das absolut unangebracht. Die Politik hat den Stellenabbau im öffentlichen Dienst über Jahre vorangetrieben und wundert sich nun, dass in diesen Zeiten besonderer Belastung nicht mehr alles reibungslos funktioniert.“ Zweifel an der Tauglichkeit der derzeit diskutierten politischen Maßnahmen meldete der baden-württembergische Europa-Minister Friedrich an. Als Beispiel nannte er die Diskus sion über die Ausweitung der Wohnortauflagen. Eine Einschränkung der Freizügigkeit sei sicher kaum das geeignete Mittel, zumal „wir andererseits ja auch Mobilität bei der Inte gration erwarten“, so Friedrich. „Generell habe ich die Sorge, dass wir derzeit schneller neue Gesetze produzieren, als die Verwaltung in der Lage ist, diese umzusetzen. So lösen wir keine Missstände – schon gar nicht von heute auf morgen.“ Bezüglich der Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt betonte Scheele, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) erst nach Abschluss der Asylverfahren tätig werden könne. Daher erwarte er eine stärkere Belastung der BA ab dem zweiten Quartal 2016. Die erfolgreiche Integration sei „ein langer Weg“, grundsätzlich sei er aber optimistisch. Zwar fehle etwa 80 Prozent der Flüchtlinge vorerst die formale Qualifikation für den deutschen Arbeitsmarkt. Gelinge aber der Dreiklang aus paralleler Kompetenzfeststellung, Spracherwerb und beruflicher Eingliederung, sei zukünftig die Integration von 450 000 z usätzlichen Kräften in den Arbeitsmarkt aus seiner Sicht realistisch. Willi Russ würdigte in seinem Schlusswort den Beitrag, den die dbb Jahrestagung 2016 zur vielschichtigen Debatte um die Rolle von Politik und Bürgern, insbesondere bei der Bewältigung der Flüchtlings krise, leisten konnte. „Wir haben dazu zahlreiche Ein- und Überblicke aus Bund, Ländern, Kommunen, aber auch aus der Wissenschaft bekommen und ein Forum für den Dialog geboten“, so Russ. Er lud Teilnehmer und Gäste für Januar 2017 zur 58. dbb Jahrestagung nach Köln ein. dbb die andere meinung: Einkommensrunde 2016 – wessen Krise? Auf der anderen Seite sagte de Maizière, man müsse an Befristungen festhalten, und er hoffe überdies, die im Februar kommende Einkommensrunde werde ohne Erzwingungsstreiks und Schlichtung zügig über die Bühne gehen. Wenn der Innenminister betont, niemand hätte die derzeitige Situation bezüglich anhaltend hoher Flüchtlingszahlen voraussehen können, kann man ihm bestenfalls mit einem Kopfschütteln zustimmen. Trotzdem ist an der Stelle auch lauter Widerspruch angebracht. Zurecht sagte Willi Russ bei der Jahrestagung, die Verwaltung sei auf Kante genäht und: „Es gibt keine Reserven, und die Altersstruktur bietet für die Zukunft keine Perspektive.“ normalen Zeiten kaum noch gewährleistet ist, darf man sich nicht wundern, wenn einem der Laden in einer Ausnahmesituation wie der derzeitigen bald um die Ohren fliegt. Wer in Berlin sich ummelden möchte, wartet Monate auf einen Termin. Schlanker Staat at its best ... Die Überlastung der Beschäftigten beim BAMF oder auch die Überlastung der Polizeien sind Teile des Gesamtbildes. Verweise auf Überalterung und marode Infrastruktur komplettieren diese Aufzählung nicht. Was hat das mit der kommenden Tarifrunde für den öffentlichen Dienst in Bund und Kommunen zu tun? Das liegt auf der Hand. Nötig sind: Erstens eine deutliche Einkommenserhöhung, zweitens ein Ende der Befristungen für Ausgelernte und drittens ein Beschäftigungsaufbauprogramm, das seinen Namen verdient. Da liegt auch der Widerspruch. Wenn Bundesregierung nach Bundesregierung den öffentli- Erstens: Auf der einen Seite steht die zeitliche Mehrbelastung, die Beamte und Beschäf- chen Dienst auf ein Maß zusammenstreicht, mit dem die Arbeitsfähigkeit mancher Dienststellen und Behörden schon in tigte mitbekommen. Es gibt Arbeitsschutzgesetze, geregelte Arbeits- und Ruhezeiten, Überstundenregelungen. Der Arbeitstag hat nur soundso viele Stunden. Auf der ©XtravaganT – Fotolia.com anderen Seite steht die persönliche, die psychische Überlastung, und die hat mit der empfundenen Wertschätzung für die geleistete Arbeit zu tun. Nach Jahren des Verzichts und der Arbeitsverdichtung sollte sich diese Wertschätzung auch spürbar im Geldbeutel niederschlagen und nicht im Appell an eine „friedliche“ Tarifrunde, wenn der oberste Dienstherr schon im Vorfeld durch die Blume ankündigt, dass viel aber nicht zu holen sein wird. Das ist ein falsches Zeichen. Der zweite Punkt hat damit zu tun. Ein Ende der Befristungen muss her. Wer gute Personalpolitik machen will, der muss auch eine Perspektive für den Einstieg ins Berufsleben bieten und sich als guter Arbeitgeber darstellen. Befristungen nach Ausbildungsende helfen da nicht weiter. In der Wirtschaft mag es schwankende Auftragslagen oder Ähnliches geben, dass Befristungen rechtfertigt, aber im öffentlichen Dienst gibt es keine Auftragslage, sondern einen Katalog klar definierter Aufgaben, die nicht weniger, sondern eher noch mehr werden. Der öffentliche Dienst braucht drittens mehr Beschäftigte. Das zeigt die aktuelle Situation. Und die findet man nur, wenn man sich als attraktiver Arbeitgeber darstellt, der nach einer guten Ausbildung einen sicheren Einstieg ins Berufsleben zu einer vernünftigen Bezahlung bietet. Es wäre schön, würde angesichts des Lamentierens über die Arbeitsbelastung wegen der hohen Flüchtlingszahlen einmal das Pferd vom Kopf her aufgezäumt, denn eine „Flüchtlingskrise“ ist das in dem Sinne nicht, sondern unter anderem die Krise eines öffentlichen Dienstes, der über Jahre systematisch demontiert wurde. Jörg Meyer << Der Autor ... ... Jahrgang 1972, ist Redakteur bei der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „neues deutschland“. Sein Fachgebiet sind Gewerkschaftsthemen. Er betreut und erstellt die freitags im „nd“ erscheinende Seite „Betrieb und Gewerkschaft“. Folgen Sie Jörg Meyer auf Twitter: @doogle13 > dbb magazin | Januar/Februar 2016 17 fokus Jüngst kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in seiner Rede bei der 57. Jahrestagung des dbb ein Plus von 1,5 Milliarden Euro in seinem Etat an. Was zunächst für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst gut klingt, ist es bei genauem Hinsehen nicht: Ausbau von Sicherheitsbehörden, erhöhte Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten, ein Stellenpool für besondere Lagen, Zuverdienstgrenzen für Ruheständler, die weiter arbeiten wollen, werden an- oder gar aufgehoben ... Das sind die falschen Instrumente. dbb Nachgefragt bei ... ... Andreas Hemsing, stellvertretender Vorsitzender der komba gewerkschaft und der dbb Bundestarifkommission: Alle Beteiligten müssen vom Reden ins Handeln kommen ? Aufmerksam beobachten Europa und der Rest der Welt, wie Deutschland den enormen Zustrom von Flüchtlingen aus den Krisen- und Kriegsgebieten bewältigt – die einen sagen: „die schaffen das“, die anderen: „nie im Leben“. Was sagen Sie aus der Anschauung des öffentlichen Dienstes heraus? << Andreas Hemsing Der öffentliche Dienst kann vieles stemmen, das haben vergangene Erfahrungen gezeigt. Die anhaltende Flüchtlingssituation ist ohne Zweifel ein besonderer Kraftakt für die Kolleginnen und Kollegen in den Verwaltungen, Kindertagesstätten, sozialen Einrichtungen und Gesundheitsbetrieben. Sie alle zeigen seit Monaten, zu welchen Leistungen der öffentliche Dienst in der Lage ist. Dafür gilt ihnen ein großer Dank. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass der öffentliche Dienst diese Situation unter großen Anstrengungen meistert. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 Friedhelm Windmüller (2) fokus 18 Dass es keinen „Masterplan Flüchtlingshilfe“ gibt, obgleich die Einreisezahlen in die Bundesrepublik bereits seit drei Jahren drastisch angestiegen sind, ist das eine. Dass es auch nicht mehr gelingen wird – weder in den Kommunen noch anderswo – einen solchen Masterplan zu entwickeln oder gar umzusetzen, ist das andere. Nichtsdestotrotz müssen in der Hauptsache kommunale Mitarbeiter von der Kita-Erzieherin bis zum Rettungssanitäter teils traumatisierte Menschen mit Klein- und Schulkindern betreuen und in eine Gesellschaft integrieren, deren Sprache den Migranten genauso fremd ist wie deren Sitten und Gebräuche. Die Beschäftigten arbeiten längst am Limit, und die Kommunen benötigen dringend Entlastung durch Neueinstellungen und Finanzhilfe. Niemand weiß dies aus zahllosen Ortsterminen und Gesprächen mit Betroffenen besser als Andreas Hemsing. Das sture Festhalten an der Schuldenbremse hält der Experte für Kommunalpolitik für falsch. Fakt ist aber auch, dass die zusätzlichen Aufgaben nicht nebenher zu schaffen sind. Der Umgang mit Flüchtlingen und die damit verbundenen Herausforderungen werden uns noch Jahre beschäftigen. Daher müssen dringend die Weichen gestellt werden. Alle Beteiligten müssen vom Reden ins Handeln kommen. ? Welche Rückmeldungen bekommen Sie von den Beschäftigten – sinkt die Motivation nach Monaten am Limit? << Andreas Hemsing Die Kolleginnen und Kollegen sind nach wie vor motiviert. Allerdings berichten die Beschäftigten über eine steigende Be- lastung bis hin zur Überlastung. Die eigentliche Arbeit der Kolleginnen und Kollegen fällt ja aufgrund der Flüchtlingsthematik nicht weg. Die Aufgaben werden zeitgleich erledigt, andere müssen einspringen oder die Arbeit bleibt unerledigt, weil Personal fehlt. Alle drei Situationen sind höchst unbefriedigend und führen zwangsläufig zu einer Mehrbelastung aller Beschäftigten. ? Was muss passieren, damit „wir“ das schaffen? Dass der öffentliche Dienst zusätzliches Personal benötigt ist für uns unstrittig, aber die Nachwuchskräfte lassen sich nicht mal eben aus dem Boden stampfen. In der jetzigen Si tuation müssen Sofortmaßnahmen – sozusagen als Überbrückung – greifen. Eine kurzfristige Möglichkeit ist die Reaktivierung der Pensionäre. Hier muss die Hinzuverdienstgrenze deutlich angehoben oder ganz ausgesetzt werden, damit ein Anreiz für die Pen sionäre gegeben ist. Konkrete Pläne dazu gibt es bereits. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Wiederbesetzungssperre. Diese muss endgültig fallen, damit die Kommunen aufgrund der herrschenden per sonellen Engpässe schneller reagieren können. Die Kommunen kommen zudem nicht mehr dazu, all ihren originären Aufgaben in vollem Umfang nachzugehen. Hier ist über eine Priorisierung nachzudenken. Hat es eine größere Priorität, sich um die Themenfelder zu kümmern, bei denen Menschen im Mittelpunkt ste- dbb hen, oder geht es um die Einhaltung der Schuldenbremse? Diese würde mittelbar die Kommunen treffen. Die Möglichkeit, den Eintritt der mit der Schuldenbremse verbundenen Maßnahmen zu verschieben oder diese vorläufig aufzuheben, sollte daher diskutiert werden. Bei den wichtigen Debatten über Registrierung und Unterbringung dürfen wir außerdem nicht verpassen, die Integration der Flüchtlinge im Blick zu halten. Da wartet eine Mammutaufgabe auf die Kommunen, die sie nur mit der Un terstützung von Bund und Ländern schaffen können. Im Sport würde man von einem Marathon sprechen. ? Wenn Sie von Integration sprechen, an welche Aspekte denken Sie da konkret? << Andreas Hemsing Die Integration ist eine Querschnittsaufgabe, die viele Bereiche umfasst. Dazu gehört, dass die Bleibeberechtigten so früh wie möglich den Zugang zur Bildung und damit den Zugang in unsere Gesellschaft erhalten müssen. Und auch dabei sind die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gefragt, denn traumatisierte Kinder und Eltern, kulturelle Barrieren und mangelnde Sprachkenntnisse sind für die Kita-Beschäftigten genauso eine Herausforderung wie für die Beschäftigten der sozialen Arbeit und die Lehrer. Der hohe zusätzliche Bedarf an KiTa- und Schulplätzen sowie die Betreuung der unbegleiteten Minderjährigen kann schon heute nicht mehr abgedeckt werden. Es werden zehntausende Kita- und Schulplätze fehlen. Weitere Investitionen in Bildung und Betreuung sind daher zwingend erforderlich. ? Muss auch über einen neuen Zuschnitt der Finanzierung nachgedacht werden – bei den Kommunen liegt ja letztlich die Hauptlast dieses histo rischen Kraftaktes, der zweifellos mehrere Jahre lang andauern dürfte … << Andreas Hemsing ... tatsächlich ist es so, dass durch die gestiegenen Flüchtlingszahlen die Kosten in den Kommunen explodieren. Die meisten Bundesländer erstatten den Kommunen eine Pauschale pro Flüchtling. Diese ist aber nicht kostendeckend. Zudem besteht das Problem, dass einige Länder zusätzliche Mittel aus Bundeshand nicht 1:1 an die Kommunen weitergeben. Die Kommunen sind aber nur dann handlungsfähig, wenn die Bereitstellung von Mitteln für Personal- und Sachkosten der Aufgabenfülle folgt. Die Konnexität muss zu 100 Prozent erfolgen. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 Branchentage zur Einkommensrunde 2016: Mitglieder diskutierten Im Vorfeld der Forderungsfindung zur Einkommensrunde 2016 für die Beschäftigten von Bund und Kommunen haben die in den dbb Fachgewerkschaften organisierten Kolleginnen und Kollegen das Wort. In einer Vielzahl von Branchentagen erhalten sie Gelegenheit, die besonderen Probleme ihrer Berufsgruppen zu diskutieren und das Forderungspaket durch ihre Argumente mitzugestalten. „Die Kolleginnen und Kollegen beim Bund und in den Kommunen haben eine spürbare Verbesserung ihrer Arbeits- und Einkommenssituation mehr als verdient“, stellte Willi Russ, Zweiter Vorsitzender und Verhandlungsführer des dbb in der bevorstehenden Einkommensrunde, zum Start der bundesweiten Branchentage klar. „Das gilt für die mit der Bewältigung des Flüchtlingszustroms beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Behörden, Schulen und Ämtern. Dort wird seit Monaten über alle Belastungsgrenzen hinaus gearbeitet. Das gilt aber auch für die Kolleginnen und Kollegen aller anderen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes. Denn die Personaleinsparungen der vergangenen 20 Jahre haben die Arbeitsbelastung überall schmerzlich erhöht.“ << Straßenwärter: Sicherheit und Anerkennung Zum ersten Branchentag versammelte sich die Belegschaft der Straßenmeisterei von Deizisau (Baden-Württemberg) > dbb magazin | Januar/Februar 2016 am 14. Januar 2016. Mit dem Bundesvorsitzenden der Fachgewerkschaft der Straßenund Verkehrsbeschäftigten (VDStra.), Siegfried Damm, der auch stellvertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission ist, und dem gungen vorgestellt hatte. Die Beschäftigten der Straßenmeisterei nahmen anschließend kein Blatt vor den Mund. Neben der Forderung nach einer spürbaren linearen Erhöhung sind die Arbeitsverdich tung und die Unfallgefährdung Damit die gewohnte Mobilität erhalten bleibt, muss deutlich mehr geflickt und kontrolliert werden als früher, zumal aufgrund des erheblichen Personalabbaus wichtige Aufgaben zur Verkehrssicherheit auf der Strecke geblieben sind. Die Arbeitsverdichtung ist also vorprogrammiert.“ < < ... mit dbb Vize Willi Russ in Dresden ... Gut begründete Argumente und konstruktive Forderungen nach Verbesserungen ihrer Arbeits- und Einkommenssituation hatten auch die Teilnehmer des zweiten Branchentages der Straßenwärter am 19. Januar in die Straßenmeisterei im sächsischen Freiberg mitgebracht. Auch hier standen die Auswirkungen zunehmender Arbeitsverdichtung bei geringer Personalausstattung ganz oben auf der Liste der Probleme. Die Straßenwärter aus Sachsen zeigten sich zugleich unzufrieden und enttäuscht, dass die Gleichstellung Ihrer Arbeits bedingungen an den Westen auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung noch nicht umgesetzt ist. VDStra.-Landesvorsitzenden in Baden-Württemberg, Robert Wendling, diskutierten die Beschäftigten berufsspezifische Inhalte, die in die Forderungsfindung des dbb einfließen sollen. Damm stellte sich der Diskussion, nachdem er die tarifpolitischen Rahmenbedin- „Ihr habt heute mit euren Vorschlägen und Anregungen gezeigt, dass wir auch in der Einkommensrunde 2016 auf eine engagierte Basis vertrauen können“, fasste Damm die Ergebnisse des Freiberger Branchentages zusammen. „Ich werde mich dafür einsetzen, Britta Ibald fokus 20 < < Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes nutzten die dbb Branchentage zum offenen Gedankenaustausch, wie hier mit VDStra.-Chef Siegfried Damm in Freiberg ... vor Ort ein ganz großes Thema. Damm zeigte Verständnis für die Klagen der Beschäftigten, „denn schließlich veraltet unser Straßennetz, einschließlich der Autobahnen und wird aktuell von der Politik mit der Ausnahme einiger Prestigeobjekte auf Verschleiß gefahren. Friedhelm Windmüller dbb dbb dass eure Anliegen im dbb Forderungspaket Berücksich tigung finden.“ << Bundeswehr: starke Truppe für die Truppe Willi Russ betonte in Dresden, dass sich die deutlich gestiegene Arbeitsbelastung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst „im Gehalt widerspiegeln“ müsse. „Wir werden verhindern, dass der öffentliche Dienst von der Lohnentwicklung in der Privatwirtschaft abAnne Oschatz „Die Truppe braucht eine starke Truppe im Hintergrund, die ihr als leistungsfähiger ziviler Partner zur Seite steht“, betonte Herbert Schug, Bundesvorsitzender des Verbands der Arbeitnehmer der Bundeswehr (VAB), auf dem Branchentag der Bundeswehrbeschäftigten am 18. Januar in Dresden. Die rund 75 000 zivilen Fachkräfte – davon rund 25 000 Beamte und 50 000 Arbeitnehmer – spielten als Dienstleister in den Bereichen Personal, Ausrüstung, Informationstechnologie und Nutzung, Infrastruktur, Um- abbaus im Zuge der Umstrukturierung schon zu wenige sind, um allein unseren originären Auftrag zu erfüllen“, machte der VAB-Chef deutlich. Die Beschäftigten erwarteten zumindest einen spürbaren Einkommenszuwachs als Zeichen der Wertschätzung, sagte Schug. „Auch die Ost-West-Angleichung der Jahressonderzahlung ist nach mehr als einem Vierteljahrhundert deutscher Einheit jetzt endlich einmal fällig.“ < < ... und der Bundesgeschäftsführerin der Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS), Siglinde Hasse (dritte von links), in Hamburg. weltschutz und Dienstleistungen sowie Rechtspflege und Militärseelsorge eine wesentliche Rolle für die Armee. „Tagtäglich sorgen Kollegen dafür, dass die Soldaten sich voll und ganz auf ihren Dienst konzentrieren können.“ Insbesondere in den vergangenen Monaten habe die Bundeswehrverwaltung zahlreiche Aufgaben im Zusammenhang mit der Bewältigung der Flüchtlingssituation geschultert: „Zusätzliche Transport-, Verpflegungs- und Unterbringungsherausforderungen wurden ebenso wie Unterstützungsabordnungen zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit großer Hilfs bereitschaft und Motivation angenommen – obwohl wir wegen des stetigen Personal gekoppelt wird.“ Neben einer spürbaren Lohnerhöhung will der dbb den Arbeitgeber Staat attraktiver für den Berufsnachwuchs machen und eine unbefristete Übernahme aller Auszubildenden durchsetzen. „Die Befristung von Stellen im öffentlichen Dienst hat ein unerträgliches Ausmaß erreicht“, sagte Russ, damit müsse Schluss sein, wenn der öffent liche Dienst qualifizierte und motivierte junge Menschen für sich gewinnen wolle. << Sozialversicherung: Mammutaufgabe In Hamburg trafen sich am 18. Januar Beschäftigte aus dem Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung. „Eine soli- darische Gesellschaft braucht eine starke Sozialversicherung“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der dbb Bundestarifkommission, Siglinde Hasse. „Deshalb werden wir in der Einkommensrunde für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen, um auch in Zukunft genügend qualifiziertes Personal für diesen Bereich werben zu können.“ Als Beispiel für notwendige Verbesserungen nannte Hasse die Bundesagentur für Arbeit (BA): „In den vergangenen Jahren wurde das ehemalige Arbeitsamt immer wieder umorganisiert, was die eigentliche Sacharbeit erschwert hat. Gleichzeitig hat sich der ge sellschaftliche Umgang verschlechtert, sodass es immer häufiger sogar zu körperlichen Übergriffen auf die Beschäftigten gekommen ist – teilweise mit tödlichen Folgen. Und ganz aktuell erwartet uns mit der Integration der vielen Flüchtlinge und Einwanderer eine weitere Mammutaufgabe. Da ist es doch das Mindeste, die Leistung der Beschäftigten wertzuschätzen, auch in Form von Teilhabe an der guten wirtschaftlichen Entwicklung. Außerdem muss die unsägliche Befristungspraxis endlich ein Ende haben. Mit 14,2 Prozent liegt der Anteil der befristet Beschäftigten bei der BA viel zu hoch, sogar über der Quote im gesamten öffentlichen Dienst. Das zu ändern sollte auch im Interesse der Arbeitgeber sein, denn nur so werden wir dauerhaft ausreichend Personal gewinnen können.“ Der Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung umfasst etwa die Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Zu den Trägern gehört neben der BA beispielsweise die Deutsche Rentenversicherung. Zwar gelten bei den Trägern oft eigene Tarifverträge, diese sind aber in der Regel eng an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für Bund und Kommunen angelehnt. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 dbb Befristungen im öffentlichen Dienst: Neue Studie offenbart massive Strukturprobleme Befristete Arbeitsverträge spielen im öffentlichen Dienst eine größere Rolle als in der Privatwirtschaft, insbesondere bei der Einstellungspraxis. „Bei Befristungsquoten im Arbeitnehmerbereich zwischen 8,2 Prozent in Kommunen, 11,3 Prozent beim Bund und 12,3 Prozent in den Ländern, in wissenschaftlichen Einrichtungen sogar zwischen 50 und 90 Prozent, ist die Mär vom ‚sicheren Arbeitsplatz öffentlicher Dienst‘ endgültig widerlegt“, kommentierte der Zweite dbb Vorsitzende und Fachvorstand Tarifpolitik, Willi Russ, die Ergebnisse der aktuellen Studie zur Befristungspraxis im öffentlichen Dienst, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am 29. Dezember 2015 veröffentlicht hat. ©Nick Freund – Fotolia.com fokus 22 „Die aktuellen Zahlen offen baren ein massives Strukturproblem der Personalpolitik von Vater Staat: Befristete Beschäftigung kommt im öffentlichen Sektor immer häufiger als Notlösung für fehlende Stellen im Haushaltsplan zum Einsatz. Damit muss endlich Schluss sein. Insbesondere angesichts der Herausforderungen, die der öffentliche Dienst mit Blick auf die aktuell und in den kommenden Jahren anstehenden Aufgaben bewältigen muss“, kritisierte der dbb Vize. Gewerkschaften und Arbeitgeber hatten das IAB im Zuge der vergangenen Einkommensrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen im Jahr 2014 mit der Erhebung valider > dbb magazin | Januar/Februar 2016 Daten zur Befristungspraxis im öffentlichen Dienst beauftragt, um die insbesondere von der Arbeitnehmerseite zunehmend scharf kritisierte ausufernde Einstellungs- und Beschäftigungspolitik auf Zeit wissenschaftlich aufarbeiten und bewerten zu lassen. Dazu wertete das IAB zum einen vorhandene Daten aus dem Betriebs panel, der Personalstandsstatistik und dem Mikrozensus aus. Zum anderen wurden Beweggründe und Details zur Befristungspraxis im Rahmen von Expertenbefragungen (Personalverantwortliche und Personalvertreter) in 15 repräsentativen Dienststellen erhoben. Die IAB-Wissenschaftler ermittelten, dass der Anteil befriste- ter Arbeitsverhältnisse bei den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst einschließlich des Wissenschaftsbereichs oberhalb von 15 Prozent liegt. Zudem zeige sich, dass vor allem jüngere Arbeitnehmer unter 35 Jahren häufig befristet beschäftigt werden. Dort liegt der Befristungsanteil laut Studie mehr als doppelt so hoch wie in den übrigen Altersgruppen. „Befristete Beschäftigung kommt im öffentlichen Sektor vielfach deshalb zum Einsatz, weil temporäre Personalausfälle kompensiert werden müssen oder Personalressourcen nur befristet zugewiesen werden. Entscheidende Stellschrauben für eine Reduzierung befristeter Arbeitsverträge dürften somit eine ausreichende Finanzierung von Planstellen und eine Erhöhung der organisationalen Flexibilität beispielsweise über die Schaffung von unbefristeten Vertretungsstellen sein“, heißt es weiter in dem IAB-Bericht. „Es ist ein Skandal, dass vor allem jüngere Arbeitnehmer unter 35 Jahren mehr als doppelt so häufig befristet beschäftigt werden als alle übrigen Altersgruppen. In vielen Bereichen kann der öffentliche Dienst schon bei der Bezahlung nicht mit der Privatwirtschaft mithalten. Wenn nun auch mehr und mehr der Faktor Sicherheit wegbröckelt, braucht sich niemand über den immer größeren Nachwuchs- und Fachkräftemangel zu wundern. Junge Menschen bestehen zu Recht auf echte Perspektiven, wenn sie sich für einen Arbeitgeber entscheiden“, warnte Russ und kündigte an: „Deswegen werden wir die unbefristete Übernahme aller Auszubildenden auch bei der im Frühjahr 2016 startenden Einkommensrunde mit Bund und Kommunen wieder zum Thema machen. Es ist an der Zeit, ein Zeichen zu setzen und den öffentlichen Dienst als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren. Das Ende der heutigen Befristungspraxis, eine nachhaltige Personalpolitik und ein deutliches Einkommensplus sind dafür der richtige Weg. Befristung schadet mehr als sie nutzt“, betonte Russ. „Sie bindet Ressourcen der Stammbelegschaft, weil die befristeten Kollegen eingearbeitet werden müssen und erst nach Monaten voll einsatzfähig sind. Und nach zwei Jahren kommt schon die nächste befristete Kraft. Was dabei an Wissenstransfer und Motivation auf der Strecke bleibt, ist in keiner Hinsicht akzeptabel – weder für die Beschäftigten noch für die Bürgerinnen und Bürger.“ E-Government: Vitt ist seit Oktober 2015 für die Informationstechnik der Bundesregierung zuständig und damit auch für alle Fragen, die die Digitalisierung in der Bundesverwaltung, aber auch die Koordination im Verhältnis zu Ländern und Gemeinden betreffen. Bezüglich der Flüchtlingssituation beste- he insbesondere die Notwendigkeit, die Ausstattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu modernisieren und auszubauen. Zudem gehe es darum, die Daten, die auf den unterschiedlichen staatlichen Ebenen in verschiedenen IT-Systemen vorgehalten werden, allen < < Hans-Ulrich Benra, Klaus Vitt und Willi Russ (von links) eteiligten zugänglich zu B machen, waren sich die Gesprächspartner einig. Der dbb sieht darin einen unverzichtbaren Schritt, um die Situation praktikabler zu machen. Russ und Benra begrüßten die Einbindung des dbb in den nationalen IT-Gipfelprozess und kündigten an, in Zukunft aktiv in der Plattform „Digitale Verwaltung und öffentliche IT“ mitzuwirken. Im Rahmen des IT-Gipfels gehe es nicht um formalisierte Entscheidungsprozesse, sondern um die ebenenübergreifende Ent wicklung neuer Verfahren und Strategien. Bezüglich des neuen IT-Zen trums des Bundes, das seine Arbeit am 1. Januar 2016 aufgenommen hat, verwiesen Russ und Benra auf die Notwendigkeit einer frühzeitigen und effektiven Beteiligung der Beschäftigten bei der Einführung und Gestaltung neuer Abläufe. „Ohne die auch von der Bundesregierung geforderte Akzeptanz bei den Beschäftigten und der Berücksichtigung ihrer praktischen Erfahrung werden Neuerungen behindert“, so Russ. Darüber hinaus erteilte Benra Privatisierungstendenzen bezüglich des ITZentrums eine klare Absage. 23 fokus Es gibt kaum einen Bereich der öffentlichen Verwaltung, der nicht von den Auswirkungen des Flüchtlingszustroms betroffen ist. Das ging aus e inem Gespräch des Zweiten Vorsitzenden des dbb, Willi Russ, und des stellvertretenden dbb B undesvorsitzenden und Fachvorstandes Beamtenpolitik, Hans-Ulrich Benra, mit dem Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Klaus Vitt, am 19. Januar 2016 in Berlin hervor. Jan Brenner IT-Systeme vereinheitlichen > dbb magazin | Januar/Februar 2016 ©Kenishirotie – Fotolia.com dbb Krisenmanagement: Politik hat Warnungen jahrelang ignoriert Der dbb hat der Politik in Bund und Ländern vorgeworfen, zu spät auf die sich abzeichnende Flüchtlingskrise reagiert zu haben. „Die Flüchtlingskrise ist keine Verwaltungskrise, sondern eine Krise der politischen Führung“, sagte der Zweite Vorsitzende Willi Russ den Zeitungen der FUNKE Mediengruppe (Ausgaben vom 28. Dezember 2015). hörden säßen deshalb nicht in den Amtszimmern, sondern in Regierungen und Parlamenten. Gerade Haushaltspolitiker hätten Wünsche nach mehr Personal immer wieder abgeblockt, berichtete Russ. Das Argu- Um die bei den Behörden in den vergangenen Monaten entstandenen „Millionen Überstunden“ abzubauen, schlug Russ einen finanziellen Ausgleich vor. „Wir fordern deshalb die öffentlichen 24 Jahreswirtschaftsbericht: spezial Der dbb habe schon vor Jahren davor gewarnt, dass es an Personal und technischer Ausstattung fehle: „Die Politik hat diese Warnungen ignoriert.“ Die Verantwortlichen für die angespannte Situation in den Be- ment: Es gebe keine neuen Stellen, der öffentliche Dienst müsse sparen. „Wir brauchen im gesamten öffentlichen Dienst mehr als 180 000 neue Kolleginnen und Kollegen“, verlangte der dbb Vize. Leiharbeit befristen und begrenzen Der Zweite Vorsitzende und Fachvorstand Tarifpolitik des dbb, Willi Russ, machte deutlich, dass der öffentliche Dienst nach einer Studie des IAB bei der Befristung von Arbeitsverträgen eine größere Rolle spiele als die Privatwirtschaft. Ausdrücklich unterstützte er die Pläne des Arbeitsministeriums, die Voraussetzungen für Leihund Zeitarbeit zu begrenzen. Darüber hinaus betonte er, dass die Integration der Flüchtlinge nicht auf dem Rücken des durch Einsparungen geschrumpften öffentlichen Dienstes durchgeführt werden dürfe. In seinem Statement hatte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Dr. Rainer Sontowski, darauf hingewie- > dbb magazin | Januar/Februar 2016 Jan Brenner Die Spitze des dbb ist am 5. Januar 2016 in Berlin mit führenden Vertretern der Bundesministerien für Wirtschaft und Energie, für Arbeit und Soziales und dem der Finanzen zusammengetroffen, um sich unter anderem über die wirtschaftliche Entwicklung dieses Jahres auszutauschen. < < Im Bild von links: Thomas Eigenthaler (dbb/DSTG), Thorben Albrecht (BMWi), Willi Russ (dbb), Dr. Rainer Sontowski (BMWi) und Hans-Ulrich Benra (dbb) sen, dass Investitionen einen Schwerpunkt im Jahreswirtschaftsbericht bildeten. Zusätzlich betonte er die Investitionserfordernisse aufgrund der Flüchtlingslage. Sontowski äußerte zudem, dass das Sparvolumen im öffentlichen Dienst mehr als ausgeschöpft sei. Der stellvertretende Bundesvorsitzende und Fachvorstand Arbeitgeber auf, Möglichkeiten zu schaffen, wie Überstunden im Einzelfall und ausschließlich auf freiwilliger Basis finanziell kompensiert werden können.“ Allerdings müssten die Mitarbeiter zunächst die Chance bekommen, Freizeitausgleich nehmen zu können. „Viele Kollegen müssen einfach mal raus aus dem Job, weil sie schlicht überlastet sind. Diese Überlastung kann man mit Geld nicht abbauen“, sagte Russ. Beamtenpolitik des dbb, HansUlrich Benra, betonte die Wichtigkeit des vom Arbeitsministerium angestoßenen Dialogprozess zum Arbeiten 4.0, an dem auch der dbb maßgeblich beteiligt ist. Der stellvertretende Bundesvorsitzende des dbb und Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Thomas Eigenthaler, forderte die rasche Umsetzung des sogenannten „BEPS-Aktionsplanes“ der G20-Industriestaaten, um Steuerflucht über die Grenzen hinweg einzudämmen. Er begrüßte grundsätzlich eine weitere „Digitalisierung“ des Besteuerungsverfahrens, zeigte sich jedoch skeptisch hinsichtlich des Ziels der Bundesregierung, zukünftig rund die Hälfte der Steuererklärungen vollautomatisch zu bearbeiten. Dies sei ohne eine Steuervereinfachung nicht machbar. Eigenthaler äußerte die Erwartung, dass der öffentliche Dienst nicht mehr als „Steinbruch“ für Einsparungen herhalten dürfe. dbb Frauen in Führungspositionen: Regierung hinkt hinterher Eine Ebene darunter – bei den Abteilungsleitern – liegt der Frauenanteil bei 23 Prozent. Damit unterschreitet die Regierung die Vorgaben, die sie für große Unternehmen festgelegt hat. Nur fünf von 16 Bundesministerien hatten Stand 30. Dezember 2014 auf Ab teilungsleiterebene einen Frauenanteil von mindestens 30 Prozent: das Familien-, Justiz-, Entwicklungs-, Umweltund Gesundheitsministerium. Neuere Zahlen konnte die Bundesregierung der Linken-Abgeordneten nicht nennen. Ein anderes Bild geben laut „Stern“ die Verwaltungen des Deutschen Bundestags und des Bundesrats ab: Beide Institutionen haben jeweils zur Hälfte Bundesverfassungsgericht: Der dbb hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der verfassungsmäßigen Untergrenze amtsangemessener Alimentation am 18. Dezember 2015 in Berlin begrüßt. Dazu Hans-Ulrich Benra, stell vertretender dbb Bundesvorsitzender und Fachvorstand Beamtenpolitik: „Die Zeiten willkürlicher Besoldungsentscheidungen sind vorbei. Für die Gesetzgeber gelten jetzt klare Maßstäbe.“ tungsspielraum der Besoldungsgesetzgeber nach unten verbindlich ein. Gleichwohl erwartet der dbb, dass sich die Parlamente bei künftigen Anpassungen nicht vorrangig an dieser Untergrenze orien tieren.“ Die Arbeitsbelastung der Kolleginnen und Kollegen sei nicht erst seit der Flüchtlingskrise enorm gestiegen. Zudem stehe dbb Vize Astrid Hollmann erklärt die Ungleichheit damit, dass Frauen, die wegen der Familie in Teilzeit wechseln, mit ihrer Karriere oft nicht mehr vorankämen. „Außerdem sind Männer bei Bewerbungen für Stellen oft selbstsicherer. Frauen sind generell selbstkritischer und stellen ihre Quali fikation für hohe Positionen eher infrage“, so Hollmann im Gespräch mit dem „Stern“. << SuE-Tabellen online Willkür bei A-Besoldung beenden Erwartungsgemäß habe das Gericht damit seine bereits in der Entscheidung am 5. Mai 2015 zur Richterbesoldung aufgestellten Kriterien bestätigt und bezogen auf die Besonderheiten der A-Besoldung moderat weiterentwickelt, erläutert Benra: „Der Umstand, dass diese Maßstäbe künftig bei Besoldungsanpassungen in Bund und Ländern gleichermaßen gelten, grenzt den Gestal- Frauen und Männer als Abteilungschefs. der öffentliche Dienst vor großen Problemen bei der Nachwuchsgewinnung. Benra: „Wir benötigen überall in Deutschland eine attraktive und wettbewerbsfähige Be soldung zur Motivation unserer Beamtinnen und Beamten und für die künftige Gewinnung geeigneter Fachkräfte. Die öffentlichen Aufgaben sollen ja auch in Zukunft bestmöglich erfüllt werden.“ Nach dem Abschluss der Redaktionsverhandlungen im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst hat der dbb die aktuellen Entgelt tabellen als interaktives Excel-Modul zum Download online gestellt. Die Entgelttabellen berücksichtigen alle neuen Regelungen sowie selbstverständlich die ausgehandelten Erhöhungen: http://goo.gl/uVemSy > dbb magazin | Januar/Februar 2016 25 spezial Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linken, geht nun hervor, dass unter den 28 beamteten Staatssekretären der Bundesministerien nur fünf Frauen sind. Das entspricht einem Anteil von weniger als 18 Prozent. @mma23 – Fotolia.com Seit Anfang März 2015 sind börsennotierte Unternehmen verpflichtet, 30 Prozent ihrer Aufsichtsratsposten mit Frauen zu besetzen. Das Bundesgleichstellungsgesetz verpflichtet seit Mai 2015 auch Bundesbehörden, Ziele zur Erhöhung des Frauenanteils festzulegen. Im Sommer soll zum ersten Mal ein Gleichstellungsindex für Bundesministerien und andere oberste Bundes behörden erscheinen. Aus einer dem „Stern“ vorliegenden Kleinen Anfrage von Cornelia ©Rido – Fotolia.com „Es gibt auch im öffentlichen Dienst noch zu wenige Frauen in hohen Führungspositionen, wenn man bedenkt, was jetzt gesetzlich von der Wirtschaft verlangt wird“, hat die stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Astrid Hollmann gegenüber dem Magazin „Stern“ (stern.de vom 15. Januar 2016) erklärt. dbb Wiederanlage in der Niedrig-Zins-Epoche: Was tun, wenn die Lebensversicherung fällig wird? 2016 enden überdurchschnittlich viele Lebensversicherungen: Zahlreiche Menschen haben 2004 noch einen Vertrag mit der gesetzlichen Mindestlaufzeit von zwölf Jahren abgeschlossen. Damit sicherten sie sich den letztmals möglichen Vorteil einer steuerfreien Auszahlung. Wer nun in abseh barer Zeit sein Geld ausgezahlt bekommt, steht jedoch vor einer echten Herausforderung: Was tun mit dem Kapital, wenn die Zinsen niedrig sind wie nie zuvor? ©Ingo Bartussek – Fotolia.com << spezial 26 Die aktuellen Zinsnotierungen zeigen es schwarz auf weiß: Geld auf vergleichsweise si chere Weise mit vernünftiger Rendite anzulegen, ist heute schwieriger denn je. So beträgt der durchschnittliche Tagesgeld-Zinssatz nur 0,35 Prozent, Staatsanleihen solider Länder wie Deutschland notieren ähnlich niedrig, während die Schweiz gar einen „Strafzins“ verlangt, der abgezogen wird. Der Grund dafür ist die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken der großen Industrieländer seit der weltweiten Finanzkrise 2008. Wer heute oder morgen seine Lebensversicherung ausbezahlt bekommt, hat trotzdem noch so manch attraktive Möglichkeiten, sein Kapital sinnvoll wieder anzulegen – zum Beispiel über die Angebo- > dbb magazin | Januar/Februar 2016 te der Kooperationspartner des dbb vorsorgewerk. << Ins eigene Zuhause investieren Eigentümer einer Immobilie etwa können mit einer einmaligen Einzahlung in das „Immobilienkonto Cash 5“ der Bausparkasse Wüstenrot in den Werterhalt von Haus oder Wohnung investieren und so die gegenwärtig günstigen Darlehenszinsen günstig für die nächsten Jahre sichern. Mit der Möglichkeit von Darlehen bis zu 30 000 Euro ohne Grundschuldeintrag lassen sich zum Beispiel energetische Sanierungen oder ein altersgerechter Umbau entspannt finanzieren. Ein etwaiges Restguthaben steht nach 15 Jahren wieder komplett frei zur Verfügung. Über das dbb vorsorgewerk sparen dbb Mitglieder die halbe Abschlussgebühr beim Bausparvertrag und bekommen einen Zinsabschlag bei der Finanzierung. Interessante Perspektiven bietet auch die Relax-Rente der DBV Deutsche Beamtenversicherung. In Form einer ausgeklügelten Konzeption vereint sie die – nach wie vor attraktiven – Renditechancen der Börsen mit der Sicherheit eines Sparguthabens. Ein nahezu einzigartiger Ansatz, der auch in der Fachpresse großes Lob fand. In der Version Premium ist sogar ein sofortiger Auszahlungsbeginn möglich. dbb Mitglieder erhalten zusätzlich Sonderkonditionen. Versorgungslücken schließen Auch eine Auslagerung des Pflegefallrisikos sollte zumindest eine Überlegung wert sein. Das Lebensrisiko zum Pflegefall zu werden, steigt im Alter erheblich an und wird häufig unterschätzt: Knapp drei Viertel aller Frauen und jeder zweite Mann über 30 dürften im Laufe ihres Lebens pflegebedürftig werden. Über die Angebote des dbb vorsorgewerk kann im Pflegefall die Versorgungslücke zwischen Beihilfe beziehungsweise Kassenleistung und tatsächlichen Pflegekosten verringert oder gar komplett ausgeglichen werden. Ohne eine solche Zusatzversicherung muss eigenes Vermögen aufgebraucht werden; auch die eigenen Kinder können gegebenenfalls zur Kasse gebeten werden. Eine sinnvolle Vorsorge in anderer Angelegenheit bietet eine Sterbegeldversicherung: Sie übernimmt bis zu einer vereinbarten Höhe die Kosten für die eigene Bestattung. Auch diese sind ansonsten mitunter von den Angehörigen zu tragen – und können sich rasch auf fünf- bis zwölftausend Euro summieren. as << Info Welche Möglichkeiten für Sie bestehen, rechnen Ihnen die Kolleginnen und Kollegen in der Kundenbetreuung des dbb vorsorgewerk gerne aus. Diese sind montags bis freitags in der Zeit von 8 bis 18 Uhr unter 030.4081 6444 für Sie da. Gerne wird Ihnen auch ein kompetenter Berater vor Ort vermittelt. Mehr Informationen: www.dbb-vorsorgewerk.de. dbb Zahlen Daten Fakten 2016: Dringender Personalbedarf Die Informationsbroschüre „Zahlen Daten Fakten“, die der dbb jährlich aktualisiert herausgibt, erlaubt eine vorurteilsfreie Orientierung über die wichtigsten Eckdaten des öffentlichen Dienstes. Aufbauend auf den jeweils neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Statistischen Landesämter, auf Informationen der Bundesministerien und auf eigenen Berechnungen liefert „Zahlen Daten Fakten“ fundiertes Basiswissen und eignet sich als schnelles Nachschlagewerk, das bewusst auf eine Kom mentierung verzichtet. Die Zahlen sprechen für sich und weisen auf Probleme hin, die gelöst werden müssen, um den öffentlichen Dienst auch künftig funktionsfähig zu halten. Die Ausgabe 2016 zeigt deutlich, dass Deutschland nicht mehr ausreichend für die Bewältigung besonderer Situationen gerüstet ist. Nach aktuellen Schätzungen des dbb fehlen dem Staat mehr als 180 000 Beschäftigte, besonders in den Kommunalverwaltungen. Derzeit wird fieberhaft neues Personal gesucht. So ist zum Beispiel der Anteil der Bundesbeamten im Alter von 45 bis 54 Jahren vom Jahr 2000 bis 2014 um 14,4 Prozent von 22,1 Prozent auf 36,5 Prozent gestiegen. Der Anteil der Beamtinnen und Beamten im Alter von 55 bis 59 Jahren stieg im gleichen Betrachtungszeit- raum um 3,3 Prozent von 10,6 auf 13,9 Prozent. In den kommenden Jahren wird eine Pensionierungswelle auf den öffentlichen Dienst zukommen, die Lücken im Personalbestand schaffen wird. Der Arbeitsmarkt kann den Bedarf kaum decken, weil qualifiziertes Personal zunächst ausgebildet werden muss. Die Gewinnung motivierten Nachwuchses für den öffentlichen Dienst wird daher eine der dringlichsten Aufgaben für die kommenden Jahre bleiben. Dabei spricht wenig gegen und vieles für Neueinstellungen, denn im europäischen Vergleich steht Deutschland schlank da, was sowohl die Arbeitnehmerentgelte in Prozent des Bruttoinlandsproduktes als auch die Personalausgaben in Prozent des deutschen Gesamthaushaltes betrifft: Zahlen Daten Fak ten Die Personalausgaben sind von 1997 bis 2014 von 11,9 Prozent beinahe stetig auf 9,9 Prozent gesunken und werden bis 2019 voraussichtlich weiter sinken – ein Zeichen für die restriktive PersonalpolitikZahle im nDatenFakten_2016 .indd 1 öffentlichen Dienst. Im Europavergleich gibt die Bundesrepu blik mit Abstand am wenigsten für das Personal im öffentlichen Sektor aus: Unter den Entgeltausgaben von 7,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts stehen lediglich die Tschechische Re publik mit 7,4 Prozent und die Slowakei mit 7,1 Prozent. Zum Vergleich geben Spitzenreiter Dänemark 18,3 Prozent und Finnland 14,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Arbeitnehmerentgelte aus. 2016 27 araus ergeben sich im di 16.12.15 D rekten Vergleich finanzielle Spielräume, die genutzt werden sollten, wenn Deutschland auch in Zukunft einen reaktionsfähigen öffentlichen Dienst bereithalten will, auf den sich Bürgerinnen, Bürger und Wirtschaft verlassen können. Zahlen Daten Fakten 2016 kann über die Homepage des dbb unter www.dbb.de als PDF heruntergeladen werden. Altersstruktur der Beamtinnen und Beamten des Bundes (inklusive Richterinnen und Richter) im Vergleich der Jahre 2000 und 2014 2000 Altersgruppe Anzahl 2014 Prozent Anzahl Prozent unter 25 Jahre 8 965 6,8 2 580 2,0 25 bis 34 Jahre 31 405 23,7 16 355 12,9 35 bis 44 Jahre 41 078 31,0 33 175 26,3 45 bis 54 Jahre 29 353 22,1 46 055 36,5 55 bis 59 Jahre 14 038 10,6 17 515 13,9 7 745 5,8 10 620 8,4 132 584 100 126 300 100 ab 60 Jahre Summe Quelle: destatis, 2015 > dbb magazin | Januar/Februar 2016 13:34 spezial Der öffentliche Dienst in Deutschland hat ein Personalproblem: Während die zu bewältigenden Aufgaben nicht zuletzt mit Blick auf die Flüchtlingssituation stetig anwachsen, ist der Personalbestand seit 1991 fast kontinuierlich geschrumpft. Zusammen mit fehlendem Nachwuchs bringt sich der öffentliche Sektor in Deutschland immer weiter an den Rand des Funktionsversagens. Das lässt sich nicht nur an der wachsenden Zahl an Klagen aus der Praxis ablesen, sondern auch an statistischem Zahlenmaterial. dbb Datenschutzrecht: Vorbereitung auf die neue Verordnung spezial 28 Das Datenschutzrecht in Deutschland wird sich in den nächsten Jahren gravierend ändern. Zum einen wird der Datenschutz – und hier insbesondere der Schutz der Persönlichkeitsrechte – im Rahmen der voranschreitenden Digita lisierung der öffentlichen Verwaltung eine wichtige Rolle einnehmen. Die Akzeptanz der Umsetzung der E-GovernmentStrategien von Bund und Ländern steht und fällt mit der sicheren elektronischen Kommunikation und dem sicheren Umgang mit elektronischen Akten. Hier müssen noch zum Teil datenschutzkonforme und für die öffentliche Verwaltung praktikable Lösungen entwickelt und erprobt werden. << Neue DatenschutzGrundverordnung der EU Neben der Weiterentwicklung und Anwendung digitaler Technologien wird sich das Datenschutzrecht aber vor allem durch die neue DatenschutzGrundverordnung der EU verändern. Am 15. Dezember 2015 haben die Vertreter von EUKommission, Europaparlament und EU-Staaten eine Reform des Datenschutzgesetzes beschlossen. Der Kompromiss muss noch formal vom EU- Ministerrat und dem EU-Parlament angenommen werden. Europas Datenschutzregeln sind 20 Jahre alt, eine Neuregelung war längst fällig. Nach > dbb magazin | Januar/Februar 2016 fast vierjährigen Verhandlungen hat man sich nun auf einen Kompromiss geeinigt, der den Flickenteppich aus nationalen Regeln durch eine einheitliche europäische Gesetzgebung ersetzen soll. Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) soll voraussichtlich 2018 in Kraft treten. << Was wird sich ändern? Welche Neuerungen die neue DSGVO bringen wird, lässt sich derzeit wie folgt skizzieren: >>Neu ist, dass in allen 28 EULändern künftig gleich hohe Standards gelten – bisher war dies sehr unterschiedlich geregelt. Datenschutz-Oasen soll es somit in Europa nicht mehr geben. >>Künftig sollen die Rechte der Betroffenen und Nutzer besser geschützt werden. Sie erhalten einen Anspruch auf klare und leicht verständliche Informationen darüber, wer ihre Daten zu welchem Zweck wie und wo verarbeitet. Dazu gehört auch, dass sie künftig noch ausführ licher darüber informiert werden müssen, wenn ihre Daten gehackt wurden. >>Nach DSGVO steigt das Mindestalter für die Abgabe einer rechtswirksamen Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten auf 16 Jahre. >>Firmen müssen die Zustimmung zur Datennutzung aus- @bluedesign – Fotolia.com Aktuelles technisches und juristisches Fachwissen, rechtssicher antworten können, kompetent beraten – die Anforderungen im Bereich Datenschutz sind hoch. Mit unseren aktuellen Veranstaltungen unterstützen wir Sie bei der Erweiterung Ihrer Handlungskompetenzen im Datenschutz. drücklich einholen und ihre Produkte datenschutzfreundlich voreinstellen. DSGVO im Jahr 2018 zu überprüfen und anzupassen? << << Fragen über Fragen Unklar ist aber, welche weitergehenden Auswirkungen die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung auf das deutsche Datenschutzrecht haben wird. Engt die neue Zweckbestimmung der DSGVO die Erhebung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten ein oder öffnet sie Tür und Tor für eine weitreichende Nutzung der Daten? Ändert sich etwas an der internen Datenschutzkontrolle, die nach derzeitigem Recht durch die betrieblichen und behördlichen Datenschutzbeauftragten wahrgenommen wird? Was passiert mit dem Bundesund den Landesdatenschutzgesetzen? Welche Regelungen sind bis zum Inkrafttreten der Datenschutzseminare im Angebot In unseren Datenschutzseminaren halten wir Sie auf dem Laufenden und informieren Sie über die aktuellen Entwicklungen. Bei Bedarf werden wir in 2016 neben unseren Veranstaltungen im Jahresprogramm auch Zusatzveranstaltungen anbieten, die sich insbesondere mit den neuen DSGVO beschäftigen. Ausführliche Informationen und weitere Veranstaltungen zum Datenschutz finden Sie auch auf unserer Homepage www.dbbakademie.de. Ihre Ansprechpartnerin ist: Margret Odijk, Telefon: 0228.8193–136, [email protected] Unsere neuen Datenschutzseminare 2016 Grundlagen des Datenschutzes I 5. bis 6. April 2016 in Königswinter-Thomasberg (2016 Q051 MO) Grundlagen des Datenschutzes II 7. April 2016 in Königswinter-Thomasberg (2016 Q052 MO) E-Government-Kompetenz: Datenschutz und Datensicherheit – Verwaltungsmodernisierung braucht Datenschutz 23. bis 24. August 2016 in Königswinter-Thomasberg (2016 Q060 MO) Aktuelle Tendenzen im Datenschutz 23. bis 24. November 2016 in Königswinter-Thomasberg (2016 Q063 MO) Zertifizierte Fortbildung zum/zur behördlichen DSB Land (Gesamtlehrgangs-Nr.: 2016 Q277 MO) 1. Modul: 25. bis 27. Oktober 2016 in Königswinter (2016 Q047 MO) 2. Modul: 15. bis 17. November 2016 in Königswinter (2016 Q048 MO) 3. Modul: 5. bis 6. Dezember 2016 in Königswinter (2016 Q049 MO) Prüfung: 7. Dezember 2016 in Königswinter (2016 Q050 MO) Fortbildung zum/zur Ergonomieberater/-in in der öffentlichen Verwaltung: Dagegen kann man etwas unternehmen, denn optimal gestaltete Bildschirmarbeitsplätze tragen im Büroalltag viel zur Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten bei. Mit einfachen Veränderungen des Verhaltens und der Anordnung der Arbeitsmittel lassen sich viele Beschwerden vermeiden. Häufig fehlt den Beschäftigten allerdings das nötige Wissen dazu. Wie kann ein Büroarbeitsplatz optimal ergonomisch gestaltet werden und wie lassen sich Belastungen und Fehlbeanspruchungen bei Bildschirmarbeitsplätzen reduzieren? Welche gesetzlichen Vorgaben muss man beachten und welche praktischen Hilfestellungen kann man den Beschäf tigten am Büroarbeitsplatz geben? << Bindeglied zwischen Kollegen, Vorgesetzten, Arbeitsmedizinern, Sicherheitsfachkräften und Personalrat Auf diese und weitere Fragen gibt die zweimodulige Fortbildung Antworten. Als Ergono mieberater/-in stehen Sie mit Rat und Tat beim Einrichten der Büro- beziehungsweise Bildschirmarbeitsplätze zur Seite, geben Tipps zum richtigen Umgang mit den Arbeitsmitteln und informieren über ergonomische Grundsätze und gesundheitsförderliche Arbeitsweisen. Sie beraten Ihre Kollegen/Kolleginnen bei Bedarf in ergonomischen Fragestellungen oder führen gegebenenfalls Unterweisungen durch, die auf die individuelle Arbeitssituation im Büro zugeschnitten sind. << Auf einen Blick >>Zwei Module à zwei Unterrichtstage >>Modul 1: 23. bis 24. Juni 2016 >>Modul 2: 1. bis 2. September 2016 >>Teilnahmepreis: 1 080 Euro (inkl. Ü/VP) >>Nur als Gesamtpaket buchbar >>Veranstaltungsort: dbb forum siebengebirge, Königswinter Gerne organisieren wir die Fortbildung auch als InhouseVeranstaltung für Sie. Ihre Ansprechpartnerinnen sind: Brigitte Bojanowsky (Inhalte): Telefon: 0228.8193–125, [email protected] Carina Schulte (Organisation): Telefon: 0228.8193–263, [email protected] ©eveleen007 – Fotolia.com Moderne Büroarbeit beansprucht die Beschäftigten oft über die Maßen hinaus. Nicht selten leidet darunter die Gesundheit. Häufig sind schlechte ergonomische Verhältnisse des Arbeitsplatzes für Schmerzen im Bereich von Rücken, Nacken, Kopf, Schulter und Arm verantwortlich. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 spezial 29 Für gesundes Arbeiten am Büroarbeitsplatz dbb dbb bundesfrauenvertretung zur 57. dbb Jahrestagung in Köln: Frauen stärker an demokratischer Willensbildung beteiligen Um die demokratische Willensbildung zu stärken, müssen nach Ansicht der dbb bundesfrauenvertretung Frauen stärker für politische Ämter geworben werden. „Damit unsere Demokratie weiterhin funktioniert, müssen sich alle Menschen in den Inhalten wiederfinden. Dazu gehört auch, die Interessen und Rechte der weiblichen Bevölkerung auf allen Ebenen einzubringen und glaubwürdig zu vertreten. Das geht nur, wenn sich Frauen aktiv in die Gestaltung der Politik einmischen und tatsächlich mitmischen können“, betonte Helene Wildfeuer am 11. Januar 2016. Mit Blick auf die jüngsten Ereignisse in der Silvesternacht hat sich die dbb bundesfrauenvertretung für einen besseren Schutz für Frauen vor Gewalt ausgesprochen. „Wir können die Uhr nicht zurückdrehen und die Geschehnisse der Silvesternacht ungeschehen machen. Der Staat steht nun in der Pflicht, die Ereignisse aufzuklä- ren und sich um die Opfer zu kümmern. Wir müssen aber auch dringend darüber reden, wie gewalttätige Übergriffe gegenüber Frauen grundsätzlich verhindert werden können. Wir Marco Urban spezial 30 Der Weg ins politische Amt müsse für Frauen deutlich erleichtert werden. Dazu gehöre die direkte Ansprache und gezielte Förderung des weiblichen Nachwuchses ebenso wie eine familien- und frauenfreundlichere Sitzungskultur. „Nicht nur die großen Volksparteien müssen hier ihren Beitrag leisten. Auch wir als Gewerkschaften für den öffentlichen Dienst sind jetzt mehr denn je gefragt, unseren Auftrag zur demokratischen Willensbildung wahrzunehmen“, so die Vorsitzende. begrüßen die Zusagen des Bundesinnenministers Thomas de Maizière, bestehende Gesetze konsequenter anzuwenden und wenn nötig entsprechend zu verschärfen. Gleichzeitig erwarten wir, dass die zusätzlich geplanten 1,5 Milliarden Euro im Etat des Bundesinnenministeriums zügig und zielgerichtet eingesetzt werden – für mehr Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, für eine bessere Inte gration der Flüchtlinge, aber auch für ein sicheres Arbeitsumfeld der öffentlich Bediensteten“, machte Helene Wildfeuer deutlich.. bas < < Für die weiblichen Mitglieder der dbb Organisationen ist die dbb Jahrestagung eine gute Gelegenheit zum Netzwerken. Gleichstellung: Statistik zum Frauenanteil im öffentlichen Dienst kommt Das Statistische Bundesamt wird künftig alle zwei Jahre eine Statistik zum Frauenanteil in den Dienststellen und Gremien des Bundes vorlegen. Damit ist eine langjährige Forderung der dbb bundesfrauenvertretung erfüllt. „Viele Jahre haben wir uns für mehr Transparenz bei der Stellenbesetzung eingesetzt. Die neue Statistik ist ein wichtiges Instrument, um die im Bundesgleichstellungsgesetz formulierten Ziele zu verwirklichen. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 Insbesondere kann die Statistik, sofern richtig angewendet, deutlich dazu beitragen, Benachteiligungen von weiblichen Beschäftigten im Bundesdienst zu beseitigen“, betonte Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung am 13. Januar 2016. Die Erhebung helfe auch, Diskriminierungen bei Beförderungen besser sichtbar zu machen. „Um diese aber verhindern zu können, müssen die Beurteilungskriterien bei dienstlichen Beurteilungen genau geprüft werden. Formulierungen, die ein traditionelles Rollenverständnis von Mann und Frau implizieren, müssen dringend überarbeitet werden“, forderte die Vorsitzende. << Alle Dienststellen müssen berichten Die „Verordnung über sta tistische Erhebungen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in den Dienststellen und Gremien des Bundes“ ist am 23. Dezember 2015 in Kraft getreten. Danach ist jede Dienststelle verpflichtet, alle zwei Jahre die Zahl der dort beschäftigten Frauen und Männer zu erfassen. Die Erhebung beinhaltet dbb 1. Art des Dienstoder Arbeitsverhältnisses, getrennt nach Beamtinnen und Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Auszubildenden, Richterinnen und Richtern sowie Inhaberinnen und Inhabern öffentlichrechtlicher Ämter, 2. V ollzeitbeschäftigung und Teilzeitbeschäftigung, 3. Form des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, getrennt nach unbefristeter und befristeter Beschäftigung, 4. B ereichen, getrennt nach Besoldungs- und Entgeltgruppen, Laufbahnen, Berufsausbildungen einschließlich des Vorbereitungsdienstes, Ebenen mit Vorgesetzten- oder Oberste Bundesbehörden berichten jährlich << com lia. Foto – i j © Onid Leitungsaufgaben einschließlich der Stellen und Planstellen Vorsitzender Richterinnen und Vorsit zender Richter, jeweils getrennt nach Vollzeitbeschäftigung und Teilzeit beschäftigung, 5. I nanspruchnahme einer Beurlaubung oder vollständigen Freistellung aufgrund von Familien- oder Pflege aufgaben nach § 3 Nr. 6 und 7 des Bundesgleichstellungsgesetzes. Für die obersten Bundesbehörden besteht zudem eine jährliche Berichtspflicht: Ein gesonderter Gleichstellungsindex erfasst die Zahlen nach Geschlecht und unterscheidet nach: 1. der Laufbahngruppe des höheren Dienstes, 2. den einzelnen Ebenen mit Vorgesetzten- oder Leitungsaufgaben einschließlich der politischen Leitungsämter, 3. V ollzeitbeschäftigung und Teilzeitbeschäftigung, auch für Beschäftigte mit Vorgesetzten- oder Leitungsaufgaben, 4. d er Inanspruchnahme einer Beurlaubung oder vollständigen Freistellung aufgrund von Familien- oder Pflegeaufgaben nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, 5. beruflichem Aufstieg. Darüber hinaus ermittelt die Statistik den Geschlechteranteil bei Bewerbungen im Vergleich zu den entsprechenden Einstellungen, bei Führungskräften, Beförderungen und Höhergruppierungen. Für die Institutionen des Bundes gilt eine Erfassungspflicht der Zahl der durch den Bund bestimmten weiblichen und männlichen Mitglieder von Gremien. << Webtipp: Gleichstellungsstatistik verordnung beim Statis tischen Bundesamt: https://goo.gl/d8O6pE Broschüre des BMFSFJ zum Bundesgleichstellungsgesetz: http://goo.gl/G4q18Z 31 © Sergey Nivens – Fotolia.com 12. Frauenpolitische Fachtagung: Digitalisierte Welt: Frauen 4.0 – rund um die Uhr vernetzt? Die dbb bundesfrauenvertretung lädt zum 12. April 2016 zu ihrer 12. Frauen politischen Fachtagung ins dbb forum berlin ein. Zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Hertie School of Governance sowie weiteren Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft werden Chancen und Risiken der Digitalisierung diskutiert. Was bedeutet „Arbeit 4.0“ für die Organisationsstrukturen des öffentlichen Sektors? Welche Auswirkungen haben die dynamischen Veränderungen auf die Karriereentwicklung weiblicher Beschäftigter? Wie steht es um die Fürsorgepflicht der Vorgesetzten? Und wo können und müssen Gewerkschaften aktiv werden? < Chancen benennen ... Gerade junge, gut ausgebildete Frauen, aber auch immer mehr qualifizierte Männer streben in öffentliche Verwaltungen, weil sie flexibel und familienorientiert arbeiten möchten. Das sind gute Nachrichten für den öffentlichen Sektor, der mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen hat. Gleichzeitig stehen die Verwaltungen unter Druck: Um den Attraktivitätsvorsprung gegenüber der Wirtschaft halten zu können, müssen öffentliche Arbeitgeber verstärkt auf neue Kommunikationstechniken, flexible Arbeitszeitmodelle und mobile Arbeitsplätze setzen. < ... Risiken erkennen Mit der zunehmenden Entgrenzung von Arbeit sind aber auch Risiken verbunden. Arbeitsverdichtung, ständige Erreichbarkeit, Dreifachbelastung durch Arbeit, Haushalt und familiäre Pflege könnten, so fürchten Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, zu mehr Stress und gesundheitlichen Problemen und längeren Ausfallzeiten führen. Zudem besteht die Gefahr, dass die Älteren von den rasanten technischen Entwicklungen überfordert werden. Anmeldung: per E-Mail an [email protected]. Reden Sie mit – vor Ort und bei twitter unter #FFT16! > dbb magazin | Januar/Februar 2016 spezial die Zahl der Frauen und Männer nach: ©Ezio Gutzemberg – Fotolia.com dbb Die Briten und Europa: Droht 2016 der „Brexit“? spezial 32 Großbritanniens Drohung mit dem EU-Austritt ist fast so alt wie die britische EU-Mitgliedschaft selbst. Wer auch immer in Downing Street No. 10 zu Hause war, immer wurde eine Sonderrolle für Großbritannien in der Europäischen Union eingefordert. Doch nun wird es ernst: Premierminister David Cameron hatte vor den letzten Unterhauswahlen ein Referendum angekündigt, schon in diesem Jahr könnten die Briten tatsächlich an die Wahlurnen gerufen werden. Zuvor will Cameron die europäischen Partner zu weitgehenden Zugeständnissen bewegen. Auch wenn das Datum für das Referendum noch nicht endgültig feststeht, die genaue Fragestellung ist bereits bekannt: „Sollte das Vereinigte Königreich ein Mitglied der Europäischen Union bleiben oder die Europäische Union verlassen?“ Selbst über diese simple Formulierung hatte es lange innen politische Debatten gegeben. Ursprünglich hätten die Europabefürworter mit einem einfachen „Ja“ antworten können. Deutlich komplizierter dürfte die europäische Debatte über die britischen Forderungen werden, die Cameron den Europäern vorgelegt hat. Diese sollen die britischen Bedenken gegenüber einer EU-Mitgliedschaft entschärfen. Unter vier großen Schlagworten hat Cameron Vorschläge vorgelegt: wirtschaftspolitische Steuerung, Wettbewerbsfähigkeit, Souveränität und Immigration. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 << Wirtschaftspolitische Steuerung Hinter dem Begriff wirtschaftspolitische Steuerung verbirgt sich das britische Interesse, auch künftig nicht an der gemeinsamen Währung beteiligt zu sein und auch keine negativen Auswirkungen jedweder Art im Zusammenhang mit dem Euro befürchten zu müssen. So soll unter anderem sichergestellt werden, dass kein Land ohne den Euro für Rettungsmaßnahmen mit Bezug auf die Gemeinschaftswährung in Haftung genommen werden kann. Zudem dürfe kein Land zur Teilnahme an einer europäischen Bankenunion verpflichtet werden. In diesem Bereich dürfte der Europäischen Union eine Einigung besonders leichtfallen, da die Forderungen weitest gehend dem Status quo entsprechen. << Wettbewerbsfähigkeit Ähnlich offene Türen rennen die Briten auch in der Frage der Wettbewerbsfähigkeit ein. Im Kern fordern sie die Europäische Kommission auf, ihren eingeschlagenen Weg fortzuführen. Dazu gehören der Abbau von überflüssigen bürokratischen Hürden und die Schaffung eines echten digitalen Binnenmarkts. Bei dieser Forderung weiß Cameron einen Großteil der euro päischen Regierungen hinter sich. << Souveränität Deutlich problematischer werden die Gespräche hingegen beim Thema Souveränität. Schon in den Verträgen von Rom hatten die Unterzeichner ihren „festen Willen, die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss der europäi- schen Völker zu schaffen“ erklärt. Großbritannien will künftig nicht mehr an diese Verpflichtung gebunden sein. Zudem soll die Rolle der Parlamente der Mitgliedstaaten gestärkt werden, die künftig von sich aus europäische Gesetzgebung stoppen können sollen. Auch in Fragen von Justiz und Innerem will sich Großbritan nien, trotz immer größerer gemeinsamer europäischer Sicherheitsherausforderungen, seine Souveränität ga rantieren lassen. Bis auf den letzten Punkt ist eine uneingeschränkte europäische Zustim mung zu diesen Forderungen kaum denkbar. << Immigration Die kontroversesten Diskussionen wird es aber vermutlich über Camerons Vorschläge bezüglich der Rechte von EU-Arbeitnehmern geben. Er schlägt vor, dass jeder EU-Bürger mindestens vier Jahre in Großbritannien gearbeitet haben muss, bevor er Sozialleistungen in Anspruch nehmen kann. Zudem soll es auch nicht mehr möglich sein, Kindergeld für Kinder außerhalb des Landes, in dem jemand erwerbstätig ist, zu beziehen. Vereinzelt hat Cameron für diese Vorschläge Unterstützung erhalten, gleichzeitig gibt es aber große Zweifel, ob diese Vorschläge europarechtskonform sind. Große, bislang undenkbare Vertragsänderungen wären vermutlich notwendig. Der ambitionierte Zeitplan der Briten sieht eine europäische Einigung zu diesen Fragen bereits in diesem Februar vor. Cameron scheint zuversichtlich, mit seinen Positionen eine schweigende Mehrheit der europäischen Regierungen auf seiner Seite zu haben. Doch selbst wenn Europa zu diesen historischen Zugeständnissen bereit sein sollte: Das letzte Wort werden so oder so die britischen Wähler haben. Schon im Sommer könnte es soweit sein. sy dbb 25 Jahre dbb magazin: Blick über die Kirchturmspitze Im September 1950 erschien zum ersten Mal die Mitgliederzeitschrift des dbb „Der Beamtenbund“. Sie brachte es bis Dezember 1990 auf 492 Ausgaben. Im Januar 1991 erfolgte ein grundlegender Wandel: Statt zweifarbig (Blau/Schwarz) wurde künftig vierfarbig gedruckt, das Magazinformat eingeführt und der Titel in „dbb magazin“ geän dert. Im Januar 2016 erscheint das „dbb magazin“ seit 25 Jahren. Ein Rückblick … spezial 34 Bundeskanzler Konrad Adenauer ließ es sich nicht nehmen, in der ersten Ausgabe der Beamtenbund-Zeitschrift das Geleitwort zu schreiben. Er verwies darin auf die Regierungserklärung vom 20. September 1949, in der es heißt: „Wir stehen grundsätzlich und entschlossen auf dem Boden des Berufsbeamtentums.“ Der erste dbb Bundesvorsitzende nach dem Krieg, Hans Schäfer, stellte seinerseits heraus, dass die neue Zeitschrift dazu beitragen möge, einerseits das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitglieder zu stärken und andererseits den Angriffen gegen das Berufsbeamtentum mit soliden Argumenten entgegenzutreten. Diesem doppelten Zweck dient das dbb magazin noch heute. Mit der Umstellung auf das Magazinformat zum 1. Januar 1991 wurde für die Mitgliederzeitschrift des dbb aufgrund veränderter Lese- und Informationsgewohnheiten auch ein neues Konzept eingeführt. Künftig wollte der dbb seine Mitglieder nicht nur über berufs-, besoldungs- und dienstrechtliche Entwicklungen informieren, sondern ebenso unterhaltsam wie informativ sein: Das Magazin sollte zur identitätsstiftenden Visitenkarte des Dachverbandes werden und Lesestoff für „alle“ bieten. Die Mitgliederzeit- > dbb magazin | Januar/Februar 2016 schrift des Dachverbandes wendet sich seitdem nicht nur an Insider, sprich Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und des privaten Dienstleistungssektors, sondern ebenso an Leser über diesen Kreis hinaus, die sich für Tätigkeitsfelder des öffentlichen Dienstes interessierten. << Information, Orientierung, Unterhaltung Damit diese unterschiedlichen Zielgruppen über die eigene Kirchturmspitze hinausschauen und Eindrücke von der Vielschichtigkeit der Interessenpolitik des dbb gewinnen können, werden Interviews und Reportagen, Kommentare und Hintergrundberichte aufgenommen und feste Rubriken für die Darstellung der Probleme der jungen Beschäftigten, der Frauen oder der Senioren regelmäßig bedient. Auch die europäische Entwicklung wird nicht außer Acht gelassen, da sie großen Einfluss auf den öffentlichen Dienst in Deutschland ausübt. Mit der Januar/Februar-Ausgabe 1999 erschien nach acht Jahren und 88 Ausgaben der neuen Mitgliederzeitschrift zum ersten Mal eine sogenannte Opti-Print-Ausgabe mit verjüngtem Layout, farbgeführter Rubrizierung und einem innovativen Produktionskonzept: < < Das dbb magazin bel egt in der Top Ten der deutschen Fachzeitschrif ten mit großem Abstan d Platz eins. In einem gemeinsamen Projekt bietet der dbb seitdem ein Grundmagazin mit 48 Seiten und einem festen Anzeigenspiegel an. Elf Fachge werkschaftsmagazine sind zusätzlich mit eigenen Titeln und eigenen Seiten plus dbb Seiten in das sogenannte Opti-PrintProjekt integriert. Ferner werden sechs Landesbund-Magazine gedruckt, die als Um- oder Einleger den Fachmagazinen beigefügt werden. Darüber hinaus gibt es zusätzliche Regionalmagazine, zum Beispiel der komba gewerkschaft oder der Deutschen Polizeigewerkschaft. Die Gesamtauflage beläuft sich aktuell auf etwa 650 000 Exemplare. Die Mitglieder erhalten kostenlos eine Zeit- schrift, die sie über ihr be rufliches Umfeld und über allgemeine Trends und Entwicklungen im öffentlichen Dienst informiert und kostengünstig produziert werden kann. Über ein modernes Redaktionssystem sind alle Redaktionen vernetzt, sodass Synergien genutzt und Dubletten bei der Berichterstattung vermieden werden. Zu den Lesern der Magazine gehören über die Mitglieder hinaus politisch Verantwort liche in Bund, Ländern und Kommunen sowie Medienvertreter und Entscheidungsträger in Parteien, Verbänden, Gewerkschaften und Wirtschaftseinrichtungen. sm dbb Der Fall des Monats ©Salvatore Billeci – Fotolia.com Leistungszulage: Anspruch besteht auch bei Freistellung als Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen Ein Bundesbeamter hat auch dann einen Anspruch auf die Zahlung einer Leistungszulage gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung des Bundes über leistungsbezogene Besoldungsinstrumente, wenn er als freigestellte Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen keine dienstlichen Leistungen erbringt, die einer Bewertung durch den Dienstherrn zugänglich wären. Vertrauenspersonen dieser Art dürfen nicht egen der Ausübung ihres w Amtes benachteiligt werden. Wenn die Einbeziehung von freigestellten Personalratsmitgliedern in die Leistungsbezahlung möglich ist, dürfe nichts anderes für die Vertrauenspersonen schwerbehinderter Menschen gelten. Es überschreite jedenfalls das Ermessen des Dienstherrn, wenn er wie hier freigestellte Vertrauenspersonen von vornherein aus dem Kreis der potenziell für eine Leistungsprämie nach § 4 BLBV anspruchsberechtigte Beamten ausschließt (Verweis auf OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Juli 2014, Az.: 1 A 2885/12). << Info Der dbb gewährt den Einzelmitgliedern seiner Mitgliedsgewerkschaften berufsbezogenen Rechtsschutz. Zuständig dafür sind die Juristen in den dbb Dienst leistungszentren in Berlin, Bonn, Hamburg, Nürnberg und Mannheim. Das dbb magazin dokumentiert den „Fall des Monats“. Das Verfahren wurde erfolgreich vom Dienstleistungs zentrum Ost vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg (Az.: 5 A 234/13 MD) mit Urteil vom 9. Juni 2015 geführt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. ak 35 spezial Wählen Sie das schönste Titelbild 2015: Ausgabe 1/2 Ausgabe 3 Ausgabe 4 Ausgabe 5 Ausgabe 6 Ausgabe 7/8 Ausgabe 9 Ausgabe 10 Ausgabe 11 Ausgabe 12 Ein spannendes Jahr ging zu Ende und wieder laden wir Sie zur Wahl des schönsten Titelbildes ein. Machen Sie mit – und gewinnen Sie – und schicken Sie uns bis zum 17. Februar 2016 unter dem Stichwort „dbb“ die Nummer ihres Favoriten per Post, Fax oder E-Mail. Vergessen Sie Ihren Absender nicht, denn unter allen Einsendern verlosen wir drei wertvolle Überraschungspreise. Redaktion dbb magazin, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin, Fax: 030.40815599, E-Mail: [email protected] > dbb magazin | Januar/Februar 2016 dbb Einstellungspraxis: Befristungs-Irrsinn beenden Befristungen sind im öffentlichen Dienst an der Tagesordnung, so das eindeutige Ergebnis der aktuellen Studie zur Befristungspraxis im öffent lichen Dienst, die das Institut für Arbeitsmarktund Berufsforschung (IAB) am 29. Dezember 2015 veröffentlicht hat. spezial 38 „Junge Menschen unter 35 Jahren werden dabei mehr als doppelt so häufig befristet eingestellt als alle übrigen Altersgruppen, oft sogar mehrmals hintereinander in sogenannten ‚Ketten-Verträgen‘“, kritisierte die dbb jugend-Vorsitzende Sandra Kothe. „Das ist ein nicht länger hinnehmbarer Skandal – dieser BefristungsIrrsinn muss ein Ende haben!“, fordert sie. Gewerkschaften und Arbeitgeber hatten das IAB im Zuge der vergangenen Einkommensrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen im Jahr 2014 mit der Erhebung valider Daten zur Befristungspraxis im öffentlichen Dienst beauftragt, um die insbesondere von der Arbeitnehmerseite zunehmend scharf kritisierte ausufernde Einstellungs- und Beschäftigungspolitik auf Zeit wissenschaftlich aufarbeiten und bewerten zu lassen. Im Ergebnis ermittelten die IAB-Wissenschaftler, dass der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse bei den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst einschließlich des Wissenschaftsbereichs oberhalb von 15 Prozent liegt. Damit spielen befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Dienst eine größere Rolle als in der Privatwirtschaft, insbesondere bei der Einstellungspraxis. „Befristete Beschäftigung kommt im öffentlichen Sektor vielfach deshalb zum Einsatz, weil temporäre Personalausfälle kompensiert werden müssen oder Personalressourcen nur befristet zugewiesen werden. Entscheidende Stellschrauben für eine Reduzierung befristeter Arbeitsverträge dürften somit eine ausreichende Finanzierung von Planstellen und eine Erhöhung der organisationalen Flexibilität beispielsweise über die Schaffung von unbefristeten Vertretungsstellen sein“, heißt es weiter in dem IAB-Bericht. dbb jugend magazin „Lebendig, offen, stark“ – so lauten der Titel der neuen Ausgabe des dbb jugend magazin und das Motto der Krefelder Buchenschule, deren Integrationsarbeit t@cker vorstellt (t@cker-story). „Es ist ein gutes Gefühl zu sehen, dass Willkommens- und Integrationskultur mit dem passenden Konzept und vor allem mit ausgebildeten, engagierten und motivierten Profis – tollen Lehrern, Sozialpädagogen und Erziehern – funktionieren kann“, schreibt dbb jugend-Chefin Sandra Kothe im Editorial. „Diese Best Practice aus NordrheinWestfalen zeigt aber auch, dass man die Integra tionsarbeiter nicht alleine lassen darf: Rektor Thorsten Vetterkind und sein Team könnten locker doppelt so viel Personal gebrauchen, um den Unterricht noch optimaler für alle Beteiligten zu > dbb magazin | Januar/Februar 2016 „Bei Befristungsquoten im Arbeitnehmerbereich zwischen 8,2 Prozent in Kommunen, 11,3 Prozent beim Bund und 12,3 Prozent in den Ländern, in wissenschaftlichen Einrichtungen sogar zwischen 50 und 90 Prozent, ist die Mär vom ‚sicheren Arbeitsplatz öffentlicher Dienst‘ endgültig widerlegt“, kommentierte die dbb jugend-Chefin. Die dbb jugend verweist auf die gravierenden Probleme und Folgen von Befristungen insbesondere für die junge Generation: fehlende Planungs sicherheit zum Beispiel für Mieten einer Wohnung oder die Gründung einer Familie, fehlende soziale Sicherheit, geringere Attraktivität der Ausbildung und des Berufes im öffentlichen Dienst, Ineffizienz durch die Notwendigkeit der permanenten und wiederholten Einarbeitung von befristet Beschäftigten. „In vielen Bereichen kann der öffentliche Dienst schon bei der Bezahlung nicht mit der Privatwirtschaft mithalten. Wenn nun auch mehr und mehr der Faktor Sicherheit wegbröckelt, braucht sich niemand über den immer größeren Nachwuchs- und Fachkräftemangel zu wundern. Junge Menschen bestehen zu Recht auf echte Perspektiven und echte Wertschätzung, wenn sie sich für einen Arbeitgeber entscheiden“, warnte Kothe und kündigte für die im März startende Einkommensrunde für Bund und Kommunen an: „So kann und darf es nicht weitergehen, zumal der öffentliche Dienst als Arbeitgeber mit Vorbildfunktion agiert und vor großen Herausforderungen wie der Bewältigung des demografischen Wandels und der hohen Zahl von Menschen auf der Flucht steht. Deswegen fordern wir wei terhin die unbefristete Übernahme der Auszubildenden, ebenso die Übernahme aller Beamtenanwärter in ein Beamtenverhältnis auf Probe. Befristete Beschäftigungsverhältnisse müssen auf das absolut notwendige Maß beschränkt werden.“ Zudem gehörten die Möglichkeiten der sachgrundlosen Befristungen in § 14 Abs. 2, 2 a, 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes abgeschafft, insbesondere auch der Befristungsgrund der Zweckbindung von Haushaltsmitteln (§ 14 Abs. 1 (2) Nr. 7 TzBfG), da dieser zunehmend zur Umgehung des Kündigungsschutz gesetzes zweckentfremdet werde. online gestalten. Aktuell arbeitet das Kollegium der Buchenschule ‚am Limit‘ – das geht natürlich an die Substanz der Pädagogen und der Qualität, wer könnte das abstreiten. Auch hier müssen die politischen Weichensteller zügig bessere Rahmenbedingungen schaffen, mehr Flexibilität ermöglichen – dann läuft’s auch mit der Integration“, so Kothe. Neben dieser spannenden Reportage gibt es im dbb jugend magazin wieder allerlei Nachrichten aus dbb jugend und dbb. t@cker-fokus informiert über das attraktive Seminar angebot der dbb jugend und ihrer Mitgliedsverbände, die t@cker-tipps machen schlau in Sachen JAV- und Personalratswahlen – schließlich ist 2016 Superwahljahr! Einfach reinsurfen unter www.tacker-online.de! dbb Glosse: Die neue deutsche Welle ... Stephan Remmlers & Co damals war, sind die neuen Veganbuletten leider nicht zu verdauen. Gesundheit und Fitness, obgleich mehrstöckige Veggiemonster, garniert mit Pommes, Majo und Limo, locker die 1 000-Kalorien-Grenze überschreiten. Der Staat, der nicht nur für die Volksgesundheit, 39 finale Unsere Fastfoodrestaurants huldigen dem Fleischkult und bieten zwischen pappigen Brötchenhälften graue Hackfleischscheiben, die an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten sind. Jetzt gibt es, welch ein Widerspruch in sich, diese Gastronomie-Highlights mit viel Zwiebeln und teils paniert – auch fleischlos – also mindestens bio, besser noch veggie, um verloren gegangenes Kundenterrain neu zu erschließen. Aufwendig beworben suggerieren die Gemüseklopse sondern auch für einen funktionierenden öffentlichen Dienst verantwortlich ist, sollte einschreiten und die Kalorienbombensteuer einführen. In Dänemark gibt es längst die Fettsteuer, in Ungarn die Junk-Food-Steuer und Frankreich erhebt Steuern auf zuckersüße Getränke. Also, worauf warten wir noch? Die Fastfoodketten haben den Weg bereitet für eine Sanierung der Staatsfinanzen: Courage, Herr Finanzminister. Werbewirksam könnten Sie diese neue deutsche Welle auch als Veggie-BürgerSteuer vermarkten. Bio zieht immer. sm ©gekaskr – Fotolia.com ... ist ein Dauerphänomen. Immer wieder gibt es etwas atemberaubend Neues und niemand weiß, wie er vorher – ohne das Neue – zurechtgekommen ist. Einst eroberte die Neue Deutsche Welle die Musik. – Sie erinnern sich: „Da da da. Ich lieb Dich nicht, Du liebst mich nicht, aha!“ Und wir summten sie begeistert mit, die Melodien, die wir uns merken konnten, mit deutschen Texten von anrührender Schlichtheit. Heute ist es das vegan-biologische Fastfood, das das Land erobert und ohne das unser Leben uns nicht das bieten könnte, was wir verdienen: das Gefühl der angenehmen Leichtigkeit des Seins. Und wir essen begeistert mit. Doch so einfach wie die Musik > dbb magazin | Januar/Februar 2016 dbb Digitale Stadtentwicklung: Lebensader Internet Das Netz gewinnt zunehmend Bedeutung als wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Motor. Wie gut eine Stadt oder Kommune dasteht, hängt immer stärker mit dem Stand des Netzausbaus zusammen. In Deutschland haben bisher nur wenige Städte die Nase vorn, was Bürgerfreundlichkeit und politische Partizipationsmöglichkeiten betrifft. finale 40 Köln, Hamburg und München sind die hervorstechendsten digitalen Hauptstädte Deutschlands. Zu diesem Ergebnis ist eine Untersuchung gekommen, die die Wirtschaftsprüfungs gesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) zusammen mit dem Geographischen Institut der Universität Bonn im Jahr 2015 durchgeführt hat. Die Ergebnisse: Digitale Angebote sind schon heute wichtiger Standortfaktor, unzureichender oder fehlender Breitbandausbau hemmt die Entwicklung der Kommunen und digitale Städte sind wirtschaftlich besser aufgestellt als Städte mit schlechter Netzanbindung. Anhand von 20 Kriterien, die die Bereiche Verwaltung und Politik, Kommunikation, Infrastruktur und Energie abdeckten, wurde untersucht, wie digital die 25 bevölkerungsreichsten Städte Deutschlands sind. Alfred Höhn, Leiter des Bereichs Öffentlicher Sektor in Deutschland bei PwC, fasst das so zusammen: „Eine entwickelte digitale Infrastruktur ist für die Kommunen schon heute ein zentraler Standortfaktor. Ihre Attraktivität für Bewohner, Arbeitnehmer und Unternehmen hängt entscheidend von ihrem Digitalisierungsfortschritt ab.“ Die besten zehn Städte wiesen durchschnittlich deutlich bes- > dbb magazin | Januar/Februar 2016 sere Kennzahlen auf als die Städte auf den übrigen Plätzen. Das gelte beispielsweise für das Gewerbesteueraufkommen, das von 2009 bis 2013 in gut vernetzten Städten um 30 Prozent gestiegen sei, in schlechter vernetzten dagegen nur um 21 Prozent. Ebenso lasse sich das an den Beschäftigtenzahlen und dem Anteil an Hochqualifizierten ablesen, der in der Spitzengruppe mit 20,2 Prozent deutlich höher sei als in anderen Städten mit durchschnittlich 14,7 Prozent. Die Bevölkerung der Städte auf den Plätzen eins bis zehn sei durchschnittlich um 3,9 Prozent und damit fast doppelt so stark gewachsen wie in den anderen Städten. << Keine klaren Konzepte Insgesamt wurden im Rahmen der Untersuchung mehr als 200 Städte und Landkreise zur Bedeutung und zum Stand der Digitalisierung befragt. Dabei gaben 70 Prozent an, die Digitalisierung spiele eine große oder sehr große Rolle in der Entwicklungsstrategie ihrer Kommune. „Obwohl Städte und Gemeinden die Digitalisierung als wichtige Zukunftsaufgabe erkannt haben, werden heute vor allem solche Onlinedienste angeboten, die vergleichsweise leicht zu etablieren sind“, sagt Felix Hasse, PwC-Experte für die Digitalisierung von Kommunen. An vielen Orten in Deutschland sei es zum Beispiel möglich, online einen Termin für das Bürgeramt zu vereinbaren oder per Handy ein Busticket zu kaufen. Auch eine Präsenz in den sozialen Medien sei inzwischen bei den großen Städten weitgehend Standard. Seltener zu haben seien dagegen komplexere Serviceleistungen: „Nur in neun der 25 untersuchten Städte können Bürger zum Beispiel einen Anwohnerparkausweis online beantragen. Onlinegewerbeanmeldungen, die etwa in den Vereinigten Staaten seit Jahren zum Standard zählen, bietet nur Bremen an“, so Hasse. „Vor allem die Chance, Bürger online an kommunalen Entscheidungen teilhaben zu lassen, bleibt vielfach ungenutzt.“ Für 64 Prozent der befragten Kommunen ist die angespannte Haushaltslage ein wesentlicher Hemmschuh für die Digitalisierung. Ohne dass heute zusätzliches und qualifiziertes Personal eingestellt wird, kann die Digitalisierung in den Kommunen kaum vorangetrieben werden – auch wenn auf lange Sicht Einsparungen zu erwarten sind. Weil die notwendigen finanziellen Mittel fehlen, kommt auch der Ausbau der technischen Infrastruktur nicht voran. Als Hindernis für eine erfolgreiche Digitalisierung der Kommunen geben die Befragten außerdem unklare rechtliche Rahmenbedingungen an. Nur unzureichend sind etwa die Folgen vollkommen neuer Prozessabläufe berücksichtigt, die sich durch eine Digitalisierung der Verwaltung ergeben. Auch wichtige Fragen des Datenschutzes sind ungeklärt. In der digitalen Agenda der Bundesregierung ist allerdings eine Verbesserung in Aussicht gestellt. Besonders der Ausbau des Breitbandnetzes ist ein zen trales Problem – ein Punkt, in dem Deutschland im europäischen Vergleich seit Jahren zurückliegt. Besonders die baltischen und skandinavischen Länder sind in Sachen Netzausbau und Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen viel weiter. Lediglich Köln und Bonn halten zum Beispiel für 95 Prozent der Haushalte ein Breitbandnetz mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s vor und setzen sich damit schon jetzt vom sogenannten Ausbaukorridor der Bundesregierung ab, an dem sich zwar viele Städte orientieren, den Experten aber als nicht ausreichende Zielvorgabe gilt. Einen großen Anteil daran hat der regionale Telekommunikationsdienstleister NetCologne mit dem konsequenten Ausbau der Infrastruktur. Das Unternehmen wurde am 31. Oktober 1994 von der Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke Köln AG (GEW, heute Rheinenergie), der ©rcfotostock – Fotolia.com dbb << Verwaltungsvorgänge neu denken „Es besteht die Gefahr, dass sich der digitale Graben zwischen den fortschrittlichen Kommunen und denjenigen weiter vertieft, die die Digitalisierung nicht systematisch in Angriff nehmen“, warnt Prof. Claus Wiegandt vom Geographischen Institut der Universität Bonn, der Co-Autor der Studie ist. Noch fehle den meisten Kommunen ein klares Konzept, um das Thema Digitalisierung anzugehen. Meist werde Digitalisierung als Querschnittthema, nicht aber als eigenständi- ger Sachbereich verstanden. 20 der 25 im Detail untersuchten Städte verfügten weder über einen Digitalisierungs beauftragten noch über eine entsprechende Strategie. „Um bestehende Verwaltungsvorgänge effizienter zu machen, genügt es nicht, dass man einen Termin im Bürger amt online vereinbaren kann. Digitalisierung muss als Organisationsaufgabe verstanden und Verwaltungsvorgänge aus Sicht des Bürgers völlig neu gedacht werden. Ziel sollte es dabei sei, den Gang zur Behörde vollständig digital zu ersetzen“, sagt Felix Hasse. << Köln ist Spitzenreiter Dass Köln heute als Medienmetropole die digitalste unter den deutschen Städten ist, hängt mit dem konsequenten Ausbau der digitalen Infrastruktur und deren ebenso konsequenter Nutzung zusammen. Nicht nur Medienunternehmen profitieren von der guten Anbindung, sondern auch Bürgerinnen und Bürger. Beispiel digitales Rathaus: Die „Digitale Willkommenskultur“ zeigt zum Beispiel die Auskunftsbereitschaft der Kommune. Im Idealfall müssen Bürger zur Klärung von Fragen nicht mehr selbst ins Bürger büro kommen, sondern erhalten online eine Rückmeldung. Zur Ermittlung der digitalen Willkommenskultur hat PwC eine identische Informationsanfrage per E-Mail an die untersuchten Städte gestellt. Dabei wurden die bürokratische Abwicklung sowie die Angebo- te bei einem Neuzuzug in die jeweilige Stadt erfragt. Die gesandte E-Mail wurde von der Stadt Köln mit 14 Minuten Reaktionszeit als erste und damit schnellste Stadt der 25 untersuchten Städte ausführlich beantwortet. menhang stattgefundenen Sitzungen sowie die Niederschriften der Sitzungen abrufen. Mit dem Onlinebürgerhaushalt bietet die Stadt ein Instrument der kommunalen Bürgerbeteiligung und ermöglicht Bürgerinnen und Bürgern eine teilweise Mitbestimmung über die Verwendung der Haushaltsmittel. Das entsprechende Beteiligungsportal ist nutzerfreundlich und bezirksübergreifend gestaltet. Nutzer können dort nicht nur Vorschläge zur Verwenung von Mitteln machen, sondern ebenso andere Vorschläge bewerten. Im Anschluss wird eine Bestenliste erstellt. Nach Prüfung und Stellungnahme durch die Verwaltung werden die besten Vorschläge den politischen Gremien zum Beschluss vorgelegt. Der Rat entscheidet durch den Beschluss des Haushaltsplans, welche der Vorschläge letztlich umgesetzt werden – ein Prozess, bei dem er sich wiederum über das Ratsinformationssystem auf die Finger schauen lässt. Wer in Köln also Transparenz statt Klüngel leben möchte, kann das jederzeit tun. So kann Köln für den Bürgerhaushalt 2015 (Abstimmungsrunde vom 17. November bis 7. Dezember 2014) 3 958 Teilnehmer, 664 Vorschläge 1 940 Kommentare der Vorschläge sowie 19 888 Bewertungen vorweisen.br Darüber hinaus genießen die Bewohner der Domstadt ein hohes Maß an digitaler Parti zipation. Das Onlineratsinformationssystem der Stadt bildet demokratische Strukturen und Entscheidungen der Kommune durch ein EDV-gestütztes Informations- und Dokumentenmanagementsystem ab und stellt diese online zur Verfügung. Es bietet zum Beispiel die Möglichkeit, den Sitzungskalender einzusehen und für die jeweilige Sitzung die Punkte Einladung, Tagesordnung und das Beschlussprotokoll als PDF herunterzuladen oder den Sitzungskalender nach Monat und Jahr zu durchsuchen. Unter einem für jede Sitzung angelegten separaten Reiter mit dem Namen „Anwesenheit“ ist es den Bürgerinnen und Bürgern zudem möglich, die Anwesenheit der stimm berechtigten Mitglieder sowie die Parteizugehörigkeit einzusehen. Ebenso können Bürgerinnen und Bürger Informationen über das Gremium des entsprechenden Ausschusses, die bereits in diesem Zusam<< Digitale Partizipation in Köln Ratsinformationssystem: https://ratsinformation.stadt-koeln.de/infobi.asp Bürgerhaushalt: https://buergerhaushalt.stadt-koeln.de/2015/ > dbb magazin | Januar/Februar 2016 41 finale Stadtsparkasse Köln (heute Sparkasse KölnBonn) und den Kölner Verkehrs-Betrieben in Köln gegründet. Seit 2004 ist die Holdinggesellschaft GEW Köln zu 100 Prozent Gesellschafter des Unternehmens. Zusätzlich zum Eigenausbau führt NetCologne auch eine Reihe von Kooperationsausbauprojekten in der Region durch. Durch Partnerschaften mit Städten, Kommunen und Energieversorgern wird das Glasfasernetz ständig erweitert. Dabei übernehmen die Kooperationspartner den Ausbau der Infrastruktur, NetCologne installiert im Anschluss die aktive Technik. Zu den Ausbaugebieten gehören Windeck, Siegburg, Burscheid, Betzdorf und Niederkassel. Zudem wurden Projekte in Wesseling, Frechen, Pulheim, Kerpen und Hürth gestartet. Insgesamt umfassen die Projekte ein Potenzial von knapp 75 000 Haushalten und Gewerbe betrieben. dbb << komba gewerkschaft << BVÖGD Ehrenamt unbezahlbar Neue Arztstellen in Gesundheitsämtern unerlässlich Ehrenamtliches Engagement hat Ulrich Silberbach, Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft und dbb Vize, als wertvollen Bestandteil unserer Gesellschaft gewürdigt. Zum Tag des Ehrenamtes am 5. Dezember erklärte er: „Wachsender Individualismus prägt unsere Zeit. Umso wichtiger ist es, Werte wie Hilfsbereitschaft finale 42 > Ulrich Silberbach, Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft und Verantwortung zu leben. Genau das tun die Ehrenamt lichen. Ihnen gilt ein großer Dank.“ Für andere einzustehen sei ein wesentlicher Faktor für den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Das zeige sich derzeit vor allem in der Flüchtlingssituation. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger engagierten sich unermüdlich für notleidende Menschen und sorgten für ein solidarisches Miteinander. Im besten Fall bereichere und ergänze die ehrenamtliche Arbeit bestehende Strukturen. „Damit sich auch weiterhin Menschen für ein freiwilliges Engagement entscheiden, müssen die Bedingungen, aktiv zu werden und es auch zu bleiben, attraktiv sein. Ehrenamt darf darüber hinaus nicht dazu benutzt werden, dauerhaft staatliche Leistungen zu ersetzen oder Mängel zu kompensieren“, sagte Silberbach. Der internationale Tag des Ehrenamtes wird jährlich am 5. Dezember begangen und würdigt das Engagement aller ehrenamtlich Aktiven. > dbb magazin | Januar/Februar 2016 Angesichts des weiterhin starken Zustroms von Asylbewerbern hat die Bayerische Staatsregierung beschlossen, im Nachtragshaushalt 2016 zusätzliche 70 Stellen für Ärztinnen und Ärzte an den Gesundheitsämtern auszubringen. „Mit der Initiative, den öffentlichen Gesundheitsdienst personell zu stärken, hat die Staatsregierung den richtigen Weg eingeschlagen“, stellte die Vorsitzende des BVÖGD (Bundesverband öffentlicher Gesundheitsdienst), Ute Teichert, dazu fest. „Wir erwarten, dass auch in den anderen Bundesländern eine Trendwende vom Stellenabbau hin zu einer personellen Verstärkung des ÖGD erfolgt.“ Im Rahmen der Zuwanderung von Flüchtlingen spiele die medizinische Versorgung eine große Rolle. „Die ämtern der öffentliche Gesundheitsdienst seine wichtigen bevölkerungsmedizinischen Aufgaben in Krisensituationen nicht weiter bewältigen“, machte Teichert klar. << VBE 2016 zum Jahr der Bildungsgerechtigkeit machen Auch im Jahr 2016 werden die Beschulung der Flüchtlingskinder und die Inklusion die bestimmenden Themen in den > Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE Schulen sein. „Ich fordere alle Politiker dazu auf, 2016 zum Jahr der Bildungsgerechtigkeit zu machen“, sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, am 18. Dezember 2015. „Denn wo keine Gerechtigkeit herrscht, ist der soziale Friede bedroht.“ Lege man die > Dr. Ute Teichert, Bundesvorsitzende des BVÖGD Flüchtlinge sind nach ihrer Flucht geschwächt und häufiger krank als andere Menschen. Deshalb ist der öffent liche Gesundheitsdienst vor Ort gefordert, zusammen mit den Leistungserbringern im Gesundheitssystem die Erstuntersuchungen der Flüchtlinge durchzuführen. Auch mögliche Behandlungen sind kurzfristig zu organisieren“, erläuterte Teichert. Weil die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern in den vergangenen 18 Jahren um ein Drittel zurückgegangen sei, könne ohne zusätzliche Stellen in den Gesundheits Schätzungen der Kultusministerkonferenz (KMK) zugrunde, wonach mindestens 325 000 Flüchtlingskinder zu beschulen seien, würden rund 23 000 zusätzliche Lehrerstellen gebracht, vorausgesetzt, die bisherige Lehrer-Schüler-Relation von 1:14 habe Bestand. Beckmann warnte die Politik vor Zögerlichkeit: „Kitas und Schulen können zum Zusammenhalt der Gesellschaft viel beitragen. Lehrer sind Integrationsmotoren. Frühwarner gegen Radikalisierung zu sein, ist nur ein Punkt auf der langen Aufgabenliste, die Politiker ihnen in den letzten Wochen angetragen haben. Wenn die Schulintegration scheitert, werden die gesellschaftlichen Kosten später um ein Vielfaches höher ausfallen.“ Beckmann weiter: „Dass einige Kommunen inzwischen dazu übergehen, Flüchtlinge auf bestimmte Standorte zu konzentrieren, hält der VBE für integrationsfeindlich. Die Flüchtlingskinder sollen möglichst schnell in die Regelschulen integriert werden. Die Herausforderung dabei wird sein, allen Kindern, mit und ohne Handicap sowie mit und ohne Migrationshintergrund, gerecht zu werden. Das zu leisten, erfordert Mehraufwendungen, die deutlich über dem bisher zur Verfügung gestellten, liegen.“ << Kurz notiert VDStra. Der Bundesvorsitzende des Verbandes Deutscher Straßenwärter (VDStra.), Siegfried Damm, fordert, dass die Fahrzeuge der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten Blaulicht bekommen. „Die gelben Rundleuchten, die derzeit im Einsatz sind, werden nach unserer Erfahrung von Verkehrsteilnehmern ignoriert. Jeder Traktor hat so ein Licht“, zitiert das Onlineportal „Der Westen“ Damm am 8. Dezember 2015. Blaues Licht könne die Straßenwärter bei ihrer Arbeit, besonders beim Einrichten und Abräumen einer Baustelle, besser schützen. Anlass war der Tod eines Mitarbeiters einer vom Landesbetrieb beauftragten Baufirma, der beim Einrichten einer Baustelle vor dem Autobahnkreuz Oberhausen von einem Auto erfasst und getötet worden war. Allein die rund 2 000 Straßenwärter beim Landesbetrieb Straßen NRW haben jedes Jahr einen Unfalltoten zu beklagen. Ein Sprecher des Betriebes sagte, das Risiko, bei dieser Arbeit tödlich zu verunglücken, sei 13-mal so hoch wie bei anderen Beschäftigten. dbb << VDR Standards in der Lehrer ausbildung nicht absenken In der von Bundesinnenminister Thomas de Maizière angestoßenen Diskussion über die Ausbildung von Lehramtsstudierenden, warnt der Vorsitzende des Verbands Deutscher > Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des VDR finale 44 Realschullehrer, Jürgen Böhm, vor einer Absenkung der Qualifikations-Standards. Der Innenminister hatte auf der dbb Jahrestagung vorgeschlagen, die Anforderungen zeitweilig abzusenken, um den erhöhten Lehrerbedarf zur Integration von Flüchtlingen decken zu können. Dagegen wendet sich der VDR-Vorsitzende mit Nachdruck: „Lockerungen, die vielleicht im Rahmen kommunaler Bauvorschriften oder bei der Vergabe von Aufträgen an Wirtschaftsunternehmen für eine Übergangszeit möglich sind, verbieten sich in den Lehramtsberufen aufgrund der mit ihnen verbundenen hohen intellektuellen und pädagogischen Anforderungen von selbst“, stellte der VDRBundesvorsitzende klar. Besonders jetzt brauche es bestens ausgebildete Lehrkräfte, um die Integrationsaufgaben erfolgreich meistern zu können: „Nur mit professionellem pädagogischen und fachlichen Know-how kann es gelingen, Schülern eine selbstverantwortete Teilnahme am ge sellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Die Politik muss erkennen, dass es hierfür eine fundierte Ausbildung der Lehrkräfte braucht, anderenfalls > dbb magazin | Januar/Februar 2016 entsteht mehr Schaden als Nutzen“, so Böhm abschließend. << dbb sachsen-anhalt Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes für Beamte zügig umsetzen Nach heftiger Kritik des Beamtenbundes an der schlechten Besoldung der Beamtinnen und Beamten in Sachsen-Anhalt reagiert die CDU-Fraktion mit der Ankündigung, das Weihnachtsgeld wieder einführen zu wollen und damit das Landesbesoldungsrecht verfassungskonform zu machen. Für den dbb Landesvorsitzenden Wolfgang Ladebeck ist der „Sinneswandel“ der CDU eine Reaktion auf die vielen politischen Initiativen des dbb sachsen-anhalt zur Ver besserung der Besoldung der > Wolfgang Ladebeck, Vorsitzender des dbb sachsen-anhalt Beamten. „Ich habe die Politiker seit Monaten darauf aufmerksam gemacht, dass Sachsen-Anhalts Beamte die am schlechtesten bezahlten in ganz Deutschland sind, aber nur Lippenbekenntnisse geerntet“, sagte Ladebeck in der Mitteldeutschen Zeitung (Ausgabe vom 13. Januar 2016). Erst letzte Woche habe er dem Ministerpräsidenten in einem offenen Brief mitgeteilt, dass die Stimmung unter den Beamten durch die ihnen in den letzten Jahren zugemuteten Einkommenskürzungen auf einem „besorgniserregenden Tiefstand“ angekommen sei. Die Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes ist eine der zen tralen Forderungen des Beamtenbundes. Vor zehn Jahren wurde das Weihnachtsgeld für die Beamten gestrichen, während bei den Tarifbeschäftigten diese Sonderzahlung schrittweise bis 2018 auf das Westniveau angehoben wird. Einen Gleichklang in der Bezahlung zwischen Tarifbeschäftigten und Beamten gibt es nicht mehr. „Ich freue mich natürlich über den Sinneswandel der Union. Der Ankündigung müssen aber noch vor der Landtagswahl Taten folgen. Deshalb appelliere ich an die SPD-Fraktion, den Vorschlag des Koalitionspartners zu unterstützen“, so Ladebeck. << DPVKOM Tarifkonflikt bei der Post beigelegt Der Tarifkonflikt bei der Deutschen Post ist endgültig beigelegt. 85 Prozent der bei der Deutschen Post beschäftigten Mitglieder der Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) haben im Rahmen einer zweiten Urabstimmung dem Tarifangebot der Deutschen Post zugestimmt, teilte die Gewerkschaft Mitte Dezember 2015 mit. „Der Arbeitgeber hat uns schriftlich zugesichert, regelmäßig Gespräche zum Thema Überlastung im Bereich der Brief- und Verbundzustellung zu führen. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, sagte der Bundesvorsitzende der DVVKOM, Volker Geyer. „Unser Ziel ist es nach wie vor, die Arbeitssituation der Zusteller der Deutschen Post zu verbessern. Trotz der wochenlangen Streiks unserer Mitglieder war in dieser Tarifrunde – nicht zuletzt > Volker Geyer, Bundesvorsitzender der DPVKOM aufgrund des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Tarifeinheitsgesetzes – einfach nicht mehr drin.“ Im Rahmen der Urabstimmung stimmten die befragten Mitglieder auch über das Tarifangebot der Deutschen Post ab, das diese der DPVKOM unmittelbar nach der Tarifeinigung mit einer anderen Gewerkschaft Anfang Juli vorgelegt hatte. Es sieht neben einer Einmalzahlung von 400 Euro unter anderem auch noch zwei Entgelterhöhungen von 2,0 Prozent zum 1. Oktober 2016 und um wei tere 1,7 Prozent zum 1. Oktober 2017, einen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen bis zum 31. Dezember 2019 sowie einen Ausschluss der Fremdvergabe von Arbeit in der Brief- und Verbundzustellung bis Ende 2018 vor. << Kurz notiert DPolG Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, hat darauf hingewiesen, dass jeder für sich selbst entscheiden muss, ob er einen so genannten kleinen Waffenschein für sich beantragen möchte. Nach den Exzessen der Silvesternacht hatte die Kölner Polizei auf ihrer Facebook-Seite Hinweise dazu gegeben. Daraufhin gab es Vorwürfe, die Behörde unterstütze damit die Selbstbewaffnung der Bevölkerung. „Wir haben als Polizei die Aufgabe, darauf hinzuweisen“, sagte Wendt der „Berliner Zeitung“ (Ausgabe vom 16. Januar 2016). „Wir rufen nicht dazu auf. Wir werden aber auch nicht widersprechen. Der Gesetzgeber hat das so geregelt. Die Polizei ist nur die Vollzugsbehörde.“ dbb << DPolG Videotechnik und Bodycams einsetzen Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) fordert vor dem Hintergrund der Vorfälle in Köln in der Silvesternacht, die Ausstattung der Polizei zu verbessern. So müsse darüber nachgedacht werden, bundesweit an öffentlich sensiblen > Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der DPolG finale 46 rten wie Bahnhöfen und groO ßen Plätzen, intelligente Videoüberwachung einzusetzen. DPolG- Bundesvorsitzender Rainer Wendt sagte am 8. Januar 2016: „Die intelligente Videoüberwachung ermöglicht das Erkennen von Unregelmäßigkeiten, so zum Beispiel auffällige Personenbewegungen. Diese Auffälligkeiten können sofort an die Einsatzzentralen der Polizei vor Ort weitergeleitet werden, die dann schnell über Maßnahmen entscheiden. Der Einsatz intelligenter Videotechnik kombiniert mit gezieltem Personaleinsatz kann deshalb bei derartigen unvorhersehbaren Eskalationen wie in Köln hilfreich sein.“ Überdies müsse in allen Bundesländern zeitnah über die Anschaffung und Nutzung von Mini-Schulter-Kameras, sogenannter Bodycams, entschieden werden. Diese dienen sowohl der Prävention als auch der Möglichkeit, beweiskräftige Aufnahmen festzuhalten. Wendt: „Ein Pilotprojekt in Hessen verlief erfolgreich. Die Erfahrungen sollten sich die anderen Bundesländer, die noch keine Bodycams eingeführt haben, jetzt zunutze machen. Eigene, lang- > dbb magazin | Januar/Februar 2016 wierige Feldversuche mit offenem Ausgang zu starten, wäre fehl am Platz.“ << GdS tungserhöhung durchsetzen können, die das anhaltende Engagement der Beschäftigten in den einzelnen AOKs anerkennt“, so das Fazit des GdSBundesvorsitzenden Maik Tarifabschluss für AOK-Beschäftigte richtungweisend << Kurz notiert Im Tarifbereich der gesetzlichen Krankenkassen hat die Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS) einen ersten richtungweisenden Tarifabschluss für das Jahr 2016 erzielen können. In der dritten Verhandlungsrunde am 14. Januar 2016 in Berlin verständigte sich die GdS-Tarifkommission mit der AOK-Tarifgemeinschaft (TGAOK) auf einen Kompromiss, der den AOK-Beschäftigten in den nächsten beiden Jahren als zentrales Ergebnis eine tabellenwirksame Erhöhung der Vergütungen um insgesamt 4,65 Prozent und 450 Euro Einmalzahlung bringen wird. Konkret agner. „Durch die Gehalts W verbesserungen wird eine an gemessene Beteiligung aller Mitarbeiter am wirtschaftlichen Erfolg des AOK-Verbundes sichergestellt.“ DSTG Zu einem umfassenden Meinungsaustausch haben sich der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Thomas Eigenthaler, und der Präsident des Liechtensteinischen Bankenverbandes, Adolf E. Real, Anfang Dezember 2015 in Berlin getroffen. Eigenthaler bescheinigte Liechtenstein sichtbare Fortschritte auf dem Weg zu einem steuerseriösen Bankenplatz und riet Verbandschef Real zu einer konsequenten „Weißgeldstrategie“, um verloren gegangenes Vertrauen Schritt für Schritt wieder zurück zu gewinnen. „Steuerhinterziehung durch Schwarzgeldkonten und kriminelle Geldwäsche sind gesellschaftlich out“, sagte Eigenthaler, der auch dbb Vize ist. Vertrauen, Seriosität und Transparenz seien die Stichworte der Zukunft. BDF Der vom Bund Deutscher Forstleute (BDF) verliehene Titel „Waldgebiet des Jahres“ geht 2016 an den Küstenwald Usedom. Der Bundesvorstand des BDF wählte diesen Wald, weil es hier in besonderer Weise gelingt, den hohen Besucherdruck sowie die wichtige Aufgabe des Küstenschutzes in Einklang mit Naturschutz und forstlicher Nutzung zu bringen. Die Forstleute der Landesforst Mecklenburg-Vorpommern und die Kollegen der anderen Waldbesitzer bewirtschafteten das Waldgebiet naturnah und verantwortungsvoll und sorgten mit zahlreichen Partnern für die vielfältige Nutzung, den Schutz und die Pflege. VBB > Maik Wagner, Bundesvorsitzender der GdS beinhaltet die Tarifeinigung eine lineare Steigerung der Gehälter um 3,0 Prozent rückwirkend zum 1. Januar 2016 sowie um weitere 1,6 Prozent ab 1. März 2017, die Laufzeit des Tarifvertrages endet am 31. Dezember 2017. Dazu kommt eine Einmalzahlung in Höhe von 450 Euro (Auszubildende 225 Euro), die die Beschäftigten im Januar 2017 erhalten werden. Fortgeschrieben wurde zudem die Regelung zur unbefristeten Übernahme aller Auszubildenden nach erfolgreicher Abschlussprüfung in ein Vollzeitarbeitsverhältnis. „Mit dem Tarifergebnis haben wir unsere Forderung einer dauerhaften tabellenwirksamen Vergü- Probleme in der Bundeswehr waren Thema eines Gespräches, zu dem sich der Bundesvorsitzende des Verbandes der Beamten der Bundeswehr (VBB), Wolfram Kamm, mit dem Vorsitzenden des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich, getroffen hat. So ging es unter anderem um die Kopfstärke der Bundeswehr, teilte der VBB am 18. Januar 2016 mit. So sei zuletzt in den Medien von unterschiedlicher Seite die Forderung erhoben worden, die Umfangszahlen bei der Statusgruppe der Soldaten anzuheben. Aufgrund der zahlreichen Auslandseinsätze sowie infolge der Beteiligung der Bundeswehr an der Flüchtlingshilfe müsse der militärische Personalumfang nach oben korrigiert werden. Von den zivilen Kolleginnen und Kollegen, die neben den angestammten Aufgaben ebenfalls zusätzliche Aufgaben bei der Bewältigung der Schutz suchenden Menschen übernommen haben, sei dabei „wie immer keine Rede gewesen“, kritisierte Kamm. DBB NRW Dem DBB NRW ist es gelungen, einen neutralen Beirat beim Sondervermögen einrichten zu lassen. Sowohl im Unterausschuss Personal als auch im Haushalts- und Finanzausschuss wurde der Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Gesetz zur Einrichtung des Pensionsfonds des Landes NRW angenommen, der unter anderem den Beirat institutionalisiert, dem auch ein Vertreter des DBB NRW angehören wird. DBB-Landeschef Roland Staude äußerte sich am 22. Januar 2016 in Düsseldorf zufrieden zu dem Antrag, gleichwohl sehe er den Zuführungsbetrag als zu gering an. Mit Blick auf die Generationsgerechtigkeit erwarte der DBB NRW eine zusätzliche Zuführung von 500 Millionen Euro ab 2018. << in Szeged angefallen war, kaufte 20 Liter schweres Heizöl und asphaltierte mithilfe seines Sohnes die Straße selbst. Die Szegeder Stadtverwaltung hat diese allgemeinnützige Bürgerinitiative bislang nicht kommentiert. Selbst ist der Mann sagte sich Malermeister Istvan Febert aus Szeged in Ungarn. Die 260 Meter lange Straße zu seinem Haus war seit Jahr und Tag nur eine Schlaglochpiste, die lediglich im Schneckentempo befahren werden konnte. Alle Eingaben und Anträge der Anwohner bei der Stadtverwaltung auf Ausbesserung fruchteten nicht. Also beschaffte sich der verärgerte Maler schließlich Asphaltabfall, der beim Bau einer Brücke << Was der Reeperbahn recht ist ist dem Kölner Hauptbahnhof billig. Hier wie dort leiden Besucher unter den (Geruchs-) Belästigungen von Wildpink- Was Sie schon immer über Zahnärzte wissen wollten aber bisher nicht zu fragen wagten, geht aus dem neuen Statistischen Jahrbuch der Bundeszahnärztekammer hervor. Dort erfährt der staunende Leser, dass Zahnärzte im Schnitt 51,6 Jahre alt sind, 4,5 Mitarbeiter beschäftigen und 47,1 Stunden in der Woche in der Praxis verbringen. Rund 75 Prozent ihrer Patienten verbrauchen pro Jahr nicht nur 5,2 Tuben Zahnpasta und verschleißen 2,9 Zahnbürsten, sondern trinken auch 21,1 Liter Wein und rauchen 1 633 Zigaretten. Kein Wunder, dass zu den am häufigsten nachgefragten Prophylaxemaßnahmen die professionelle Zahnreinigung gehört. Wörtlich genommen haben Diebe die Werbebotschaft an einem Metallständer für sechs Fahrräder in einer Geschäftsstraße in Bielefeld: „Danke für dein Rad“. Allerdings ließen sie nicht nur das zur Dekoration angekettete alte Damenrad mitgehen, sondern klauten den Fahrradständer gleich mit. Zur Ausführung der dreisten Tat muss ein größeres Fahrzeug mit passender Ladefläche im Einsatz gewesen sein. Beobachtet hat offenbar niemand etwas. ©alphaspirit – Fotolia.com << << lern, die ihre Notdurft an Wänden statt in den kostenpflichtigen Toilettenhäuschen verrichten. Die einschlägigen Stellen wurden deshalb bis zu einer Höhe von einem Meter mit einem Speziallack beschichtet, der extrem flüssigkeitsabweisend ist. Sein Effekt: Ein auftreffender Wasserstrahl kommt im selben Winkel zurück, in dem er auf die Wand trifft. In Köln warnen Hinweise die Wildpinkler vor der Selbstverschmutzung. In HamburgSt. Pauli gibt es inzwischen sogar beschichtete Wände ohne Warnschilder nach dem Motto: „Wer’s ignoriert, wird nassgemacht.“ > dbb magazin | Januar/Februar 2016 47 finale ©ViewApart – Fotolia.com Rabiate Spitzbuben widersetzen sich ihrer Festnahme notfalls mit Gewalt. Das ist in den einschlägigen Filmen so und auch im echten Leben nicht anders. In einem Ulmer Kaufhaus stellte der Hausdetektiv einen Ladendieb, der ein Elektrogerät eingesteckt hatte und zum Ausgang lief. Der Angestellte konnte den Langfinger festhalten, doch der wehrte sich mit roher Gewalt. Zunächst ergriff er eine Schere aus dem Sortiment und stach nach dem Detektiv, dann schlug er mit einer Bratpfanne zu. Am Ende half alles nichts, er wurde überwältigt und der herbeigerufenen Polizei übergeben. Die Beamten fanden in seinem Rucksack nicht nur gestohlene Ware, sondern auch die Ausweispapiere: Der gewalttätige Dieb war erst 13 Jahre alt. ©Fotolia RAW – Fotolia.com < dbb
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