Fleisch vom Baum - Stiftung Ökologie & Landbau

GRÜNER NACHWUCHS
Fleisch vom Baum
Mit ihrem neuen Unternehmen „Jacky F.“ will
Julia Huthmann die Jackfrucht aus Sri Lanka als
Alternative zu Fleisch und Tofu auf dem deutschen
Markt etablieren. Wir haben sie gefragt, wie sie
diesen Markteintritt nachhaltig gestalten und was
sie für die Kleinbauern in Sri Lanka tun möchte.
Ö&L: Was hast du mit deinem Unternehmen Jacky F. vor?
Julia Huthmann: Mir ist es wichtig,
eine transparente Wertschöpfungskette
mit direkten Kontakten zu etablieren.
Das Innovative an meinem Produkt
ist, dass niemand die Jackfrucht und
ihre fleischähnliche Konsistenz kennt.
Wenn es mehr Alternativen zu Fleisch
gibt, sind auch mehr Leute bereit, ihren
Fleischkonsum zu reduzieren. Dazu
kann Jacky F. beitragen.
Wie willst du Fleisch und Tofu mit der
Jackfrucht Konkurrenz machen?
Ich glaube nicht, dass die Leute die frische Frucht verarbeiten wollen. Deshalb
muss ich Rezeptideen kreieren und Produkte im Fertiggerichtbereich anbieten,
damit die Verbraucher die Frucht kennenlernen. Ich starte mit vorgegarten
Jackfrüchten im Glas und plane in Zukunft fertige Burger-Patties, also eine
Art Bratling, herzustellen. So kann man
selbst in der Küche kreativ werden oder
bequem Jackfrucht mal ausprobieren.
Das klingt lecker, bist du selbst Vegetarierin?
Nein, bin ich nicht. Aber überzeugt davon, dass wir alle weniger Fleisch konsumieren sollten.
Du hast in der Nachhaltigkeitsabteilung von Alnatura gearbeitet. Was heißt
Nachhaltigkeit für dich persönlich?
Nachhaltigkeit heißt für mich, in den
Grenzen, die wir haben, zu leben. Unsere limitierten Ressourcen müssen wir
nachhaltig einsetzen. Analog zum Verbrauch sollten sie wieder nachwachsen.
Ein effizienter Umgang mit den endlichen Ressourcen gehört dazu. Mir liegt
www.soel.de
besonders die soziale Komponente am
Herzen. Faire und gerechte Modelle des
Zusammenlebens und des Arbeitens
spielen für mich eine große Rolle.
Was tust du in deinem Unternehmen
für Nachhaltigkeit?
Wir arbeiten mit ökologisch wirtschaftenden Kleinbauern zusammen. Es war
mir wichtig, dass wir den Bauern auf
Augenhöhe begegnen und ihnen ein zusätzliches Einkommen sichern. Der Anbau der Jackfrucht ist per se ökologisch.
Es gibt in Sri Lanka keine einzige Jackfrucht-Plantage, entweder wächst die
Frucht im Hochland oder auf dem Feld
zwischen Ananas oder Pfeffer, weil der
Baum dort schon zwanzig Jahre steht.
Momentan verderben 70 bis 80 Prozent
der Früchte am Baum. Allein diese Lebensmittelverschwendung zu beenden,
ist ein nachhaltiger Ansatz.
Nehmen wir an, du hast Erfolg und verkaufst nun sehr viele Jackfrüchte. Wie
kannst du gewährleisten, dass auch
größere Mengen nachhaltig produziert
werden?
Fast in jedem Garten steht ein Jackfrucht-Baum und wir arbeiten mit
vielen Kleinbauern zusammen. Wenn
jeder von denen fünf Bäume auf dem
Grundstück stehen hat und jeder Baum
eine Tonne an Frucht bringt, ist genug
Masse vorhanden.
Und wie willst du dann eine nachhaltige Lieferkette organisieren?
Ich transportiere die Jackfrüchte per
Schiff. Der Transport ist auf den Container gerechnet relativ klimafreundlich.
Wahrscheinlich haben die Lieferwagen
in Sri Lanka keine besonders guten
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JULIA HUTHMANN…
 Jahre, Wirtschaftsingenieurin
fühlt sich zu Hause:
dort wo Freunde und Familie sind
will noch viel lernen:
von anderen Menschen
kann nicht leiden:
unnötige Bürokratie und Intoleranz
wünscht sich:
eine offene und humanistische Gesellschaft, und dass Jacky F. erfolgreich ist
ist in zehn Jahren:
Chefin eines mittelständischen Unternehmens, in dem Arbeit gemeinschaftlich und nachhaltig gestaltet wird.
Schadstoffwerte. Doch das zusätzliche
Einkommen für die Kleinbauern, der
Ausbau des Ökolandbaus und die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung wiegen die CO2-Emissionen für
mich auf.
Wie sehen nachhaltige Arbeitsmodelle
für dich aus?
Gute Arbeitsmodelle sind menschlich
und deswegen müssen sie auch flexibel
und an die individuellen Bedürfnisse
angepasst sein. Mit der Produktivität,
die wir hier in Deutschland haben,
können wir mittlerweile genauso viel
Leistung in weniger Stunden erbringen.
Dann hätten die Menschen mehr Zeit
und könnten ihre sozialen Beziehungen
auch wieder stärker pflegen. …
Interview: Gabriel Werchez Peral
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