Hier geht jetzt wieder die Post ab

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REISE&ENTDECKEN
Hamburger Abendblatt
Sonnabend/Sonntag, 20./21. Juni 2015
Unterwegs
getroffen
Der Berichterstatter
mit dem Blick fürs Detail
Klaus Bardenhagen lebt seit 2009 als Journalist in Taipeh
MARLIES FIS CHER
:: Drei Monate lang mit einem Stipen-
Der ehemalige Innenhof wurde dank eines Glasdachs zum lichtdurchfluteten Foyer. Kunst an der Wand peppt Themenzimmer wie das „Orion“ (r.) auf Schiller (1), PR (1)
Hier geht jetzt wieder die Post ab
Kleine Fluchten Die Alte Post in Flensburg verbindet klares skandinavisches Design mit Lebenslust und Sinnlichkeit BE R ND S C HIL LE R
:: „Moin und herzlich willkommen!“
Die fröhliche Begrüßung der jungen
Dame an der Rezeption lenkt für einen
Moment ab. Wow, was für eine Lobby,
was für eine Lounge, was für eine Bar!
Und das alles als schick möbliertes Ensemble unter einem Glasdach im Innenhof eines wahrhaft ehrwürdigen
Gebäudes. Das ist mal ein Stadthotel
der erfrischend anderen Art: Große Geschichte trifft auf eine Gegenwart, die
nicht nur auf den ersten Blick staunen
lässt. Neben 75 Zimmern, deren klares
Design sofort die Nähe zu Skandinavien offenbart, sorgen vier Themenzimmer für unerwartete Abwechslung,
für sportliche oder mediale Aufmerksamkeit und, wenn der Funke denn
überspringt, womöglich sogar für Erregung.
Der Reihe nach: Das deutsche
Reich, im Januar 1871 in Versailles proklamiert, war gerade ein paar Monate
alt, als im Herzen der alten Hafen- und
Handelsstadt Flensburg ein wuchtiges
Gebäude errichtet wurde. Bis 1988 ging
von dort die Post in alle Welt. Der
Prunkbau überstand Glanz und Gloria
der Gründerzeit, die unruhigen Jahre
zwischen den Kriegen und die düsteren
Erinnerungen an 1945, als genau von
hier der Reichssender Flensburg letzte
makabre Durchhalteparolen in den
Äther schickte.
Seit den 90er-Jahren gab es immer
wieder Versuche, in diesem Sahnestück
der City ein Gastronomie- oder Einkaufszentrum zu etablieren, viel Wechsel, schließlich Stillstand, Leerstand,
Verfall. Erst im Februar dieses Jahres,
nach schwieriger Sanierung, gelang der
Durchbruch: Das Hotel „Alte Post“
wurde eröffnet. Hinter der vertrauten
ANZEIGE Fassade an der Ecke Rathausstraße und
Norderhofenden war, zur Freude vieler
Flensburger, auf einmal eine Art Gesamtkunstwerk entstanden – mit Bar,
Pub, stylishem Restaurant und einem
Hotelkonzept, das in die Zeit und zur
Fördestadt von heute passt.
Das Restaurant bietet eine Karte, die zum jungen Stil des Hauses passt Der Investor stammt aus Dänemark, geführt wird das Haus von Markus Schiller, der sich, nach Jahren im
Hamburger Park Hyatt sowie in erstklassigen Häusern in London und
Fernost, einen Namen als Direktor des
renommierten Strandhotels im benachbarten Glücksburg gemacht hat.
Schiller leitet dieses weiße Schloss am
Meer nach wie vor; für ihn ist das neue
Stadthotel in Flensburg „eine wunderbare Ergänzung“.
Für den schnörkellosen Stil und die
klare Formsprache in der neuen Alten
Post zeichnet die Architektin Helle
Flou aus Kopenhagen verantwortlich.
Ihr Motto: skandinavisches Interieur in
einfacher Harmonie. Das Ergebnis mag
für die einen an Purismus grenzen –
nicht einmal historische Bilder in den
Zimmern hat Helle „erlaubt“. Die meisten Gäste aber schätzen wohl die
schlichte Schönheit, bei der sich weiße
Wände, farbenfrohes Sitzmobiliar und
helle Eiche abwechseln. Und ein bisschen Hommage an die Vergangenheit
findet sich denn doch, etwa auf dem
„Nicht stören“-Schild, das hier „Stille
Post“ heißt, oder bei den Porträts kaiserlicher Postbediensteter, männlich
und weiblich, auf den Toilettentüren.
Die Bäder sind großzügig bemessen, funktional eingerichtet wie alles in
den Zimmern. Die bequem begehbaren
Duschen sind so leicht zu bedienen wie
die Lichtschalter; an der Garderobe
hängen große Bügel, zum vernünftigen
Aufhängen geeignet – noch keine
Selbstverständlichkeit in der deutschen Hotellerie. Wer es bunter oder
Superior­Doppelzimmer kostet ab 129 Euro
DÄNEMARK
Adresse: Hotel Alte Post, Rathaus-
200
straße 2, 24937 Flensburg,
Tel. 0461/80 70 81-0, ap-hotel.de
Kruså
Kollund
Padborg
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Preise: Superior-Doppelzimmer
inkl. Frühstücksbuffet ab 129 Euro,
Themenzimmer ab 139 Euro.
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Flensburg
Grafik: fh
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Flensburg
Hotel
Alte Post
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Glücksburg
FLENSBURG
Arrangements: z. B. Golf „Kompakt“
1 Übernachtung mit Frühstück,
1 x Greenfee im Förde-Golf-Club
Glücksburg, Golf-Club an der Schlei
oder Golfclub Hof Berg, 119,50 Euro
pro Person im Doppelzimmer Klassik
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aufregend liebt, wird sich für eines der
Themenzimmer entscheiden, die die
Hotelleitung zusammen mit bekannten
Sponsoren aus der Stadt gestaltet hat:
Da kann man, bildlich gesprochen, mit
den Helden des Handballvereins SG
Flensburg Handewitt übernachten, die
in eindrucksvollen Spielszenen und Berichten den Raum schmücken.
Natürlich ist die Bier-Kultmarke,
bei der es Plopp macht und flenst, mit
einem animierend gestalteten Raum
vertreten. Auch Nord-Schrott ist bei
dem Leuchtturm-Projekt als Partner
der Alten Post mit von der Partie. Der
Metallbetrieb aus Flensburg zeigt, wie
kreativ und charmant sich industrielle
Wertstoff-Verarbeitung
darstellen
lässt. Und klar, die Erotik darf in einem
Hotel dieser Stadt, die nicht zuletzt
durch Beate Uhse berühmt geworden
ist, nicht fehlen: Im Orion-Zimmer
lässt sich unter anderem die Geschichte des Vibrators studieren oder unter
dem Sternbild träumen, dessen Namen
das heutige Erotik-Unternehmen trägt.
Tagungsräume, ausgestattet mit
zeitgemäßer Technik, runden das Angebot ab. Das Restaurant 1871, benannt
nach den historischen Anfängen des
Hauses, bietet eine Karte, die zum jungen Stil des Hauses passt: Steaks vom
Lavagrill, Burger vom Husumer Rind,
Snacks, knackige Salate, exotische Suppen. Gegenüber, im Beefeater-Pub, entspannen abends Hotelgäste und ein
sympathisches Flensburger Publikum.
Zwischen diesen beiden „Adressen“ liegt eine Bar, die sich der größten
Rum-Auswahl des Nordens rühmt. Und
vor der Tür beginnt einerseits, ein paar
Schritte nach Westen, die idyllische
Altstadt, andererseits, ein paar Schritte
nach Norden, die schönste Hafenmeile
Schleswig-Holsteins.
dium in Taipeh Chinesisch lernen? Warum nicht, dachte sich Klaus Bardenhagen, als er den Aushang am Schwarzen
Brett beim NDR entdeckte. Die Bewerbung des Journalisten war erfolgreich,
im März 2008 reiste er voller Vorfreude
in die Hauptstadt von Taiwan. Und
Bardenhagen blieb. „Hier passieren so
viele Dinge, die es wert sind, erzählt
und berichtet zu werden“, sagt der 38Jährige heute.
Und auch die Sprache faszinierte
ihn. „Die Anfänge waren wirklich hart“,
erinnert sich Bardenhagen. Aber er
wollte am Ball bleiben und Chinesisch
sprechen. „Und deshalb habe ich mich
für einen Umzug entschieden.“ Nach
dem Stipendium kehrte der Journalist
noch einmal nach Hamburg zurück,
regelte seine Angelegenheiten, suchte
sich Abnehmer für seine journalistische Arbeit und siedelte vor sechs Jahren um.
Klaus Bardenhagen wurde in Bremervörde geboren, dort wuchs er auf
und ging zur Schule. Nach dem Abitur
studierte er in München, Mainz und
Edinburgh Filmwissenschaften. Nach
einem Volontariat beim NDR in Hamburg blieb er in der Hansestadt hängen.
Vor seinem Stipendium war er nie
in Asien und sagt, sein Bild von der
Region sei durch die Medien geprägt
gewesen. „Als ich dann einige Zeit hier
war, habe ich in Taipeh meine Entdeckungen gemacht.“ Zum Beispiel, wie
die Müllabfuhr in der 2,7-MillionenMetropole funktioniert. „Die Leute
müssen einen Plastiksack kaufen, das
bringt sie schon mal dazu, wenig Abfall
zu produzieren. Die Müllabfuhr kommt
jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit
am Morgen, Nachmittag oder Abend,
dann müssen die Leute selbst ihren Abfallsack in den Wagen schmeißen. Küchenabfälle kommen in die KompostTonne, Papier, Glas und Plastik werden
recycelt.“ Und in der Tat scheint das in
Taipeh sehr gut zu funktionieren – in
der Hauptstadt liegt kein Abfall am
Straßenrand.
Mit dem Klima – im Sommer heiß
und feucht, im Winter kühl und feucht
– kommt Bardenhagen zurecht, ebenso
wie mit dem Essen. „Ich liebe die Nudelsuppen.“ Und auch den Appetit auf
Produkte aus der alten Heimat kann er
stillen. „Es gibt einige deutsche Bäcker
und Restaurants. Dort bekomme ich
ein Schnitzel, und im Supermarkt werden Gummibärchen und Biere aus
Flensburg oder Bayern angeboten.“
Milchprodukte sind in Taiwan zwar
teuer, sonst aber sind die Lebenshaltungskosten 25 bis 30 Prozent niedriger als in Deutschland. Auch das Wohnen ist in Taipeh erschwinglicher als in
München oder Hamburg. Rund 1000
Deutsche leben auf der Insel.
Dem Auswanderer gefällt, dass er
nach all den Jahren immer noch Überraschendes findet. „Die Polizei kontrolliert zum Beispiel sehr streng die
Helmpflicht für die Fahrer auf den
unzähligen Motorrollern. Falschparken
oder regelwidriges Abbiegen aber wird
toleriert.“
Für verschiedene Medien und Sender berichtet Bardenhagen aus Taiwan
über Wirtschafts- und Reisethemen,
aber auch über den Anbau von hochwertigem Tee, Computer-Technologie,
die alternde Gesellschaft oder das
Einfrieren von unbefruchteten Eizellen
(social freezing). „Manches ist eben
genauso wie in Deutschland.“ Und anderes auch wieder nicht. „Die Menschen in Taiwan sind flexibler als die
Deutschen, hier werden viel schneller
Geschäfte eröffnet oder Jobs gewechselt. Die Einheimischen sind fleißig
und emsig, sie wollen sich immer weiter hocharbeiten. Und die Ansprüche
der Eltern an ihre Kinder sind sehr
hoch.“ Zweimal im Jahr fliegt Bardenhagen für einige Wochen nach
Deutschland, um Familie und Freunde
zu treffen, Kontakte zu pflegen und
nachzuspüren, wie die alte Heimat
tickt. Und um Labskaus zu essen.
„Denn das schmeckt nur im Norden
richtig gut.“
Sein Blog unter: www.intaiwan.de
Klaus Bardenhagen liebt besonders die asiatischen Nudelsuppen Marlies Fischer
Carnival bietet Kreuzfahrten
mit sozialem Engagement
:: Mit einer neuen Marke sticht die
größte Kreuzfahrt-Reederei der Welt
ab April 2016 in See: Seeurlauber können bei Landgängen für ein paar Stunden oder auch Tage an sozialen Projekten mitarbeiten. Carnival bietet die
Reisen auf der „MS Adonia“ an, die
Kurs auf die Dominikanische Republik
nimmt. Die Projekte profitieren nicht
nur von der Mitarbeit der Urlauber. Sie
bekommen auch einen Teil des Reisepreises. Mit der Marke „Fathom“ will
die Reederei einen „wachsenden Markt
von Kunden bedienen, die etwas Positives für andere Menschen bewirken
wollen“, so Konzernchef CEO Arnold
Donald. Zielgruppe seien Menschen im
Alter von 20 bis 60 Jahren, die „unter
anderen Voraussetzungen nie eine
Kreuzfahrt buchen würden“.