CIST, Japan Abschlussbericht Sommer 2015 RISE WELTWEIT – ABSCHLUSSBERICHT ALLGEMEINE ERFAHRUNGEN IN CHITOSE, JAPAN VORBEREITUNGEN UND BÜROKRATIE VOR ORT Warum Japan? Diese Frage Habe ich sowohl in Deutschland als auch hier vor Ort einige Male gehört. Die Antwort, es war ein eher spontaner Impuls beim Durchstöbern der Praktikumsstellen. Ein exotisches Inselland weit weg von zu Hause und mit einer völlig fremden Kultur. Nebenbei gilt Japan als eines der sichersten Länder weltweit und nach Amerika geht ja irgendwie jeder. Das wichtigste ist zunächst ein Reisepass und der Flug. Ich persönlich habe mich entschlossen noch einen kleinen Weltenbummel anzuschließen und werde von Japan weiter nach Neuseeland und Amerika reisen, bevor ich dann nach Deutschland zurückkehre. Für dieses, doch etwas größere Flugticket habe ich ein sehr junges und dynamisches Reisebüro (www.goatlantis.de) beauftragt. Das kann ich wärmstens empfehlen, falls es nicht bei einem einfachen Hin- und Rückflug Ticket bleibt. Ich wurde bestens und schnellstens beraten und konnte dank des schnellen Telefonsupports auch am Flughafen kurz vor Abflug die letzten Visum Probleme ausräumen. Das ist auch schon der nächste Punkt. Ein Visum für Japan ist nur dann nötig, wenn man länger als 90 Tage im Land bleiben will. ACHTUNG: Mein Anruf auf dem Japanischen Konsulat hat ergeben, dass man bis zu 180 Tagen ohne Visum bleiben darf, man muss dann jedoch frühestens 45 Tagen nach Einreise ins Immigration Office (Sapporo) und eine Verlängerung beantragen. Ich hatte somit also kein Visum beantragt, meine Flüge gebucht (97 Tage in Japan) und am Frankfurter Flughafen dann das Problem, dass die Lufthansa mich nicht einchecken konnte, da das System alle Passagiere sperrt, die sich nicht an diesen 90 Tage Rahmen halten. Mein Reisebüro konnte das glücklicherweise innerhalb 15 Minuten klären und ich habe widererwartend doch meinen Flieger bekommen. Ein weiterer interessanter Punkt ist, dass nur Ausländer mit einem Touristen (Temporary Visiter) Visum befugt sind einen Railpass zu nutzen. Sollte bei einer geplanten Reise durchs Land unbedingt beachtet werden. Da die Bezahlung des Praktikums von Deutschland aus erfolgt, kann jedoch auch problemlos ein Touristenvisum beantrag werden. Die Verlängerung meiner Aufenthaltsgenehmigung war dann tatsächlich kein Problem. Es kostet allerdings 4000 Yen (ca. 30 Euro). Gegen Angabe der Flugnummer des Weiterflugs kann der Antrag sofort bearbeitet werden. Die Einreise erfolgt in Japan auf dem ersten Flughafen wo man japanischen Boden betritt. Also sollte genügend Zeit beim Zwischenstopp eingeplant werden. In Chitose wird man dann, falls die Ankunft zeitlich passt, von Professor Karthaus persönlich abgeholt und je nach Tageszeit entweder in die Uni (ca. 10 Minuten Fahrt) oder 1 CIST, Japan Abschlussbericht Sommer 2015 direkt ins Wohnheim (20 Minuten) gebracht. Dadurch kennt man dann auch schon die Bushaltestelle für den kostenlosen Shuttle Bus zur Uni. Wichtig für die Vorbereitungen ist auch eine Kreditkarte sowie ein paar hundert Euro schon einmal in bar am Flughafen in Tokyo zu wechseln. Ich habe etwa drei Tage gebraucht um einen Bankautomaten zu finden, der meine Kreditkarte akzeptiert. Für meine Goldene Master Card von der Kreissparkasse ist es der Bankautomat im 7 Eleven. Diesen Convenience Store gibt es überall. Es sollte aber vor Abreise unbedingt überprüft werden, ob das eingestellte Limit der Kreditkarte ausreicht! WOHNSITUATION Das Wohnheim ist ein Traum. Ich hatte keinerlei Informationen über die Wohnsituation und habe mich auf alles Mögliche eingestellt. Aber das Zimmer und das Essen haben all meine Erwartungen übertroffen. Es gibt ein Bett, wenn auch etwas hart, mit bezogener Decke und Kissen, und einen Schreibtisch mit Stuhl und Schubladencontainer. Außerdem hat man einen Kleiderschrank und ein eigenes Bad. Das Highlight ist die kleine Kochzeile mit Kühl- und Gefrierschrank sowie Mikrowelle und Wasserkocher. Jeder Raum ist etwas individuell ausgestattet, ich nehme an von den Vorgängern hinterlassene Haushaltsutensilien. Ich werde auch meinen Beitrag in Form einer Müslischale, zwei Gläsern und Kleiderbügel leisten. Die Miete wird am Monatsanfang in bar bezahlt. Im Wohnheim gibt es unter der Woche Frühstück und Abendessen. Nur im August sind Sommerferien, da muss man sich selbst versorgen, das ist aber kein Problem, da es auch im Zentrum (10 Minuten Fußweg) einige gute und günstige Restaurants oder fertige „Bentos“ im Supermarkt gibt. Trotz der stark unterschiedlichen Kultur und Sprache habe ich mich hier schnell zu Hause gefühlt. Mit Englisch kommt man leider nicht sehr weit, da die Menschen hier aber alle sehr hilfsbereit sind, macht das nichts. Man kann sich gut mit Händen und Füßen verständigen und Japaner haben in aller Regel sehr gute Übersetzungs Apps. WOCHENENDTRIPS UND REISETIPPS An den Wochenenden bietet es sich an, Hokkaido zu erkunden. Das Zugnetz ist zwar recht begrenzt, aber man kommt innerhalb 30 Minuten in die Inselhauptstadt Sapporo. Hier gibt es einiges zu entdecken und es lohnt sich sicher zu Beginn eine Mehrfahrtenkarte zu lösen. Bahn Fahren ist leider recht teuer, aber wenn man schon einmal in Japan ist, sollte man sich davon nicht abschrecken lassen und so viel wie möglich erkunden. Ich habe mich nach ein paar Wochen in Japan das erste Mal über die Fahrerlaubnis informiert und herausgefunden, dass man seinen Führerschein bei JAF in Sapporo gegen eine Gebühr von 3000 Yen (ca. 22 Euro) sofort übersetzten lassen kann. Das ist mein wichtigster Tipp für alle, die nach Hokkaido kommen! Lasst euch euren Führerschein übersetzten! Meine deutsche Kollegin und ich haben ein paar wunderbare Ausflüge mit dem Mietwagen gemacht. Teilt man sich den Preis, kommt 2 CIST, Japan Abschlussbericht Sommer 2015 man locker auch mal unter die Kosten des Zugtickets und Benzin ist hier sehr günstig. So hat man die Chance auch die vielen abgelegenen Ecken Hokkaidos zu erkunden, die man mit dem Zug niemals erreichen könnte. Nach ein paar Wochen Eingewöhnungszeit als Fußgänger oder Radfahrer war auch der Linksverkehr kein Problem. Wir haben dann immer im Auto geschlafen, um Geld aber auch Zeit zu sparen. Dank der vielen Onsen (Bäder mit natürlich heißem Quellwasser) ist das kein Problem und öffentliche Toiletten gibt es hier überall. In meinen insgesamt 12 Wochen Praktikum habe ich einige Wochenendtrips unternommen. Davon habe ich keine einzige Nacht in einem Hotel/Hostel/Jugendherberge verbracht. Die Wahl meiner Unterkunft war Couch Surfen oder im Auto schlafen. Es gibt zwar nur wenige Kontakte in Japan, die Couch Surfen kennen, aber ich habe nur gute Erfahrungen gemacht und kann diese Art des Reisens nur empfehlen. Man kommt leicht in Kontakt mit Einheimischen und kann ein sehr authentisches Japan erleben. Ein eher etwas romantischer Ort verglichen mit der sonst eher wilden Natur ist die Gegend um Furano. Ich habe mir die Blumenfelder von Biei und den nahegelegenen Blue Pond angesehen. Mein Couch Surfer hat mich netterweise mit dem Auto herum geführt und ist mit mir zu Abschluss in einen wunderbaren Onsen im Freien gegangen. Ein anderer Trip führte mich auf den Yotei-Zan, Hokkaidos Fuji, ein gigantischer freistehender erloschener Kegelvulkan. Wir haben die Nacht auf der einzigen Berghütte verbracht und sind in mitten der Nacht die letzten 100 Höhenmeter zum Krater aufgebrochen um den Sonnenaufgang um 4:50 Uhr zu genießen. Die Zweitagestour war ein Traum, allerdings konnte ich die folgenden 5 Tage kaum laufen, da der steile Abstieg einem ungeübten Wanderer doch deutlich in den Knien zu schaffen macht. Neben Sapporo sind Hakodate und Asahikawa ebenfalls zwei lohnenswerte Städte. In Hakodate gibt es viele alte Bauwerke und man kann die Zeit in Museen verbringen. In der Abenddämmerung ist es ein Muss auf den Hakodate-Yama zu steigen oder mit der Seilbahn zu fahren. Die Aussicht auf die vor Lichtern strahlende Landzunge der Stadt ist atemberaubend und sehr berühmt. Ich hatte das Glück in einer sternenklaren Nacht bei Vollmond dort zu sein. Die Bilder sind Postkartenreif. Asahikawa hat einen wunderschönen, top modernen Zoo und Hokkaidos höchsten Berg zu bieten. Beides sind lohnenswerte Ausflugsziele. Der Asahi-Dake ist ein noch rauchender Vulkan und kann mit der Seilbahn erreicht werden. Aufgrund der günstigen Lage der Feiertage der sogenannten „Siver-Week“ hatten wir ein langes Wochenende von 5 Tagen zur Verfügung und mieteten uns einen Wagen um den wilden Osten der Insel zu erkunden. Unsere Reise führte uns in den AkanNationalpark, bekannt für die Welt größten Marimo (Kugel-) Algen und den klarsten See der Welt. Hier gibt es einen freien Onsen an dem anderen. Weiter ging es dann in den Norden auf die Shiretoko Halbinsel, das Land der Bären. Zum Wandern sollte 3 CIST, Japan Abschlussbericht Sommer 2015 unbedingt eine Bärenglocke mitgenommen werden. Zunächst erschien mir das Gebimmel dieses kleinen Glöckchens sehr dämlich, doch inzwischen habe ich die Notwendigkeit eingesehen. Auf dem Programm stand der Rausu-Dake, von dessen Gipfel man bis zu den umstrittenen russischen Inseln hätte blicken können, wäre da nicht diese Wolke gewesen, die die Sicht auf etwa 5 Meter eingeschränkt hat. Die letzte Station war Abashiri mit einem Besuch im Eisschollen- und Gefängnismuseum. Die Heimfahrt hat uns durch den Dasetzu-Nationalpark an dem einen oder anderen Wasserfall vorbei geführt und wir waren sehr glücklich am Ende dieser Reise! LABORALLTAG Das Chitose Institute of Science and Technology (CIST) ist eine kleine private Universität nahe dem örtlichen Flughafen. Die Einwohner der Stadt sind durchschnittlich sehr jung, jedoch nicht, weil dies eine Studentenstadt ist, sondern weil hier auch die Luftwaffe sowie einige Bodeneinheiten des japanischen Militärs stationiert sind. Die Universität ist noch recht jung und sehr modern eingerichtet. Die verschiedenen Arbeitsgruppen bestehen aus durchschnittlich sechs Studenten, was deutlich kleiner ist, als ich es von meiner Universität her kenne. Das Verhältnis zwischen den Studenten und den Professoren ist sehr warmherzig. Kurz nach meiner Ankunft wurde direkt eine kleine Welcome Party organisiert und meine neuen Kollegen waren sehr neugierig und voller Elan den beiden neuen Deutschen alles zu zeigen. Es wurden also auch die ein oder andere Wochenend- bzw. Abendaktivität geplant. Die Universität befindet sich etwas außerhalb der Stadt, kann aber mit dem kostenlosen Shuttlebus oder mit dem Fahrrad gut erreicht werden. Es gibt zwei Gebäudekomplexe, das „Main Building“ mit einigen großen Hörsälen, Sporthalle und Mensa und das „Research Building“ mit all den Laboratorien, Seminarräumen und einem kleinen Laden, der zur Mittagszeit geöffnet hat und Snacks, Getränke sowie Schreibwahren führt. Zwischen den Gebäuden kann man entweder zehn Minuten zu Fuß gehen oder auf den nächsten Shuttlebus warten. In der Arbeitsgruppe von Professor Karthaus wird man gut betreut, kann aber dennoch seinen Arbeitsalltag frei gestalten. Zu Beginn der Zeit wurde mir eine Zugangskarte für das Labor ausgehändigt, sodass ich jeder Zeit anfangen konnte, auch wenn meine Kollegen Vorlesungen hatten und erst später ins Labor kamen. In den ersten Tagen Habe ich Einführungen in alle für mich relevanten Geräte bekommen und konnte diese dann selbstständig nutzen. Mein Forschungsthema knüpfte an die Arbeiten einer früheren Austauschstudentin an und bezog sich auf die Synthese und Untersuchung kugelförmiger Polyimid Partikel. Für mich war dies der erste praktische Kontakt zur Polymerchemie. Die Synthese unterschied sich jedoch nicht sonderlich von meinen bisherigen Erfahrungen in organischer Chemie, sodass ich keine Probleme hatte mich in die Arbeitstechniken einzufinden. 4 CIST, Japan Abschlussbericht Sommer 2015 Mein Arbeitsalltag im Labor gestaltete sich relativ schnell wie folgt. Um 9:30 Uhr kam ich gewöhnlich ins Labor, da die früheren Busse von den Studenten überfüllt waren, die zu einer Vorlesung mussten. Im Labor erstellte ich mir dann meinen Tagesplan mit den geplanten Experimenten. Die Polyimid Synthese erfolgte in einem Einhalskolben. Es wurde Lösungsmittel vorgelegt und die beiden Monomere sowie ein Stabilisator eingewogen. Das Reaktionsgemisch wurde dann im Ölbad auf die Reaktionstemperatur gebracht und für 24 Stunden gerührt. Anschließend wurde die Reaktion abgebrochen und zur Aufarbeitung wurde die Emulsion zentrifugiert, gewaschen und erneut zentrifugiert. Das isolierte Produkt konnte dann im optischen Mikroskop und im Elektronen Mikroskop analysiert werden. Im Durchschnitt konnten jeden Tag bis zu zwei Experimente parallel angesetzt werden. Die Analyse erfolgte dann in der Regel am Folgetag. In einzelnen Fällen wurden auch IR bzw. RAMA und TGA Messungen durchgeführt. Hier ist es üblich, dass die Studenten nach einer Einweisung sämtliche Geräte zu analytischen Messungen selbst nutzen können. Dies ermöglichte mir interessante Einblicke in den Umgang mit analytischen Messmethoden. Bei der Analyse von Polymerpartikeln kommt vorwiegend das „scanning elecron microscope“ zum Einsatz, welches ich bisher noch nicht bedient hatte. Der Umgang mit diesem Mikroskop ist generell recht simpel, um scharfe Bilder zu erhalten benötigt es jedoch einige Übung im Umgang mit dem zugehörigen Programm. Aufgrund der überschaubaren Gruppen Größe werden Arbeitskreisseminare und andere gemeinsame Termine oft individuell vereinbart. Gewöhnlich findet alle ein bis zwei Wochen ein Seminar statt, in dessen Rahmen alle Studenten des Arbeitskreises ihre aktuellen Forschungsergebnisse vorstellen und Anregungen zu neuen Experiment Reihen ausgetauscht werden. Die Atmosphäre war auch hier ungezwungen. Die Umstände haben es ergeben, dass ich bei der 16ten „CIFKonferenz“ (veranstaltet vom CIST) teilnehmen durfte. Im Rahmen dieser Veranstaltung haben sich zahlreiche Wissenschaftler zusammengefunden um über ihre Forschungen zu berichten. Der Star Gast war Nobelpreisträger Professor Negishi, der ebenfalls einen Vortrag hielt, welcher bedauerlicherweise auf japanisch für mich unverständlich blieb. Einige Studenten bekamen die Chance in Form eines Posters ihre aktuellen Forschungsthemen und –ergebnisse vorzustellen. Da ich bereits für etwa acht Wochen an meinem Projekt arbeitete, konnte ich ebenfalls ein Poster vorstellen. Bei dieser zweitägigen Veranstaltung konnte ich viele Erfahrungen sammeln und auch Kontakte zu japanischen Professoren und Wissenschaftlern knüpfen. Neben den Vorträgen und der Poster Ausstellung gab auch das Bankett am ersten Abend reichlich Gelegenheit sich auszutauschen. Bei japanischen Delikatessen und Wein herrschte eine lockere Atmosphäre und es fand ein reger Austausch über fachliche und kulturelle Themen statt. 5
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