Reutlinger General-Anzeiger vom 03.07.2015 Seite: Ressort: 8 bis 8 SONDERTHEMA Gattung: Auflage: Ausgabe: Hauptausgabe Reichweite: Tageszeitung 34.114 (gedruckt) 33.444 (verkauft) 34.143 (verbreitet) 0,10 (in Mio.) Fernstudium – Eine realistische Planung ist für Berufstätige die halbe Miete Kein Luftschloss bauen Arbeiten und nebenbei studieren? Ein Fernstudium macht’s möglich. Pflichttermine sind im Fernstudium selten, die Lernfreiheit ist groß. Schnell besteht da die Gefahr, sich zu verzetteln. Klug ist, wer dabei von Anfang an realistisch plant. Tolle Jobaussichten, der nächste Karrieresprung oder einfach nur den eigenen Blickwinkel erweitern: Die Gründe für ein berufsbegleitendes Fernstudium sind vielfältig. Eines aber haben alle Fernlernenden gemeinsam: Sie bewältigen den akademischen Stoff von zu Hause aus. Für viele ist das eine echte Herausforderung. Der Weg zum erfolgreichen Abschluss führt vor allem über vernünftige Planung und jede Menge Disziplin. Ein berufsbegleitendes Fernstudium setze außerdem ein gutes Zeitmanagement und eine hohe Motivation voraus, sagt Prof. Ada Pellert, Präsidentin der Deutschen Universität für Weiterbildung (DUW) in Berlin. 118 619 Fernstudenten zählte der Fachverband Forum DistancE-Learning (FDL) im Jahr 2010. Mehr als drei Viertel davon waren an den 16 Fernuniversitäten und weiteren 86 Präsenzhochschulen mit Fernstudienangeboten eingeschrieben. 328 verschiedene Fernstudiengänge waren bundesweit zugelassen. Dauer prüfen »Vor dem Beginn sollte man sich unbedingt darüber informieren, wie viel Zeit das Fernstudium in Anspruch nehmen wird«, rät Martin Kurz, Präsident des FDL. Denn: Manche Teilnehmer unterschätzten im Vorfeld den Aufwand eines Fernstudiums. »Der Hauptgrund für den Abbruch ist vor allem in der zeitlichen Belastung zu finden«, sagt Jens-Moges Holm vom Anbieter Euro-FH in Hamburg. Problematisch wird es vor allem, wenn sich die Lebensumstände durch Unvorhergesehenes im familiären oder beruflichen Umfeld ändern, etwa die Geburt eines Kindes oder eine Beförderung. Umso wichtiger ist Pellert zufolge die richtige Zeiteinteilung. Am Wochenende oder nach Feierabend zu lernen, sei anstrengend. »Gerade zu Beginn wird die zur Verfügung stehende Zeit oft überschätzt und jede vermeintlich freie Minute verplant«, sagt Martin Jung, Fachbuchautor aus Köln. Berücksichtigt werden müssten in der Planung aber stets auch ungeplante Aufgaben wie Arztbesuche, Gespräche mit Freunden oder schlicht die fehlende Konzentrationsfähigkeit nach einem anstrengenden Arbeitstag. »Weniger ist anfangs mehr – sonst verzettelt man sich leicht«, sagt Astrid Berke-Schensar, Studienberaterin an der Fernuni-Hagen. Nicht jedes Wochenende Wer jedes Wochenende durchpauken will, wird Pellert zufolge irgendwann die Motivation verlieren. Hier gilt: realistisch bleiben. »Keine Traumschlösser bauen – Ziele im Fernstudium sollten attraktiv und fordernd, aber auch erreichbar sein«, rät Berke-Schensar. Eine Grundregel für das Pensum könne lauten: Mit der Hälfte der Zeit planen, die neben dem Job übrig bleibt. »Die andere Hälfte ist dann für Familie und Freizeit reserviert«, erläutert Pellert. Martin Kurz empfiehlt zudem, den Stoff im Rahmen eines Lernplans einzuteilen. »Dieser hilft, den Lernfortschritt zu kontrollieren und das Pensum anzupassen, falls man merkt, dass man hinterherhinkt.« Sinnvoll ist es laut Pellert auch, sich feste Lernzeiten zu setzen – besonders, wenn man sich dank mobiler Endgeräte und moderner Lernformate ortsunabhängig weiterbilden kann. Zu Hause macht es Holm zufolge Sinn, sich einen festen Lern- oder Arbeitsplatz einzurichten. Das beste Mittel gegen Ablenkungen dort sind Jung zufolge feste Regeln: »Am besten die Studienzeiten werden wie andere Termine im Kalender notiert.« Chef informieren Bei beruflichen Weiterbildungen lohnt es sich, die Wahl des Angebots in Abstimmung mit dem Arbeitgeber zu treffen, rät Martin Kurz, Präsident des Fachverbandes Forum DistancE-Learning. Wer etwa eine Beförderung anstrebt, könne auf diese Weise sicherstellen, dass die Studieninhalte und der Abschluss zum gewünschten Karriereziel führen. »Viele Arbeitgeber unterstützen ein Fernstudium auch finanziell oder indem sie den Arbeitnehmer an Prüfungsterminen freistellen«, sagt Kurz. Daneben gelte es, das soziale Umfeld und die Familie in das Studienvorhaben einzubinden und mit ihnen die persönlichen Lernzeiten abzustimmen. »In diesen Zeiten ist man zwar zu Hause, aber nicht ansprechbar. Da kann man auch ganz klassisch mal ein Schild an die Tür hängen.« Nach einiger Zeit sei es dann völlig normal und eingespielt, wenn sich der Fernstudent einige Stunden zum Lernen zurückzieht, so Jörg Schweigard vom Anbieter AKAD, dem bundesweit größten privaten Fernhochschulverbund. Wer einmal hinterherhinkt, sollte sich nicht gleich verrückt machen – gerade zu Beginn. »Während des Fernstudiums gibt es immer wieder einmal Phasen, in denen man sich nicht so intensiv wie geplant um das Fernstudium kümmern kann«, sagt Schweigard. Das sei meist kein großes Problem, zumal man seinen eigenen Rhythmus beim Lernen bestimmen kann. 15 bis 20 Stunden wöchentlich sollte man Jung zufolge für einen akademischen Studiengang aufbringen. Bei den meisten Angeboten sei es aber möglich, auch langsamer zu studieren und kostenlos zu verlängern. »Damit verlängert sich zwar die Studiendauer, dafür wird die Belastung aber erträglicher.« (dpa/tmn) text: Kai Kürpick Wörter: Urheberinformation: © 2015 PMG Presse-Monitor GmbH 713 © 2015 Reutlinger General-Anzeiger
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