Kurzfassung der Arbeit von Robin Weiß

Kurzfassung der Diplomarbeit:,,Verlustoptimaler Betrieb von
Asynchronmaschinen in transienten Arbeitsregimes"
Robin Weiß
Einleitung
Elektrische Motoren und deren angetriebene Systeme sind für mindestens 43 %
des weltweiten elektrischen Energieverbrauchs verantwortlich [7]. Die größte Untergruppe bilden
Asynchronmaschinen mit Käfigläufern, weil sie günstig, nahezu wartungsfrei und einfach zu betreiben sind. Dies impliziert, dass eine Effizienzsteigerung der Asynchronmaschinen einen großen
Ðinfluss auf den weltweiten Energieverbrauch hat. Diese Maschinen besitzen meist einen hohen
Wirkungsgrad unter Nennlast, jedoch nicht im Teillastbereich. Seit der Verwendung von Frequenzumrichtern in Antrieben kann die Drehzahl wunschgemäß und verlustarrn eingestellt werden.
Die Höhe der Energieersparnisse hängt jedoch stark von Regelungsstrategie und Implementierung ab. Die Herausforderung besteht darin, die Maschine zu jedem Zeitpunkt verlustminimal
zu betreiben.
Dazu kann die Anpassung del Rotor'flussvelkettung (kurz Fluss) der Asynchronmaschine gernrtzt
werden, weil ein gegebener Arbeitspunkt für verschiedene Größen des Flusses realisierbar ist, die
Verluste jedoch variieren. Zur Verlustoptimalität im stationären Betrieb wurde bereits in [3] eine
Steuerung vorgestellt, die einen effizienten Rotorfluss vorgibt. Es folgten viele weitere Regel- und
Steuerverfahren im stationären Betrieb. Eine Ûbersicht findet man in [1].
Während Drehzahl- und Drehmomentänderungen, sprich im transienten Arbeitsregime, können
die Verluste größer sein als im stationären Arbeitspunkt. Dies motiviert verlustoptimale Trajektorien für den Fluss in transienten Arbeitsregimes zu finden. Eine frühe Betra,chtung dieser
Thematik erfolgte durch [4]: Für einen gegebenen Drehzahl- und Drehmornentzyklus wurde zuvor numerisch der effzienteste Flussverlauf mit Hilfe von dynamischer Progra,mmierung berechnet
und anschließend angewendet. Mittels der Euler-Lagrange-Gleichung gelang es in [2] eine Differentialgleichung herzuleiten, die optimale Flusstrajektorien bedingt. Leider konnte diese nicht
analytisch gelöst werden. Die aktueliere Veröfièntlichung [6j schlágt einen exponentiellcn Verlauf für die Flusstrajektorie nach Lastwechseln vor, um nahezu verlustoptimale Übergänge zu
gewährleisten. Diese Arbeit führt die Forschung auf diesem Gebiet weiter und präsentiert einen
alternativen Ansatz. Voraussetzung bildet ein angepasstes Verlustmodell, welches ausschließlich
polynomiale Abhängigkeiten vom Fluss und dessen Ableitung besitzt. Mit einer ebenfalls polynomialen Flusstrajektorie ist es möglich, eine verlustoptimale Ttajektorie für den Fluss zu
berechnen, die sehr gut mit der numerischen Lösung des Randwertproblems übereinstimmt. Die
nahezu optimale Lösung wird von Experimenten bestätigt und zeigt deutliche Effizíenzsteigerungen.
Modell
Die analytische Modellbeschreibung einer Asynchronmaschine mit Käfigläufer in Raumzeigerdarstellung findet man zum Beispiel in [5]. Die Ausrichtung des Raumzeigerkoordina,tensystems am Rotorfluss und die Vernachlässigung der Differentialgleichungen der Ständerstróme
führt zu dem Modell
.
úRd
1Lx,t: --l-úna
* a/sa,
7R
îR
0)m
:11 (
(1u)
|ff**,,,- *")
(1b)
Dabei beschreiben ú¡1¿ die Rotorflussverkettung, Isa, 1sq die Komponenten des Ständerstromes
und ø- die Winkelgeschwindigkeit des Rotors. Die Parameter L¡¡, Ls, Ln, r¡1, p bezeichnen die
Hauptinduktivität, die Statorinduktivität, die Rotorinduktivität, die Rotorzeitkonstante und die
Polpaarzahl. Die Rotorströme berechnen sich aus lRd
: _'tår*+
frøna
und f¡o
: -*t
o
Alle Systemgrößen hängen vom Fluss, der mechanischen Winkelgeschwindigkeit und deren Ableitungen ab, dass heißt dieses Modell beschreibt ein differentiell flaches System rnit dem flachen
Ausgang (úna,ø-).Folglicli sind die Verläufe alle Systemgrößen durch die Wahl der Flusstrajektorie und der Drehzahltrajektorie festgelegt.
Die Gesamtverluste P, : P"u I Pf., bestehend aus den Windungsverlusten
P"u
, können
ånr(¡r'o + 4q) + 3ÂR(4d + 1åo) und Eisenverlusten Ptu
mit Hilfe von (1) und den Rotorstromdefinitionen als eine Funktion von Ú¡¿ und ø,,' und deren
: |ffir'r'^úfr.
:
Ableitungen dargestellt werden:
P,
:
atúkal
a2irs¿ù¡¡a
-t ø3úfr0 + ûA(Jun
* *")'
Q)
å
mit
o,
:ï,(ä
.'W),
&2
:'#o'o,
*,
:l'R(ä. ä) : # (W*
oo
o*)
Anpassung des Verlustmodells Für einen gegebenen Drehmoment- und Drehzahlverlauf
ergibt sich die Bedingung für optimale Flusstrajektorien aus der Euler-Lagrange-Gleichung
ïPu d aP"
ôúna
(3)
0
dt ð,itna
durch Lösen zu
orV#"a- a3Úfl¿Ú¡d:
a4(Jr^+ Mr)'
.
(4)
Diese analytisch bisher ungelöste, nichtlineare Differentialgleichung wurde bereits in [2] vorgestellt. Um übliche numerische Lösungsansatze zu vermeiden, wird ein genähertes Verlustmodell
eingeführt, dass ohne ú¡¿ im Nenner von (2) auskommt. Dafür wird z : ,I/# in (2) durch
f : kzú\^I
kl]lr'¿ * ko ersetzt. Die Koeffizientet k2 :16,8Wb-4,
kr :30,9Wb-3, ko: l5,4wb-2 sind das Ergebnis der Methode der kleinsten Quadrate und
passen das Polynom der Originalfunktion z bestmöglich im Intervall ús¿ € 10,4\Mb,1,0Wb] an,
siehe dazu Abbildung 1. Dies führt zum entsprechenden Verlustmodell
das genäherte Polynom
úoo,r-, u^) : aj!fr¿*ø2itr¡1a,itna+as'iik¿laa(Jw^¡ tør)2 (krv\"ol k1ú¡1¿* ro)
P.,*oa(úna,
.
(5)
Anmerkend sei hinzugefügt, dass Modell (2) und dessen Modifikation (5) als Funktion des flachen
Ausgangs und seiner Ableitungen ausgedrückt werden können. Somit bestimmen sich die Verluste
durch die festgelegten Tlajektorien von Fluss und Drehzahl.
Flusstrajektorie
Eine lineare Drehzahlüberführung und die resultierende numerische Lösung
von (4) ist in Abbildung 2 zu sehen. Die parabelähnliche Lösung führt zu einem Prototyp
úfr.a
:
pzt2 +
pú
* po,
(6)
der als Solltrajektorie während einer Drehzahliiberführung vorgegeben wird. Die Koeffizienten
bestimmt man durch Lösen der Bedingungen
tfi.a," :
úñ.a,0 :
dE"(po
dPo
pztS* púo
Pz(ts
I po,
0")
+ Lt,ù2 + øQo -l At,v)'l
po'
p"."0(øåo(¿),øño(¿),rå(¿),¿å(¿))¿¿)
¿
_n
_ (,[T*o"
dpo
(7b)
(7")
z originalfunktion
l0
400
...... / Modellfunktion
-
'.'""
-P!
Prmocl
8
N
300
I
-ô
6
\
4
N
;
100
2
0
o
200
,2
0,6
0,4
0,4
I
0,8
øRd [wb]
(a) Näherung
/
0,8
0,6
1
üna [Wb]
mittels der Methode der kleinsten (b) Resultierende Verlustfunktion P'-o¿.
Quadrate.
Abbildung 1: Vergleich der Originalfunktion mit den Näherungsfunktionen zeigt eine gute Übereinstimmung im Intervall ú¡¿ € [0,4\/b,1,0Wb]. Der Vergleich gilt für oJ^:0, Ú¡¿ :0,
lJm: uJn nnd My:0r25Mn.
F
;
|\-
I
E
¡¡¡¡6fis¿l solution
0,8
1000
roo
..'... polynomial solution
-
o.o
o,4
Lt..
Lt,y
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5
¿
0,2
0,6
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5
¿
[']
(a) Drehzahlprofil mit Übergangsdaner
o
Ltn:0,3s.
0,6
t'l
(b) Flußtrajektorie mit vergrößerter Aúq.
Abbildung 2: Drehzahlüberführung und Flusstrajektorien bei konstanter Last
ML:0p5Mn
nach ps,p1,p2. Dabei steht øfi für die Solltrajektorie der Winkelgeschwindigkeit. Die ersten zwei
Gleichungen sichern einen kontinuierlichen Übergang zu den konstanten optimalen Randwerten
des Flusses, die sich zu den Bedingungen vor und nach dem Drehzahlwechsel einstellen. Die
Berechnung dieser Randwerte úf0,. und úfo,o durch
úfia opt
M¡
aaf
a{a^)
(8)
ergibt sich aus der Bedingung ffi : 0 des stationären Optimums.
Wie in Abbitdung 2 zu sehen, ist die Zeitspanne Ltu' zwischen zwei stationären Flusswerten
etwas größer als die Dauer des Drehzahlübergangs Ltn. Diese Wahl von Aús ) Lt'- führte zu
weiteren Effizienzverbesserungen in Simulationen verglichen zu Lt,p - Atr.Die dritte Bedingung
(7c) sorgt für einen verlustoptimalen Übergang. Durch Einsetzen der Flussansatzfunktion (6) ist
das Verlustmodell (5) polynomial abhängig von der Zeit t und dadurch wird die Lösung von
(7) deutlich vereinfacht. Der Vergleich zwischen numerischer und vorgeschlagener Lösung ist in
Abbildung 2 dargestellt.
Experimenteller Aufbau und Ergebnisse Der Versuchsstand besteht aus einer Asynchronmaschine, die durch einen zwei-Level Spannungswechselrichter gespeist wird, und einer mechanisch verbundenen Gleichstrommaschine, die eine Last erzeugen kann. Die Parameter der Asyn-
4:0-,2
d,:0,4
1000
d:
I
¿l
F
0,6
0.8
-
500
0,2
0
0,8
0,6
0,4
¿
1
l'l
Abbildung 3: Die Überführungszeit Aú,, variiert bei festgelegtem Drehzahlhub Ln:500min-l
spezifiziert clie verschiedenen
und festgelegter Zyklusdauer T : Is. Die Variable d, : +
Arbeitsregime.
chronmaschine sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die Regelungsarchitektur besteht im Wesentlichen
aus eirrer kaskadierten R.otorflussregelung mit einer flachheitsbasierten Vorsteuerurrg del Solltra-
jektorien.
Wie in Abbildung 3 dargestellt, können durch die Wahl des Parameters d verschiedene Solltrajektorien der Drehzahl vorgegeben werden. Für jedes Drehzahlprofil (Arbeitsregime) werden zwei
verschiedene Sollflusstrajektorien angewandt: Eine verlustoptimierte Trajektorie nach der vorgestellten Methode und eine konstanter Nennfluss. Für d : 0.6 ist das Verhalten des geregelten
Systems in Abbildung 4 nt sehen.
Da die mechanische Leistung für beide Betriebsarten (verlustoptimaler Fluss und Nennfluss)
gleich ist, können die Verluste durch Messung der Zwischenkreisleistung P¿" : + [::*'(Jd.Id.,
die den Antrieb speist, verglichen werden. Die Größen [/¿. und 1¿" beschreiben die Zwischenkreisspannung und den Zwischenkreisstrom. Die Resultate in Abbildung 5 zeigen einen Bffizienzgewinn bei Nutzung der optimierten Flusstrajektorien. Für d: 0,9 wird die tringangsleistung um
SBTo redtziert. Bei kleineren d wird der Effizienzzuwachs geringer. Im Fall von d ( 0,3 erreicht
der drehmomentbildende Strom seine obere Grenze, was zu signifikanten Abweichungen zwischen
dem gemessenen ø- und der Solltrajektorie führt. Daher wurden die betroffenen Messungen aus
Abbildung 5 entfernt.
Zusammenfassung Die Diplomarbeit zeigt einen neuen \Meg, hocheffiziente Flusstrajektorien
während des Betriebes mit linearen Drehzahländerungen zu bestimmen. Die derart erhaltenen
Trajektorien gleichen fast der numerischen Lösung des verlustoptimalen Randwertproblems. Der
vorgestellte Algorithmus ist auch anwendbar auf andere polyniomiale Verläufe von Drehzahl und
Drehmoment und daher sehr flexibel. Für die Durchführung der Berechnung muss das gewtinschte
Drehmoment- oder Drehzahlprofil bekannt sein. Eine Rotorflussregelung mit flachheitsbasierten
Regler wurde implementiert, um sehr gutes Folgeverhalten zu gewährleisten. Experimente mit
den berechneten optimalen Flusstrajektorien zeigen, dass die Verluste reduziert und damit die
Energieffizienz einer Asynchronmaschine mit Käfigläufer deutlich gesteigert werden.
Tabelle 1: Herstellerdaten der Asyuchronmaschine rnit Käfigläufer
P" in
w
Mn in
Nm
4000 26
??n ln
. _1
p
mln '
L440 2
Iu
in
mH
.Ls in
mH
-Ls in
mH
,?g in
.Rn in
áu in
f)
o
(^¿
181,8 194,4 187,1 1,3
Jin
kg-'
0,93 1400 0,036
j
1000
500
500
10
10
;a
\
!
\
0
d
Ø
10
10
-c-1
1
Ø
¿
r000
I
;
0,5
j
0.5
,ù
.È
0
10
10
0
n
Ø
a
\
\
Ø
l0
o
0,2
(a)
o,4
0,8
0,6
¿[']
10
1
0
o,2
0,4
0,6
0,8
1
¿þl
Nerurfluss
(b) Verlustoptimierter Fluss
d:
Abbildung 4: Betrieb mit Nerurfluss und mit verlustoptirnalen Anpassung fiir
0,6.
600
Et
400
;
lJ.
200
0
-a- rated flux
-*- loss optimized flux
0
012
0,6
0,4
0,8
1
d: 2^;"
Abbildung 5: Zwischenkreisleistung bei Nennfluss und bei verlustoptimalen Flusstrajektorien
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