PDF, 247KB - Chance Gesundheit

Basel.Land.
| Samstag, 12. Dezember 2015 | Seite 19
Spital-lnitiative im Visier des Kantons
Landräte hoffen, dass das Komitee «Ja zum Bruderholzspital» seine Initiative zurückzieht
Von Joël Hoffmann
Liestal. Die neusten Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes und Einschätzungen namhafter Juristen stossen den
Initianten für den Erhalt des Bruderholzspitals sauer auf. Juristisch sind
zwei Szenarien wahrscheinlich: Das
erste Szenario besteht darin, dass der
Landrat die Initiative für ungültig
erklärt, weil sie gegen Bundesrecht verstösst. Das zweite Szenario bedeutet,
dass der Kanton zu 100 Prozent für das
Bruderholzspital und für Behandlungen bezahlen muss – bisher haben sich
Kanton und Krankenkassen die Kosten
geteilt. Für die Initianten, die bereits
über 4000 Unterschriften gesammelt
haben, sind die neusten Urteile ein herber Dämpfer.
Die Initianten wollen die Pläne beider Basel verhindern, auf dem Bruderholz Betten abzubauen und dort ein
Ambulatorium zu erstellen. Retten nun
die Initianten ein Spital, das von den
Gesundheitsdirektoren in dieser Form
als unnötig bezeichnet wurde, dann hat
das juristische Folgen: Zum einen will
die Initiative Überkapazitäten aus
regionalpolitischen Gründen beibehalten, was zwar legal ist, doch finanziell
vollumfänglich vom
Steuerzahler
berappt werden müsste. Zudem darf
Baselland nicht mehr einseitig seine
Spitäler planen, weshalb die Initiative,
die genau dies verlangt, wohl gegen
Bundesrecht verstossen könnte.
«Die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion (VGD) teilt die geäusserten Bedenken», teilt Sprecher Rolf Wirz
auf Anfrage mit. Ein Gespräch mit dem
Initiativkomitee sei für Anfang 2016
vorgesehen, in dem die konkreten Anliegen des Komitees besprochen werden
sollen. Wahrscheinlich ist, dass die VGD
versuchen wird, die Initianten zum
Rückzug zu bewegen. Ein Kompromiss
ist eher unwahrscheinlich, weil die Initianten den Status quo festschreiben wollen, doch genau dies ist für den Kanton
keine Option. Die Meinungen dahingehend gehen diametral auseinander.
Offen lässt Wirz, ob die VGD dem Landrat empfehlen wird, die Initiative für
ungültig zu erklären. Die Landratsvorlage betreffend Rechtsgültigkeit ist für
das erste Quartal 2016 vorgesehen, falls
die Initianten sich nicht zurückziehen.
Initiativkomitee schweigt noch
«Wenn die Initianten aufgrund der
neuen Fakten die Segel streichen, dann
können wir die Initiative im Landrat für
ungültig erklären», sagt Peter Brodbeck, SVP-Landrat und Mitglied der
Gesundheitskommission. «Wenn sie
aber kampfeslustig sind, dann sollten
wir die Initiative jedoch nicht für ungültig erklären», ergänzt er. Brodbeck
möchte primär eine langwierige juristische Auseinandersetzung vermeiden.
Das möchten auch die Landräte und
die Gesundheitskommissionsmitglieder
Sven Inäbnit (FDP) und Marc Scherrer
(CVP) verhindern. Sie sind zwar Gegner der Initiative, doch solange nicht
eindeutig klar ist, dass die Initiative
gegen Bundesrecht verstösst, werden
sie die Initiative nicht für ungültig erklären. Auch Brodebeck sei zwar dezidiert
gegen den Erhalt es Status quo. «Den-
Willkommen in den 50er-Jahren
Sonderausstellung zum «Groove und Mief eines Jahrzehnts»
Von Thomas Gubler
An der Verleihung
des Baselbieter
Sportpreises nahm
nicht der Gewinner
Marco Streller seinen Preis entgegen,
sondern sein Vater
Thomas. Der ehemalige FCB-Spieler
sei wegen «Verpflichtungen für das
Schweizer Fernsehen» verhindert, hiess
es offiziell. Was könnte wichtiger sein
als diese Ehrung? Gast im ChampionsLeague-Studio? FCB-Match? Nein,
jassen mit Roman Kilchsberger. bgy
Gemeindeversammlung Laufen bodigt geplante Steuererhöhung
Laufen. «Ich entlasse kein Personal,
und ich schliesse weder das Schwimmbad noch die Eishalle. Das kommt nicht
infrage.» Als Alexander Imhof die
Stimme erhob, war es bereits kurz nach
22 Uhr, und in der Aula des Gymnasiums Laufen war die Gemeindeversammlung in vollem Gang. Imhof,
Präsident des Stadtrats Laufen, war
sichtlich angefressen. Bis er allerdings
die Versenkung der vom Stadtrat beantragten Erhöhung des Steuerfusses um
fünf Prozent hinnehmen musste, verging noch eine knappe Stunde. In dieser
diskutierten die 236 Stimmbürger nicht
nur ausgiebig über das Für und Wider
von höheren Steuern; es herrschte auch
ein gewisses Mass an Chaos.
Fasnacht anno dazumal. Bestandteil der Ausstellung «Golden Fifties» ist auch
eine Bildschau über das Liestal der 50er-Jahre.
Wie verschieden ist
doch die Tonalität
im Liestaler Einwohnerrat von derjenigen des Landrats. Dabei tagen
beide am selben Ort.
Wovon es im Landrat zu wenig hat,
nämlich Harmonie, davon gibts im Stadtparlament fast zu viel. Dort bedanken
sich Einwohnerrätinnen noch beim
Stadtrat und Stadtpräsidenten Lukas Ott
für die Arbeit, wie dies jüngst Tochter
Anna Ott gar artig gemacht hat. Gu
Lieber eine Million Franken
Verlust als höhere Steuern
Von Lucas Huber
Liestal. Sie stehen für Wirtschaftsauf-
schwung und Elvis Presleys Rock ’n’ Roll,
aber auch für Spiessigkeit und teilweise
radikalen Antikommunismus, die 50erJahre des letzten Jahrhunderts. Von
den einen als «Golden Fifties» verklärt,
von anderen als Jahrzehnt des Miefs
gescholten. Eines Miefs, der dann in
den Sixties ausgelüftet wurde. Dass
beide Einschätzungen den Fifties nicht
gerecht werden, zeigt die Ausstellung
«Golden Fifties – Groove und Mief eines
Jahrzehnts» im Liestaler Dichter- und
Stadtmuseum, die von heute an bis zum
18. September 2016 zu sehen ist.
Gezeigt werden auf den verschiedenen Stockwerken des Museums Gegenstände und Dokumente aus Bereichen
wie Technik, Wohnen, Haushalt, Kino,
Kiosk oder Kindheit. Für die einen ein
Wiedersehen mit den Möbeln, Haushaltsgegenständen und dem einzigartigen Wisa-Gloria-Spielzeug der Kindheit,
für die anderen, jüngeren, ein Blick in
die Welt, als Eltern oder Grosseltern
jung waren. Zu sehen sind sodann auch
Original-Kinoplakate von Gotthelf-Filmen oder Fellinis «La Strada». Ein grosser Teil der ausgestellten Dokumente
entstammt der Sammlung von Antiquar
Peter Graf, «der Seele der Ausstellung»,
wie Museumsleiter Stefan Hess an der
gestrigen Vernissage erklärte.
Diese wurde musikalisch umrahmt
von Sylvia Heckendorn und Christian
Müller mit einem Querschnitt durch die
Liederwelt der 50er-Jahre – von Zarah
Leander über Frank Sinatra bis zu Edith
Piaf. www.dichtermuseum.ch
noch habe ich mittlerweile mehr Sympathien für die Initiative als zu Beginn.»
Er versteht diese als Druckmittel, damit
Gesundheitsdirektor und Parteikollege
Thomas Weber «unsere Baselbieter
Anliegen nicht vergisst». Bei den stationären Behandlungen würden die
Trümpfe bei Basel liegen. «Das Baselbiet
sollte nicht das Nachsehen haben», sagt
Brodbeck. Er hofft auf eine Lösung mit
der die Initianten leben können und
folglich die Initiative zurückziehen.
Auf Einsicht und einen Rückzug hoffen auch Scherrer und Inäbnit. «Die
Initiative halte ich finanzpolitisch für
hoch gefährlich und von den Initianten
unverantwortlich», so Inäbnit, der nicht
an einen möglichen Kompromiss
glaubt. Ihn stört, dass die Initiative an
bestehenden, «aber vielleicht nicht
zukunftsgerichteten Strukturen» festhält und damit auch Innovation verhindert. «Wir sollten frei in jede Richtung
denken können.» Das Initiativkomitee
will sich noch nicht äussern. Die neusten Entwicklungen wolle man erst an
einer Sitzung des Komitees besprechen.
Gschwätz
Pingpong der Parteien
So versandeten Anträge scheinbar
unbearbeitet, Wortmeldungen wurden
als Anträge behandelt und führten
zu Abstimmungen, während Abstimmungsresultate, die nur eine oder
zwei Stimmen auseinanderlagen, nicht
durch Zählen der Enthaltungen verifiziert wurden. Davor spielten die Parteien die Bälle in einer Mischung aus
Krimi und Schmierenkomödie während
gut zweieinhalb Stunden hin und her:
Ein Pingpong aus Argumenten und
Gegenargumenten, während man die
Schuldigen für die finanzielle Schieflage nach und nach in der Sozialhilfe,
beim Kanton und in der Bildung festzumachen versuchte. Task-Forces wurden
angeregt, um Lösungswege zu finden,
und die Forderung, die vorhandenen
Strukturen mit aller Härte aufzubrechen, war nicht zu überhören.
Nun bleibt der Laufner Steuerfuss
für natürliche Personen also bei 59 Prozent der Staatssteuer, und auch das
Niveau der Unternehmenssteuern bleibt
unverändert bei 4,5 Prozent. Damit sind
die 1938.95 Franken im Budget 2016,
die der Stadtrat unter dem Strich als
Überschuss kalkuliert hatte, Makulatur,
und aus der «schwarzen Null», wie
Imhof kommentierte, erwächst ein Defizit von einer knappen Million.
Denn rund 982 000 zusätzliche
Franken hätte die Steuererhöhung in
die Laufner Kassen gespült. Doch bereits
im Vorfeld der Gemeindeversammlung
hatte die FDP unter der Federführung
von Rolf Richterich ihre Gegenwehr
angekündigt. «Diese Steuererhöhung ist
nicht nötig, das schlucken wir nicht»,
wurde Richterich nicht müde zu betonen. Derweil hatte der Stadtrat überall
dort Einsparungen ins Budget einfliessen lassen, wo Einsparungen möglich
gewesen seien, das attestierte ihm die
Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission (RGPK). Darum konterte
Imhof: «Wir können keine Wunder
bewirken.» Auch die RGPK zeigte sich
einverstanden mit dem Budget des
Stadtrates und kam zur Überzeugung:
Nur eine Steuererhöhung würde die
Finanzen wieder ins Lot bringen.
Die Versammlung genehmigte das
Budget schliesslich, derweil auch der
Antrag aus den Reihen der CVP, den
Steuerfuss lediglich um 2,5 Prozent
anzuheben, auf Ablehnung stiess.
«Leute gehen aus Angst vor Repressalien nicht mehr an die Urne»
Gemeindepräsident Hansjörg Hänggi kritisiert Vorgänger Robert Schneeberger für politisches Klima
Von Daniel Aenishänslin
Thürnen. Zum Schluss wurde die Thürner Gemeindeversammlung vom Donnerstag noch zu einer hochemotionalen
Angelegenheit: So heiss wird unter
dem Traktandum Verschiedenes selten
gekocht. Gemeindepräsident Hansjörg
Hänggi setzte zu einem Plädoyer an. Er
sprach von Drohungen gegen sich und
Personen, die vor den Wahlen Plakate
seines Komitees für Thürnen in ihren
Gärten aufgestellt hätten. «Diese Leute
wurden geschnitten, angepöbelt»,
führte Hänggi aus, «Gewerbetreibenden
wurde mitgeteilt, man werde sie nicht
mehr berücksichtigen.» Er fragte sich,
wie bekannt werden könne, wie jemand
wähle und abstimme. «Es gibt Leute, die
gehen aus Angst vor Repressalien nicht
mehr an die Urne», schloss Hänggi, «ist
das die Kultur, die wir wollen?»
Dahinter stecken soll Robert
Schneeberger, während 20 Jahre selbst
Gemeindepräsident von Thürnen – der
starke Mann der Bürgerlichen Vereinigung Thürnen. Hänggi nannte den
Namen zwar nicht, aber Schneeberger
bekannte sich selbst der Urheberschaft.
Zumindest teilweise. Die Geschichte
mit den Plakaten höre er zum ersten
Mal und sei «reines Wahlgeplänkel».
Die Drohung, er werde es Hänggis
Arbeitgeber mitteilen, dass dieser in
Thürnen ein Chaos veranstalte und sich
repressiv verhalte, stritt Schneeberger
nicht ab. Mehr noch: Es sei richtig, dass
er Hänggis Arbeitgeber, das Basler
Finanzdepartement, auch darüber
informieren würde, dass er zuletzt zwei
Stellen verlor, indem ihm fristlos gekündigt worden sei. Was Hansjörg Hänggi
dezidiert bestritt. «Ich habe meine
Informanten», sagte Robert Schneeberger nur. Und in einem Fall sei seine
Quelle gleich die Geschäftsleitung.
Zu reden gab zudem ein Brief, mit
dem Schneeberger die Ersatzwahlen
vom November zugunsten seines Kandidaten, Alfred Hofer, und gegen die
«Quotenfrau» Katja Eichelberger in
gewünschte Bahnen lenken wollte. Eine
Passage darin soll verdeutlichen, dass
Hänggi der falsche Mann für das Gemeindepräsidium sei. «In den vergangenen drei Jahren sind nachweislich zwischen 200 000 und 300 000 Franken an
Steuergeldern vernichtet worden, was
der parteiischen Haltung des Präsidenten und der ständig orchestrierten
Unterstützung seines Komitees für Thürnen an den jeweiligen Gemeindeversammlungen angelastet werden muss.»
Nach der Versammlung betonte
Schneeberger, dass er den Gemeindepräsidenten nicht mehr im Rat sehen
möchte. «Ich werde weiterhin daran
arbeiten», bekannte er unumwunden.
Erneute Kandidatur offen
Es trat in den Hintergrund, dass die
Versammlung zuvor das Budget abgesegnet und 42 000 Franken an die
Sanierung der Sissacher Kunsteisbahn
gesprochen hatte. Ursula Born, die Vor-
Polit-Familie. Alt Gemeindepräsident
Robert Schneeberger mit Nationalrätin
Daniela Schneeberger. Foto Dominik Plüss
sitzende des Komitees für Thürnen
fragte rhetorisch: «Wie kann man so
hinterhältig sein?» Robert Schneeberger habe zweifellos seine Verdienste um
die Gemeinde. Wegen ihm stehe Thürnen finanziell so gut da. Aber er solle
den Gemeinderat arbeiten lassen. Sonst
stellten sich nur noch Personen zur
Wahl, die Schneeberger genehm seien.
«Keiner will sich diesem Theater aussetzen, aus Angst so gepiesackt zu werden
wie unser Gemeindepräsident.»
Zu Rochaden kommt es im Gemeinderat sowie der Rechnungs- und
Geschäftsprüfungskommission (RGPK).
Bereits festgestanden hatte, dass Remo
Buess auf Ende Jahr zurücktritt. Ihn
ersetzt Alfred Hofer. Salvatore Sama
gab bekannt, dass er sich keiner erneuten Wahl stellen werde. Die RGPK verlassen Susanne Marti und Nationalrätin
Daniela Schneeberger. Ersetzt werden
sie durch Roberto Todaro und Thomas
Büchsenstein. Offen liess es Hansjörg
Hänggi, ob er nochmals antreten werde.