Im Regal stand noch Geschirr

26 W ISSEN / G ESUNDHEIT
M ONT AG, 23 . NOVEM BER 20 15
Wieder drei neue
Fälle von Ebola
in Liberia
Im westafrikanischen Liberia erkrankten erneut
drei Menschen an Ebola. 153
Kontaktpersonen dieser Kranken wurden identifiziert und stehen unter Beobachtung. Man
hofft, mit dieser Sofortmaßnahme einen erneuten Ausbruch der
Krankheit zu verhindern. Der
erste Patient ist ein 15-jähriger
Bub aus einem Vorort der Hauptstadt Monrovia. Zwei weitere Familienmitglieder wurden positiv
getestet und ins Krankenhaus
eingewiesen. Zwei Mal wurde
Liberia bereits von der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
für ebolafrei erklärt. Zuletzt Anfang September. Davor hatte die
Viruserkrankung über Monate
gewütet. Mehr als 4800 Menschen starben allein in Liberia.
Ebola ist sehr ansteckend und oft
tödlich. Die Seuche hatte auch
Guinea und Sierra Leone hart getroffen.
SN, APA
MONROVIA.
Hier sichern Restauratoren die
Funde. Im Hintergrund sind die
Säulen der Straße zu sehen.
BILD: SN/ÖAI/NIKI GAIL
Im Regal stand noch Geschirr
KURZ GEMELDET
Salzburger Forscherin
ausgezeichnet
Ephesos in der heutigen Türkei war eine der bedeutendsten Städte der Antike. Nun
haben Archäologen eine byzantinische Taberne mit gut erhaltenen Gefäßen ausgegraben.
URSULA KASTLER
WIEN, SALZBURG. Die Geschichte
von Ephesos reicht bis in das Neolithikum zurück, fand ihren Höhepunkt in der griechisch-römischen
Antike und erlebte eine letzte Nachblüte unter den Seldschuken – einer türkischen Fürstendynastie –
im 15. Jahrhundert. Das, was Besucher aus aller Welt heute an Ephesos bestaunen, sind großteils Funde
aus der hellenistisch-römischen
Zeit. Seit dem Jahre 1895 legen
österreichische Archäologen die
Ruinen von Ephesos frei.
Nun haben die Forscher des derzeitigen Grabungsteams bei Sicherungsarbeiten wieder einmal eine
überraschende Entdeckung gemacht, eine, die etwas über das
Ephesos der byzantinischen Zeit
des 7. Jahrhunderts erzählt. Sie fanden an der Kuretenstraße, die sich
von der Oberstadt in die Unterstadt
schlängelt, eine Taberne. Diese
Hauptverkehrsader der Stadt war
während der Spätantike von marmornen Säulenhallen flankiert, in
die Geschäftslokale, „tabernae“,
eingebaut wurden. Sie dienten als
Läden, Werkstätten, Wirtshäuser
oder Schankstuben, wie Sabine
Ladstätter, Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts
und Grabungsleiterin, berichtet.
Aus dem Schutt konnten die Archäologen mehr als hundert gut erhaltene Gefäße wie Trinkbecher,
Schalen und Teller sowie Amphoren bergen. In der Taberne gab es
Bänke zum Sitzen und kleine Tische, für die Marmorblöcke aus anderen Gebäuden wiederverwendet
wurden. Sogar ein Regal, auf dem
noch Geschirr stand, wurde ausgegraben. Serviert wurden kleine
Speisen, vermutlich Eintöpfe mit
Brot. Näheres werden die Forscher
erfahren, wenn die Gefäße auf Spuren von Speiseresten hin untersucht werden. „Die Entdeckung prä-
Ein Trinkbecher.
BILD: SN/ÖAI/NIKI GAIL
zisiert unsere Vorstellungen von
der Straße als Kommunikationszentrum der Stadt in der Spätantike.
Das öffentliche Leben und mit ihm
das wirtschaftliche und gesellschaftliche Treiben verlagerte sich
von den großen Plätzen hin zu den
Boulevards“, sagt Sabine Ladstätter.
Der Zustand der Taberne ist auch
eine Art Momentaufnahme. Die
Wissenschafter gehen davon aus,
dass ein schwerwiegendes Ereignis
die Menschen zwang, sie nicht wieder aufzusuchen. Das könnte ein
Erdbeben mit einem Brand oder ein
Überfall gewesen sein. In der
Brandschicht des Fundortes lagen
Münzen, für die Nikolaus Schindel,
Leiter der AG Numismatik am Institut für Kulturgeschichte der Antike
an der Österreichischen Akademie
der Wissenschaften, Spezialist ist:
„Die Münzfunde belegen einen dramatischen Einschnitt im Geldumlauf der Stadt während der Regierungszeit des Kaisers Heraclius von
610 bis 641. Dieser Herrscher hatte
einen Krieg gegen den sassanidischen Iran durchzufechten, in dessen Kontext vielleicht eine sassanidische Eroberung von Ephesos
steht. Auf jeden Fall sinkt ab dem
Jahr 615 oder 616 die Zahl der Fundmünzen in Ephesos drastisch, ohne
sich jemals wieder zu erholen.“
Wenn weniger Menschen Münzen
zufällig verloren, die Verlustrate
sinkt, dann waren die Menschen ärmer oder es gab weniger Menschen.
In Ephesos ging damals der Münzumlauf zu 90 Prozent zurück.
Angelika Riemer
erhielt Wissenschaftspreis.
BILD: SN/HÖDLMOSER
Am Universitätsklinikum Frankfurt wurde die aus
Salzburg stammende Wissenschafterin Angelika Riemer mit
einem Preis für junge Wissenschafterinnen ausgezeichnet. Die
Gruppenleiterin am Deutschen
Krebsforschungszentrum erhielt
den Wissenschaftspreis 2015 für
Medizin der Ingrid-zu-SolmsStiftung. Angelika Riemer (geb.
1976) arbeitet an der Entwicklung
eines therapeutischen Impfstoffs
gegen das humane Papillomvirus
(HPV). Dieser Impfstoff soll bereits infizierten Personen helfen,
die HPV-Infektion oder eventuell
bereits vorhandene Krebsvorstufen durch eine effiziente Immunantwort zu eliminieren. Einen
vorbeugenden Impfstoff gibt es
bereits.
FRANKFURT.
Liebe deinen Nächsten wie dich selbst
Helfer sollen achtsam mit
der eigenen Befindlichkeit
umgehen.
Professionelle Hilfe kann
sie dabei unterstützen.
SN PRAXIS
Caroline Weinlich
Anderen zu helfen ist eine schöne Sache. Wir
bewundern all die freiwilligen Helfer, die sich
so selbstlos für die Flüchtlinge einsetzen und
ihren Urlaub und ihre Freizeit für dieses Engagement hingeben. Allerdings ist es gerade in
solchen Situationen, in denen wir uns professionell, ehrenamtlich oder privat/innerfamiliär
für andere einsetzen, besonders wichtig, auf
die eigene Befindlichkeit zu schauen.
Aus der Neuropsychologie weiß man mittlerweile, dass die Einfühlung in das Leid anderer – die uns als Menschen auszeichnen sollte
– die gleichen Hirnareale anspricht wie selbst
erlebtes Leid. Das bedeutet, dass wir ähnlichen
Stress erleben wie etwa vom Krieg Traumatisierte. Je näher uns Menschen stehen, desto intensiver wird das Miterleben. Gerade in solchen Situationen ist es wichtig, immer wieder
Abstand zu nehmen, auf seinen Körper und
seine Gesundheit zu schauen, sich Inseln mit
schönen Momenten zu schaffen. In allzu nahem Kontakt, wenn wir keinen Abstand mehr
gewinnen können, ist die Gefahr von Burn-out
sehr groß. Das wissen professionelle Helfer
schon lange. Früher war es üblich, sich nach
Feuerwehreinsätzen und Rettungseinsätzen zusammenzusetzen und bei einem Bier die Erlebnisse noch einmal Revue passieren zu lassen.
Da der Alkohol aber mittlerweile durch seine
negativen Nebenwirkungen (diese Bereiche
sind besonders gefährdet für Suchtentwicklung) in diesem Bereich tabu ist, fehlten vorübergehend andere Bewältigungsmöglichkeiten.
Als Ersatz kam mit der Notfallpsychologie das
„Debriefing“ in Mode, das heißt eine Form von
Nachbehandlung, bei der man sich noch einmal mit Notfallpsychologen zusammensetzt
und alles bespricht.
Auch das führte oft nicht zu den erwünschten Ergebnissen. Bei immer wiederkehrenden
traumatisierenden Erlebnissen kann es zur
Entwicklung einer PTBS, einer Posttraumatischen Belastungsstörung, kommen. Sie zeigt
sich durch Schlaflosigkeit, Albträume, Sinn-
losigkeitsgefühle bis hin zu Depressionen,
Übererregung, körperlichen Beschwerden,
Angstphänomenen und mehr.
Dem Ganzen kann man vorbeugen, indem
man mit sich sorgsam umgeht, sein Leben
nicht auf später verschiebt und immer wieder
Auszeiten einplant, um Kraft zu tanken. Es ist
auch keine Schande, sich (therapeutische) Hilfe
zu suchen, wenn man mit einer Situation nicht
mehr klarkommt. Dann können wir viel länger
und beständiger für andere da sein, weil wir in
unserer Kraft und Mitte bleiben und nicht
irgendwann völlig ausgelaugt wegbrechen.
Schließlich heißt es auch „Liebe deinen
Nächsten wie dich selbst“.
Mag. Caroline Weinlich ist Klinische- und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin und Traumatherapeutin in freier Praxis und psychologische
Leiterin der Suchthilfe Klinik Salzburg. Psychologische Hilfe gibt es auch auf www.kuratorium-psychische-gesundheit.at. Hotline 0664/1008001.