SovieleArbeitslosewieseit sechsJahrennichtmehr

Mittwoch,10. Februar 2016 | Fr. 3.–
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Nummer 34 | 174. Jahrgang
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Elsass/Deutschland € 2.80
Schweiz 4 International 5 Kino 6 Wirtschaft 7–9 Börse 9–10 Kultur 11–13 Meinungen 14–15 Region 17–23 Tagestipps 24 Notfälle 26 Bestattungen 26 Fernsehen/Radio 28–29 Sport 31–32
Schweiz
Fragwürdige Zahlen. Der Grossteil
der Gewalttäter in der Schweiz
stamme vom Balkan und aus dem
Maghreb, sagt ein Zürcher Polizist.
Die Politik ignoriere dies. Seite 4
International
Widerstand. In Hongkong haben sich
die Demokratie-Aktivisten mit den
Essbudenverkäufern solidarisiert.
Gestern flogen Steine. Die Proteste
sollen weitergehen. Seite 5
Wirtschaft
Deutschland-Fieber. Rund sechs
Millionen Übernachtungen haben
Schweizer 2015 in Deutschland
gebucht. Ferien beim Nachbarn
werden immer beliebter. Seite 8
Kultur
Wunderwaffe Hollywoods. Domhnall
Gleeson ist als Schauspieler noch kein
Weltstar. Doch der 32-jährige Ire war
alleine dieses Jahr in beinahe allen
wichtigen Filmen zu sehen. Seite 11
Basel
Dritte Röhre. Durch den Belchen frisst
sich die grösste Tunnelbohrmaschine
der Schweiz. Seite 17
So viele Arbeitslose wie seit
sechs Jahren nicht mehr
Seit dem Frankenschock fielen monatlich 1000 Stellen weg
Von Christoph Hirter
Basel. Im Januar 2016 sind die Arbeits­
losenzahlen in der Schweiz weiter
gestiegen. Der Wert ist von 3,7 Prozent
im Dezember 2015 auf 3,8 Prozent
geklettert. So hoch hatte die Quote
zuletzt im März 2010 gelegen, wie das
Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco)
gestern mitteilte. Im Vergleich zum Vor­
jahr stieg die Zahl um 12 698 auf
163 644 Personen, das ist ein Plus von
8,4 Prozent. Laut Boris Zürcher, Leiter
der Direktion für Arbeit beim Seco,
seien fast vier Fünftel des Anstiegs auf
saisonale Effekte zurückzuführen. Vor
allem im Bau und im Tourismusbereich
werde weniger gearbeitet.
Saisonbereinigt verharrte die Ar­
beitslosenquote bei 3,4 Prozent. Die
Seco­Ökonomen prognostizieren, dass
die Arbeitslosenquote in den kommen­
den Monaten bis auf vier Prozent anstei­
gen wird. Trotzdem soll die im Jahres­
verlauf eintretende Stabilisierung dafür
sorgen, dass sich die Quote für 2016 bei
3,6 Prozent einpendelt. «Das ist kein
gutes Szenario», betonte Zürcher.
Die Talsohle ist erreicht
Ähnlich sieht dies George Sheldon,
Professor für Arbeitsmarktökonomie
der Universität Basel. Sein Frühindika­
tor weist darauf hin, dass die Talsohle
auf dem Arbeitsmarkt erreicht sein
dürfte, obwohl in jüngerer Vergangen­
heit weitere Entlassungen angekündigt
wurden. Laut Sheldon gebe es momen­
tan keine Anzeichen einer weiteren Ein­
trübung des Arbeitsmarkts.
Seit die Schweizerische National­
bank im Januar 2015 den Euro­Min­
destkurs aufgegeben hat, fielen monat­
lich rund 1000 Stellen dem Rotstift zum
Opfer. Dieser Trend hat sich im Januar
ungebremst fortgesetzt. Weil die Firmen
in erster Linie ein Kostenproblem haben
und nicht unter einem Nachfragerück­
gang leiden, konnte die Kurzarbeit nur
bedingt gegensteuern. Im November
waren 6349 Personen von Kurzarbeit
betroffen, rund sechs Prozent mehr als
im Vormonat.
Im Kanton Basel­Stadt erhöhte sich
die Arbeitslosenquote im Januar um
0,2 Prozent auf 4,2 Prozent. In Basel­
land lag die Quote unverändert bei
rund 3,1 Prozent und damit knapp
tiefer als in der übrigen Deutschschweiz
(3,2 Prozent). Seite 7
Actelion meldet
Rekordumsatz
Allschwiler knacken Marke
von zwei Milliarden Franken
Der Biopharmakonzern
Actelion hat im vergangenen Jahr einen
Umsatzrekord von über zwei Milliarden
Franken erzielt. Der Reingewinn sank
wegen des starken Frankens zwar um
sieben Prozent auf 552 Millionen Fran­
ken, dennoch spricht das Management
von einem hervorragenden Jahr.
Die guten Zahlen gingen mit einem
tief greifenden Wandel bei dem Allsch­
wiler Unternehmen einher, lässt sich
Gründer und CEO Jean­Paul Clozel
zitieren. Getrieben ist der Wandel vom
Patentablauf des Hauptumsatzträgers
Tracleer (Wirkstoffname Bosentan),
mit dem Actelion im vergangenen Jahr
noch 1,2 Milliarden Franken einnahm.
Unter zunehmendem Generika­ sowie
Preisdruck waren das 15 Prozent weni­
ger als im Vorjahr. Der Tracleer­Nach­
folger Opsumit (Macitentan) hat stark
zugelegt auf 516 Millionen Franken.
Beide Mittel bekämpfen Bluthochdruck
im Lungenkreislauf. SDA Seite 7
Allschwil.
Schweres Zugunglück in Bayern
Sturmschäden. Starke Böen liessen
eine Scheibe bersten, die auf ein
parkiertes Auto niederging. Seite 20
Bauernfasnacht. Alle wichtigen
Daten und unverzichtbaren Infos zur
Fasnacht im Baselbiet. Seite 22
Sport
Traum geplatzt. Arlind, Adonis und
Albian Ajeti erlernten das Fussball-Abc
beim FCB. Nun suchen die Brüder ihr
sportliches Glück anderswo. Seite 32
Gesundheit
Senkung der
Gebärmutter. Ob
Schwangerschaft
oder Übergewicht,
harte Arbeit oder
Sport: Treffen kann es jede Frau.
Eine Gebärmuttersenkung kann sehr
unangenehm sein. Seite 25
Wetter
Region. Das ist heute ein ziemlich
garstiges Durcheinander von Wolken,
Regen, Wind und Schnee. Auch mit
den milden Temperaturen ist es nun
erst einmal vorbei. Seite 30
9 771420 300001
Ungebremst in die Katastrophe. Gestern Morgen gegen 6.50 Uhr sind in Bad
Aibling in Bayern zwei Züge frontal kollidiert. Ein Zug entgleiste, mehrere Waggons
stürzten um. Zehn Personen sind ums Leben gekommen, auch die Lokführer sind
darunter. Zudem wurden 18 Schwerverletzte und 63 Leichtverletzte geborgen.
Neue «Kuppel»
wird gebaut
Keine Auswahl,
nirgends
Betreiber Simon Lutz rechnet
2017 mit der Wiedereröffnung
Die mühsame Suche nach
politischem Spitzenpersonal
Basel. Ende März finden in der «Kup­
Bern. Alle bürgerlichen Bundesrats­
00034
pel» beim Nachtigallenwäldeli noch die
letzten Veranstaltungen statt. Dann ist
aber vorerst Schluss, wie Betreiber
Simon Lutz im Interview mit der BaZ
erklärt. Danach sollen die Bauarbeiten
für den Neubau beginnen, der zum
Grossteil von einer Stiftung aus anony­
men Gönnern getragen wird. Wiederer­
öffnet soll die Kuppel dann im Sommer
oder Herbst 2017 werden.
Da der angrenzende Park umge­
staltet wird, sucht Lutz auch für sein
Restaurant Acqua vorübergehend nach
einem neuen Standort. Wie das Regionaljournal Basel gestern berichtete,
steht als Alternativstandort das «Schiff»
zur Diskussion. Zur Uhren­ und
Schmuckmesse Baselworld soll das
Restaurant ebenfalls 2017 wieder am
jetzigen Standort öffnen. Seite 20
parteien müssen ihr Präsidium neu
besetzen. Bei der FDP gab der Favorit
aufs Amt, Christian Wasserfallen, sei­
nen Verzicht bekannt. Er sagt: «Ich
werde bald 35, ich habe ein Leben vor
mir. Als Präsident wären die nächsten
Jahre aber ausgebucht gewesen.» Ein­
zige Kandidatin bleibt vorerst die
Schwyzer Nationalrätin Petra Gössi.
Die CVP sucht ebenfalls nach einem
neuen Parteivorstand – auch hier läuft
es nach Absagen auf eine Einerkandida­
tur von Gerhard Pfister (ZG) hinaus. Bei
beiden Parteien läuft die Suche weiter.
Daran sieht man, wie unbeliebt die Auf­
gabe geworden ist. Nicht so in der SVP.
Sie hat zwar ebenfalls nur einen Kandi­
daten, Nationalrat Albert Rösti, dieser
ist allerdings von der Parteileitung por­
tiert und unbestritten. ebn/sta Seite 3
Bei den verunglückten Zügen handelt es sich um Triebwagen des Typs Flirt von
Stadler Rail. Für das Thurgauer Unternehmen von Peter Spuhler ist das Unglück
in Bayern bereits der dritte Unfall in vier Jahren. Spätabends kam die Vermutung
auf, menschliches Versagen habe zum Unglück geführt. SDA Foto Keystone Seite 16
Sabine Pegoraro rügt
Kantonsingenieur Jacobi
Weitere Ungereimtheiten in der Eigenheim-Affäre
Von Daniel Wahl
Seltisberg. Der Chefbeamte des Basel­
bieter Tiefbauamts missachtete beim
Bau seines Eigenheims im Dörfchen
Seltisberg den Grenzabstand zu seiner
Nachbarin, er übernutzte beim Bau sei­
nes avantgardistischen Betonhauses die
Bauparzelle und baute zudem nicht
nach bewilligten Plänen. Damit nicht
genug. Zum Vorschein gekommen sind
jetzt Fotos, die zeigen, wie Kantons­
ingenieur Oliver Jacobi im Herbst einen
Untergebenen zur Ausbesserung seines
Heims engagiert hat. Chefbeamten ist es
nicht erlaubt, Mitarbeiter für private
Arbeiten aufzubieten.
Kantonsingenieur Jacobi rechtfertigt
sich nun damit, dass der Mitarbeiter
zwar in seinem Wissen, aber aus Eigen­
initiative auf dem Privatgrundstück in
Seltisberg tätig geworden sei. Dies
nachdem er eine neuartige Poller­
leuchte inspiziert hatte.
Für Nachbarn, die die Vorgänge
beobachtet haben, ist diese Erklärung
unglaubwürdig. Letztlich auch deshalb,
weil Jacobi wider besseres Wissen alle
Verletzungen der Bauvorschriften ab­
gestritten hatte, bis man ihm entspre­
chende Dokumente vorlegen konnte.
Jacobis Vorgesetzte, Regierungsrätin
Sabine Pegoraro, nimmt die Eigen­
heim­Affäre nicht auf die leichte Schul­
ter und signalisiert, dass das Vertrauen
angekratzt ist: «Wenn gegenüber der
Öffentlichkeit Aussagen gemacht wer­
den, die den Sachverhalt nicht richtig
darstellen, ist das problematisch»,
schreibt sie. Seite 17
Widerstand
gegen Raubtiere
Ständeräte möchten den Wolf
ganzjährig jagen lassen
Bern. Der Bund pflegt eine Art Will­
kommenskultur für Grossraubtiere wie
Wolf und Bär. Deren Wiederansiedlung
in der Schweiz wird zwar nicht direkt
gefördert. Sie wird aber geduldet. Eine
«Vollzugshilfe zum Wolfsmanagement»
des Bundesamts für Umwelt zuhanden
der Kantone entpuppt sich bei näherer
Betrachtung als bürokratischer Ver­
such, einst ausgerottete Lebewesen in
die Fauna zu integrieren, die in der
dicht besiedelten Schweiz realistischer­
weise kaum integrierbar erscheinen.
Eine Kommission des Ständerats
empfiehlt jetzt, die «Zunahme der
Wölfe» müsse «mit wirkungsvollen
Bestandeseingriffen gebremst werden».
Die derzeit durch ein Gesetz und eine
internationale Konvention geschützten
Tiere sollen ganzjährig gejagt und getö­
tet werden können. mfu Seite 2