Fr. 2.70 FREITAG, 4. NOVEMBER 2016 Alain Berset Der Innenminister läutet Jubiläumsjahr in der Calvinstadt Genf ein INSERAT AZ 4410 Liestal | Nr. 302 | 184. Jahrgang [email protected] 061 555 79 79 [email protected] 058 200 55 05 [email protected] 061 927 26 70 Ueli Maurer Er muss zu IT-Projekten Antworten liefern INLAND 5 THEMA 2/3 Sabine Pegoraro soll sich von Wirtschaftskammer distanzieren Energiesteuer Abstimmungsbeschwerde bringt zuständige Regierungsrätin in Bedrängnis VON HANS-MARTIN JERMANN Am 27. November entscheidet das Baselbieter Stimmvolk über die Einführung einer kantonalen Energieabgabe auf Heizöl und Gas. Bis vor kurzem sah es nach einem klaren Ja aus. Mit Ausnahme der SVP befürworten alle relevanten politischen Kräfte im Landkanton die Abgabe. Doch nun herrscht bei den Befürwortern Alarmstimmung. SP-Präsident Adil Koller fordert unmissverständlich: «Wenn Regierungsrätin Sabine Pegoraro die Abstimmung gewinnen will, dann muss sie sich von der Wirtschaftskammer distanzieren.» Zu dieser wird ihr eine grosse Nähe nachgesagt. Die Abstimmung hat deshalb Schicksalscharakter für die umstrittene Bau- und Umweltdirektorin. Die Gründe für die Eskalation: In der FDP, die Ende September deutlich die Ja-Parole beschlossen hat, melden sich immer mehr Dissidenten zu Wort, die Front bröckelt. Zudem ist wegen der Abstimmung eine Beschwerde eingereicht worden: Die 24-seitige, gemeinsam von der Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) und der Wirtschaftskammer herausgegebene Broschüre verstosse gegen das Propagandaverbot, argumentiert der Laufner Stadtpräsident Alexander Imhof. Kritik äussert auch Grünen-Fraktionschef Klaus Kirchmayr: Das Publikationsdatum der Broschüre, die der bz beilag, kurz vor der Abstimmung sei ungeschickt. «Dafür trägt die BUD die Verantwortung», findet er. KOMMENTAR Alarmstufe Rot für grüne Vorlage S abine Pegoraro ist nicht zu beneiden. Der Regierungsrätin droht nun auch noch der Absturz ihres selbsterklärten Prestigeprojekts, der Energiesteuer. Ohnmächtig muss sie zuschauen, wie ihre eigene Partei, die FDP, in dieser Frage zerfällt. Da nützen weder die präsidialen Durchhalteparolen von Christine Frey (bz vom Samstag) noch die Beschwichtigungen von Wirt- von David Sieber KOMMENTAR RECHTS, SEITE 19 schaftskammer-Chef Christoph Buser. Im Gegenteil. Letztere signalisiert, wie nahe sich Wirtschaftskammer und Regierung stehen, was für Pegoraro zunehmend zum Problem wird. Und dann hat die glücklose Bau- und Umweltschutzdirektorin auch noch eine Abstimmungsbeschwerde am Hals, weil der Kanton in zumindest diskutabler Weise für die Vorlage geworben hat. Der Prado zu Gast in Basel 26 Meisterwerke aus dem Museo del Prado sind ab April rund fünf Monate zu Gast im Kunstmuseum Basel. Das gleicht einer kleinen Sensation. Potenziert werden die Gastbilder mit solchen aus der eigenen Sammlung – fast jedes Madrider Werk wird gepaart mit einem weiteren aus Basel. So gesellt sich etwa dieses spanische Lamm Gottes von Zurbarán zu Holbeins Christus im Grab. SEITE 36 Die Folge: Die Verbündeten von RotGrün, welche in seltener Eintracht mit der Wirtschaftskammer diesen energiepolitischen Beschluss ausgehandelt haben, gehen ebenfalls auf Distanz. Nicht zur Energiesteuer, aber zu Pegoraro. Geht die aus ökologischer und ökonomischer Sicht eigentlich sinnvolle Vorlage am 27. November bachab, ist unschwer zu erraten, wer dafür verantwortlich gemacht werden wird. Keine Frage, Pegoraro hat keinen guten Lauf. Nach Elba, der Entwicklungsplanung Leimental, Birseck, Allschwil, droht ihr in dieser Legislatur die zweite grosse Niederlage. Doch noch hat sie die Zeit, zu reagieren und die Zügel in die Hand zu nehmen. Dazu bedarf es keiner aus Steuergeldern finanzierten Behördenpropaganda, sondern einer eigenständigen Kommunikation, die diesen Namen verdient. FOTO: ZVG [email protected] Aus für Hauptpost Basler Universität Wirtschaft Post sorgt in Basel für Ärger Baselbieter Alt-Regierungsrat Schmid äussert harsche Kritik Grossbanken kosten Bussen jährlich 500 Millionen Franken Dass die Basler Universität als direkte Folge der Querelen um den Univertrag mit dem Baselbiet bis 2017 keine Professuren vergeben will, schlägt weiter hohe Wellen. Auf die Enthüllungen der bz äussern sich mehrere Vertreter aus Wirtschaft und Politik. Unter den schärfsten Kritikern der Baselbieter Sparübungen: Peter Schmid. Der Sozialdemokrat hat in seiner Amtszeit die partnerschaftlichen Beziehungen, die später zu den Univerträgen führten, aufgegleist. Nun sieht er sein Werk angeschlagen, wie er im bz-Interview erklärt. Derweil rechnet Ökonom Reiner Eichenberger nicht damit, dass die Universität mit dem Einstellungsstopp viel Geld spart. Er sieht hinter den neusten Entwicklungen die Strategie, dass sich die Uni mittelfristig auf ein deutlich kleineres Budget einstellt. Die Credit Suisse (CS) erhöhte ihre Rückstellungen für Rechtshändel im dritten Quartal erneut um 357 Millionen Franken, wie sie gestern bekannt gab. Erwartet wird unter anderem noch eine Busse in Milliardenhöhe wegen des Geschäfts mit US-Ramschhypotheken. Dabei gab die CS seit 2006 bereits mehr als 5,5 Milliarden Franken für Bussgelder und Zahlungen für Schadenersatz aus, wie eine Liste der bz zeigt. Sie zahlte also seit 2006 jährlich mehr als 500 Millionen Franken. Dies gilt auch für die UBS. Die Schätzung ist konservativ: Der Bankenexperte Andreas Venditti, Finanzanalyst der Bank Vontobel, beziffert die Ausgaben für Rechtshändel der CS zwischen 2009 und 2015 auf 7,2 und bei der UBS sogar auf 9,1 Milliarden Franken. Mit 2,5 Milliarden am meisten zahlte die CS Die Empörung in Basel ist gross. Selbst Wirtschaftsdirektor Christoph Brutschin verschaffte gestern Abend seinem Unwillen Luft, nachdem die Post bekannt gegeben hatte, auf Ende 2018 die Hauptpost in der Innenstadt schliessen zu wollen. Begründet wird die Absicht mit schwindender Nutzung und hohem Defizit der Filiale. Auch würden die zunehmend hohen Mietkosten im historischen Sandstein-Gebäude stark ins Gewicht fallen. Die Basler Regierung ist mit diesem Entscheid gar nicht zufrieden: «Die Hauptpost ist ein Wahrzeichen von Basel mit grossem emotionalem Wert und für die Innenstadt wichtigen Funktionen.» Dieses gelte es mit seiner aktuellen Funktion zu erhalten. Aus diesem Grund werde der Kanton bei der Postkommission den Entscheid zur Überprüfung anmelden. SEITE 22 Die Uni-Leitung selber will nicht von einem Sparbeschluss sprechen, sondern von einer «Vorsichtsmassnahme, die den Handlungsspielraum in Zukunft vergrössert». Während die Basler Regierung weiter keine detaillierte Stellung dazu beziehen will, äussert sich der Baselbieter Wirtschaftsdirektor Thomas Weber zur Bedeutung für die Standortqualität – und kommt zu ganz anderen Schlüssen als der ehemalige Bildungsdirektor Schmid. In den Massnahmen erkennt er kein Problem: «Es ist ein gutes Signal, wenn auch Bildungsinstitutionen die finanziellen Rahmenbedingungen respektieren und kostenbewusst entscheiden», findet Weber. Es gelte, das laufend wachsende Baselbieter Bildungsbudget zu überprüfen. «Ich erachte den bestehenden Rahmen als nach wie vor komfortabel.» SEITE 20/21 für die 2014 erfolgte Beilegung des Steuerstreits mit den USA. Ein Ende ist nicht in Sicht. Venditti schätzt, dass dies die CS bis 2018 weitere 4, und die UBS weitere 5,7 Milliarden Franken kosten wird. Weil die dafür gebildeten Rückstellungen nicht ausreichen, dürften diese Aufwendungen die Erfolgsrechnung der CS bis Ende 2018 zusätzlich mit 2,4 Milliarden belasten. Bei der UBS dürften es gar 3 Milliarden sein. Was die Grossbanken nicht ausweisen, sind weitere exorbitante Kosten wie die Honorare von Anwälten. SEITE 9/33 bz Basel
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