Nr. 10 | März 2016 Wir begleiten Menschen Kreativität

Wir begleiten Menschen
einblicke
Kreativität
Nr. 10 | März 2016
Augenblick
Herausforderungen und Probleme mit
eigenen Ideen und neuen Methoden
bewältigen – auch das ist kreativ.
Wer nur denkt, was man jetzt denken kann,
spricht die Gegenwart heilig und verrät die
Zukunft.
Fulbert Steffensky
Inhalt
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Florian Reichert
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veränderungsmanagement bei Diaconis
Interview mit Therese Roth-Hotz
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bilder vom Vergessen
Reportage mit Cécile Keller
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kreative Lösungen für den sicheren Weg ins Arbeitsleben
Interview mit Inés Roethlisberger
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von der Kreativität im christlichen Glauben
Brigitte Becker Linder
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gärten mit Kreativität und Witz
Beat Wyder
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rundschau
> Schwesterngemeinschaft
> Wohnen – Pflege
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückblick
Unsere kleinen Patienten
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlich
Antoinette Niggli, Musiktherapeutin SFMT und
psychosoziale Beraterin
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eitenblick
S
David Leutwyler, Geschäftsführer Haus der Religionen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usblick
A
Diaconis-Kurse und -Veranstaltungen
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Liebe Leserin, lieber Leser
Der Begriff «Kreativität» hat seinen Ursprung bekannt­
lich im lateinischen «creare», was so viel bedeutet wie
«schöpfen, etwas erzeugen, herstellen» aber auch «aus­
wählen und herausholen», was ohnehin schon vorhan­
den ist.
In unserer Gesellschaft ist der Begriff omnipräsent. Ob
in der Arbeitswelt, in der Freizeit oder bei der Bewälti­
gung privater und gesellschaftlicher Konflikte – gefragt
sind «kreative Ideen» und «kreative Lösungen».
Befinden wir uns in einem Notzustand, der uns dazu
zwingt, heute besonders kreativ zu sein? Etwa aufgrund
der rasanten technischen Entwicklung und der moder­
nen Kommunikationstechnologie? Oder ausgelöst durch
die Globalisierung? Müssen wir uns heute besonders
anstrengen, um den Anschluss nicht zu verlieren und
um im weltweiten, kompetitiven Miteinander als Indivi­
duen herauszustechen?
Steht Kreativität vielleicht deshalb so hoch im Kurs, weil
die Gefahr besteht, dass wir sie in weiten Teilen unseres
Lebens verlieren? Oder geht es doch darum, mit Kreati­
vität Energie frei zu setzen – für das Allgemeinwohl
ebenso wie für uns selbst?
In der vorliegenden Ausgabe unseres Magazins werden
die verschiedenen Formen und Schattierungen von
Kreativität aus unterschiedlichen Perspektiven ausge­
lotet. Mögen Sie darin Anregung finden, selbst «schöp­
ferisch» zu werden und das Leben mit kreativen Augen
zu sehen – im positiven Sinn.
Ich wünsche Ihnen eine (re)kreative Lektüre!
Peter Friedli
Direktor Stiftung Diaconis
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
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Das hundertste Schaf
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Er ist es, der Eine mitten unter 100 Schafen,
der 99 um sich sieht, sich ausbreitet,
in jeden Winkel schwarzer und weisser Freiheit,
der behutsam Aberhundertste
aus tödlicher Ohnmacht auferweckt,
aus schreiendem Lichtkegel reisst,
aus dornig schattigem Verliess löst
und ihre Wege neu erleuchtet:
Brich auf – erlebe deinen Anfang!
Brigitte Becker Linder
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Einblicke | Nr. 10 | März 2016
Dossier
Kreativität
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Von der Kunst, Kreativität im Alltag zu leben
Was ist Kreativität? Welche Bedeutung hat sie in
unserem Alltag? Florian Reichert, Leiter des Fachbereichs Oper und Theater an der Hochschule der
Künste Bern, erlebt Kreativität als «Wahrnehmen
im Alltag». Eine Aufforderung zum Innehalten:
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«Kreativität beginnt dann, wenn wir nichts mehr tun.
Wenn wir langsamer werden und innehalten. Einfach
nur schauen, hören, riechen, schmecken und diese
Eindrücke auf uns wirken lassen: Schon sind wir kreativ.
Sitze ich zum Beispiel im Zug, kann ich mich der Umwelt
verschliessen, oder ich kann sie aktiv wahrnehmen. Zum
Beispiel die Frau vis-à-vis: Wo mag sie hingehen? Was
transportiert sie wohl in ihrem Koffer? Personen, Ge­
genstände und Landschaften wecken in mir Bilder. Las­
se ich diese Assoziationen zu, bin ich schon im kreativen
Prozess.
Kunst ist sichtbar gemachte Kreativität
Bei uns an der Hochschule der Künste Bern verbringen
wir viel Zeit damit, bewusst wahrzunehmen. Im ganz­
heitlichen Beobachten sammeln die Studierenden
Material, das sie später in einer Kunstform zum Aus­
druck bringen. Was der Mensch wahrnimmt, macht er
durch die Kunst für andere erlebbar. Kunst ist für mich
also sichtbar, hörbar und erlebbar gemachte Kreativität.
Erst im letzten Schritt benötigen wir dabei das hand­
werkliche Können: die Beherrschung eines Musikinstru­
ments, die Kenntnis der Farbenlehre oder den einstu­
dierten Tanzschritt.
Je mehr wir Kreativität pflegen, desto ausgeprägter
wird sie
Kreativität mündet nicht immer in Kunst. Und nicht
jeder äusserst kreative Mensch wird deshalb Künstler.
Viele Menschen verstehen Kreativität als etwas My­
thisch-Spirituelles – als eine besondere Begabung. Ich
sehe das anders. Natürlich ist Kreativität nicht bei allen
Menschen gleich ausgeprägt. Aber viel wichtiger als die
Veranlagung ist die Pflege unseres kreativen Potenzials.
Wie beim Muskeltraining: Wer weiterkommen will,
muss trainieren, üben. Die Wirkung dieses Trainings ist
nicht körperlich sichtbar, aber das Prinzip ist dasselbe: Je
mehr wir unsere Kreativität pflegen, desto ausgeprägter
wird sie. Auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind.
Zum Beispiel, wenn wir geschäftlich eine Sitzung verein­
baren. Wie lösen wir eine Terminkollision? Oder wenn
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wir einen Menschen treffen, der uns nicht sympathisch
ist. Finden wir einen Konsens? Bei all diesen alltäglichen
Herausforderungen sind wir kreativ.
Das Besondere im Alltäglichen
Die Kunst entwickelt sich oft aus dem Alltäglichen: Die
Geschichte von Romeo und Julia an sich ist nicht ausser­
ordentlich. Aber Shakespeare findet im Gewöhnlichen
das Spezielle. Im Alltag das Besondere entdecken – ge­
nau darum geht es in meinen Augen auch bei der Be­
gleitung von älteren oder kranken Menschen: einen
ganz normalen Moment wahrzunehmen und ihn kreativ
zu verarbeiten. Lassen wir uns auf ältere und kranke
Menschen ein, statt dass wir hurtig wegrennen! Eine
strukturierte Form des Zuhörens ist die Biografie-Arbeit.
Dabei stellen wir die individuelle Biografie in einen ge­
sellschaftlichen und historischen Zusammenhang. Wie
ist ein Mensch zu dem geworden, was er ist? Die alte
Person blickt zurück auf ein volles Leben. Indem sie er­
zählt und ihre Erinnerungen reflektiert, wird sie kreativ.
Ihre Biografie wird Teil der Geschichte. Mit etwas Refle­
xion entstehen zudem höchst spannende Erzählungen
mit Eigenwert.
Die eigene Kreativität entdecken
Der Kreativkiller schlechthin ist die Frage «Wozu?». Nach
dem Nutzen der Kreativität zu fragen, ist wie jemanden
anzubrüllen: «Entspann dich!» Ein Widerspruch in sich.
Richtungsweisend finde ich hier den berühmten Satz
von Friedrich Schiller: «Der Mensch ist nur da ganz
Mensch, wo er spielt.» Kreativität geschieht ohne Zwang.
Sie geschieht uns. Und sie steht jedem Menschen offen.
Die Frage ist: Nehmen wir uns die Zeit, unsere kreative
Seite zu pflegen, also hinzuschauen, zu­zuhören, wahr­
zunehmen? Auf welche Weise geben wir ihr in unserem
Alltag Raum, und wie viel? Es lohnt sich, Antworten zu
suchen ... und zu finden.»
1997 übernahm Florian Reichert (*1960) die Direktion
der Scuola Teatro Dimitri, die er bis 2007 innehatte.
Seit dem Herbstsemester 07/08 leitet Florian Reichert
den Fachbereich Oper/Theater an der Hochschule der
Künste Bern.
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
Therese Roth-Hotz
Leiterin Human Resources
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Veränderungsmanagement: Die
Analogie der Heldenreise erleich­
tert Diaconis die Orientierung
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Um langfristig auf dem Markt bestehen zu können,
hat sich Diaconis in den vergangenen Monaten einem umfassenden Wandel unterzogen. Die Analogie der Heldenreise hilft der Stiftung, diese Veränderungsprozesse erfolgreich zu gestalten. Im Interview erläutert Therese Roth-Hotz, Leiterin Human
Resources, das sogenannte «Heldenprinzip».
Therese Roth-Hotz, was steckt hinter dem
geheimnisvollen Begriff «Heldenprinzip»?
Das «Heldenprinzip» ist eine im Bereich des Verände­
rungs- und Entwicklungsmanagements bewährte Me­
thode, um komplexe unternehmerische Veränderungs­
prozesse einfach und mit allen Sinnen versteh- und
erlebbar zu machen. Die Transformation eines Unter­
nehmens wird dabei als Heldenreise dargestellt. Der
Protagonist des Geschehens durchlebt seine Entwick­
lungsreise in elf Schritten. Oder sagen wir: Der Held
durchlebt Abenteuer mit Stationen. Diese lassen sich
symbolisch übertragen auf das Verhalten eines Individu­
ums oder das einer Organisation sowie auf deren Um­
gang mit Wandel, Veränderung und Entwicklung.
Was für Etappen sind das zum Beispiel?
Dem Aufbruch folgt das Abenteuer mit ersten Erfahrun­
6
gen im neuen Umfeld. Weitere Etappen sind das Über­
winden von Widerständen und die abschliessende
Rückkehr. Der Held reist aus der ihm bekannten in die
unbekannte Welt, um dann gereift zurückzukehren.
Neue Erfahrungen werden in bestehende Traditionen
integriert. Dabei ist der Held nicht etwa einfach ein «Su­
perman». Die Metapher steht für Organisationen und
Menschen ganz generell, die Herausforderungen kreativ
und ganzheitlich meistern.
Wie muss man sich die Arbeit mit der Methode
vorstellen?
Die Metapher des Helden ergänzt moderne Manage­
mentmethoden. Im Rahmen von Umstrukturierungs­
prozessen erstellen wir bei Diaconis nicht nur Or­
ganigramme und Konzepte: Wir fragen uns auch,
was die geplanten oder bereits umgesetzten Verände­
rungen für das Unternehmen als Ganzes bedeuten und
wie sie von den einzelnen Mitarbeitenden erlebt
werden. Die Methode umfasst eine Reihe von Übungen,
die dabei helfen, menschliches Verhalten in Verände­
rungsprozessen ganzheitlich zu erleben und zu reflek­
tieren.
Wie sieht eine solche Übung aus?
Wie bei vielen unterstützenden Methoden des Verände­
rungsprozesses helfen uns die Übungen, überholte Stra­
tegien und Denkmuster über Bord zu werfen. Zum Bei­
spiel, indem wir für einmal gestalterisch tätig sind. Es er­
fordert zugegebenermassen etwas Überwindung, im
Kreise des Kaders plötzlich mit einem Stück Lehm zu ar­
beiten, statt an einem Organigramm zu feilen. Die an­
fängliche Skepsis hat sich jedoch schnell gelegt: Indem
wir uns die Zeit nehmen, für einen Moment unsere tra­
ditionellen Methoden beiseite zu lassen, öffnen wir uns
neuen Ideen. Wir sind eben nicht alle Rädchen im Ge­
triebe, sondern Menschen mit Emotionen, Stärken und
Schwächen.
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
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Wie hilft Ihnen denn die Arbeit mit Lehm ganz
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In einer solchen kreativen Übung «erleben» wir eine Si­
tuation, statt dass wir darüber sprechen. Wenn sich eine
Organisation auf das Heldenprinzip einlässt, fällt es ihr
einfacher, die Phasen einer Transformation zu verstehen
und Rückschläge aufzufangen. Sie kann die Heldenreise
als Referenzrahmen nutzen, um systematisch einzuord­
nen, an welchem Punkt des Wandlungsprozesses sie
sich befindet. Das Kader erhält Instrumente, um die Her­
ausforderungen in seinem Führungsalltag zu meistern.
Wenn wir uns in einem Umstrukturierungsprozess mit
einem ins Abenteuer aufbrechenden Helden identifizie­
ren, reflektieren wir unsere eigenen Erwartungen, Hoff­
nungen, aber auch Ängste.
Das Heldenprinzip®
Quelle: www.heldenprinzip.de
7
Setzen Sie das Prinzip ausschliesslich im Kader ein?
In einem ersten Schritt ja. Ich denke, die Methode hat
dem Kader wesentlich dabei geholfen, Veränderungs­
prozesse ganzheitlich anzugehen. Einzelne Mitglieder
des Kaders haben mittlerweile damit begonnen, ausge­
suchte Übungen mit ihren Mitarbeitenden durchzuspie­
len. Die Rückmeldungen sind grundsätzlich positiv.
Die Stiftung Diaconis ist in der christlichen Tradi­
tion verwurzelt. Die Metapher des Helden basiert
auf archaischen Mythen – ein Widerspruch?
Ganz im Gegenteil. Die Metapher des Helden hat ein
stark verbindendes Element. Bei uns arbeiten Menschen
aus verschiedensten Ländern mit unterschiedlichen Reli­
gionen und aus vielen Kulturen. Wir begegnen uns bei
Diaconis auf Augenhöhe und mit Respekt, leben Freiheit
und Offenheit. Das Prinzip des Helden, der eine Auf­
gabe zu bewältigen hat, ist allen Kulturen vertraut. Man
kann übrigens auch die Akteure in der Bibel als Helden
verstehen, auf ihrer Reise hin zu Gott.
Wie geht es weiter?
Metaphorisch gesprochen sind wir als Organisation in
einem neuen «Land» angekommen. Nun geht es darum,
die anstehenden «Prüfungen» erfolgreich zu meistern.
Diaconis will die Veränderungsprozesse in der unterneh­
merischen Praxis implementieren. Seit Januar setzen wir
die Metapher der Heldenreise auf allen Hierarchiestufen
ein.
Helena Jansen/Serena Failla
Mehr Informationen: www.heldenprinzip.de
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
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Bilder vom Vergessen
Wie können wir uns noch ausdrücken, wenn wir
unsere Identität im Verlauf einer Demenzerkrankung verlieren? Die Malstunde im Haus Altenberg
von Diaconis bietet Menschen mit Demenz die
Möglichkeit, sich kreativ zu betätigen – jenseits
von Worten und Begriffen.
Ein Zimmer im Untergeschoss des Hauses Altenberg.
Eine Wand ist grossflächig mit braunem Papier abge­
deckt, am Fenster steht ein langer Palettentisch auf Rol­
len. Es riecht nach frischer Farbe. Vier Stühle sind im
Kreis angeordnet, auf der Sitzfläche liegen bunte, hand­
gestrickte Decken. Gestützt von ihren Pflegerinnen be­
treten die Seniorinnen Heidi B. und Margret S. den
Raum. Cécile Keller, Dipl. Pflegefachfrau AKP und Mitar­
beiterin des Teams Alltagsgestaltung/Aktivierung, emp­
fängt die Frauen. Die Gruppe trifft sich einmal pro Wo­
che. Gemalt wird, was gefällt. Auf einer grossen Fläche
mit Pinsel und Farbe. Inhaltliche und technische Anwei­
sungen gibt es keine. Es ist das Tun, das zählt, nicht das
Resultat.
Eine Sinneserfahrung
Heute sind sie zu viert: Die 80-jährige Modesta R. ist
zum ersten Mal dabei. Sie sitzt im Rollstuhl und hat
Mühe, die Bewegungen ihrer Hände zu kontrollieren.
Ihre Demenzerkrankung ist noch in einem frühen Stadi­
um. Die Italienerin hat noch nicht akzeptiert, dass die
Hände nicht mehr gehorchen wollen. Sie will schreiben.
Worte, die ihr vielleicht schon bald entgleiten werden.
Auch die 87-jährige Heidi B. und die 75-jährige Margret
S. sind an Demenz erkrankt. Sie sitzen zusammen mit
Cécile Keller im Kreis, lächeln freundlich, wissen aber of­
fensichtlich nicht so recht, was auf sie zukommt. Dass
sie hier bereits letzte Woche mithilfe von Pinsel und Far­
be ausdrückten, was sie mit Worten nicht mehr können,
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ist im Nebel des Vergessens verschwunden. «Im Malen
erfahren diese Menschen ihre Sinne», erklärt Cécile Kel­
ler. Die Fähigkeit zu fühlen bleibt Demenzkranken erhal­
ten. Auf den Verlust ihrer Worte und ihres Denkens re­
agieren sie oft mit Wut, Traurigkeit und Verzweiflung.
«Das gestalterische Schaffen ermöglicht es ihnen, den
Moment zu leben und auszudrücken, was sie empfin­
den.»
«Muss ich malen?»
Trauer und Verzweiflung haben in dieser Malstunde kei­
nen Platz. Cécile Keller geht herzlich und vertraut mit
den Seniorinnen um, lacht viel und schafft so im Nu
eine gelöste Atmosphäre. Sie bindet Margret S. die
«schönste» Malschürze um. Die 75-Jährige zieht mit ver­
schmitztem Gesichtsausdruck theatralisch ihren Bauch
ein. Heidi B. mustert derweil kritisch den Palettentisch.
Fast scheint es so, als hätte die zierliche Frau, die früher
leidenschaftliche Porzellanmalerin war, keine Lust, ei­
nen Pinsel in die Hand zu nehmen. Sie fragt: «Müssen
wir hier malen?» Nein, hier «muss» niemand. Aber sel­
ten verlässt eine Teilnehmerin den Raum am Ende der
Stunde, ohne ein Bild gestaltet zu haben. Wenn eine
Person zögert, tut sie dies laut Cécile Keller eher, weil
sie sich in einer unbekannten Situation befindet, und
nicht, weil ihr die Lust am Malen fehlt. Cécile Keller hilft,
diese Hemmschwelle zu überwinden. «Welche Farbe
gluschtet Sie?», fragt sie in die Runde. Margret S. Ant­
wort kommt wie aus der Pistole geschossen: «Blau».
Modesta R. wählt Violett. Und Heidi B., die vor einer
halben Minute noch gezögert hat, greift nun zielstrebig
nach der hellblauen Farbe.
«Wir spüren, was noch möglich ist»
Cécile Keller reicht den Seniorinnen die Pinsel mit ihrer
Wunschfarbe. Heidi B. zögert erneut: «Malen ist nicht
immer so einfach. Was ist, wenn es nicht schön wird?»
Cécile Keller wird nach der Malstunde erklären: «Das
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
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Leistungsdenken unserer Gesellschaft ist so tief in uns
verankert, dass nicht einmal die Demenz es uns zu neh­
men vermag.» Aber Kunst im herkömmlichen Sinn ist
nicht das Ziel der Malstunde. Kriterien und Wertungen
wie «schön» oder «talentiert» haben hier keinen Platz
mehr. Heidi B. setzt den Pinsel aufs Papier. Strich um
Strich entsteht ein Haus mit Giebeldach, quadratischen
Fenstern und rauchendem Schornstein.
Als Cécile Keller sie auffordert, ihren Pinsel zur Seite zu
legen, protestiert sie: «Non ho ancora finito!» Erst mit
dem Versprechen, dass sie in einer Woche weitermalen
dürfe, gelingt es Cécile Keller schliesslich, die Italienerin
zu überzeugen, ihre Malschürze auszuziehen. Die Mal­
stunde ist nicht nur eine Stunde, in der sich Menschen
mit Demenz kreativ ausdrücken können, sondern auch
ein Ort, an dem sie mit Menschen zusammenkommen.
«Diese Kontakte sind besonders wertvoll, da es den De­
menzkranken oft nicht mehr möglich ist, sich unterein­
ander verbal auszutauschen», so Cécile Keller.
Verena Felber
Alltagsgestaltung/Aktivierung bei Diaconis
Ältere und in ihrer Aktivität eingeschränkte Menschen
haben in der Alltagsgestaltung und Aktivierung die
Möglichkeit, sich mit verschiedenen Elementen und
Materialien zu beschäftigen. Musik, Bewegung, Kochen,
Singen, Gespräche, Farbe und Material fördern ihre
körperlichen und geistigen Fähigkeiten.
Die Alltagsgestaltung und Aktivierung vermittelt Orien­
tierung und Sicherheit. Sie unterstützt die Bewohnerin­
nen und Bewohner darin, ihre neue Lebenssituation
mitzugestalten, um sie besser zu bewältigen. Sie ermög­
licht soziale Kontakte und fördert die gemeinschaftliche
Lebensgestaltung. Das Alltägliche wird zum Besonde­
ren, zum Aussergewöhnlichen, da es nicht mehr aus
eigener Kraft getan werden kann. Insgesamt trägt die
Aktivierung zum persönlichen Wohlbefinden bei und
bringt Freude und Abwechslung in den Alltag.
Während Heidi B. ihr Haus mit einem Garten, einem
Baum und einem Hund ergänzt, reicht Cécile Keller
Margret S. einen Pinsel mit dunkelblauer Farbe und er­
läutert nachträglich: «Wir spüren, was die Menschen
noch können und helfen ihnen, dies zum Leuchten zu
bringen.» Margret S. unterbricht sie: «Was soll ich ma­
len?» Keller: «Was Sie möchten.» Mit breiten Pinselstri­
chen verteilt Margret S. nun das Blau auf dem Papier,
ganz auf sich und ihr Werk konzentriert.
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Mehr Wohlbefinden
Die konzentrierte Stille im Raum wird nun nur noch sel­
ten unterbrochen von Cécile Keller. Sie reicht den Senio­
rinnen weiter Pinsel in den gewünschten Farben, rückt
ihre Stühle zurecht oder holt neues Papier. Plötzlich
lacht Modesta R. laut auf: «Ho scritto: Ti voglio bene!»
Nun kommentiert sie lautstark jedes weitere Wort, das
sie in ihrer italienischen Muttersprache und in ihrer
wackligen Handschrift aufs Papier schreibt. Sie geniesst
diese für sie neue, kreative Erfahrung sichtlich.
Heidi B. und Margret S. sitzen mittlerweile vor ihren
Werken, stumm, die Hände in ihrem Schoss. «Sind Sie
fertig?», fragt Cécile Keller. «Wenn ich noch mehr male,
sind Dinge drauf, die da nicht hingehören», sagt Heidi B.
ernst. Cécile Keller schmunzelt, aber Heidi B. ist sich
nicht bewusst, dass ihr ein Witz gelungen ist. Während
sich Heidi B. und Margret S. von Cécile Keller verab­
schieden, schreibt Modesta R. unbeirrt weiter. Sie
scheint nicht zu merken, dass die Malstunde vorüber ist.
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Einblicke | Nr. 10 | März 2016
Inés Roethlisberger
Leiterin Bereich
Mensch und Arbeit
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Kreative Lösungen für den
sicheren Weg ins Arbeitsleben
Von der Stellenvermittlung über den arbeitsspezifischen Sprachkurs bis zum Coaching – mit zahlreichen Angeboten unterstützt der Bereich
Mensch und Arbeit Personen in schwierigen beruflichen und persönlichen Situationen. Dabei
setzt die Leiterin Inés Roethlisberger nicht nur
auf Fachkenntnisse, sondern auch auf eine grosse Portion Kreativität.
Inés Roethlisberger: Sind Sie ein kreativer
Mensch?
Ich nähe zwar weder Kleider, noch erstelle ich Skulptu­
ren oder bastle Postkarten. Aber ich glaube schon, dass
ich kreativ bin. Zum Beispiel indem ich offen und neu­
gierig durchs Leben gehe – mit viel Lust und Freude an
Neuem! Oder indem ich Farben und Formen vielfältig
und spielerisch einsetze. In der Mitte meines Büros steht
ein farbiges Deko-Möbel, an der Wand hängen farben­
frohe Bilder, im Regal bilden meine Bücher ein buntes,
fröhliches Durcheinander – auch das ist kreativ.
Wie wichtig sind unkonventionelle Lösungen in
Ihrer Arbeit? Besteht diese nicht in erster Linie aus
Formalitäten und Papierkrieg?
Nein, überhaupt nicht. Administrative Aufgaben ma­
chen zwar einen Grossteil unserer Arbeit aus, und wir
bewältigen sie mit grosser Sorgfalt und Umsicht. Geht
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es darum, Lösungen für Menschen zu finden, sind un­
konventionelle und kreative Ansätze jedoch nicht min­
der wichtig. Gemeinsam mit meinem Team begleite ich
Menschen in herausfordernden beruflichen und persön­
lichen Situationen. Sie erreichen uns in unterschiedli­
chen Stimmungen und Erwartungen. Wir gehen auf sie
ein und holen sie bei ihren persönlichen Bedürfnissen
ab. Ziel sind Lösungen, die zu einer Person und ihrer Si­
tuation passen. Gleichzeitig können wir Stellen nicht
einfach herzaubern. Da ist oft sehr viel Kreativität ge­
fragt. Es gibt keine Patentrezepte.
Können Sie ein Beispiel geben für eine kreative
Lösung?
Spontan fallen mir zwei Beispiele ein: Eine Frau, die ihre
Stelle im Verkauf verloren hat, plant nun den Schritt in
die Selbstständigkeit. Einen Kredit für die Eröffnung ih­
res Geschäfts können wir ihr zwar nicht beschaffen.
Auch die Finanzierung einer Ausbildung ist nicht mög­
lich. Wir haben der Frau also einen befristeten Arbeits­
einsatz bei einer unserer Partnerorganisationen vermit­
telt. Sie behält dadurch den Anschluss an den Arbeits­
markt und erlernt gleichzeitig das Handwerk des kauf­
männischen Berufes. Know-how, das ihr den geplanten
Schritt in die Selbstständigkeit erleichtern kann.
Und das zweite Beispiel?
Ein Beispiel für eine kreative Lösung ist auch unser Pilot­
programm «speak and work». Es entstand aus einem
Bedürfnis der Caritas und des Schweizerischen Roten
Kreuzes. Die beiden Hilfsorganisationen suchten nach
Möglichkeiten, Migrantinnen und Migranten zu unter­
stützen, die zwar schon lange in der Schweiz sind, aber
noch nicht gut Deutsch sprechen. Oft besitzen diese
Menschen zwar ein Deutsch-Zertifikat – im Arbeitsalltag
können sie sich aber trotzdem kaum durchschlagen. Sie
stehen damit vor fast unlösbaren Problemen. Wir haben
ein Programm geschaffen, in dem Migranten im ersten
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
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Arbeitsmarkt einen Einsatzplatz erhalten und gleichzei­
tig Deutsch lernen können. Vier Tage pro Woche sind
die Teilnehmenden in einem Unternehmen tätig, am
fünften Tag besuchen sie den Kurs «Deutsch für die Ar­
beitswelt». Bezahlt wird der Einsatz durch die Hilfsorga­
nisationen.
Was unterscheidet den Sprachkurs von ähnlichen
Angeboten?
Die Lektionen verlaufen zunächst wie herkömmliche
Sprachstunden. Die Lehrperson greift ein bestimmtes
Thema auf und bearbeitet dieses mit den Teilnehmen­
den. Herzstück des Kurses aber ist die Behandlung spe­
zifischer Sprachfragen, die von den Teilnehmenden di­
rekt aus der Arbeitswelt in den Kurs getragen werden.
Manchmal bringt ein Teilnehmer auch eine Notiz in die
Klasse, die er nicht versteht. Oder die Arbeitgeber selbst
kommen auf uns zu und machen die Kursleitung auf ein
sprachliches Problem eines Angestellten aufmerksam.
Jedes Anliegen wird aufgenommen und individuell oder
in der Gruppe behandelt. Die Kursleitung beantwortet
den Teilnehmenden konkrete sprachliche Fragen aus ih­
rem Arbeitsalltag.
Wie kommt dieses Angebot bei der Zielgruppe an?
Im Rahmen des Pilotprogramms unterrichten wir 15 Per­
sonen. Die Teilnehmenden sind hochmotiviert. Wir ver­
zeichnen kaum Absenzen. Die Gelegenheit, Deutsch be­
rufsbezogen zu lernen, wollen sich die Teilnehmenden
auf keinen Fall entgehen lassen. Das Angebot deckt ein
grosses Bedürfnis ab und ist durchaus ausbaufähig. So­
bald der Erfahrungsbericht vorliegt, wollen wir deshalb
weitere zuweisende Stellen angehen und die Kurse als
Standardprogramme anbieten.
Inwiefern ist Kreativität für Ihre Klienten wichtig?
Im Grunde genommen ist sie zentral. Manche Men­
schen, die zu uns kommen, fühlen sich wie in einer
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Sackgasse. Aus verschiedenen Gründen ist es ihnen
nicht mehr möglich, aus eigenem Antrieb eine kreative
Lösung zu suchen. Mit der richtigen Beratung geben wir
den Anstoss, diese Hürde zu überwinden und auch mal
um die Ecke herum zu denken.
Wie leben Sie Ihre eigene Kreativität im
Arbeitsalltag?
Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt: Ideen für
meine Arbeit finde ich oft, wenn ich mich mit Interesse
etwas ganz anderem zuwende. Zum Beispiel bei der
Lektüre eines spannenden Artikels oder beim Lesen ei­
nes Inserats in der Zeitung. Aber auch ein anregendes
Gespräch mit einem Menschen im Tram kann ganz neue
Ideen auslösen.
Wie stellen Sie sicher, dass Sie diese Ideen auf dem
Weg ins Büro nicht wieder vergessen?
(Lacht.) Ich schreibe mir selbst eine E-Mail. So ist die
Idee gesichert. Es besteht nicht die Gefahr, einen Zettel
zu verlieren. Und selbst bei einem Computerabsturz
würde die Idee nicht für immer verloren gehen. Im Büro
angekommen, erinnert mich die E-Mail in meinem Post­
eingang an meine Idee. In einem nächsten Schritt neh­
me ich den Denkanstoss auf, und wir besprechen ihn im
Team. Das geht manchmal auch ganz informell zwi­
schen Tür und Angel oder in der Pause. So entstehen
neue, unkonventionelle und oft auch sehr nachhaltige
Lösungen, ganz nebenbei.
Serena Failla/Helena Jansen
Ende Februar hat der Bereich Mensch und Arbeit in Os­
termundigen an der Bernstrasse 5 neue Räumlichkeiten
bezogen: Hier unterstützen rund 40 Fachkräfte Perso­
nen bei unterschiedlichen Problemen und Fragestellun­
gen in Bezug auf ihr Berufsleben. Unter anderem ver­
mittelt Diaconis Stellensuchenden Einsatzplätze im ers­
ten Arbeitsmarkt und bietet Coachings zu verschiede­
nen Themen an. Ein besonderes Angebot richtet sich
an Migrantinnen und Migranten. Diese können einen
Einsatz im Arbeitsmarkt mit einem auf ihre beruflichen
Bedürfnisse abgestimmten Sprachkurs kombinieren.
Bisher wurden diese Dienstleistungen an verschiedenen
Standorten innerhalb der Stadt Bern erbracht. Inés
Roethlisberger leitet den Bereich Mensch und Arbeit
von Diaconis seit März 2015.
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
Erfahrungsbericht
Pfrn Brigitte Becker
Linder
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Von der Kreativität im christlichen
Glauben
Glaube ist in dreierlei Hinsicht kreativ: in den
schriftlichen Grundlagen und deren Wirksamkeit
zu allen Zeiten – in der Lehre, absichtsvoll formuliert in je historischer Situation und in den unterschiedlichen Formen menschlicher Spiritualität.
In der Bergpredigt lesen wir mitten in unsere Zeit hinein:
«Selig sind die Gewaltlosen, denn sie werden das Land
erben» (Matth.5). Ist das eine Zielformulierung, eine
Utopie oder einfach ein treuherzig frommer Wunsch?
Kreatives Hören, Denken und Umsetzen sind gefragt.
Gewaltlosigkeit 2016? Die Erde als Heimat im umfas­
sendsten Sinn aller Menschen? Sind Theologie und Han­
deln aus Glauben kreativ? Kreativ – von lateinisch «crea­
re» erschaffen – bedeutet: fortwährend erschaffend,
neu schaffend. Die Bergpredigt Jesu von Nazareth ist so
kreativ, neu und ganz anders. Schon dieser eine Satz zur
Gewaltlosigkeit schreit geradezu nach Hinterfragung
und Neuschaffung menschlicher Wirklichkeit.
Glaube und Theologie sind, in der hier gebotenen
Kürze, in dreierlei Hinsicht kreativ:
Kreativität in den heiligen Schriften
Erstens: Die Schriften der Bibel, vor über 2000 Jahren
durch unterschiedlichste geistbewegte, schöpferische
Personen aufgeschrieben, sprechen in jede Gegenwart
bis heute, berühren immer neu die spirituelle Saite im
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Menschen und haben so Auswirkungen. «Heilige Schrif­
ten sind Schriften in Höchstform, die zeigen, was
Schriftliches kann. Sie sammeln in sich die Fülle der Zeit
und spenden sie aus an alle Zeiten... nicht nur (gegen­
wärtiges) Geschehen wird von da nach dort vermittelt,
sondern es kommt – in die Welt – das Mögliche und
das Unmögliche.» (Safransky, Zeit, 2015, 202/3) Erzähl­
bar wird, was die Ursprünge betrifft, das Woher, das
Wohin.
Kreativität in der Lehre
Zweitens ist Kreativität im Spiel in der Theologie, der
Lehre über Gott und den Glauben an ihn. Im Lauf der
Kirchengeschichte begegnet sie uns bis heute in Be­
kenntnisse und Dogmen gegossen: traditionshütend in
Bedrohungszeiten, lehrhaft abgrenzend und allzu oft
die Macht der jeweilig herrschenden Partei erzwingend,
stets kreativ restaurativ oder progressiv, im Guten wie
im Schlechten. Spätestens die Reformation formulierte,
wiederum höchst kreativ, jeglicher Erstarrung Einhalt
gebietend und das Unverfügbare, Unsichtbare bewah­
rend, den Anspruch des «semper reformanda», der Not­
wendigkeit fortwährender Veränderung der Kirche.
Kreativität in der Spiritualität
Genuin kreativ ist drittens die Spiritualität des einzelnen
Menschen, seine Fähigkeit, frei und neugierig Fragen zu
stellen über Leben und Tod, mit dem Herzen zu hören
und Nächstenliebe zu üben, aufzubrechen und Neues
zu wagen. Was brauche ich als Individuum, als Teil der
Mitwelt und mitmenschlicher Beziehungsgeflechte, täg­
lich neu für ein gutes Leben und ein würdiges Sterben?
In der Stiftung Diaconis sind wir dabei, uns in den drei
genannten Dimensionen zu orientieren, zu positionie­
ren und zu handeln. Undogmatisch, unvollkommen,
aber unterwegs. Kreativ unterwegs durch Zeit und
Wandel für die sichtbaren und unsichtbaren Bedürfnisse
der uns aufsuchenden Menschen.
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
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Die Parkanlagen von Diaconis:
Gärten mit Kreativität und Witz
Seit knapp einem Jahr kümmern sich Beat Wyder
und sein Team um die Gärten von Diaconis.
Die Truppe bewirtschaftet die Anlagen mit viel
Einsatz und Herzblut – aber auch mit einer
grossen Por­tion Kreativität und Humor.
Uralte Baumbestände, prächtige Blumenbeete und lau­
schige Winkel – die historischen Gärten von Diaconis
tragen viel dazu bei, dass sich Bewohnerinnen und Be­
wohner wohlfühlen. Insgesamt erstrecken sich die Park­
anlagen der verschiedenen Häuser der Stiftung über 4,5
Hektaren. Für die Pflege der Grünflächen wurden im
Frühjahr 2015 eigens fünf Stellen geschaffen: Unter der
Leitung von Beat Wyder betreut neu ein fünfköpfiges,
professionelles und top motiviertes Team die Gärten. Bis
anhin wurden die entsprechenden Arbeiten jeweils ex­
tern vergeben. Von einer internen Lösung erhofft sich
die Stiftung mehr Flexibilität: Die neue Abteilung Diaco­
nis-Garten sorgt nicht nur für die Bearbeitung der Grün­
flächen und Beete, sondern übernimmt auch anfallende
Garten-Team
(von links nach rechts):
Bernhard Saurer,
Andreas Hofmann,
Lisa Moser, Bruno
Schenk, Beat Wyder
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Reparaturarbeiten an Mauern, Zäunen und Treppen so­
wie die Schneeräumung.
«Unbekannter Künstler»
Mit Beat Wyder hat sich Diaconis für einen ausgespro­
chen kreativen Gärtner entschieden. Neben den gros­
sen gestalterischen Würfen sind es die kleinen Details,
die seine Gärten einladend machen. «Ich gehe mit offe­
nen Augen durch die Welt», sagt Beat Wyder. «Dabei
kommen mir die besten Ideen.» Eine von Unbekannten
angebrachte Sprayerei an der Nordseite des Blumen­
berghauses hat Beat Wyder kurzerhand eingerahmt.
Auf dem Schild unter der Sprayerei steht heute: «Black
against Grey. Acryl auf Beton. Unbekannter Künstler.»
Auch ein einfaches Schild mit der Aufschrift «Privat. Kein
Durchgang» hat er aufgepeppt: Die mit alten Nägeln
gespickte Holztafel leuchtet nun rot und gelb und hängt
an zwei Ketten. «Beides soll ein Blickfang sein für Be­
wohner, Mitarbeitende und Besucher von Diaconis»,
sagt Beat Wyder.
Erlebnis fürs Auge
Eine Welt schaffen, die immer wieder neu erkundet
werden kann – das ist eines der Ziele des neuen Garten­
teams. «Ein gelungener Garten ist ein Erlebnis für das
Auge», sagt Beat Wyder, der sich selbst als «Regisseur»
der Gärten bezeichnet. Für Bewohner der Stiftung, die
sich nur noch beschränkt frei bewegen können, ist diese
visuelle Erfahrung besonders wichtig. «Wir haben hier
Patienten, die viele Stunden pro Tag im Bett verbrin­
gen», so Wyder. «Wenn sie das Zimmer dann einmal ver­
lassen können, sollen sie etwas sehen, das ihnen gut
tut.»
Farbtupfer setzen
Wenn es nach Beat Wyder geht, können die Gärten von
Diaconis nicht abwechslungsreich genug sein. Mit far­bigen Zäunen, verspielten Formen und künstlerischen
Kleinoden sollen sie zu kleinen farbenprächtigen Oasen
werden. «Es sind Details, dezent eingesetzt, die den
Gärten ihren Reiz verleihen», sagt Wyder. Mit bunten
Möbeln will das neue Team Farbtupfer setzen. «Ich stel­
le mir Tische, Stühle und Bänke vor, die zwar bunt sind,
sich aber gleichzeitig so in unsere Pärke einfügen, als
würden sie schon immer hier stehen.
Bewohner gestalten mit
Zur Vielfalt in den Gärten tragen in Zukunft aber auch
die Bewohner der Stiftung selbst bei – mit ihren eigenen
Kreationen. In einer Rabatte vor dem Haus Belvoir ste­
cken von den Bewohnern angefertigte bunte Holzfigu­
ren auf Holzstäben. Gleich neben diesen Rabatten, im
Rasen, liegt ein erhöhtes Beet. Es wurde eigens für die
Heimbewohner eingerichtet, sodass diese im Sitzen
oder Stehen Kräuter pflanzen, pflegen und riechen kön­
nen. «Wissen Sie, warum die Menschen die Stadt Bern
so schön finden?», fragt Wyder und gibt die Antwort
gleich selbst: «Weil sie nicht uniform ist.» Dasselbe
wünscht er sich von einem Garten. Er soll vielfältig sein
und bunt. Eben genauso wie die Anlagen von Diaconis.
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
Rundschau
*Am 5. November 2016 wird die
Stiftung Diaconis zu einem «Tag der
offenen Tür» einladen. Dieser ersetzt
in Zukunft den Basar.
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Kreativität kann vielfältigsten
Ausdruck finden...
... wenn geschickte Hände die im Kopf geborenen
Ideen umsetzen.
Einen Augenschein dieser Vielfalt konnte erhaschen,
wer am 7. November 2015 den letzten Basar* der
Schwestern von Diaconis besuchte.
Da fand man nebst unzähligen gestrickten Pullovern,
Socken und Finklein für die Allerkleinsten auch liebevoll
neu eingekleidete Sascha-Puppen (aus dem Nachlass
einer Schwester), prächtige Patchworkarbeiten, aus
Kunstkarten gefertigte Schachteln und Schächtelchen,
aber ebenso Köstlichkeiten für den Gaumen: diverse
Konfitüren (wunderschön kalligrafisch beschriftet), ge­
dörrte Apfelschnitze, Nidletäfeli, ganz zu schweigen
von all den gebackenen Köstlichkeiten!
Dass man aus vielem, an dem die meisten von uns acht­
los vorbeigehen, etwas Wunderschönes kreieren kann,
davon zeugten die verschiedensten Kränzlein aus Natur­
materialien oder die farbig gestalteten Karten für jede
Gelegenheit.
Diese Aufzählung ist in keiner Weise vollständig, sie will
nur aufzeigen, wie unterschiedlich sich Kreativität prä­
sentieren und wie viel Freude sie machen kann: dem­
jenigen, der etwas kreiert, oder derjenigen, die das Pro­
dukt geniesst.
Der Genuss kann auch ein flüchtiger sein, beim Hören ei­
nes Musikstücks oder eines Textes: Zum Schreiben von
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Noten oder Worten braucht es genauso Kreativität wie
bei deren Umsetzung in klingende Musik, hörbare Wor­
te. Der Genuss ist flüchtig, die Wirkung kann aber eben­
so nachhaltig und freudespendend sein wie ein Gemälde
oder ein originell zusammengestellter Blumenstrauss!
Der Kreativität sind (fast) keine Grenzen gesetzt, das zei­
gen auch die Bilder des Diaconis-Basars auf schöne und
eindrückliche Weise.
Dorothea Marti-Henny
Leiterin Schwesterngemeinschaft
Gut umsorgt
Der Bereich Wohnen – Pflege ist eines der drei Standbeine
der Stiftung Diaconis. Als Institution mit total 165 Betten
in der Langzeitpflege bieten wir Menschen in Lebens­
übergängen die Möglichkeit, bei uns wohlumsorgt zu le­
ben. Sie können im Jugendstilhaus in der Villa Sarepta
nicht nur wohnen, sondern auch zahlreiche Dienstleis­
tungen beanspruchen. Bei Pflegebedürftigkeit können
die Mieter/innen nach Wunsch in eines unserer drei Häu­
ser ein- oder übertreten. Hier sind wir für stärker pflege­
bedürftige Menschen eingerichtet, und in einer palliati­
ven Situation ist die Abteilung der Palliative Care nicht
weit weg. Auch das Salem-Spital befindet sich in unmit­
telbarer Nähe. Diese Standortvorteile unterscheiden Dia­
conis von anderen Anbietern auf dem Markt – nicht zu
vergessen natürlich die zentrale Lage mit wunderbarer
Aussicht auf die Alpen und die Altstadt mit der Aare.
Weshalb kommen Menschen zu uns? Oftmals sind es
Sozialdienste von Spitälern oder Reha-Kliniken, die sich
an uns wenden. Sie suchen übergangsweise oder defini­
tiv für jemanden einen Aufenthaltsort. Es sind aber auch
Angehörige, die sich für eine Weile entlasten möchten
und für ihre Verwandten ein Ferienbett suchen. Men­
schen kommen zu uns in einer sich verändernden Phase
ihres Lebens, die sich vor allem dadurch kennzeichnet,
dass die Gesundheit nachlässt und Pflege notwendig ist.
Das Durchschnittsalter bei einem Heimeintritt und da­
mit auch die Pflegebedürftigkeit haben in den letzten
Jahren deutlich zugenommen. Ein Phänomen, das in al­
len Institutionen der Pflege zu beobachten ist. Wer
könnte es alten Menschen verübeln: Die meisten wollen
so lange wie möglich zu Hause wohnen bleiben. Nebst
der Abklärung, was in pflegerischer Hinsicht gewährleis­
tet sein muss, übernimmt das Team der Bewohnerauf­
nahme/Beratung finanzielle Abklärungen, damit einem
Heimeintritt nichts mehr im Wege steht. Angehörige
werden auf Wunsch beraten oder an andere Beratungs­
stellen weitergeleitet, ganz im Sinne von Diaconis und
dem Credo: Wir begleiten Menschen.
Regula-Sibylle Schweizer
Leiterin Bewohnermanagement
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
Rückblick
Unsere kleinen Patienten
«Unsere lieben kleinen Patienten machen uns Schwestern nicht nur
viel Arbeit, müde Füsse oder oft auch zappelige Nerven; o nein, sie
machen uns mit ihren oft so drolligen Aussprüchen, mit ihrer oft mit
grosser Geduld ertragenen Krankheit auch viel Freude. Wie oft hat uns
auch ein stiller, kleiner Dulder oder (eine) Dulderin schon eine rechte
Predigt gehalten. Und wie freuen wir uns Schwestern, wenn wir
helfen dürfen, ein krankes Kind gesund zu pflegen. – Darf dieses nicht
sein, so ist es uns eine heilige Pflicht, mitzutragen, mitzuleiden...»
Quelle: Archiv Diaconis, ca. 1950, «Was unsere lieben, kleinen
Patienten jahraus und -ein Lustiges zu fragen, zu sagen und zu
erzählen wissen» von Schwester E.L, 2. Auflage.
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Einblicke | Nr. 10 | März 2016
Persönlich
Antoinette Niggli arbeitet seit über zehn Jahren
als Musiktherapeutin SFMT und psychosoziale
Beraterin bei Diaconis Palliative Care. Für Personen
in schwierigen Situationen hat sie ein gutes Gespür:
«Begegne ich einem Menschen, so sehe ich einen
Reisenden auf seinem Weg.»
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Wenn ich über Diaconis nachdenke, erinnere ich mich
daran, wie ich mit meiner Mutter als kleines Mädchen
im Bus von Ostermundigen unterwegs in die Stadt war.
Bei der Station Schönburg stiegen oft Diakonissen ein.
Ich musste dann von meinem Platz auf den Schoss mei­
ner Mutter rutschen, damit sich die Frau im schwarzen
Cape und der weissen Haube auf den frei gewordenen
Platz setzen konnte. Meistens lächelte die Diakonisse
mich freundlich und anerkennend an, und ich vergrub
mein Gesicht peinlich berührt im Mantel meiner Mutter.
Während meiner Ausbildung zur Krankenschwester für
Kinder-Wöchnerinnen und Säuglingspflege (KWS) Ende
der 70er-Jahre absolvierte ich während neun Monaten
ein Praktikum bei den Wöchnerinnen im Salem-Spital.
Ich arbeitete im Säuglingszimmer und im Geburtssaal.
Wir Schülerinnen durften Hauben tragen, wie die richti­
gen Krankenschwestern. Darauf war ich besonders
stolz. Im Salem-Spital kam ich das erste Mal ganz nah
mit dem Tod in Berührung. Ein totgeborenes Kindchen
wurde mir nach der Geburt durch Kaiserschnitt in die
Obhut gegeben. Ich erinnere mich, wie ich es, tief be­
rührt mit Tränen in den Augen, wusch und kleidete. Ich
hielt es eine Weile weinend im Arm und summte ihm lei­
se ein Wiegenlied. Dann brachte es die Hebamme den
sehr traurigen Eltern, damit diese Abschied nehmen
konnten.
Als Musiktherapeutin versuche ich, in einem ersten Ge­
spräch mit dem Patienten herauszufinden, was ihm im
Moment gerade wichtig ist und was ihm gut tun könn­
te. Auf meinem Musiktherapiewagen befindet sich ein
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Angebot von Musikinstrumenten, wie: Klangschalen,
Zupf- und Saiteninstrumente, Trommeln, Flöten, Ras­
seln. Ich habe aber auch eine Riesensammlung Musik
auf meinem iPod aus den Sparten Volksmusik, Jazz,
Klassik, Schlager oder Rock und Pop. Ich erinnere mich,
wie ein Patient sich bis zu seinem Todestag, jedes Mal,
wenn ich zu ihm kam, laute Rockmusik aus den 60erund 70er-Jahren wünschte. Die Musik war für ihn ein
Vehikel, das ihm half zu reden und seine Gefühle auszu­
drücken. Nach dem Erzählen und Zurückschauen auf
sein Leben fühlte sich der Patient erleichtert und ent­
spannt. Andere Patienten wollen selbst Musik machen,
zum Beispiel trommeln. Sie können damit ihr Bedürfnis
nach Bewegung stillen, Gefühle von Wut und Hilflosig­
keit ausdrücken oder Energie tanken. Patienten, die sich
schon sehr schwach fühlen oder unter Schmerzen lei­
den, tauchen gerne in tiefe Entspannung ein mit Klän­
gen und Schwingungen, die ich für sie spiele: zum Bei­
spiel mit Klangschalen oder mit der Körpertambura, ei­
nem obertonreich klingenden Saiteninstrument.
Das Wichtigste in meiner Arbeit als Musiktherapeutin
und psychosoziale Beraterin ist es, herauszufinden, was
dem Sterbenden und seinen Angehörigen anzuspre­
chen und zu ertragen möglich ist und was nicht. Le­
benslang eingeübtes Vermeidungs- und Schutzverhal­
ten auf dieser letzten Wegstrecke zu verändern, ist fast
immer eine Überforderung für alle Beteiligten.
Wirkliche Veränderungen sind nur möglich, wenn ich
anerkenne und gelten lasse, was tatsächlich ist. Existen­
tielle Veränderung bedeutet ja gerade, das zuzulassen,
was vielleicht nie oder nur selten zugelassen wurde:
nämlich die zu sein, welche ich in diesem Augenblick, in
dieser Situation, in dieser Begegnung, vor diesem Le­
benshintergrund bin.
Auftanken und regenerieren kann ich am besten zu
Hause am Thunersee und in den Bergen. Ich mag regel­
mässige Spaziergänge bei jedem Wetter, zusammen mit
meinem Mann zur nahe gelegenen «Blueme» – einem
Aussichtsturm auf 1400 Metern über Meer – und Gar­
tenarbeit. Auch sich beim Kochen von Gerüchen, Far­
ben und Geschmäcken verzaubern zu lassen, ist Erho­
lung pur. Nicht zu vergessen sind die Ferientage in der
Bretagne, im Finistère – auf Bretonisch «das Ende der
Welt» – in der Heimat meiner verstorbenen Mutter.
Ich schliesse mit den Worten von Victor Hugo:
«Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann
und worüber zu schweigen unmöglich ist.»
Antoinette Niggli
Musiktherapeutin SFMT und psychosoziale Beraterin
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
Seitenblick
«Dialog führen – damit wir uns nicht nur um uns
selbst drehen»
David Leutwyler ist Geschäftsführer im Haus der
Religionen. Im «Seitenblick» denkt er nach über
kulturelle Vielfalt und Wertewandel. Er beschreibt,
was wir von anderen Kulturen über uns lernen
können und was es für den Dialog zwischen den
Religionen braucht.
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Die Erde dreht sich um ihre eigene Achse. Sie dreht im­
mer schneller, sagen wir manchmal. Gemeint ist dann
oft die rasende technologische Entwicklung. Das Inter­
net hat die Welt total verändert. Im Liveticker wird von
den Brennpunkten dieser Erde berichtet, in den sozialen
Medien finden wir Freunde auf der ganzen Welt. Auch
unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten
stark verändert: In den Städten Europas leben Angehöri­
ge verschiedenster Religionen. In vielen Schulklassen
auf städtischem Gebiet ist die kulturelle Vielfalt der
Schülerinnen und Schüler eine Selbstverständlichkeit. In
Bern ist in den letzten fünfzehn Jahren das Haus der
Religionen entstanden. Unter einem Dach leben und
beten Aleviten, Buddhisten, Christen, Muslime und Hin­
dus in einem eigenen Sakralraum. Dazwischen liegt der
«Dialogbereich», in dem sich auch Juden, Sikhs und
Bahai zu Hause fühlen.
Auch weniger greifbare Dinge haben sich verändert. Die
gesellschaftlichen Normen sind nicht dieselben wie vor
zwanzig oder dreissig Jahren. Es ist unwahrscheinlicher
als früher, dass junge Menschen den erlernten Beruf bis
zur Pensionierung beibehalten. Offen ist auch, ob der
«Bund fürs Leben» tatsächlich so lange hält, und es ist
nicht in Stein gemeisselt, dass wir der Religion, in die wir
hineingeboren wurden, zugehörig bleiben. Hingegen
besteht bei uns der breite Konsens, dass sich Beruf, Part­
nerschaft und Weltanschauung verändern können und
dass wir als Individuen dafür selbst verantwortlich sind.
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Daraus ergeben sich ein Gewinn an individueller Freiheit
und eine grosse Selbstverantwortung. Das Verschwin­
den von Traditionen führt aber auch dazu, dass sich alles
um uns selbst dreht: Wer bin ich? Was glaube ich? Wo
gehöre ich dazu?
Welchen Platz die Religionen in unserer Gesellschaft zu­
künftig haben werden, ist offen. Der interreligiöse Dia­
log ist eine Möglichkeit, die eigene religiöse oder kultu­
relle Identität zu entwickeln und zu vertiefen. Beim Ken­
nenlernen der hinduistischen Kosmologie, des buddhis­
tischen Menschenbilds oder der islamischen Gebetszei­
ten lerne ich nicht nur etwas über «fremde Welten» und
über die Weltbilder von Bernerinnen und Bernern, deren
Wurzeln in anderen Teilen der Welt liegen. Genauso
sehr lerne ich mich und meine religiöse und kulturelle
Verankerung (neu) kennen, weil ich gefragt werde:
«Wie ist das denn bei dir?» Oder weil ich mich selber fra­
ge: «Wie ist das denn bei mir oder bei uns?»
Jeder Dialog braucht Menschen und Gruppen, die bereit
dazu sind. Im interreligiösen Dialog braucht es diejeni­
gen, die neugierig sind und Fragen stellen. Es braucht
aber auch diejenigen, die ihre Religion kennen, darin le­
ben und davon berichten können. Die Stiftung Diaconis
kann ein solcher Dialogpartner sein. Als christliche Insti­
tution mit aktiven Gemeinschaften und einem breiten
diakonischen Angebot wird der «Dienst am Nächsten»
sehr konkret gelebt und gibt so einen ganz praktischen
Eindruck davon, was «Christentum» ist.
Beim Besuch der Stiftung Diaconis im Haus der Religio­
nen wurden zu Beginn des Jahres erste Kontakte ge­
knüpft, so dass wir schon bald unter Hindus, Muslimen,
Christen und anderen Gemeinschaften über die Bedeu­
tung der diakonischen Arbeit in der jeweiligen Religion
austauschen und einen interreligiösen Dialog führen
können – damit wir uns nicht nur ums Selbst, sondern
um uns alle drehen.
David Leutwyler
Geschäftsführer Haus der Religionen
Einblicke | Nr. 10 | März 2016
Ausblick
Diaconis-Kurse und -Veranstaltungen bis Herbst 2016
Einführungsabend
Dienstag, 29. März
19.30–20.30 Uhr
Für Teilnehmende, die zum
ersten Mal dabei sind
Exerzitien im Alltag über 6 Wochen, zwischen Ostern und Pfingsten
Gruppenabende:19.30–21.00 Uhr
Montag, 4., 11., 18., 25. April, 2., 9. Mai
Vertiefter beten und glauben lernen durch Einführung in christliche Meditation
und Stille, tägliches Üben zuhause, Begleitgespräche.
Leitung: Sr. Lydia Schranz, Diaconis-Schwestern; Ruth Schöni-Sigrist,
Utzenstorf; Vreni Amweg, StadtCommunität Don Camillo, Bern
alle: Ausbildung in Exerzitienleitung
Montag, 4. April bis
Freitag, 15. April
Vintage Kafi (Flohmarkt) im Bistro Aareblick, Wohnen – Pflege Altenberg
Öffnungszeiten:
Montag–Freitag: 8.45–16.30 Uhr
Samstag/Sonntag: 11.45–16.30 Uhr
Die Einnahmen fliessen in Projekte von Diaconis.
Montag/Dienstag,
15./16. August
2 Tages-Pilgerwanderung von Lausanne Richtung Genf
Unser Pilgern auf dem Jakobsweg führt am 1. Tag von Lausanne nach Morges
(13 km) und am 2. Tag weiter nach Rolle (16 km). Wir gehen mit leichtem Gepäck, machen Zwischenhalte mit geistlichen Impulsen. Es gibt Wegabschnitte
im «Reden» und andere im «Schweigen».
Übernachtung: im Hotel in Morges
Leitung: Walter Wilhelm, Pilgerbegleiter EJW, Basel; Sr. Lydia Schranz
Samstag,
17. September
Pilgertag von Rolle nach Nyon
Wir pilgern weiter auf dem Jakobsweg, von Rolle nach Nyon (16 km);
Zwischen­halte mit geistlichen Impulsen.
Leitung: Walter Wilhelm, Pilgerbegleiter EJW, Basel; Sr. Lydia Schranz
1-mal pro Monat
Montag- oder Freitagabend
19.30–20.45 Uhr
Meditationsabend (Flyer liegen im Mutterhaus und in der Kirche auf)
Als Fortsetzung für Personen, die an den Exerzitien im Alltag teilgenommen
haben und weiter in einer Gruppe dranbleiben möchten.
Leitung: Sr. Lydia Schranz oder
Vreni Amweg, StadtCommunität Don Camillo Bern
Auf Anfrage
Persönliche geistliche Begleitung
Wenden Sie sich direkt an Sr. Lydia Schranz, Diakonisse
Ausbildung in Exerzitienleitung und Geistlicher Begleitung
T 079 247 77 51, [email protected]
Gottesdienste, Tagzeitengebete
Nähere Angaben unter www.diaconis.ch. Die Angaben können auch über
T 031 337 77 00 angefordert werden.
Weitere Informationen finden Sie auf www.diaconis.ch
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Einblicke | Nr. 10 | März 2016
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Diaconis bei besonderen Anschaffungen oder für
spezielle Projekte wie zum Beispiel bauliche
Massnahmen zum Wohle unserer Bewohnerinnen
und Bewohner (Spendenkonto: PC 30-1777-0).
Feedback, Anregungen
Wir freuen uns über Ihr Feedback. Ihre Hinweise und
Anregungen helfen uns, das Magazin Einblicke noch
mehr auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen und zu
optimieren. Auch für Themenvorschläge sind wir
offen. Vielen Dank für Ihre wertvolle Rückmeldung an
Stiftung Diaconis, Kommunikation,
Schänzlistrasse 43, 3013 Bern
T 031 337 77 33, [email protected]
Wir begleiten Menschen
Villa Sarepta – Alterswohnen mit Stil
Impressum
Herausgeberin
Stiftung Diaconis, Schänzlistrasse 43, 3013 Bern
[email protected]
www.diaconis.ch
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Redaktionsteam
Anja Zani (Leitung), Brigitte Becker Linder, Doris Stopper,
Zoebeli Communications
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Fotos
Pia Neuenschwander (Seiten 1, 4, 6, 8, 12)
Diaconis-Archiv (Seite 15)
Zur Verfügung gestellt (Seiten 3, 5, 6, 7, 10, 12, 13, 14, 16, 17)
An schönster Lage, mit Blick auf Park, Aare und Berner Altstadt,
wohnen Sie in einer Jugendstilvilla in unmittelbarer Nähe von Bus,
Einkauf und Apotheke. Hier finden Sie ein vielseitiges Freizeit- und
Kulturprogramm sowie Dienstleistungen, Betreuung und Pflege
entsprechend Ihren individuellen Bedürfnissen.
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> einzigartige 2-Zimmerwohnung mit zwei Terrassen
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Melden Sie sich für eine unverbindliche Besichtigung.
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Layout und Druck
Druckerei Jakob AG, Grosshöchstetten
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Auflage
5’000 Exemplare
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Einblicke erscheint zweimal jährlich
Stiftung Diaconis
Wohnen – Pflege
Schänzlistrasse 15, 3013 Bern
T 031 337 72 06, F 031 337 72 54
[email protected], www.diaconis.ch
Männliche Bezeichnungen gelten auch für Frauen
Weibliche Bezeichnungen gelten auch für Männer
Dieses Produkt wird auf umweltschonendem Papier gedruckt
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Wir begleiten Menschen
Stiftung Diaconis
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PC 30-1777-0
Diese Nummer konnte durch die Unterstützung
folgender Firmen realisiert werden:
Tremag AG
Versicherungsmakler