4 MURTEN / NACHBARSCHAFT Dienstag, 12. Januar 2016 «Oft suchen nicht wir unsere Wege» Murten / In seinem Atelier in der Kreuzgasse in Murten baut Luca Pardini Kontrabässe. Sein Vorbild ist die berühmte Geigenbauschule von Cremona. Manch einer ist vielleicht schon einmal vor dem Schaufenster des Kontrabassbauers Luca Pardini an der Kreuzgasse in Murten stehen geblieben. Darin sind Instrumente in verschiedenen Phasen ihrer Bauweise zu sehen. «Es sind meistens ältere Menschen oder Kinder, die sich dafür interessieren», so Pardini, der sein Atelier «Il Contrabbasso» im August 2015 eröffnete. Letzthin sei ein kleiner Junge in seine Werkstatt gekommen. «Er wurde magisch von den Instrumenten angezogen, ich glaube, ihn hat vor allem das Holz fasziniert.» Luca Pardini mag Besuch in seinem Atelier. «Vor kurzem kam eine Fussballspielerin der schweizerischen Nationalmannschaft sogar jeden Tag in meine Werkstatt, als ihr Team in Murten logierte.» Ein Kontrabass namens «Berntor» Die gleiche Technik wie vor 300 Jahren: Luca Pardini in seinem Atelier vor ich Kontrabassbauer wurde, habe ich unter anderem während zwei Jahren im Niger Reisen für Fotografen oder Wissenschaftler organisiert, etwa für Ethnografen.» Nicht in Frankreich oder der Schweiz, sondern dort habe er auch Französisch gelernt. In der Werkstatt ist der Hals eines Kontrabasses eingespannt, ein halbfertiges Cello liegt auf der Arbeitsfläche. «Die Vorderseite besteht immer aus Fichte, die Rückseite aus Ahorn.» Die seit Jahrhunderten überlieferte Technik habe sich bewährt. «Das muss man nicht ändern. Ich arbeite immer noch gleich wie vor 300 Jahren: Ich verwende auch immer noch den gleichen Lack.» Vorbild sei die berühmte Geigenbauschule von Cremona. Am Boden stehen noch unbearbeitete Bretter, im Zentrum ein fertiger Bass. «Ausprobiert werden die Instrumente jeweils in der Französischen Kirche.» Immer wieder gehen Leute am Atelier im Stedtli vorbei, Pardini grüsst sie, es scheint fast, als kenne er alle. Im Laden hängen verschiedene Arbeitsinstrumente, nicht alle werden ausschliesslich von Geigenbauern verwendet. «Dieses hier schenkte mir zum Beispiel ein Mann aus Brienz, damit wurden früher die berühmten Holzkühe geschnitzt. Und dieses stammt von Fredy Bula, dessen Vater Schreiner war», sagt er und zeigt ein weiteres Arbeitsinstrument. Er habe auch eine Weile Bulas Schreiner-Werkstatt genutzt. Es sei schade, dass das Handwerk immer mehr an Bedeutung verliere. Um den Kontrabass mehr ins Licht zu rücken, hat Pardini eine Idee: Er möchte in Murten ein Kontrabass-Festival gründen. «In Lucca gibt es bereits ein solches Festival, in der Schweiz noch nicht.» ea Ein Bass-Festival für Murten Zum Bau von Saiteninstrumenten braucht es spezielle Werkzeuge. Bevor ihn sein Weg nach Murten führte, hat der Kontrabassbauer ab seinem 16. Lebensjahr die ganze Welt bereist. «Das würde einen weiteren Artikel füllen», meint er schmunzelnd. Am besten habe ihm Afrika gefallen. «Be- Foto: zvg Seit rund 20 Jahren fertigt der gebürtige Italiener Kontrabässe an. Die Frage nach dem «Warum» kann er nicht beantworten. «Ich machte vor 25 Jahren einen Sprachaufenthalt in Chicago. Als ich durch die Strassen lief, lernte ich einen Kontrabassbauer kennen, Martin, einen gebürtigen Venezianer. Ich mochte das Instrument einfach auf Anhieb», sagt er. «Oft suchen nicht wir unsere Wege.» Gelernt hat Pardini eigentlich den Beruf des Kunsttischlers. «Dieser Beruf hat Tradition in meiner Heimat, der Stadt Lucca in der Toskana.» Kontrabassist sei er keiner, sagt Luca aus Lucca. «Man muss kein Musiker sein, um Instrumente zu bauen. Aber man muss ein gutes Gehör haben.» Das Kontrabassbauen habe er in Lucca bei einem renommierten Meister gelernt sowie in zwei der besten Stradivari-Ateliers von Cremona. In seiner Werkstatt schallt im Hintergrund Jazzmusik aus einem Lautsprecher. «Ich mag Klassik und Jazz.» Par- dini fertigt auch Kontrabässe für klassische Bassisten und Jazzmusiker an. Der Unterschied sind nur die Saiten: Diejenigen, die ein Jazzbassist verwendet, sind dicker. Fast alle seiner Kunden seien Profimusiker, sagt der 50-Jährige. Ein Kunde komme sogar aus den USA, für morgen habe sich ein Bassist aus London angemeldet. Andere seien in Zürich, Basel, Bern oder Genf zu Hause. «Sie kennen mich durch Mund-zuMund-Propaganda.» Vor allem habe er aber noch seinen alten Kundenstamm in Italien. Vor drei Jahren verliess Pardini seine Heimat – seiner Frau Vera Zingarello zuliebe, die aus Ins stammt. «Sie hatte nach 15 Jahren in der Toskana Heimweh nach der Schweiz.» Nur drei bis vier Kontrabässe fertigt Pardini pro Jahr an. Ebenfalls baut er Celli. «Zudem repariere ich auch Instrumente und behaare Bögen aller Saiteninstrumente neu.» Doch seine Leidenschaft gehört dem Bass, dem kastenförmigen Instrument, das er so mag. Im Minimum drei Monate braucht er, um einen Bass zu bauen. Den ersten «Murtner Bass» fertigte Pardini an einem speziellen Ort: in Räumlichkeiten des Berntors. Zur Verfügung stellte sie ihm Berntor-Wirt Dädu Marthaler. «Ich bin ihm immer noch sehr dankbar dafür, dass er mir bei meinen Anfängen in der Schweiz geholfen hat.» Der Bass sei inzwischen nach Zürich verkauft worden. Sein Name: «Berntor», wie könnte es anders sein? «Und mich verbindet noch etwas mit Murten», fügt Pardini schmunzelnd an. «Ich habe an der Soli Geburtstag. Als ich davon erfuhr, sagte ich: Ihr müsst für mich doch keinen so grossen Aufwand betreiben», sagt er in seinem mit italienischen Begriffen durchwirkten Französisch und lacht. Instrumente made in Murten Kluge Sprüche und die Sage von Melirolo Düdingen / David H. Aebischer hat den Band «Zeitlichter» und die Kindersage «Der Gucchino von Melirolo» herausgegeben. Verlegt wurden die zwei Titel beim Verlag Apollon in Düdingen. Bekannt geworden ist David Aebischer durch seine Kurzgeschichten «Kleine Geschichten. Streiche der Phantasie», die im selben Verlag erschienen sind. Zum Denken anregen So wie die Zitate in diesem neuen Band entstanden sind, so wünscht sich David Aebischer, dass sie von den Leserinnen und Lesern zur Kenntnis genommen und überdacht werden. «Es ist nicht so, dass diese Zitate ein für alle Mal schwarz auf weiss und für alle Zeiten Gültigkeit haben», so der Schriftsteller. Im Gegenteil, er erwartet, dass seine Zitate, die im Verlauf der letzten Jahre zusammengekommen sind, kritisch beurteilt und hinterfragt werden. Er nennt diese selbst mit einem schelmischen Lächeln «kluge Sprüche». Entstanden seien diese beispielsweise auch am Meeresstrand, wenn er zufälligerweise einen Bleistift und ein Stück Papier bei sich gehabt habe. Selbstkritisch fügt er an, dass er manchmal einfach zu Fotos: zvg David Aebischer schreibt seine Ideen in einem, höchstens aber in zwei Atemzügen nieder. Zusammengefügt ergeben sie Geschichten respektive Handlungsebenen mit spontanen und immer wieder überraschenden Gedankengängen. Spontan aufgrund von Begegnungen sind auch die Zitate im neuen Band «Zeitlichter» entstanden. Der Autor David H. Aebischer viel rede. Auch aus solchen Situationen seien Zitate geworden. «Absolut geeignet sind ‹Zeitlichter› auch für das stille Örtchen», so ein augenzwinkernder David Aebischer. «Es braucht für ein erfülltes Leben nicht nur erfüllte Wünsche.» David H. Aebischer Illustriert sind die etwa 47 Zitate mit fast ebenso vielen Fotografien, die von Yannick Schmidt und Dominique Aebischer stammen, wie auch mit einigen Schnappschüssen von David Aebischer. Seine Kindersage «Der Danah und Devin mit der Kindersage «Der Gucchino von Melirolo» Gucchino von Melirolo» hat nun wiederum einen ganz anderen Hintergrund. Illustriert wurde die Geschichte mit feinen Farbzeichnungen von Angelia Schmutz. Ein geheimnisvoller Weiler David Aebischer begab sich bereits mehrmals mit seiner Familie in den Weiler Melirolo, der sich in der Nähe der Gemeinde St. Antonio im Tessin befindet. Gucchino, ein kleiner Berggeist, wird von der Bevölkerung dafür verantwortlich gemacht, dass immer wieder Menschen spurlos verschwinden und verschwunden sind. Dies jeweils am besonderen Feiertag «Scoletto Samedi», der allerdings seit 100 Jah- ren nicht mehr gefeiert wird. Die Menschen von Melirolo glauben jedoch immer noch, dass der kleine Berggeist hin und wieder auftaucht. David Aebischer sagt zu seiner Kindersage: «Seit 1953 fahre ich in dieses geheimnisvolle Tal, in das Valle Morobbia. Und ich war von diesem Tal und seinen Menschen fasziniert.» Immer wieder liess er die Stimmung jener Umgebung auf sich wirken und versuchte, sich in diese Sage zu vertiefen. Die Frage sei, was nun Wirklichkeit, Wunschdenken oder reine Fantasie sei. «Die Fantasie und die Fantasiewelt sind doch für den Menschen ganz wichtige Sachen», betont er. Er selbst ertappt sich auch immer wieder dabei, dass er in seinen Gedanken zwischen der Wirklichkeit und der Fantasiewelt hin- und herschwappt. Der Fussabdruck Auf Spaziergängen im Weiler Melirolo stiessen er, seine Frau und seine Kinder auf eigenartige Fussabdrücke, die ebenfalls in dieser Sage erwähnt werden. «Da standen wir davor und fragten uns, ob wir diesen Fussabdruck wirklich sehen oder ob dieser eine Fiktion darstellt», erzählt David Aebischer. Der Berggeist Gucchino sei möglicherweise immer noch im Weiler, mutmasst auch er. tb D. H. Aebischer, «Zeitlichter», ISBN 978-3033-05335-9 / «Der Gucchino von Melirolo», ISBN 978-3-033-05412-7
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