1. Ziel der Forschungsaufgabe Eine Vielzahl von Wohngebäuden entstehen heute durch Baubetreuer – noch häufiger durch Bauträger. Die vertraglich geschuldete Beschaffenheit solcher Objekte wird in der Regel durch eine Baubeschreibung und Bauantragspläne festgelegt, die Bestandteil des Baubetreuungsbzw. Kaufvertrags sind. Häufig wird bereits während der Bauphase oder nach Fertigstellung des Gebäudes über Mängel gestritten, ohne dass irgendein Bauschaden vorliegt. Im Wesentlichen wird dann darüber gestritten, ob die errichtete Immobilie die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Der Streit kann wesentlich minimiert werden, wenn die vertraglichen Vereinbarungen zum Zustand („Sollzustand“) der Immobilie unmissverständlich sind. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist deshalb die Frage, wie Baubeschreibungen für Wohngebäude im Rahmen von Baubetreuungs- bzw. Kaufverträgen von Bauträgerprojekten gestaltet werden sollten, um Mangelstreitigkeiten zu vermeiden. 2. Grundsätzliches zum Detailliertheitsgrad von Baubeschreibungen Ein Gebäude besteht aus einer außerordentlich großen Vielzahl von Einzelteilen, die nicht alle im Vertrag einzeln genau beschrieben und definiert werden können. Deshalb wird die Sollbeschaffenheit von Immobilien zu einem Großteil durch die sog. „übliche Beschaffenheit“ definiert. Nach der allgemeinen Rechtsprechung ist dies der Zustand entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik. Weist also ein Bauteil die übliche Beschaffenheit auf und ist diese Beschaffenheit unumstritten, bedarf es keiner detaillierten Beschreibung. Genauere Angaben in Baubeschreibungen sind immer nur dann erforderlich, 1 wenn die übliche Beschaffenheit oder die gewöhnliche Verwendung erfahrungsgemäß umstritten ist; 2 wenn im Hinblick auf die Bauteileigenschaften verschiedene Qualitätsniveaus üblich sind; 3 wenn ganz spezielle Eigenschaften unbedingt gewünscht werden (zugesicherte Eigenschaften). Man könnte auf dem Standpunkt stehen, dass Streitigkeiten am besten dadurch vermieden werden, indem sämtliche Bauleistungen im Rahmen der Baubeschreibung möglichst genau und detailliert beschrieben werden. Leider erzeugt ein solcher Typ der Baubeschreibung aber neue Formen von Streitigkeiten. So führt z.B. eine sehr frühe Festlegung auf Produkte und Fabrikate bei Einbau von Alternativprodukten zum Streit darüber, ob diese Abweichungen einen Mangel begründen – d.h. es wird darüber gestritten, ob es sich bei einer Festlegung auf ein Produkt um eine zugesicherte Eigenschaft handelt, von der in keinem Fall abgewichen werden durfte. Besonders kostengünstige und wirtschaftliche Lösungen von Bauaufgaben werden erreicht, wenn nur die wesentlichen Funktionen eines Bauteils beschrieben werden, es im Übrigen aber dem jeweiligen Ausführenden überlassen wird, ob er durch möglichst günstige Kombinationen von Bezugsquellen und Arbeitsabläufen Bauleistungen wirtschaftlich und technisch optimieren kann. Dazu muss den am Bau Beteiligten die Möglichkeit gelassen werden, zwischen vergleichbaren Bauweisen und Produkten möglichst mangelfrei wählen zu können. Bei der Formulierung von Baubeschreibungen ist demnach zur Streitvermeidung der richtige Mittelwert zwischen einer zu genauen und einer zu ungenauen Beschreibung zu suchen (s. Diagramm). 3. Sachverständigenumfrage Im Rahmen der Forschungsarbeit wurden 1.130 öffentlich bestellte und vereidigte Bausachverständige angeschrieben und gebeten, ihre Erfahrungen mit Streitigkeiten bzw. Interpretationsproblemen von Baubeschreibungen des Wohnungsbaus der vergangenen zwei Jahre mitzuteilen. 231 Sachverständige antworteten (Rücklaufquote ca. 20 %) und machten Angaben zu insgesamt 753 Einzelpunkten in Baubeschreibungen, bei denen es ihrer Meinung nach immer wieder zu Streitigkeiten und Missverständnissen kommt (s. Diagramm). Auswertung der Fragebögen (Anzahl der Nennungen insg.: 753) 122 Abdichtungskonzepte erdb. Bauteile 16 Tiefgaragen 12 Preisangaben 23 optische Anforderungen 105 Ausbau 36 Sanitärräume 67 Wärmeschutz 76 Schallschutz 8 Brandschutz 6 Baukonstruktion (Statik) 71 Allgemeine Hinw eise (Sprache etc.) 31 Modernisierung/Instandhaltung/Pflege 11 Wohnflächenberechnung 14 Abgrenzung Eigenleistung 24 Dächer 17 Außenw and 6 Balkone 27 Fenster 22 Heizung 23 Elektroinstallation/Haustechnik 36 Außenanlagen 0 20 40 60 80 100 120 140 Anzahl der Nennungen Etwa 80 % der Angaben beziehen sich auf funktionsbezogene und bauteilübergreifende Themen, wie Abdichtungskonzept, Ausstattungsstandard (Ausbau), Wärme-, Schall- und Brandschutz etc., ca. 20 % der Angaben betreffen bestimmte Bauteile und die damit verbundenen typischen Streitpunkte. 4. Problemkreise In der Arbeit werden die komplexen technischen und nichttechnischen Streitpunkte in Problemkreisen zusammengefasst. Zunächst werden die Themen behandelt, die den Baulaien vorrangig beschäftigen – nämlich die Ausstattung und Optik der Bauteile. Darüber hinaus wird auf die technischen Standards und mögliche Streitpunkte bei Eigenleistung, Wohnflächenberechnung und in Bezug auf die Übergabe der entsprechenden Projektunterlagen eingegangen. Folgende Problemkreise werden behandelt: 1 5 Ausstattung und Optik: 2 Ausstattungsstandards 3 Preisangaben in Baubeschreibungen 4 Optische Anforderungen an Bauteile Technische Standards: 6 Abdichtung und Dränung erdberührter Bauteile 7 Wärmeschutz, Energieverbrauch und Luftdichtheit 8 Schallschutz 9 Brandschutz 10 Modernisierung vorhandener Altbausubstanz 11 Erreichbarkeit von Bauteilen 12 Eigenleistung: 13 Abgrenzung zwischen vertraglicher Leistung und Eigenleistung 14 Wohnflächen und Kosten: 15 Wohnflächenberechnung 16 Baunebenkosten 17 Unterlagen: 18 Unterlagen für den Käufer Die Einzelthemen werden grundsätzlich wie folgt bearbeitet: Zunächst werden typische Formulierungen aus Baubeschreibungen zitiert. Nachfolgend wird auf gültige Normen, Richtlinien und Merkblätter eingegangen, die die übliche Beschaffenheit, ggf. aber auch unterschiedliche Qualitätsstandards dokumentieren. Den Abschluss eines jeden Einzelkapitels bilden Empfehlungen zum Thema mit entsprechenden Textbausteinen, die direkt in Baubeschreibungen übernommen werden können. 5. Schlussbemerkung Aus der Bearbeitung der Problemkreise resultieren folgende grundsätzliche Empfehlungen für die Erstellung einer Baubeschreibung: 1 Der Werbetext (Exposé bzw. Bildexposé) sollte von der rein technischen Baubeschreibung getrennt werden. 2 Im Vorspann der technischen Baubeschreibung sollten generelle Vereinbarungen zu verschiedenen Standards festgelegt werden (Wärmeschutz-, Schallschutz-, Abdichtungsstandards etc.). 3 Im abschließenden Teil kann dann eine ausreichend detaillierte Baubeschreibung erfolgen. Insgesamt ist besonderer Wert auf eine eindeutige Ausdrucksweise zu legen. Nur so können die Mangelstreitigkeiten im Zusammenhang mit den Baubeschreibungen reduziert werden.
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