Tageblatt, vom: Freitag, 18. Dezember 2015 - Luxemburg

THEMA FLÜCHTLINGE
Freitag, 18. Dezember 2015 • Nr. 295
Ein Kinderspiel
INTEGRATION Sportklubs öffnen ihre Türen
Christelle Diederich
Lizenzen, Versicherungen,
Auslandsaufenthalte – Welche
Hürden muss man nehmen,
um einen Flüchtling bei sich
im Verein aufzunehmen?
Das Sportministerium hat
nun gemeinsam mit den
betroffenen Akteuren ein
Dokument aufgestellt,
das alle Fragen der
Vereinsverantwortlichen und
deren Verbände beantworten
soll.
Es waren die Verbände, die (auf
Anfrage ihrer Vereine) mit ihren
organisatorischen Fragen an das
Sportministerium herangetreten
sind, wie Sportminister Romain
Schneider gegenüber dem Tageblatt erklärte. Zusammen mit
dem OLAI und dem „Comité
olympique“ COSL wurde Anfang
Dezember vom „ministère des
Sports“ ein Richtlinien-Dokument aufgestellt, das die dringenden Fragen der Vereinsverantwortlichen beantworten soll.
„Die Menschen sollen nicht iso-
liert werden“, erklärte Schneider,
der darauf hinwies, dass eine Mitgliedschaft in einem Sportverein
den Flüchtlingen die Möglichkeit
zu einer „sinnvollen Beschäftigung in der Gesellschaft“ geben
könnte.
Da mit diesen Richtlinien und
einer zusätzlichen Kontaktperson beim „Comité olympique“ alle organisatorischen Barrieren
aus dem Weg geräumt wurden, ist
der Weg für die Integration frei.
Erste
erfreuliche
Kontakte
knüpfte beispielsweise die Reser-
ven-Fußballmannschaft aus Sanem, die bereits regelmäßig vier
Flüchtlinge bei ihren Trainingseinheiten begrüßen kann. Ohne
dass dies den Verein irgendwelche zusätzlichen Kosten bescherte. In seiner Kolumne über das
Thema Integration kommt auch
Ex-Judo-Nationaltrainer Pascal
Zimmer auf dieses Problem zurück (S. 40).
Doch nicht jedes Engagement
war von Erfolg gekrönt: Ein Aufruf des Basketballvereins Kordall
Steelers verlief im Sand, denn es
meldete sich niemand. Auch der
Merscher Fußballklub hat noch
keinen Zuwachs bekommen.
Dafür gibt es einen Grund: Die
Information der Sportvereine erreicht ihre Zielperson nicht.
Klubs, die Flüchtlingen ihre Türen öffnen möchten, sollten dies
am besten über das OLAI und die
Gemeinden tun – die als Mittelsmann fungieren können: Erst
wenn die Sportangebote wirklich
in den Foyers ankommen, können die Aufrufe der Vereine auch
effektiv funktionieren.
Der Weg zur Lizenz
Ohne
Asylantrag
oder
Sans
demande
de protection
verweigerter
Antrag
internationale ou demande rejetée
Mit internationalem
Asylantrag
Mit
Flüchtlingsstatus
Lizenz auf
begrenzte Dauer
Keine Lizenz
Kinder und Jugendliche,
die noch nicht an SeniorenWettbewerben teilnehmen
Senioren
Lizenz auf
begrenzte Dauer
Keine Lizenz
Das Sportministerium hat in seiner Mitteilung an die Verbände alle Fragen bezüglich der Lizenzen und damit eingehenden Versicherungen klären wollen.
Nur mit einem internationalen Asylantrag können Kinder und Jugendliche anhand ihrer Aufenthaltsgenehmigung eine Lizenz auf eine bestimmte Dauer erhalten.
Flüchtlinge dürfen außerdem an internationalen Wettkämpfen teilnehmen, es
sei denn, diese finden in ihrem Herkunftsland statt. Personen, die in Luxemburg
einen internationalen Antrag auf Asyl gestellt haben, dürfen das Land nicht
verlassen.
Fußball
Kein spezieller Aufwand
In Sanem trainieren mittlerweile vier Männer, die im Schloss untergebracht sind, mit der Reservemannschaft des lokalen Fußballvereins. „Ich habe sie angesprochen, als sie sich eine Trainingseinheit angesehen haben“, erklärte Vereinspräsident Emile Rota.
Schnell entstand ein Kontakt, und das Interesse auf beiden Seiten
war geweckt.
Daraufhin hat die Mannschaft Schuhe und Sportkleidung für ihre
neuen Trainingspartner organisiert.
„Die Sprache ist kein Problem. Die Regeln sind überall die gleichen ...“ Schnell fühlten sich die „Neuen im Dorf“ akzeptiert und
feuern die erste Mannschaft des Zweitdivisionärs nun auch sonntags an. „Sie genießen am Wochenende freien Eintritt“, so Rota.
Der Präsident meinte, dass die Integration reibungslos und ohne
speziellen Aufwand vonstatten ging. Dies ist auch der Wunsch der
Gemeinde, wie es Bürgermeister Georges Engel betonte: „Wir
möchten sie aufmuntern, am Wochenende den Wettbewerben beizuwohnen, und das kostenlos.“
Das größte Interesse der
Kinder und Jugendlichen
gehört dem Fußball, wie
auch das OLAI gestern bestätigte. Auch der Rugby
scheint gut anzukommen.
Zahlen
Eine präzise Zahl, wie viele
„Demandeurs de protection
internationale“ und Flüchtlinge auf das vielfältige
Sportangebot zurückgreifen, gibt es nicht. Dies liegt
u.a. daran, dass bei den DPISenioren keine Lizenzen
ausgestellt werden dürfen,
und diese demnach nur an
Trainingseinheiten teilnehmen können.
Als Trainer engagiert
Der Differdinger Karateklub hat ebenfalls eine tolle Erfahrung
machen können: Mit Suheil Zein El Abedin (4. Dan) kam vor
rund 18 Monaten ein syrischer Altmeister nach Luxemburg, der
mittlerweile die Kindergruppen trainiert. „Er wohnt nun in Beles
und hat sich bestens in das Vereinsleben integriert“, erklärte
FLAM-Präsident Fred Bertinelli.
Um sich verständigen zu können, nahm er einen Französischunterricht in Anspruch und kann mittlerweile bereits ein paar Wörter Luxemburgisch.
„Es läuft fantastisch“, so Bertinelli weiter. Rund 200 Kinder werden von ihm betreut. Damit nicht genug: Auch zwei noch sehr
junge Weltmeister aus Syrien fanden durch El Abedin ein paar
Monate später den Weg nach Differdingen.
„Sie standen plötzlich in München auf dem Bahnsteig, und sollten
sich dann entscheiden, wohin die Reise weitergehen sollte ...“
Durch den Kontakt zu dem Altmeister aus ihrem Heimatland entschieden sie sich für das Großherzogtum.
Persönlich erstellt für: asbl asti
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