GdP-Schreiben an das BMF vom 30.11.2015

Bundesministerium der Finanzen
Herrn Ministerialdirektor
Julian Würtenberger
- per Email -
30. November 2015
Bewaffnung der Zollverwaltung
Sehr geehrter Herr Würtenberger,
nicht zuletzt vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse in Frankreich, die deutlich machen, wie nah
und ernsthaft terroristische Bedrohungen für Deutschland sind, fordern wir aufgrund einer sich aktuell
deutlich wandelnden Bedrohungslage eine ergänzende Bewaffnung mit der Maschinenpistole MP 5 für
alle Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungsdienste, namentlich alle Kontrolleinheiten, auch an Flughäfen,
die Zollfahndung, einschließlich ihrer Spezialeinheiten OEZ sowie die Finanzkontrolle Schwarzarbeit.
Zudem müssen zukünftig wieder alle Vollzugsbeamten an dieser Waffe ausgebildet werden. Die MP 5
wird zu Zwecken des unmittelbaren Zwangs, einschließlich der Sicherung der eingesetzten Beamten, im
Streifen-, Postierungs- und Kontrolldienst genauso benötigt, wie bei Zugriffen auf Täter durch die
Zollfahndungsbeamten. Auch die Spezialeinheiten benötigen diese Bewaffnung. Es muss u.E. eine klare
Kompatibilität zwischen den Vollzugsbeamten von Zoll und Polizei in Deutschland bestehen, weil sich
auch die Gefährdungslagen im Einsatz der jeweiligen Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungsdienste nicht
unterscheiden.
Zudem stellt sich auch die ernsthafte fachliche Frage, wieso die Kontrolleinheiten Grenze die MP 5
führen und andere Kontrolleinheiten sie nicht führen. Die Gefährdungslage ist an den Zollgrenzen, zum
Beispiel zur Schweiz, im Zweifel nicht höher, als an anderen Kontrollpunkten an Binnengrenzen, im
Inland oder an Flughäfen. Die Gefährdung geht weniger vom Ort, sondern vor allem von der zu
kontrollierenden Person aus. Die bayrische Polizei hat vor kurzem einen 51jährigen aus Montenegro auf
der A8 zwischen Salzburg und München aufgegriffen, der offensichtlich auf dem Weg nach Paris war
und möglichweise zum Kreis der Attentäter gehört. Sie fand im Fahrzeug zunächst zwei Pistolen und
Sprengstoff. Die Polizisten holten daraufhin Experten vom Landeskriminalamt dazu. Sie fanden bei einer
genauen Durchsuchung des Autos acht Kalashnikow-Gewehre mit Munition, mehrere Pistolen, zwei
Handgranaten und 200 Gramm Sprengstoff in verschiedenen Verstecken.
Dieser Gefährdung wären genauso gut die Zollbeamten einer Kontrolleinheit Verkehrswege im Rahmen
der originären Zuständigkeit (VuB) des Zolls ausgesetzt, wenn sie die Kontrolle gemacht hätten.
Die MP5 ist eine wirksame, effektive und präzise Schusswaffe, die vor allem eine erhöhte Eigensicherung
der eingesetzten Zollbeamten optimal gewährleistet und zugleich eine deutlich geringere Gefährdung
Dritter und des jeweiligen polizeilichen Gegenübers sichert.
Gerade der geringeren Gefährdung unbeteiligter Dritter und der jeweiligen polizeilichen Gegenüber
kommt eine besondere rechtsstaatliche Bedeutung zu. Unbeteiligte Dritte, aber auch das polizeiliche
Gegenüber, verlieren zu keiner Zeit ihre grundgesetzlich geschützten Rechte. Der polizeiliche
Vollzugsbeamte bleibt immer, auch dann, wenn er selbst angegriffen wird, Grundrechtsverpflichteter.
Das gilt auch beim Einsatz der Schusswaffe nach dem UZwG. Deshalb ist die Gefährdung anderer
Personen immer so gering wie möglich zu halten. Hierzu sind unseres Erachtens alle möglichen
Instrumente und geeigneten Waffen – auch eine MP 5 – bereitzustellen.
Die mit Abstand niedrigste Gefährdung anderer Personen (der unbeteiligten Dritten oder der jeweiligen
polizeilichen Gegenüber) hinsichtlich einer möglichen erheblichen bis tödlichen Verletzung liegt beim
Einsatz der sehr präzisen MP5 vor. Der Ausschluss einer Gefährdung Dritter oder einer übermäßigen
bzw. unverhältnismäßigen Gefährdung des Angreifers gilt immer. Gerade bei einem notwendigen
Schusswaffengebrauch auf engerem Raum, wie z.B. in Flughafengebäuden, bei Straßenkontrollstellen,
bei Zugriffen oder in vergleichbaren Situationen, ist eine möglichst präzise Schussabgabe erforderlich,
soweit der Schusswaffengebrauch als letztes Mittel des unmittelbaren Zwangs oder im Rahmen der
sogenannten Notrechtsvorbehalte notwendig wird.
Ich selbst spreche hier hinsichtlich der Verwendung und des Einsatzes der MP 5 auch aus eigener
Erfahrung, weil ich bereits als Zollanwärter mit allen anderen Anwärtern meiner Generation im
Zollgrenzdienst mit der Maschinenpistole MP 5 in Einsätze der damaligen Terrorfahndung in den
achtziger Jahren gegen die RAF, die IRA, die ETA und andere terroristische Organisationen im Rahmen
gezielter Grenzfahndungen regelmäßig eingebunden war. Das damals zusätzlich eingesetzte G 3 war
hingegen eine völlig ungeeignete Waffe für den alltäglichen vollzugspolizeilichen Dienst im
Zollgrenzdienst.
Zudem können sich alle Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungsbeamten, wenn sie über den gleichen
Ausbildungs- und Ausrüstungsstand hinsichtlich ihrer Bewaffnung verfügen, auch jederzeit gegenseitig
vollständig im jeweils anderen vollzugspolizeilichen Aufgabengebiet unterstützen.
Gerne stehe ich Ihnen für Rückfragen und persönliche Gespräche zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Buckenhofer