Mitleben 4.2015

Mitleben
4 | 2015
ELM Hermannsburg | Partner in Mission
Liebe Geschwister, Freundinnen und Freunde des ELM
Mit einer Verheißung sendet uns die Jahreslosung in das neue Jahr 2016:
Gott spricht: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet. (Jes. 66,13)
Trost wird uns versprochen. Nicht Heilung unserer Leiden, nicht die Lösung unserer Probleme, nicht das
Ende unserer Sorgen. Einfach „nur“ Trost. Hier wird keinem Wohlstands-Evangelium das Wort geredet:
Wenn du nur genug glaubst, dann wirst du reich und kannst deine Krücken wegschmeißen. Nein! Hier
hören wir ein Liebes-Evangelium: Wenn du völlig unten bist, in Leid und Angst, dann bin ich dir ganz nahe.
Moderner Management-Jargon ist immer positiv: „Probleme? Probleme gibt es nicht. Es gibt nur
Herausforderungen! Und die kann man meistern.“ – Schön wäre es. Wir erleben im ELM seit Jahren,
dass die Veränderungen in Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft mehr sind als Herausforderungen.
Es sind Probleme. Pensionslasten und sinkende Einnahmen, Gewalt gegen Glaubensgeschwister
in Zentralafrika und Indien – Herausforderungen? Nein. Echte Probleme, unter denen wir leiden.
Auch wenn wir unter Sorgen und Problemen leiden, möchte ich mit der Jahreslosung danken. Egal
ob als Direktor eines Missionswerkes, als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter im ELM, als Mitbeterin oder
Leser: Wir sitzen ratlos und kraftlos vor unseren Aufgaben und Schwierigkeiten und genießen Gottes
annehmenden und stärkenden Trost. Durchatmen, danken dafür, dass wir die Last nicht allein schultern,
den Weg nicht allein gehen müssen und … weitermachen. Verheißener Trost ist verheißener Beistand.
Aber was ist das besondere am mütterlichen Trost? Beobachten wir zwei 5-Jährige: Der eine klettert
auf der Mauer herum. Der andere feuert ihn an. Es kommt, wie zu erwarten: Der Kletterer fällt von
der Mauer, schlägt sich das Knie auf, das Geschrei ist groß. Sein Kumpel tröstet: „Komm, beiß die
Zähne zusammen!“
Jetzt beobachten wir einen 5-Jährigen und seine Mutter. Der Kleine klettert auf der Mauer herum.
Die Mutter warnt wieder und wieder: „Pass auf! Wenn du runter fällst ist das Geschrei groß!“ Und
natürlich fällt er runter. Die Mutter tröstet. Sie nimmt in den Arm: „Ja, ich weiß, das tut jetzt weh.
Komm, wein dich aus.“ Für mich ist der wichtigste Unterschied zwischen beiden Szenen: Im Trost der
Mutter steckt Vergebung. Sie hat gewarnt. Aber der Sohn hörte nicht. Trotzdem ist im Trost der Mutter
kein Vorwurf. Die Vergebung für den Ungehorsam ist Teil des Mutter-Trostes.
Ob Jesaja darauf anspielt, wenn er sagt: „... wie eine Mutter tröstet“? Ich denke, so ist das gemeint.
Gott ist nicht nachtragend. Unser Versagen, unser Ungehorsam, unsere Unfähigkeit, unsere Dummheit – egal, was uns so sehr in Not gebracht hat, dass wir Trost brauchen: Er tröstet, wie eine Mutter:
verzeihend, annehmend, stärkend. Wie sollten wir – ob im Privatleben oder bei der Arbeit im ELM
– einen einzigen Schritt ohne diese tröstende, ermutigende Vergebung gehen können?
Wir haben 2016 viel vor im ELM. Abteilungen werden umstrukturiert, Arbeitsplätze sich verändern. Einige
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen neue Aufgaben und geänderte Zuordnungen. Wir werden
uns von lieb gewordenem verabschieden und neue Arbeitsziele annehmen. Wir werden Trost brauchen,
den mütterlichen Trost, der nicht danach fragt, wie gut wir waren, sondern der uns annimmt wie wir sind.
In der Hoffnung, dass für Sie, liebe Leserinnen und Leser, und für uns im Missionswerk dieser mütterliche Trost im neuen Jahr immer dann spürbar ist, wenn wir ihn brauchen, grüße ich Sie.
Ihr
Michael Thiel
1
Erlebt – erzählt
Inga Göbert , Leiterin der Abteilung Gemeinde Weltweit, war im Oktober in
Südafrika, sie berichtet von den StudentInnenprotesten.
„Fees must fall!“
Die Studentinnen und Studenten in den Universitätsstädten Südafrikas protestieren lautstark. Energisch und durchsetzungsgewiss gehen sie mit ihren Forderungen auf die Straße. Es geht ihnen nicht
allein um Studiengebühren oder Lebenshaltungskosten – beides ist für viele unerschwinglich und
zwingt die Studierenden in große Kreditprogramme – es geht ihnen um mehr, um Gerechtigkeit für die
Mitarbeitenden an den Universitäten. Gärtnerinnen und Putzfrauen, Hausmeister und Fensterputzer,
Köchinnen und Service-Arbeiter – sie sollen alle faire Löhne bekommen.
Die Vision einer gerechten Gesellschaft ist in Medien und Diskussionen spürbar, etwas von dem alten
Ideal der Regenbogennation, in der alle eine echte Chance haben, ihre Talente und Fähigkeiten in die
Gesellschaft und ihr Leben einzubringen.
Menschen mit denen ich auf meiner Dienstreise spreche, fühlen sich bei diesen Demonstrationen an
die Studierenden-Proteste in Soweto von 1976 erinnert – das Aufbegehren einer ganzen Generation
gegen ein System das lebensvernichtend und zum verzweifeln ungerecht war.
Auch jetzt lassen sich die jungen Frauen und Männer nicht von Parteien instrumentalisieren, lassen sich nicht einlullen von Versprechungen und Lippenbekenntnissen. Sie wollen weiter streiten,
protestieren und kämpfen für ihre Vision der Gesellschaft. Die Kirchen stellen sich an ihre Seite und
auch andere zivilgesellschaftliche Organisationen: Sie zwingen Politiker und Politikerinnen sich über
Parteigrenzen hinweg zu solidarisieren und in ernsthafte Lösungsüberlegungen einzutreten.
Ob die Proteste die Kraft haben ein Land zu ändern? Ich wünsche es denen, die sich dort engagieren
und denen, für die diese Proteste ein Zeichen sind: Wir können die Welt gestalten – „Fees must fall!“
Eine Gruppe Studenten hebt ihre
Hände in die Luft, als Zeichen,
wir kommen in Frieden.
Foto: CC Myolisi
2
Im Oktober waren ELM-Referenten Kurt Herrera und Wolf von Kilian-Philipp in
Brasilien und besuchten Projekte der IECLB.
Hinsehen, hinhören und drüber sprechen!
Die Stadt Gravatá, Bundesstaat Pernambuco, liegt im Nordosten von Brasilien. Hier unterstützt die
brasilianische Partnerkirche des ELM seit Jahren ein Projekt für Kinder und Jugendliche, geleitet
von Diakon Davi. Davi ist ein schmächtiger Mann, doch ein Energiebündel, wenn es darum geht, zu
organisieren, für die Gemeinde zu sammeln oder das Evangelium auf den „Marktplatz“ zu tragen.
Gleich nach unserer Ankunft in Gravatá werden wir eingeladen, an einem Gebetstreffen teilzunehmen. Ein alter Truck mit riesigen Aufbauten und lauter Musik sorgt dafür, dass niemand am zentralen
Platz vorbei kommt, ohne die anstehende Gebetsversammlung zur Kenntnis zu nehmen. Für die nötige
Aufmerksamkeit sorgt die kämpferische Tanzdarbietung einer Capoeira-Gruppe.
Dann wird gebetet und gesungen. Bürger und Bürgerinnen stehen beisammen, Fürbitten machen
ihre Sorgen und die Not dieser Stadt hörbar. Drogenhandel, sexueller Gewalt, Prostitution, Arbeitslosigkeit und Korruption gehören hier zum Alltagsbild.
Ein Ort zum Wohlfühlen in der Trostlosigkeit
Der Ortsteil, in dem Diakon Davi eigentlich arbeitet, liegt auf der anderen Seite eines Hügels, einige
Kilometer vom Stadtkern entfernt. Die Straße nach „Gravatá hinter dem Berg“ ist unwegsam, riesige
Schlaglöcher, vor denen man sich als Fahrer in Acht nehmen muss. Die Menschen, die hier wohnen
sind arm, ihre Häuser klein und verwinkelt, die Wege sind nicht geteert, Abfall liegt herum. In diesem
Ortsteil sind Gewalt und Arbeitslosigkeit zu Hause.
Der erste Blick lässt den Eindruck von Trostlosigkeit und Vergessenheit aufkommen. Genau in dieser
Umgebung hat der Diakon ein kleines liebevoll hergerichtetes Gebäude als Kirche eingerichtet. Daneben ein Gebäudekomplex, der einen Raum für Jugendliche bietet, wo sie nach der Schule lernen
und Zugang zum Internet haben. Andere Räume werden von verschiedenen Kindergruppen genutzt.
Alles macht einen einladenden und ordentlichen Eindruck, ein Platz zum Wohlfühlen in einem chaotischen Viertel.
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Bei der Begehung des Viertels zieht ein Bild an einer Hauswand unsere Aufmerksamkeit an. Das
Bild ist bekannt – und doch anders. Normalerweise wollen die drei Äffchen nichts sehen, hören
oder sagen. Bei diesen Affen hier ist es genau anders herum. Der eine Affe trägt eine grüne Brille,
er will nicht wegschauen, sondern hinsehen, der Andere hält die Hände hinter die Ohren, um genau
hören zu können und der Dritte schlägt Alarm. Disque 100, wähle 100, dieser Aufruf ist für Kinder
und Jugendliche, sich nicht von sexueller Gewalt und Missbrauch einschüchtern zu lassen, sondern
Anzeige zu erstatten
Foto: ELM, von Kilian-Philipp
Auf das Problem des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen will das vom ELM
geförderte Projekt „Kinder schützen“ aufmerksam machen und gezielt dagegen angehen. Es wird
außer in Gravatá auch in Recife und Fortaleza durchgeführt. Näheres dazu lesen Sie im Mitwirken
in dieser Ausgabe oder auf www.elm-mission.net.
Partner in Mission
Tobias Schäfer vom BikZ hat die 3. Etappe des Klimapilgerns „Geht doch“ mit
organsisiert. Er erzählt, wie es war, gemeinsam unterwegs zu sein.
Auf halbem Weg zur Klimakonferenz
Am frühen Morgen des 3. Oktober steige ich in den Zug nach Bremen. Mein kleines „Opfer“ für das
Ziel der Klimagerechtigkeit. Am Bremer Dom ist Startpunkt der 3. Etappe des Klimapilgerns „Geht
doch!“. Dort angekommen, sehe ich vereinzelte Leute mit Rucksack und in Wanderkleidung. Zur morgendlichen Andacht sind es dann schon 50 Menschen, die gemeinsam im Innenhof des Doms um die
Brunnenplastik des heiligen Jakobus stehen: Wir singen miteinander und stimmen uns auf den Tag
ein. Passanten blicken neugierig in den Innenhof – gleich geht es los.
Das Ziel ist Paris
Ein großes Banner mit dem Motto des Pilgerwegs führt unsere Gruppe an. „Geht doch“, unter diesem
Motto hat ein ökumenisches Bündnis aus Landeskirchen, Diözesen, christlichen Entwicklungsdiensten,
Missionswerken und Verbänden zu einem Pilgerweg für Klimagerechtigkeit eingeladen. Der 1.470
Kilometer lange Pilgerweg verläuft von Flensburg über Hamburg, Bremen, Osnabrück weiter über
Münster, Köln und Trier bis nach Paris. Dort sollen auf der UN-Klimakonferenz im Dezember die
kirchlichen Forderungen nach einem verbindlichen Klimaschutzabkommen übergeben werden.*
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Schritt für Schritt Zeichen setzen
Die Strecke ist in mehrere Etappen eingeteilt und an diesem sonnigen Herbsttag laufen wir gemeinsam
die ersten 23 Kilometer der Etappe: Von Bremen nach Osnabrück. Es geht zunächst durch die Innenstadt,
wir überqueren die Weser und laufen einige Kilometer entlang des Flusses und am Werdersee entlang.
Ich komme mit verschiedenen Pilgern ins Gespräch und stelle fest, dass einige schon seit Hamburg
dabei sind und bis nach Paris laufen möchten, andere haben sich eine Woche oder mehrere Tage Zeit
genommen für den Pilgerweg und wieder andere laufen für einen Tag mit. Alle vereint der Wunsch,
ein Zeichen zu setzen gegen den Klimawandel und für mehr Klima- und Umweltschutz. Radfahrer und
Spaziergänger bleiben stehen und schauen die bunte Wanderschar verwundert an – auf diese Weise
entstehen immer wieder, auch längere, Gespräche über die Anliegen des Projektes.
Pilgergruppe auf dem Deich
entlang der Weser
Von Bremen über Malawi
In der Gemeinde Arsten-Habenhausen legen wir nach einem Drittel der Wegstrecke die erste Pause
ein. Neben der leiblichen Stärkung gibt es einen spirituellen Impuls zum Thema. Klimawandel hat
für mich mit der Verantwortung für die Schöpfung zu tun. Es geht um unsere Verantwortung für die
Mitmenschen in vielen Ländern der Erde, die schon heute sehr unter den Folgen des Klimawandels
leiden. Mir kommt die Ernährungskrise in Malawi infolge der Wetterextreme in den Sinn und die Berichte unserer Partnerkirchen in Äthiopien und Südafrika über neue klimatische Herausforderungen.
… nach Barrien
Wir durchlaufen einige kleine Dörfer, wandern auf Feldwegen an Ackerflächen und Wiesen entlang.
Am Bachlauf der Hache sind wir mit einer Mitarbeiterin des NABU verabredet und sie erzählt uns
über das Renaturierungsprojekt, das dem Hochwasserschutz dient.
Weiter geht es, der Ort Barrien ist der Endpunkt unserer Tagesroute und Pastorin Heinemeyer erwartet uns schon. Müde, aber glücklich kommen wir an: Die Gemeinde hat Privatquartiere organisiert
und ein tolles Buffet aufgefahren und auch die Bürgermeisterin von Syke begrüßt uns. Sie berichtet
über die Maßnahmen der Stadt zur Klimaanpassung. Für den nächsten Morgen ist ein Erntedankgottesdienst in einer nahe gelegenen Scheune geplant. Auch hier werden die Pilgernden von ihrem
Anliegen und dem Projekt „Klimapilgerweg“ berichten. Und dann geht es wieder weiter, immer in
Richtung Weltklimagipfel, nach Paris.
*Wegen der Terrorakte in Paris war zum Redaktionsschluss nicht klar, wie der Protest vor Ort
aussehen kann. Aktuelles erfahren Sie hier www.klimapilgern.de/aktuelles/
Partnerschaft mit Äthiopien auf Kirchenkreis-Ebene
Im Januar reist eine Delegation des Kirchenkreises Wolfsburg/Wittingen nach Äthiopien. Ziel dieser Sondierungsreise in die South Central Synod nach Hosaina/Äthiopien ist, eine Partnerschaft auf
Kirchenkreis-Ebene einzugehen. Der Fahrt sind mehrjährige Vorbereitungen vorangegangen, initiiert
durch Pastor Peter Placke. Placke hat als Mitarbeiter des ELM zehn Jahre in dieser Region gearbeitet
und bringt Sprach- und Landeskenntnisse ein.
Am 17. Oktober fand im Pentagon der Fachhochschule der Missionstag statt.
Starkes Interesse aus Kirchengemeinden und Initiativen
„Togo und Deutschland: Ich kann es für mich persönlich nicht mehr trennen.“ Bintou Schmill weiß heute,
dass sie zwei Heimaten hat. Wie es dazu kam, das erzählte sie den rund 100 fasziniert Zuhörenden
des Missionstages des ELM. Unter dem Titel „Heimat verlieren – Heimat finden: Was brauchen wir,
um anzukommen?“ wurde in Hermannsburg ein Thema diskutiert, das angesichts der Flüchtlingskrise
brandaktuell ist.
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„Fang einfach
mit irgendwas an“
„Heute weiß ich es besser: Ich bin eine gestandene Frau“, so Bintou Schmill, die in ihrem Impulsreferat über ihr Ankommen als 13-Jährige in Deutschland über Gefühle wie Heimweh und Einsamkeit
ebenso sprach wie über ihre eigene, ganz persönliche Strategie, diese zu überwinden. „Fang einfach
mit irgendwas an“, habe sie zu sich selbst gesagt, so die heute selbstbewusste 31-jährige Gymnasiallehrerin, erfolgreiche Boxerin und Sängerin, deren Mutter sie zu ihrer in Deutschland lebenden
Großmutter gab. Alles, was einem guttue und woran man erkenne, wo was fehle und wie man das
ersetzen könne, trage dazu bei, anzukommen. Vier Faktoren seien für sie dabei entscheidend: Sozialisationsinstanzen wie Schule, Familie oder Freundeskreise, die eigene Persönlichkeit, der Glaube
– denn es sei einfacher, wenn man einen Anker habe – und der Glaube an die Menschen, die einen
geschickt hätten und deren Antrieb die Hoffnung gewesen sei.
Um kulturelle Missverständnisse, die Bedeutung interkultureller und interreligiöser Begegnungsmöglichkeiten, die Bedeutung von Sprache und das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Traditionen ging es dann in der anschließenden Podiumsdiskussion unter Leitung der Hermannsburger
Bundestagsabgeordneten Kirsten Lühmann. Bintou Schmill, Pastor David Long Hoang von der vietnamesischen Gemeinde in Hannover, Ralf Meister, Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und Rolf Meyer vom Runden Tisch Hermannsburg standen zu den Schwierigkeiten,
aber auch Chancen von Migration Rede und Antwort. Dabei wurde nicht zuletzt die Bedeutung des
persönlichen Kontaktes hervorgehoben, aber auch das Bemühen beider Seiten, offen aufeinander
zuzugehen und sich mit der jeweils anderen Kultur, Religion und Tradition auseinanderzusetzen.
Bintou Schmills erzählt von Ihrem
Ankommen in Deutschland.
In einzelnen Gruppenarbeiten wurde dann das Thema noch einmal vertieft, indem Praktikerinnen
und Praktiker aus der Gemeinde- und Partnerschaftsarbeit sowie von Willkommensinitiativen ihre
Arbeit vor Ort vorstellten.
„So entscheidet sich an unserem Umgang mit den Flüchtlingen, ob Gottes Verheißung lebt“, sagte
Ralf Meister dann in seiner Predigt im Abschlussgottesdienst zum diesjährigen Missionstag des ELM.
Ausgehend von Gottes Verheißung an Abraham, wenn dieser sein Vaterland verlasse (1. Mose 12,1-3),
fragte Meister angesichts der Flüchtlinge, die aktuell nach Deutschland kommen, ob es sein könne,
dass „wir Kronzeugen für die biblische Verheißung sind“. Meister warf in seiner Predigt die Frage auf,
ob es nicht christliche Pflicht sei, dass diese Verheißung für die Menschen, die kämen, hier Realität
werde. „Sind wir nicht gesegnet, wenn wir unsere Türen gastfreundlich öffnen?“, so Meister. Meisters
Predigt war Aufforderung und Ermutigung zugleich und brachte den Tag auf den Punkt.
Der Tag wurde abgerundet durch den Runden Tisch Migration Südheide, der alle Interessierten,
Freunde und Bekannten zum Kaffeetrinken ins Pentagon einlud. Neben Kaffee und Kuchen gab es
die Gelegenheit, mit Flüchtlingen und Mitgliedern des Runden Tisches Migration Südheide und vielen
anderen ins Gespräch zu kommen.
Rund 100 Zuhörerinnen und
Zuhörer folgten gespannt der
Diskussion auf dem Podium.
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Wir nehmen Abschied
† Karl-Ernst Weidauer
Karl-Ernst Weidauer (*11.12.1939 † 20.08.2015) kam am 01.10.1972 als Registrator aus dem Landeskirchenamt Hannover nach Hermannsburg und begründete unsere Zentralregistratur. Ein Jahr später
übernahm er als ausgebildeter Fotograf die Bildstelle.
Nachdem das Missionswerk längere Zeit vergeblich einen Facharchivar gesucht hatte, wurde KarlErnst Weidauer ab Mai 1978 für ein entsprechendes Studium freigestellt. Er erlernte dazu in Paris die
französische Sprache, hospitierte beim Staatsarchiv Osnabrück, studierte an der Archivschule Marburg und absolvierte in Osnabrück die Laufbahnprüfung für den gehobenen Archivdienst. So konnte
er sich ab Oktober 1981 als Archivar an der Erschließung der in- und ausländischen Quellen, dem
„fremdem immateriellem Eigentum“ der Mission, beteiligen. – Doch die Ernte seines vorbildlichen
Studiums war leider nur kurz. Immer häufigere Krankheitsschübe und immer längere Ausfälle zwangen ihn zur Aufgabe seiner Berufstätigkeit. Mit dem 31.03.1985 schied er aus unserem Dienst aus.
Karl-Ernst Weidauer war ein ernsthafter und zuverlässiger Mann, der gerne Pfarrer geworden wäre.
Seine Übersiedlung nach Bielefeld brachte ihm nicht nur gesundheitliche Betreuung und Besserung,
sondern auch eine neue geistliche Heimat. Später besuchte er noch einmal in dankbarer Erinnerung
Hermannsburg und seine Wirkungsstätten. Seine letzte Ruhe hat er auf dem Friedhof der Kirchengemeinde Brackwede gefunden.
Lothar Steinborn
† Dietrich Mascher
Am 6. November 2015 verstarb Dietrich Mascher in Vryburg (Südafrika) im Alter von 78 Jahren. Dietrich
Mascher stammte aus einer baptistisch geprägten Fabrikantenfamilie, ließ sich jedoch schon als Junge
lutherisch taufen und konfirmieren. Schulzeit und Studium waren geprägt durch sein Engagement in
der kirchlichen Jugendarbeit. In diese Zeit fallen auch die Anfänge seiner Liebe zur Missionsarbeit,
die schließlich im Jahr 1964 zu seiner Aussendung als Hermannsburger Missionar in die Westdiözese der Evangelical Lutheran Church in Southern Africa führte. Hier fand seine Arbeit schon bald
die Anerkennung der einheimischen Kirchenleitung, so dass er der Westdiözese viele Jahre lang als
Superintendent und als Stellvertreter von Bischof Rapoo diente.
Fast vierzig Jahre lang hat Dietrich Mascher an verschiedenen Orten in der von ihm sehr geliebten
Westdiözese gearbeitet. Drei Kennzeichen seiner Arbeit seien hier besonders hervorgehoben: Die
leidenschaftliche Liebe zum Setswana: Seine ungewöhnlich guten Sprachkenntnisse und seine Forschungen auf diesem Gebiet fanden auch bei Sprachforschern weithin Anerkennung; zweitens seine
Fürsorge insbesondere für vernachlässigte Gemeinden und drittens seine Fähigkeit, auch mit solchen
Mitarbeitern zu arbeiten, deren Begabung eher bescheiden war.
Dietrich Mascher tat dies alles mit der tatkräftigen Unterstützung seiner Frau Maria, die zwei Jahre
vor ihm starb. Er hinterlässt vier Söhne und acht Enkelkinder. Wir gedenken seiner in Dankbarkeit.
Reinhard Deichgräber
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Hermannsburger Leben
Bucherscheinungen
Buch über Olav Hanssen
Viele Freundinnen und Freunde der Hermannsburger Mission haben ihn persönlich gekannt: Olav
Hanssen, Leiter des Missionsseminar von 1957 bis 1979. Geboren wurde Olav Hanssen 1915 in
Bremerhaven. Er starb 2005 im Kloster Riechenberg bei Goslar.
Brigitte Theophila Schur,
Olav Hanssen junior,
Die Welt ist nicht genug.
Olav Hanssen – ein Pilgerleben
€ 14,99, 119 Seiten,
Großformat
Fontis-Verlag Basel
Sein Geburtstag jährte sich 2015 zum hundertsten Mal. Zu diesem Anlass hat Brigitte Theophila
Schur in Zusammmenarbeit mit Olav Hanssen jun. eine reich bebilderte Biographie des verstorbenen Theologen vorgelegt. Sie erzählt die Geschichte eines Mannes, dessen Leben von einer tiefen
Leidenschaft für den christlichen Glauben geprägt war. Sein Vater war Norweger; die Großeltern
mütterlicherseits stammten aus Beckedorf bei Hermannsburg. Sie waren durch Ludwig Harms und
die Hermannsburger Erweckung geprägt. Eigentlich hatte Olav Hanssen das väterliche Baugeschäft
übernehmen sollen. Doch im Krieg als Soldat entschloss er sich, sich ganz der missionarischen Verkündigung der biblischen Botschaft zu widmen.
Seine Tätigkeit als theologischer Lehrer begann er 1950 am Johanneum in Wuppertal, ehe er 1957
dem Ruf an das Missionsseminar in Hermannsburg folgte. Seinen Ruhestand verlebte er in Ratzeburg
und im Kloster Riechenberg, wo er die klösterlich lebende Gethsemanebruderschaft leitete. Viele
Hermannsburgerinnen und Hermannsburger verdanken der Lehrtätigkeit und Verkündigung sowie
Seelsorge Olav Hanssens viel. Das Buch zeigt Vertrautes, eröffnet aber auch Neues und Überraschendes. Wer ihn nicht persönlich gekannt hat, wird in dem Buch einem Christen begegnen, dem
als klugen Theologen der glaubwürdig gelebte Glaube das Maß aller Dinge war.
Reinhard Deichgräber
Was bleibt vom Wirken von Pastor Louis Harms
Impressum
Mitleben ist der Freundesbrief des
ELM
Herausgeber und Verlag: Evangelisch-lutherisches Missionswerk
in Niedersachsen (ELM)
Georg-Haccius-Str. 9,
29320 Hermannsburg
Verantwortlich im Sinne des Presserechts (V.i.S.d.P.): Klaus Hampe
Die 38. Louis-Harms-Konferenz fand am 14. November wiederum in Farven statt und mehr als 100
Personen waren der Einladung gefolgt. Erinnert wurde an den 150. Todestag von Louis Harms, welcher am 14. November 1865 in Hermannsburg verstarb.
Bibelarbeit, Referate und Aussprachen hatten zum Ziel, die Bedeutung von Harms für die Kirche,
die Mission und für den Einzelnen herauszuarbeiten. Direktor Michael Thiel hielt eine inspirierende
Bibelarbeit zu Johannes 17,3. Und das Referat von Dr. Jobst Reller „Glut, nicht Asche weitergeben“ hat
durchaus kritische Töne anklingen lassen, aber bei der Glut gab es viel Zustimmung. Ludwig Harms
verfolgte einen schriftgetreuen Evangelizismus, sein Glaubensverständnis stellte den Einzelnen in
die Verantwortung, verbunden mit dem immerwährenden Aufruf zur rechten Lebensführung. Ein
lautes Ja zur Kirche und zur Mission waren für den Gründer der Hermannsburger Mission keine Pflicht,
sondern entsprang einer tiefen Gottesliebe. Hier erwies sich Harms als ein Gläubiger, der die Gnade
Gottes zutiefst verinnerlicht hatte.
Wer sich jetzt schon den Termin des nächsten Jahres im Kalender notieren möchte: Die nächste LouisHarms-Konferenz ist am 12. November 2016.
von Kilian-Philipp/Allmann
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