ziel rio rhythmus und vielfalt 10.02.2016 − 25.09.2016

Ausstellungsführer
ZIEL RIO
RHYTHMUS UND VIELFALT
10.02.2016 −
25.09.2016
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Einführung
Ziel Rio
Rhythmus und Vielfalt
Dieser „Ausstellungsführer“ gehört zu einer Serie von Dokumenten, die Lehrkräften die Vorbereitung
eines Besuch des Olympischen Museums mit ihrer Schulklasse erleichtern sollen.
Die Ausstellung kann zusammen mit einem „Coach“ des Museums besucht werden. Diese Animatoren
begleiten die Schüler auf ihrem Rundgang durch die Ausstellung und passen sich an das Alter und die
Erwartungen der Gruppe an.
Lehrkräften, die ohne Coach durch das Museum gehen möchten, stehen Tablets mit Anregungen für
Rundgänge und Aufgaben zur Verfügung.
Weitere Informationen auf Französisch und Englisch: www.olympic.org/pedagogie
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
10.02.2016 – 25.09.2016
Freier Museumsbesuch
Museumsbesuch mit Coach
Die Lehrkraft führt mit oder ohne Tablet, das Anregungen
für Rundgänge und Aufgaben in der Ausstellung gibt, durch
das Museum (das Tablet wird auf Reservierung und solange
vorrätig kostenlos zur Verfügung gestellt).
Mit Workshop ab 10 Uhr, letzter Start um 16 Uhr:
- Montag bis Freitag, Mai bis Oktober
- Dienstag bis Freitag, November bis April
Reduzierter Schülertarif: 6–16 Jahre CHF 7.- pro Schüler/Kind.
1 erwachsene Begleitperson pro 10 Schüler/Kinder ist obligatorisch und kostenlos.
Min. 15, max. 18 Schüler/Kinder pro Gruppe, ab 9 Jahren
Dauer: 90 Minuten
Auf Deutsch, Französisch und Englisch
Pauschaltarif CHF 15.– pro Schüler/Kind, Eintritt inklusive.
1 erwachsene Begleitperson pro 10 Schüler/Kinder ist
obligatorisch und kostenlos.
Information und Reservierung:
[email protected]; +41 21 621 66 85
Herausgeber
©IOC, Das Olympische Museum, Lausanne
1. Ausgabe, 2016
Verfasserin
Abteilung Kultur- und Lehrprogramme
Grafik
DidWeDo s.à.r.l.
Dieses Dokument ist auf Deutsch, Französisch
und English verfügbar.
Bildnachweis
© IOC oder Angabe unter den Bildern
Es kann heruntergeladen werden
unter www.olympic.org / pedagogie.
2
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Einführung
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
Ziel Rio
Rhythmus und Vielfalt
Spüren Sie den Rhythmus und lassen Sie sich vom
Herzschlag der Menschen und Kulturen Rios in den
Bann ziehen!
Lernziele
Auf den Spuren der außerordentlichen Vielfalt der Traditionen
und Völker von Rio vereint die Ausstellung „Ziel Rio“ die
Atmosphäre, die Musik und die Kreationen, die aus dem
Austausch der Menschen, dem Zusammenleben der Gegensätze und der Akzeptanz der Unterschiede entstanden.
•Sich Gedanken machen über die „harmonische Vielfalt“,
welche die Stadt und ihre Bewohner, die Cariocas,
kennzeichnet.
Die Ausstellung ist in fünf Bereiche unterteilt, wobei sich jeder
Bereich mit einem (geografischen oder symbolischen)
Kennzeichen der Stadt Rio auseinandersetzt:
•die Natur
•Rio als Stadt der Kontraste und der Völkervielfalt
kennenlernen.
•Aufzeigen, weshalb in Rio der Strand, der Karneval,
der Tanz oder die Musik dazu beitragen, Unterschiede
aufzuheben und soziale Bindungen zu schaffen.
•Den Schülern Fotografien, Musik und Kunstwerke
brasilianischer Künstler näherbringen.
•die Feierlichkeiten
•der Strand
•der Tanz
•der Fußball.
Diese Elemente werden in der Ausstellung mit Bild und Ton
untermalt.
In diesem „Ausstellungsführer“ wird jeder Bereich bzw. jede
Thematik erläutert. Die allgemeinen Informationen werden
in den einzelnen Bereichen jeweils mit einem „Fokus“ auf
bestimmte Elemente der Ausstellung ergänzt: eine Fotografie,
ein Kunstwert und eine Musikrichtung.
Verknüpfung mit dem Lehrplan
3
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
4
Ablauf des Rundgangs
+1
START
MUSICA
DO BRASIL
Die Themen der Ausstellung
„Ziel Rio – Rhythmus
und Vielfalt“
•Die Natur:
Beton und Baumkronen
•Die Feierlichkeiten:
106 Farbtöne …
der Feierlichkeiten
FINISH
FINISH
•Der Strand:
Todo bem?
•Die Stadt:
Volle Kanne Funk
•Der Fußball:
O jogo bonito
•Fazit: Musica do Brasil
BETON UND
BAUMKRONEN
TODO BEM ?
106 FARBTÖNE…
DER FEIERLICHKEITEN
DIE STADT:
VOLLE KANNE FUNK
O JOGO
BONITO
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
5
1/6
Die Natur:
Beton und Baumkronen
FINISH
FINISH
START
Man kann die Seele von Rio nur erfassen, wenn man die
Topografie der Stadt mit einbezieht – denn sie hat großen
Einfluss auf das Leben der Einwohner. Das Stadtzentrum
ist so groß, dass darin zwei „grüne Lungen“ atmen:
• der Nationalpark Tijuca mit seinem Berg Corcovado
(der natürliche Sockel der Christusstatue Cristo
Redentor);
• der Park Pedra Branca.
So ist die Natur ein fester Bestandteil von Rio und der
Carioca ein Stadtmensch, der in „Verschmelzung“ mit
der Natur lebt.
IN DER AUSSTELLUNG
•40 Fotografien des Waldes in Rio
•Ein Film über den Wald in Rio
•Ein Werk der Künstlerin Maria Nepomuceno
© Rogerio Reis-Tyba
Fotografie: Der Baummensch
Der „Baummensch“ von Rogério Reis atmet in seinem vergänglichen Kostüm und beobachtet die Welt durch Ficus-Äste
hindurch; er verkörpert den Geist der Stadt, die Symbiose
zwischen Pflanze und Mensch.
Er ist halb Mensch, halb Tier und scheint aus den fernen
Anfängen unserer Existenz zu uns zu kommen.
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
6
2/2
Die Natur:
Beton und Baumkronen
© Custodio Coimbra
Maria Nepomuceno „Ohne Titel“
Musik: Villa-Lobos und Vasconcelos
Künstlerin: Maria Nepomuceno
Der Komponist Heitor Villa-Lobos vereint in den 1920 Jahren
Folklore und klassische Musik. Er nimmt afrikanische und
europäische Volksmelodien und verarbeitet sie im klassischen
Stil in seinen Bachianas Brasileiras – eine Hommage an sein
Vorbild J. S. Bach – oder in einer von Waldstimmungen inspirierten Kompositionsreihe wie die Floresta Amazônica.
Schon früh macht sich Maria Nepomuceno (*1976, Rio de
Janeiro) mit den volkstümlichsten und authentischsten
Arbeiten Brasiliens vertraut: der Flechtkunst bei der Herstellung
von Taschen, Hüten und Körben. Sie lebt in Rio de Janeiro
und ihre Werke – in erster Linie mehrfarbige Seile, aber auch
Hängematten und Terrakotta-Objekte – sind bestehenden
Formen nachempfunden, jedoch auf ungewöhnliche Art und
Weise abgewandelt, wie hier abgebildet, gleich einem
gewundenen, farbigen Körper in Anlehnung an die Stadt Rio,
diesen einzigartigen Organismus – Schmelztiegel von Mensch
und Tier, von Natur und Körper.
er
In der Musik von Naná Vasconcelos erklingt die Stimme der
brasilianischen Wälder mit ihren Flüssen, ihrer Tierwelt, ihren
Mythen und Legenden.
Naná Vasconcelos ist ein anerkannter Perkussionist und
unermüdlicher Erforscher der ethnischen Muster Brasiliens.
Er vereint den metallischen Klang des afrikanischen Berimbau
– dem Hauptinstrument der Capoeira – mit dem Gesang der
Rasseln und der Vibration der Trommel, die das Herz der
Wälder heimsuchen.
Sein Werk ist ein atmosphärisch-hypnotisches Tonporträt
Brasilien.
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
7
2/2
Die Feierlichkeiten:
106 Farbtöne... der Feierlichkeiten
FINISH
FINISH
START
© Adenor Gondim
Als die Portugiesen im Jahr 1500 in Brasilien landen,
bevölkern schätzungsweise fünf Millionen Eingeborene
– über tausend Stämme – das Gebiet. Es folgt ein langer
Prozess der Völkervermischung: Für Portugal, das damals
nur eine Million Einwohner zählt, ist dies eine
Migrationsstrategie des Überlebens und der territorialen
Besetzung.
Fotografie: Feierlichkeiten
Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert überqueren rund
fünf Millionen Sklaven den Atlantik, um die brasilianischen
Arbeitskräfte zu unterstützen. Und in den letzten
Jahrhunderten wird das ohnehin schon bunte Mosaik
aus Farben und Kulturen, das das heutige Brasilien
kennzeichnet, noch mit Immigranten aus Europa und
Asien bereichert.
So kommen an Silvester jedes Jahr über zwei Millionen Menschen
an die Strände, insbesondere an den Strand von Copacabana.
Am Silvester von Copacabana wird der christlichen Kalender mit
Opfergaben für die Yorubas-Götter des afrikanischen Candomblé
und insbesondere für die nigerianische Gottheit Yemanja, die
Königin der Wasser, gefeiert. Ganz in weiß gekleidet (vom
Candomblé übernommenes Symbol) wird das kommende Jahr
Hand in Hand und ohne Schranken zwischen Religionen, Hautfarben,
politischen Parteien oder bevorzugten Fußballclubs begrüßt.
IN DER AUSSTELLUNG
•Rund fünfzehn Fotografien von Feierlichkeiten
•Ein Film über das Feiern in Rio
•Ein Kunstwerk, zwei Selbstporträts und
ein Tablet mit Fotografien der Künstlerin
Adriana Varejão
Die Dynamik der Völkervermischung kommt nicht nur in den
Rhythmen und Bewegungen der Körper, sondern auch im spirituellen Leben der brasilianischen Bevölkerung mit ihren kulturellen
Festen und religiösen Feiertagen verschiedenster afrikanischer
Einflüsse zum Ausdruck.
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
8
2/2
Die Feierlichkeiten:
106 Farbtöne... der Feierlichkeiten
© Mangueira
Adriana Varejão „Polvo“
Musik: Zum Klang der Samba
Künstlerin: Adriana Varejão
Keine andere Musik bringt die brasilianische Völkervermischung
so gut zum Ausdruck wie die Samba. Ursprünglich sind es
Abkömmlinge mit Wurzeln in Schwarzafrika, die zu den
Klängen von Trommeln, Händeklatschen und Gesang im Kreis
Samba tanzen.
Aus der Verschmelzung europäischer Weißer, Ureinwohnern
und dunkelhäutiger Afrikaner entstand ein Volk von Mestizen,
das kulturell besser anerkannt ist also sozial. Die Künstlerin
Adriana Varejão (*1964, Rio de Janeiro) sagt dazu: „Ohne
dass wir uns dessen bewusst sind, leben wir eine sehr große
Rassenvielfalt“.
Nach und nach vermischen sich diese Rhythmen mit Polka,
Walzer, Mazurka und Foxtrott aus Europa und werden
schließlich zum Maxixe, einem Hybrid-Tanz und M
­ usikstil,
dem wichtigsten Vorläufer der Samba.
Die Samba wird ab den 1930er Jahren über eine in der Hauptstadt
neu gegründete nationale Radiostation in alle Winkel des
riesigen brasilianischen Territoriums verbreitet.
Heute ist die Samba von genau so vielen fremden Einflüssen
geprägt wie das Volk, das sie geschaffen hat, und ist aus dem
kollektiven Bewusstsein nicht mehr wegzudenken.
Auch die Feierlichkeiten des Karnevals von Rio mit dem Umzug
der Samba-Schulen sind ohne diese Klänge kaum vorstellbar.
Die weltweit anerkannte Künstlerin Adriana Varejão schuf
ein Werk mit dem Titel „Polvo“, einem Wortspiel aus „polvo“
– dem Tintenfisch mit seinen zahlreichen Fangarmen – und
„povo“ – dem Volk.
Ihre Arbeit ist inspiriert von der nationalen Volkszählung des
Brasilianischen Instituts für Geografie und Statistik (IBGE)
von 1976, als erstmals das Kriterium „Hautfarbe“ aufgenommen
wird: von den 106 verwendeten Bezeichnungen entlehnt die
Künstlerin die 33 exotischsten oder poetischsten, die Sinnbild
für eine ganz und gar brasilianische Sensibilität für Farben
sind. Mit diesen 33 Begriffen auf der Palette erfindet Adriana
Varejão ihre eigenen „Hautfarbtöne“.
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
9
3/2
Der Strand:
Todo bem ?
FINISH
FINISH
START
© Adenor Gondim
Der Strand ist ein Ort der Begegnung und der Vermischung
und somit das perfekte Spiegelbild der Carioca-Kultur:
ihre körperliche Musik, ihr ganz eigenes Zeitgefühl, ihre
sonnige Seele, die Wärme ihrer Innigkeit, ihre zauberhafte Art beim Sprechen zu singen und zu singen beim
Sprechen…
Auch die brasilianische Sprache wird am Strand neu
erfunden: befreit von den Aufgaben des Alltags, ohne
Hast und Zweck, wird sie lieblicher und einfallsreich.
IN DER AUSSTELLUNG
•10 – 15 Fotografien vom Strand in Rio
•Ein Film über den Strand in Rio
•Zwei Werke des Künstlers Felipe Barbosa
•Eine Multimedia-Infosäule, um das Brasilianisch
von Rio zu entdecken und zu hören
Fotografie: Die brasilianische
Sprache – süße Melodie
Zur brasilianischen Kolonialzeit kümmern sich Haussklaven
um die Kinder des Adels (vom 16. bis 19. Jahrhundert werden
im transatlantischen Sklavenhandel rund vier bis fünf Millionen
Sklaven aus Subsahara-Afrika nach Brasilien geliefert).
Damals ist der Glaube weit verbreitet, dass wie der schwarzafrikanische Boden fruchtbarer ist, auch die Milch schwarzafrikanischer Ammen den Säuglingen zuträglicher sei. Sie
wachsen im Schoß dieser „afrikanischen Mutter“ heran, die
ihnen ihre Legenden und ihren Glauben weitergibt, sie würzige
Speisen schätzen lehrt und ihre Zuneigung in Worte fasst wie
„dengo“, „cafuné“ oder „xodó“ – ein Vokabular, das heute
fester Bestandteil des brasilianischen Portugiesisch ist. So
übertragen die schwarzafrikanischen Ammen mit ihrer
Zuwendung den jungen Weißen eine Sprache, die mit schwarzen
Klängen gewürzt ist.
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
10
3/2
Der Strand:
Todo bem ?
© Custodio Coimbra
Felipe Barbosa „Plantação“
Musik: Zum Klang der Bossa Nova
Künstler: Felipe Barbosa
Die Bossa Nova ist Ausdruck der modernen Kultur Brasiliens:
heimatliebend und weltoffen, natürlich und subtil.
Felipe Barbosa (*1978, Rio de Janeiro) kreiert Kunstwerke aus
destrukturierten Fußbällen. Plattgedrückt schmiegt sich einer
an den anderen in einem gänzlich abstrakten ArabeskenMuster.
Die traditionellen Samba-Klänge werden in der Bossa Nova
geschmeidiger, sie werden vermischt mit der Gemütlichkeit
und Ruhe des Jazz und der klassischen Musik.
Die Bossa Nova entsteht in den 1950 Jahren in Rio, damals
noch Landeshauptstadt, wobei die Referenzwerke in Europa
– namentlich in Frankreich und England – vom Anfang dieses
Jahrhunderts stark vom Amerika der 1950er Jahre mit seinen
Wolkenkratzern, seiner Rockmusik und seinem Jazz, beeinflusst werden.
er
Rio richtet sich damals neu aus und schafft Copacabana als
Symbol einer neuen urbanen Kultur, die später auch die Bossa
Nova umfasst.
Diese Bälle verweisen auf den Strand, wo Bälle jeder Größe
verkauft und überall in Gruppen Altinha gespielt wird. In Rio
ist der Ball (neben dem Bikini!) das eigentliche Symbol der
Strandkultur.
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
11
4/2
Die Stadt:
Volle Kanne Funk
FINISH
FINISH
START
© Ivo Gonzalez
In der äußerst unregelmäßigen Topografie der Räume
zwischen Küste, Bergen und Hügeln zwängen sich die
Favelas und überragen die reichen Viertel. Aufgrund
einer Laune der Natur sind im verschlungenen und
organischen Stadtbild von Rio die großen, gesicherten
Häuser der bessergestellten sozialen Schichten in
Asphaltnähe und die bescheidenen Behausungen der
Armen in den Hügeln angesiedelt.
Trotz der Gewalt und der prekären Lebensumstände
ist das Leben in den Armenvierteln leichtherzig und
unbeschwert. Die Favelas und die Randbezirke von Rio
erfinden die Körperlichkeit des brasilianischen
Völkergemisches jeden Tag neu. Hier ist der Körper ein
freies Vergnügungs- und Erfindungsfeld. Befreit von
jahrhundertealten moralischen und religiösen Zwängen,
ist man hier unbekümmerter, vergnügt und spontan.
Das Leben schwankt zwischen Wohlwollen und Gewalt
und bringt seine ganze Energie im Rhythmus des Funk
zum Ausdruck.
IN DER AUSSTELLUNG
• 10 – 15 Fotografien
•Ein Film über die Stadt Rio und ihre Einwohner
•Ein Triptychon des Künstlers Marcos Cardoso
•Eine richtige Tanzfläche, um die Grundlagen
des Funk zu erlernen
Fotografie:
Kultur und Sport in der Stadt
Beim Parkour geht es darum, sich frei und effizient in einem
offenen Umfeld, d. h. der Stadt, zu bewegen. Ziel ist es,
möglichst schnell von A nach B zu gelangen und dabei mittels
Sprüngen, Klettern und Sprints Hindernisse zu überwinden.
Diese Sportart hat ihre Ursprünge im Paris der 1990er Jahre
und hat sich schnell in der ganzen Welt verbreitet, auch in
Brasilien.
Auf der Fotografie in der Ausstellung sieht man junge Carioca
beim Parkour, im Hintergrund erkennt man das Gebäude der
Petrobras im Stadtzentrum.
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
12
4/2
Die Stadt:
Volle Kanne Funk
© Rogerio Reis-Tyba
Marcos Cardoso „Triptychon Der Akrobat“
Musik: Zum Klang des Funk
Künstler: Marcos Cardoso
Am Freitag werden im Bankenviertel Stühle und Tische auf
die Straßen getragen und man genießt gemeinsam Samba,
Schweiß, Bier und frittierte Sardinen. Zu fortgeschrittener
Stunde wendet sich die Szene Tanzfesten zu Funk-Musik in
Randquartieren zu: unter einer Brücke, unter einem Mangobaum
– überall dort, wo Körper miteinander verschmelzen können,
geeint in der Musik und dem Wunsch, sich zu bewegen.
Marcos Cardoso (*1960, Paraty, Rio de Janeiro) wird in Paraty
geboren. Hier beginnt er, verlorene Sandalen, Zündhölzer,
Plastiktüten und Ähnliches zu sammeln. Mit diesem Material
– einem beliebten Rohstoff für brasilianische Künstler –
erschafft Marcos Cardoso Christusfiguren aus Plastiksandalen,
„Riesenräder“ aus Zündhölzern und hier Der Akrobat: ein
Werk aus der Picasso-Reihe, kreiert aus Supermarkt-Tüten!
Funk ist nicht nur ein Musikstil, sondern eine eigentliche Kultur
mit eigenen Kleidungsvorschriften, einer eigenen Sprache.
Die treuesten Anhänger des Funk sind die ärmsten
Bevölkerungsschichten – Menschen also, die täglich vier
Stunden Arbeitsweg zurücklegen, zusammengepfercht in
schäbigen Behausungen leben, die jedoch mit großer Freude
baden, sich parfümieren und sich schön anziehen (oder sich
ausziehen), um beim Tanzen ihre Lebensgeister und körperliche Freiheit zu finden. Der Funk gibt die Energie zurück, die
im harten Alltag zu ersticken droht.
Marcos Cardoso verkörpert diese suburbane Kreativität, die
auf eigenwillige Art und Weise die Kultur der Elite und die
Volkskunst vereint.
Der Triptychon Der Akrobat entstand eigens für die Ausstellung
im Olympischen Museum.
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
13
5/6
Der Fußball:
O jogo bonito
FINISH
FINISH
START
© Ivo Gonzalez
Fußball ist der ganze Stolz Brasiliens: nirgendwo sonst
ist der Fußball so tief in der Seele der Bevölkerung
verankert. Überall findet man improvisierte Fußballplätze,
barfüßige Kinder funktionieren jeden mehr oder weniger
runden Gegenstand zu einem Fußball um.
Fußballspieler mit Wurzeln in Schwarzafrika oder
Mestizen gelten als eigentliche „Volkshelden“ und haben
viel zum Selbstbewusstsein des Landes beigetragen,
das nach und nach zu neuem Stolz gefunden hat.
IN DER AUSSTELLUNG
•10 Fotografien
•Vier Filme des Fußballmuseums von São Paulo
•Ein Werk des Künstlers Heleno Bernardi
Fotografie: Der Fußballplatz
Egal wie dicht der urbane Raum bebaut ist, in jedem
Vorortquartier, in jeder Favela findet man einen Platz für die
Pelada – eine vereinfachte und improvisierte Form des
Fußballs. Wie Lichtungen mitten im städtischen Urwald
werden diese Plätze bewahrt wie heilige Stätten. Hier entwickelt sich die wahre Schule des brasilianischen Fußballs,
spielerisch und unvorhersehbar.
Diese Innovationskraft, die im Fußball wurzelt, wird von allen
sozialen Schichten gleichermaßen geschätzt und gepflegt.
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
14
5/2
Der Fußball:
O jogo bonito
© Claudio Edinger
Fotografie: Der brasilianische Spielstil
– Figuren und Sprache
Der gradlinige Spielstil aus England wird im Kontakt mit der
körperbetonten Kultur Brasiliens runder und rhythmischer,
und die Bewegungen im Fußball lassen Samba und Capoeira
durchschimmern.
Der Wortschatz des Fußballs wird um neue Figuren ergänzt,
wie beispielsweise den von Leônidas da Silva erfundenen
Fallrückzieher bzw. „das Fahrrad“, wie er in Brasilien genannt
wird, oder die „Kunststöße“, bei denen der Fußball überraschende Bögen beschreibt, wie auch „das trockene Blatt“,
das Didi zur Perfektion beherrscht. Ganz zu schweigen von
den schwindelerregenden Dribblings von Garrincha, die das
ganze Stadion mitrissen, oder die unendlichen Balltänze von
Pelé…
„Garrincha versetzte uns in unvergesslichen Jubel. Ja, 1958
und 1965 stand und fiel unser Glück einzig und allein mit
seinen krummen Beinen.“
Nelson Rodrigues, Flor de obsessão, 1997
Heleno Bernardi „Im Anfang war das Wort“
Künstler: Heleno Bernardi
„Im Anfang war das Wort“.
Und vor dem Wort, der Fötus… Die Skulpturen in Fötus-Position
von Heleno Bernardi (*1967, Pouso Alegre – Minas Gerais)
nehmen öffentliche Plätze in Beschlag, verweisen uns auf
unsere gemeinsame Herkunft, ohne Gräben von Klasse,
Hautfarbe oder Kultur: ein großes Fest!
Verschlungen, zusammengewürfelt, entrückt, Füße auf den
Kopf gestellt – so, wie unsere eigenen Körperteile es öfters
tun sollten – beschreiben diese Skulpturen jedwede körperliche
Begegnung.
Ziel Rio – Rhythmus und Vielfalt
Ausstellungsführer
6/1
Musica do Brasil
FINISH
FINISH
START
Sechzehn Tonaufnahmen, die außerhalb Brasiliens
noch nie gespielt wurden, sind das Fazit einer einjährigen
Reise über 80‘000 Kilometer durch das Land, um alle
rhythmischen Ausdrucksformen Brasiliens festzuhalten.
Das Ergebnis ist eine facettenreiche Palette von brasilianischer Volksmusik, die an der Quelle aufgenommen
und von außergewöhnlichen, anonymen Künstlern
interpretiert wird.
IN DER AUSSTELLUNG
•In einem geschlossenen Raum wird der Film von
Belisario Franca auf vier Bildschirmen gezeigt.
Schritt für Schritt
beschriebener Rundgang
15