Blatt 10 - Fachbereich Mathematik und Informatik

Institut für Numerische und Angewandte Mathematik
FB Mathematik und Informatik der Universität Münster
Dr. Christoph Lehrenfeld,
Dipl.-Math. Felix Schindler,
Dipl.-Math. Christian Himpe
07.01.2016
Übung zur Vorlesung
Numerik partieller Differentialgleichungen I
WS 2015/16 — Blatt 10
Abgabe: 14.1.2016, vor der Vorlesung
1. Satz (Poincaré mit L2 (∂Ω)-Integral auf dem Rand)
Seien Ω ⊂ Rd ein konvexes Lipschitzgebiet, u ∈ H m (Ω). Dann existiert eine Konstante
C > 0, die nur von Ω und m abhängt, so dass gilt
kuk2H m (Ω) ≤ C |u|2H m (Ω) + kuk2L2 (∂Ω) .
Aufgabe 1 (Robin-Randbedingungen)
(6 Punkte)
Sei Ω ein konvexes Lipschitzgebiet und u ∈ C 2 (Ω̄) die starke Lösung zu dem Problem
−∆u = 0 in Ω,
−
∂u
= α(u − g) auf ∂Ω
∂n
mit α 1 und g ∈ C 0 (∂Ω).
(a) Zeigen Sie, dass die starke Lösung auch schwache Lösung der Variationsformulierung
a(u, v) :=
Z
∇u∇v + α
Z
∂Ω
Ω
uv = α
Z
gv
∀ v ∈ H 1 (Ω)
(1)
∂Ω
ist.
(b) Zeigen Sie, dass das Variationsproblem in (1) ein wohl gestelltes Problem ist in dem
Hilbertraum H 1 (Ω) ausgestatt mit dem Skalarprodukt a(u, v). Zeigen Sie dafür
zunächst, dass a(u, v) ein Skalarprodukt auf H 1 (Ω) definiert.
(c) Die Gleichung (1) werde im Finite-Elemente-Raum Xh approximiert. Die FiniteElemente-Lösung sei uh ∈ Xh . Zeigen Sie, dass gilt
1
ku − uh kL2 (∂Ω) ≤ inf (ku − vh kL2 (∂Ω) + α− 2 k∇(u − vh )kL2 (Ω) ).
vh ∈Xh
Benutzen Sie hierzu die Beweis-Techniken aus dem Lemma von Céa.
(d) Sei Ax = b das Gleichungssytem zur Finite-Elemente-Approximation. Zur Lösung
der linearen Gleichungssysteme wird ein Diagonalvorkonditionierer verwendet. Zeigen Sie, dass gilt κ(A) . αh−1 + h−2 , aber für C = diag(A) gilt κ(C −1 A) . h−2 ,
d.h. dass der Diagonalvorkonditionierer robust ist in α. Verwenden sie hierbei die
Annahme, dass gilt hT ' h ∀ T ∈ Th .
2. Definition
Eine messbare Funktion g heißt schwache Divergenz von σ auf Ω ⊂ Rd , wenn gilt
Z
gϕ = −
Z
Ω
Ω
σ · ∇ϕ ∀ ϕ ∈ C0∞ (Ω).
Der Funktionenraum H(div, Ω) is definiert als
H(div, Ω) := {σ ∈ [L2 (Ω)]d : div(σ) ∈ L2 }
mit der Norm
kσk2H(div,Ω) := kσk2L2 (Ω) + kdiv(σ)k2L2 (Ω) .
Aufgabe 2 (H(div, Ω)-konforme Finite Elemente Funktionen)
(2* Punkte)
Sei Th eine zulässige Triangulierung von Ω. Zeigen Sie, dass folgende Aussage gilt: Sei
eine Funktion u ∈ L2 (Ω) gegeben mit u|T ∈ Pk (T ) für alle Elemente T ∈ Th . Darüber
hinaus sei der Sprung in Normalenrichtung über jede Seitenfläche F ∈ Fh Null, [[u · n]]F =
0 ∀F ∈ Fh , wobei Fh die Menge aller inneren Seitenflächen im Gitter ist. Dann gilt global
u ∈ H(div, Ω) und für die schwache Divergenz gilt für alle T ∈ Th , dass (divu)|T = gT
wobei gT die schwache Divergenz zu u|T ist.
Aufgabe 3 (inf-sup-Bedingung)
(2 Punkte)
Sei eine Bilinearform b : Vh × Wh → R gegeben mit N = dim(Vh ) und M = dim(Wh ).
Sei B ∈ RM ×N die zugehörige Matrix mit Bi,j = b(ϕj , ψi ), i = 1, .., M, j = 1, ..N , wobei
ϕj die Basisfunktionen von Vh und ψi die Basisfunktionen von Wh sind. Zeigen Sie, dass
aus der diskreten inf-sup-Bedingung
inf sup
wh ∈Wh v ∈V
h
h
wh 6=0 vh 6=0
b(vh , wh )
≥ β3,h > 0
kvh kV kwh kW
(2)
folgt, dass N ≥ M und B vollen Zeilenrang hat. Zeigen Sie auch, dass aus der diskreten
inf-sup-Bedingung
b(vh , wh )
inf sup
≥ β2,h > 0
(3)
vh ∈vh w ∈W kv k kw k
h V
h W
h
h
vh 6=0 w 6=0
h
folgt, dass M ≥ N und B vollen Spaltenrang hat.
Hinweis: Eine Folgerung dieser Aussage ist: Wenn beide diskreten inf-sup-Bedingungen
gelten, dann ist M = N und B eine reguläre Matrix. Außerdem gilt, dass wenn eine
der beiden inf-sup-Bedingungen gilt und M = N ist, dass dann auch die andere inf-supBedingung gilt (da M = N und voller Spaltenrang auch vollen Zeilenrang impliziert (und
umgekehrt)).
Aufgabe 4 (Wohlgestelltheit des gemischten Poisson-Problems)
(4 Punkte)
(a) Sei Ω ein konvexes Gebiet. Zeigen Sie, dass für alle v ∈ L2 (Ω) gilt
R
div(σ)v
≥ ckvkL2 (Ω)
σ∈H(div,Ω) kσkH(div,Ω)
Ω
sup
Hinweis: Sei ϕ eine Lösung von −∆ϕ = v in Ω, ϕ = 0 auf ∂Ω und σ ∗ = −∇ϕ.
Dann ist kϕkH 1 (Ω) ≤ ckvkL2 und es gilt σ ∗ ∈ H(div, Ω).
(b) Sei Ω ein glatt berandetes Gebiet und α ∈ [L∞ (Ω)]d×d mit kαk2 ∈ [αmin , αmax ]
f.ü. mit αmin , αmax ∈ R. Zeigen Sie, dass das folgende Problem für f ∈ L2 (Ω)
wohlgestellt ist
Z
−1
α σ·τ +
ZΩ
Z
div(τ )u
∀τ ∈ H(div, Ω)
=0
Ω
div(σ)v
=
Z
Ω
fv
∀v ∈ L2 (Ω)
Ω
und für die Lösung (σ, u) ∈ H(div, Ω) × L2 (Ω) die Stabilitätsabschätzung
kσkH(div,Ω) + kukL2 (Ω) ≤ ckf kL2 (Ω)
gilt.
Aufgabe 5 (Verallgemeinerung des Lemmas von Céa)
(4 Punkte)
Zeigen Sie den folgenden Satz:
Sei b(·, ·) : V × W → R stetig mit Konstante β1 , d.h.
b(v, w) ≤ β1 kvkV kwkW
∀v ∈ V, w ∈ W,
(4)
und b(·, ·) genüge der diskreten inf-sup-Bedingung
inf sup
vh ∈Vh w ∈W
h
h
vh 6=0 wh 6=0
b(vh , wh )
≥ β2,h > 0.
kvh kV kwh kW
(5)
mit Vh ⊂ V , Wh ⊂ W und dim(Wh ) = dim(Vh ). Sei weiter u ∈ V die Lösung des
Variationsproblems b(u, v) = f (v), ∀ v ∈ W und uh ∈ Vh die Lösung des diskreten
Variationsproblems b(uh , vh ) = f (vh ), ∀ vh ∈ Wh . Dann gilt die quasi-optimale Fehlerabschätzung
ku − uh kV ≤ (1 + β1 /β2,h ) inf ku − vh k
(6)
vh ∈Vh
Hinweis: Spalten Sie zunächst den Fehler u − uh in einen Fehlerterm in Vh und einen
Approximationsfehler in V auf, um dann die inf-sup-Stabilität für den Fehlerterm in Vh
auszunutzen.