Urs Hochstrasser: Geburtshelfer der Atomenergie in der Schweiz Dr. Irene Aegerter, Präsidentin .energiesuisse.net Zürich, 12. Januar 2016 Wie kam ich zu diesem Titel? Geburtshelfer... Es war Willy Spühler, der SP Bundesrat, der ab 1963 den EW‘s ins Gewissen redete und forderte: «Der Augenblick ist in der Tat gekommen, ernsthaft und unverzüglich zu prüfen, ob auf die kurzfristig gedachte Zwischenstufe von konventionellen thermischen Kraftwerken verzichtet und unmittelbar auf den Bau und die Inbetriebnahme von Atomkraftwerken zugesteuert werden sollte.» Wer hatte BR Spühler dies wohl eingeflüstert? Anfänge der Atomenergie in der Schweiz Dank ETH-Physikprofessor Paul Scherrer und seinen ehemaligen Schülern war die 1939 entdeckte Kernspaltung und deren Möglichkeiten schon in den 1940er Jahren ein breit erforschtes Feld in der Schweiz. 1945 wurde bereits eine «Studienkommission für Atomenergie» SKA unter seinem Vorsitz eingesetzt. 1946 besuchte Urs Hochstrasser die erste Vorlesung «Atomenergie» bei Paul Scherrer. 8. Dez. 1953 Eisenhower‘s Initiative «Atoms for Peace» Schweizer BR ging als eine der ersten Regierungen, auf Eisenhower‘s Initiative 1953 zur friedlichen Nutzung der Kernenergie «Atoms for Peace» ein. An der 1. Genfer Konferenz über die friedliche Verwendung der Atomenergie 1955 flogen die USA einen Swimmingpool-Reaktor ein und betrieben ihn. Der Bund kaufte ihn für nur 180'000 $ und übergab ihn der 1955 von 125 Industriefirmen gegründeten Reaktor AG für Ausbildung und Isotopenproduktion. Der dank Cerenkov-Strahlung blau leuchtende Saphir an welchem wir unser Reaktorpraktikum absolvierten Die 3 Delegierten des BR für Fragen der Atomenergie Zur Umsetzung der Bundesgesetzgebung über die friedliche Verwendung der Atomenergie wurde schon 1955 ein Delegierter des Bundesrates einsetzt, zuerst jedoch keine Fachleute: Otto Zipfel, 1955 – 58 Jakob Burckhardt, 1959 – 1960 Mit Urs Hochstrasser, 1961 – 1969, dipl. Physiker (Wolfgang Pauli), Dissertation in numerischer Mathematik (Eduard Stiefel) war dann die naturwissenschaftliche Kompetenz für das Amt vorhanden. 1956 Grundsteinlegung Reaktor AG in Würenlingen Walter Boveri Paul Scherrer Die Entwicklung der rechtlichen Grundlagen Abkommen Schweiz – USA Am 29. Januar 1957 trat das Abkommen über die Zusammenarbeit der Schweiz mit den USA auf dem Gebiet der friedlichen Verwendung der Atomenergie in Kraft. Die Schweiz verpflichtete sich, alle Materialien, Ausrüstungen, Geräte und „klassifizierten“ Informationen, nur für zivile Zwecke zu nutzen. 1957 wurde auch die IAEA mit Sitz in Wien gegründet. Urs Hochstrasser 1. Wissenschaftsrat in den USA Ab 1958 wurde mit Urs der erste Wissenschaftsrat im Schweizer diplomatischen Dienst an den Schweizer Botschaften in Washington D.C. und Ottawa ernannt. Er zeichnete für die Durchführung des Zusammenarbeitsabkommens Schweiz-USA verantwortlich. 1960 wurde er von BR Spühler als Delegierter des Bundesrats für Fragen der Atomenergie zurück in die Schweiz geholt. Neu wurde dieser dem Vorsteher des Post und Eisenbahndepartements unterstellt (heute UVEK), vorher dem Politischen Departement. Kommissionen des Delegierten für Atomenergie Gemäss Art. 38 Vollzugs- und Schlussbestimmungen zum Atomgesetz vom 23.12.1959 Art. 28 BR ernennt Kommission zum Studium der Fragen der Atomenergie und des Strahlenschutzes. Herren Mitglieder der Eidg. Komm. für Atomenergie: C.Aeschimann, Prof.B.Bauer, E.Binkert, Dr.W.Boveri, Dr.E.Choisy, Dr.L.Derron, Dr.Ch.Gränacher, Dr. A.Heil, E.Hess, Dr.H.Hornberger, Prof.P.Huber, Ing. E.Kronauer, NR U.Meyer-Boller, Ing. C.Meylan, Dr. O.Müller, Prof.A.von Muralt, Prof.H.Pallmann, E.Primault, NR R.Reichling, Prof.J.Rossel, Dr.A.Schaefer, Prof.P.Scherrer, Dr. E.Steiner, Dr.A.Winiger, Dr.H.Wolfer, E.Wüthrich, Dr. H.P.Zschokke. Kommission für die Sicherheit der Atomanlagen erstmals ernannt Dezember 1960 (abgeschafft 2007) Sekretär: Dr. P. Courvoisier, Chef der Sektion für Sicherheitsfragen von Atomanlagen Präsident: Dr. F. Alder, Leiter Abteilung Strahlenüberwachung, EIR Mitglieder: Prof. Dr. W.Epprecht, ETHZ; E.Kaufmann, Suva, Luzern; Dr. R. Meier, EIR; Dr. J.M. Pictet, EIR; Th. Schaub, EIR; Prof. Dr. B. Vittoz, EPUL; Dr. G. Wagner, Sektion für Strahlenschutz; Prof. Dr. W. Winkler, EIR. Aufgaben des Delegierten des BR für Atomenergie Zusammenarbeit mit der Industrie (Suisatom, Thermatom, ENUSA und dem 1960 als Annexanstalt der ETH gegründeten EIR als Nachfolgeinstitution der Reaktor AG. Uranprospektion, Entwicklung von Ultrazentrifugen. Gutachten über Schweizer-Atombewaffnung. Aufbau der Bewilligungsverfahren für atomare Anlagen und der Sicherheitsbehörden des Bundes, Internationale Zusammenarbeit bilateral und in internationale Organisationen (IAEA, NEA, Dragon, Eurochemic, Halden). Aufbau der Nationalen Gesellschaft zur Förderung der Atomenergie (NGA) gegründet 18. Juli 1961 Von Urs Hochstrasser geschaffene Kommissionen Fachkommission für schnelle Reaktorsysteme: Urs Hochstrasser, Präs., Prof. Walter Hälg, Dr. Paul Schmid, Dr. Erich Utzinger, alle EIR, Prof. Bernard Vittoz, EPUL Fachkommission für Schweizer Uranvorkommen Technischer Ausschuss für die praktische Anwendung ionisierender Strahlen: Unterausschuss „Lebensmittel“ ernannt durch Delegierten 21.02.1961 Fachkommission für den schweiz. Reaktorbau (1966) Warten auf CH-Reaktor oder Kauf eines US-Reaktors Ab 1962 offerierten die US Firmen General Electric und Westinghouse den schlüsselfertigen Bau von Leichtwasser-KKW zu einem festem Preis verbunden mit einer Schadenersatzgarantie, falls die vereinbarte Stromproduktion nicht erreicht würde. Im Jahresbericht des BR 1963 stand als Reaktion auf den Zehn-Werke-Bericht der UeWA, dass «zur Sicherstellung der Stromversorgung an Stelle von konventionell-thermischen KW direkt von der Wasser- zur Atomkraft übergegangen werden sollte.» Urs Hochstrasser vor dem NOK-VR-Ausschuss Am 21. Februar 1964 legte Urs dem NOK-VR-Ausschuss «Einsatzmöglichkeiten von Atomkraftwerken in der schweizerischen Elektrizitätswirtschaft» dar. Er hob insbesondere die Vorteile von AKWs hervor, wie sie der BR im Geschäftsbericht 1963 darlegte: 1. möglichst billige Energieversorgung, 2. möglichst ausreichende und sichere Energieversorgung, welche der Unabhängigkeit des Landes dient, 3. Schutz der Gewässer und der Luft und die möglichste Schonung des Landschaftsbildes. NOK reicht 1964 Projekt für AKW Beznau ein Ende September 1964 erhielt NOK die ersten Vorofferten von General Electric und Westinghouse. Beide Firmen boten «schlüsselfertige Kraftwerke» an: Gesamte Anlage zu fixen Kosten, Reaktor, Turbogruppe und weitere Komponenten sowie Garantien bezüglich Betriebssicherheit und Einhaltung sämtlicher Sicherheitsnormen und Ausbildung des Betriebspersonals. Diese Angebote eröffneten den NOK überhaupt erst die Möglichkeit, mit ihrem geringen atomtechnischen Wissen ein Kernkraftwerk zu bestellen. Weitsichtiger Ausbau der Aufsicht Aufbau Sektion mit Fachsekretariat Einweihung HTR Dragon UK 1964 mit CEO Rennie und Prof.Perrin 1964 Eröffnung der 3. Atoms for Peace-Ausstellung in Genf Urs Hochstrasser mit UN Generalsekretär U Thant 4 Jahre vom Auftrag bis zur Inbetriebnahme KKB Der NOK-Verwaltungsrat betraute am 16. Juli 1965 einstimmig die AG Westinghouse/BBC mit der Lieferung der gesamten Kraftwerksanlage. Am 1. August vergaben die NOK den Auftrag für Beznau. Gleichzeitig beschlossen sie, drei Chargen Brennstoff zu bestellen! Stromversorgungssicherheit! Baubeginn 6. September 1965. Beznau 1 ist das älteste noch in Betrieb stehende KKW der Welt, aber dank Nachrüstungen für über 2,3 Mia Fr. auf dem neusten Stand über 4x mehr als es ursprünglich kostete. Besuch Glen. T. Seaborg im EIR 27. September 1967 IAEA 1968 mit Glen T. Seaborg Einweihung Beznau I 1. Sept. 1969 mit RR Brugger und Dir. Aemmer, NOK Feier Kritikalität Kugelhaufenreaktor Schmehausen 1983 mit Bundesminister für Forschung und Technologie Heinz Riesenhuber Aus Abschiedsbrief BR Willy Spühler Abschiedsbrief BR Willy Spühler Gründe für die Nutzung der Atomenergie bleiben gültig Leider hört BR Leuthard auf Niemanden, deshalb muss das Volk ihre Energiestrategie 2050 stoppen, denn die 3 Gründe für die Energiepolitik vor 50 Jahren gelten auch heute noch: eine kostengünstige, wirtschaftliche, sichere und umweltgerechte Stromversorgung, ohne Beeinträchtigung der Landschaft. Zum Wohle unserer Wirtschaft und der Gesellschaft! Lieber Urs Wir versprechen Dir, alles daran zu setzen, dass die Kernenergie in der Schweiz eine Zukunft hat und Du dies erleben darfst! Ganz herzlichen Dank für Dein grosses Engagement!
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