2015_06_Choco Das Food & Lifestyle Magazin

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SOMMER 2015 | N° 02
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DIE FOOD-WELT ENTDECKEN
Gabriela Manser
INNOVATIVER GESCHÄFTSSINN
In der Zuckerbäckerei
HANDMADE & EINZIGARTIG
AUF EINEN KAFFEE
GABRIELA MANSER
«EINE BUNTE PERLE
WIRD ZUR FACHFRAU»
Gabriela Manser (53) hat aus einem defizitären Betrieb ein florierendes Unternehmen
gemacht. Die Geschäftsführerin des Mineralwasserproduzenten Goba
spricht über ihren erstaunlichen Werdegang, die neu lancierte Flauderei in Appenzell
und sie erklärt, wie man richtig atmet.
Interview: Katja Bopp Text: Stephan Santschi | Fotos: zVg.
1
00 Meter neben dem Elternhaus von Gabriela Manser befindet sich die Mineralwasserquelle. Hier, in Gontenbad,
drei Kilometer vor Appenzell, soll schon im Jahr 1576
das aus einem Hochmoor stammende Quellwasser zum
Trinken und Baden genutzt worden sein. Heute ist Mansers Elternhaus
die Firmenzentrale des Mineralwasserproduzenten Goba AG. Und sie
ist die Geschäftsführerin. Die Wasserquelle hat dabei so gar nichts
Eingefallen ist der 53-Jährigen tatsächlich vieles, seit sie von ihren
Eltern die Geschäftsführung des Familienunternehmens übernommen hat. 16 Jahre sind seither vergangen, 16 Jahre, in denen sie den
Absatz verachtfacht hat – auf 17 Millionen Flaschen pro Jahr. Aus
den neun Mitarbeitern sind 55 geworden. Aus roten Zahlen machte
sie rentable Bilanzen. All dies als Quereinsteigerin, wohlbemerkt.
Davor hatte sie 17 Jahre lang als Pädagogin gearbeitet. Als Kinder-
«ES IST WIE BEIM KOCHEN. WÄHREND DEM TUN
KOMMEN IMMER WIEDER NEUE IDEEN»
«DIE KRAFT LIEGT IMMER IM MOMENT,
ICH KANN JA NICHT FÜR DEN
MORGIGEN TAG SCHON
ETWAS VORATMEN»
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gemein mit der romantischen Vorstellung eines sprudelnden Naturbrunnens. «Das Wasser befindet sich in 30 Metern Tiefe. Nach oben
ist es begrenzt durch eine Ton-/Lehmschicht, darunter ist Felsen. Das
sorgt letztlich für einen Überdruck. Aus drei Brunnenfassungen wird
das Mineralwasser in die Gebäude geleitet», erklärt Manser die technischen Details der Mineralwassergewinnung.
gärtnerin und Schulleiterin. Dann entdeckte sie ihre Freude an der
Führungsfunktion, liess sich weiterbilden und wagte den Schritt in
die Unternehmerwelt. So rettete sie den Familienbetrieb, der sich
wegen der veralteten Infrastruktur nicht verkaufen liess, vor dem
Aus. Ganz nach ihrem Motto: «Füsse auf den Boden, Kopf in die
Wolken – und dazwischen wirke ich.»
FAMILIENBETRIEB STAND VOR DEM AUS
AUSZEICHNUNG SORGT FÜR WANDEL
Innovativer Geschäftssinn in einer malerischen Landschaft. Ihr Unternehmen ist so etwas wie ein Sinnbild für die Region um Appenzell. «Wir
haben uns hier etwas bewahren können. Und doch entwickeln auch wir
uns weiter», sagt Manser über den Kanton Appenzell Innerrhoden. Vielleicht liege es daran, dass man die Heimat nicht verlassen wolle. Also
müsse man sich etwas einfallen lassen, um bleiben zu können.
Die extrovertierte Appenzellerin mit dem frechen Haarschnitt und
der Brille mit den runden Gläsern wurde fortan zum Gesicht des
Unternehmens und erlangte damit landesweit Bekanntheit. Wer
kein Marketingbudget habe, suche nach innovativen Lösungen.
Die Firma zu personifizieren sei eine davon. Dank ihrer Branchenfremdheit hat sie die damals behäbige Getränkeszene sogar etwas
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AUF EINEN KAFFEE
GABRIELA MANSER
aufgerüttelt. Anerkennung von aussen erfährt sie aber erst, seit sie
im Jahr 2005 zur Unternehmerin des Jahres gewählt worden ist.
«Da wurde ich von der bunten Perle zur Fachfrau. Fortan wurden
mir ganz andere Fragen gestellt. Diese Auszeichnung tat mir gut»,
erzählt Manser, die in der neuen Welt auch einsame Momente erlebt hat. Ihre Ausbildung zur Atemtherapeutin ist ihr dabei immer
wieder von Nutzen. «Der erfahrbare Atem ist mein Weg, um mit
allem gut umgehen zu können. Die Kraft liegt immer im Moment,
fremdend. «Es gibt mittlerweile eine unendliche Vielfalt an Getränken. Neun von zehn Neuheiten sind aber innerhalb von zwölf Monaten wieder verschwunden.» Mit ihrer Firma versuche sie in dieser
Hinsicht so viel wie nötig und so wenig wie möglich zu realisieren.
Immerhin bringt man alle zwei Jahre eine Innovation auf den Markt.
Manser hat festgestellt, dass sich «die Konsumenten daran gewöhnen, immer wieder Neues ausprobieren zu können». Nicht immer
sind ihre Kreationen von Erfolg gekrönt, auch die Goba AG musste
«FÜSSE AUF DEN BODEN, KOPF IN DIE WOLKEN –
UND DAZWISCHEN WIRKE ICH»
ich kann ja nicht für den morgigen Tag schon etwas voratmen.» Ihr
Führungsstil ist sehr fordernd und geprägt von der Freude am Miteinander. Sie setzt auf ein starkes und kompetentes Team, auf Innovation und Kreativität. «Es ist wie beim Kochen. Während dem
Tun kommen immer wieder neue Ideen.» Mit der Goba AG will sie
Kontrapunkte zu Allerwelts- und Importprodukten setzen. Neben
dem Appenzell Mineral entstand die «Iisfee», ein Bio-Grüntee.
Oder «Flauder», Erfrischungsgetränke aus Früchten und Kräuterextrakten. Im Sortiment stehen auch klassische Goba-Limonaden
und die Goba-Cola mit dem Süssungsmittel Stevia. Oder «Chalte
Kafi», ein kohlensäurehaltiger Energydrink für Erwachsene.
VIELFALT WIRKT BEFREMDEND
Gabriela Manser weiss, dass Stillstand gleichbedeutend ist mit
Rückschritt. Doch wachsen um jeden Preis kommt nicht in Frage.
Die vielen neuen Produkte der Getränkeindustrie wirken auf sie be-
Produkte aus Absatzgründen wieder vom Markt nehmen. Das betrachtet sie aber nicht als Rückschritt, sondern als eine Erfahrung,
um Lehren zu ziehen. Im Zentrum ist und bleibt der sorgfältige Umgang mit der Natur. Gabriela Manser setzt grossen Wert auf Nachhaltigkeit und Regionalität. Wer sich davon selber ein Bild machen
will, findet unweit von Gontenbad eine weitere (Lebens-)Quelle. Im
Dezember 2014 ist in Appenzell an der Hauptgasse 21 die Flauderei
eröffnet worden. Hier finden sich die Kräuterspezialitäten der Goba
AG, bezogen werden die Kräuter von Bio-Bauern aus der Region.
In den Regalen stehen Konfitüre, Sirup, Likör, Tee oder Punsch. Erworben werden kann auch eine Decke aus recyceltem Pet. In der
Wasser- und Kräuterbibliothek kann nach Wissenswertem gestöbert
werden. Kinder und Jugendliche können an einem Touch-Table ihre
eigene Fantasiefigur erstellen. Eine Kinderecke mit Kopfhörer und
Kissen lädt die Kleinen zur Märchenstunde ein. Eine geschäftliche
Idylle, die ins Appenzell passt.
NAME: Manser VORNAME: Gabriela
ALTER: 53 WOHNORT: Bühler AR
ZIVILSTAND: ledig FUNKTION: Geschäftsführerin der Goba AG, Mineralquelle und Manufaktur (mit Standorten
Gontenbad, Bühler, Appenzell) KAFFEE
GENIESSE ICH… «heiss als Espresso mit etwas Zucker und kalt als Glace
oder mit Chalte Kafi von Goba» MEINE
LIEBLINGSSCHOKOLADE IST… «die
dunkle Schoggi mit Mandeln aus dem
Haus Reichmuth von Reding» MEIN
TRAUM IST ES… «noch mehr von der
Welt zu sehen» LUXUS BEDEUTET
FÜR MICH… «genug von allem zu haben, um grosszügig mit Zeit, Freunden
und Kunden umgehen zu können» FÜR
MICH IST LEBENSFREUDE… «wenn
ich alles geniessen kann. Den Kaffee, das
Mineralwasser, die Schoggi – es braucht
nicht viel für den grossen Genuss»
Die Flauderei wurde Ende 2014 an der Hautptgasse in Appenzell eröffnet. Hier gibt es neben den typischen Goba-Produkten wie «Flauder», «Iisfee» und «Chalte Kafi» auch feine Konfitüre, Sirup oder Liköre.
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