FREIZEIT & LIFESTYLE Test: BMW 750i, Mercedes-Benz S-Klasse, Audi A8 Die großen DREI VON GUIDO GLUSCHITSCH Der ewige Kampf: BMW 7er gegen die S-Klasse von Mercedes-Benz und den Audi A8 – natürlich in der Langversion. Die ewige Frage: Vorne oder hinten einsteigen? M an kann ja nie wissen. Ehrlich jetzt. Da muss gar nichts Großes sein und ich steh vorm Schreibtisch vom Chef und er sagt: „Gluschitsch, dass Ihr Gesicht nicht in die Firma passt, das ist ja nicht Ihr Versäumnis, aber Ihre Schreiberei. Verdammt, ich krieg noch Krampfadern in den Augen . . .“ Die Freude über jede Menge Nichtstun hält meist genau so lange, bis die ewige Freizeit unfreiwillig eintritt. Ich brauche also einen doppelten Boden in meinem Leben, eine Sicherungsleine, einen Fallschirm, damit ich nicht eines Tages auf der Straße sitze, weil man kann ja nie wissen. Darum und nur darum prügle ich den BMW 750i, in der Langversion versteht sich, über die verschneite Piste 136 in Sölden. Es ist ein Training für ein eventuelles Leben danach, keine Fahrt aus reiner Gaudi, wie es vielleicht aussehen könnte. Weil vielleicht werd ich ja Chauffeur. Für einen großen Herrn und seine ansehnliche Frau. Vielleicht haben die auch noch ein Kind, ein Gör ein verzogenes. Und weil die dann im Winter sicher Skifahren geführt werden wollen, muss ich üben. Um dann sicher fahren zu können. Also nicht auf den Berg rauf, das ist mit dem Allrad eh kein Problem. Sondern dann, wenn die Herrschaften skifahren. Ich hab es nämlich nicht so mit dem Skifahren. Da würde ich mir dann mit dem 7er ein wenig die Zeit vertreiben. Und es wäre sicher nicht gerne gesehen, wenn ich die Herrschaften danach mit einem komplett verbogenen 7er von der Tal- station abhole, weil ich die Limousine um die eine oder andere Liftstütze gewickelt habe. Darum übe ich beim BMWWintertraining, wie man denn einen 750 LixDrive weit jenseits des Grenzbereiches bewegt. Weil Himmel, wenn das mein Auto wäre, das würde ich mich nie trauen, mit einem Auto, das mindestens 137.000 Euro kostet. BMW 750i: Schnell, auch auf Schnee Der Test-7er spielt alle Stückerl. Was man aber nur merkt, wenn man nicht grad alle 450 PS aus den acht Zylindern kitzelt. Drehmoment: 680 Newtonmeter. Von 2.000 bis 4.500 Umdrehungen. Permanent. Das heißt, der über 2,1 Tonnen schwere 7er prescht in unglaubliGEWINN 2/16 Fotos: AUDI AG, BMW Austria, Daimler AG FREIZEIT & LIFESTYLE chen 4,6 Sekunden von null auf 100 km/h. Also auf dem Trockenen. Da, auf Schnee und Eis, sind es geschätzte zwei Zehntel mehr. Der Bayer schiebt selbst auf dem rutschigen Untergrund an, dass man es nicht für möglich hält. Mit dem großen Siebener auf dem Eis zu tanzen ist auf den ersten Blick, wie die Seiten aus einem Physikbuch zu reißen und zu schreien: „Glaub ich alles nicht.“ Dabei ist das Spiel im GEWINN 2/16 Grenzbereich nicht einmal eine schwere Übung. Gerade wenn man ihn elektronisch vorspannt, den Federn ein wenig Spiel lässt, dem Stabilitätsprogramm einen Urlaub verordnet und der Lenkung die Daumenschrauben ansetzt, dann tut diese Sänfte der „oberen Zehntausend“ genau das, was man von ihr will und sich nie zu erwarten trauen würde. Das liegt aber auch daran, dass der Wagen jetzt um bis zu 130 Ki- logramm leichter als sein Vorgänger ist. Bei der Hetzerei und dem Spaß übersieht man aber allzu leicht, dass man im ersten Auto mit einer anständigen Gestensteuerung sitzt. Auch an das hervorragende Laserlicht gewöhnt man sich unglaublich schnell. Chauffeure sollten verschweigen, wie gut der Wagen teilautonom fährt und dass er sogar alleine einparkt. Ferngesteuert. Das ist aber eh fast notwendig, weil 137 Foto: AUDI AG FREIZEIT & LIFESTYLE Test: BMW 750i, Mercedes-Benz S-Klasse, Audi A8 nicht alle Parkplätze bei uns für so eine Limousine gebaut sind und man keine Tür mehr aufmachen könnte, wenn man in seine Box in der Tiefgarage gefunden hat. Plug-in-Hybrid ab Sommer Die Luxusyacht von Audi schmeichelt Fahrer und Passagier. Ein wahrer Genuss ist natürlich der Zwölf-Zylinder-Motor. Da schnurren die Ringe. Den Einstieg macht ein Drei-Liter-Diesel Foto: Daimler AG Was Spritsparer angeht, hier ein paar Nachrichten zur Beruhigung: Dieser Wagen ist sparsamer, als man es sich träumen lassen würde. Der Einstiegs7er, der 730d mit 265 PS, hat einen Normverbrauch von nur 4,5 Liter pro 100 Kilometer. Spannend wird auch der Plug-in-Hybrid, der im Sommer kommen soll. Angepeilter Normverbrauch: 2,1 Liter bei 326 PS Systemleistung. BMW hat übrigens die Langversion als Basismodell gebaut und davon die Kurzversion abgeleitet. Wie das Mercedes-Benz bei der S-Klasse schon vorgemacht hat. Der Vorteil des BMW beim Kampf darum, das beste Auto der Welt zu bauen, ist, dass er ganz neu, gerade erst auf den Markt gekommen ist. S-Klasse: Magisches Fahren 138 Die S-Klasse von Mercedes-Benz ist die Sänfte im Vergleich. Eine Kamera schaut sich die Straße vor dem Auto an und kommuniziert in Sekundenbruchteilen mit dem Luftfahrwerk Foto: BMW Austria Die S-Klasse von Mercedes-Benz braucht sich dennoch nicht zu verstecken. „Magic Body Control“ heißt der Zauberkasten, mit dem die S-Klasse die Fahrbahn optisch abgreift und die Dämpfer des Luftfahrwerks so perfekt auf jede Bodenwelle vorbereitet. Im Fond sitzend glaubt man wirklich, auf einem fliegenden Teppich durchs Land zu düsen. Nicht nur Komfort, auch Platz gibt es im Benz in Hülle und Fülle. Wer einmal, hinten sitzend, die Beine ausstreckte und das Fauteuil – Sitz kann man zu dem Thron in der S-Klasse wirklich nicht mehr sagen – auf Sonntag-Nachmittag stellt, der kann sich mit einem Mal ein Leben ohne Führerschein sehr gut vorstellen. Schwarze Pappel, feinstes Leder schmeicheln einem, eine eigene Infotainmenteinheit mit riesigem Bildschirm sorgt für Kurzweil, wie auch die edle Burmester-Anlage. Und wie fährt sich die S-Klasse? Komplett entspannt. Obwohl auch sie mit 455 PS daherkommt, die ein aufgeladener V8 mit 4,4 Liter Hubraum offeriert. Weil dieser Wagen aber so Der 7er von BMW ist der Agilste im Vergleich. Nicht einmal vor Drift-Spielereien im Schnee fürchtet sich das Juwel aus Bayern. Und technologisch hat er sowieso die Nase vorne souverän ist, verleitet er nicht zum Hetzen, sondern zum Genießen. So nutzt man auch gerne die Möglichkeiten des teilautonomen Fahrens. Über den Tempomaten gibt man seine Wunschgeschwindigkeit ein und legt die Hände aufs Lenkrad. Den Rest macht der Benz. Vom Abstandhalten bis zum Beschleu- nigen, wenn die Bahn wieder frei ist. Nicht einmal um die Lenkarbeit muss man sich kümmern, solange man die Hände nur nicht vom Steuer nimmt. So würde man sogar 1.000 Kilometer am Tag schaffen, wenn es denn sein müsste, ein paar Opern sowie die Bluenote-Sammlung als Untermalung, GEWINN 2/16 FREIZEIT & LIFESTYLE Test: BMW 750i, Mercedes-Benz S-Klasse, Audi A8 Einen Motor dieser Kategorie hat auch Audi im A8, den 4.0 TFSI. 435 PS leistet der V8, der den Alu-Audi in 4,6 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigt. Der Innenraum ist Audi-typisch schick und gleichzeitig modern, ohne dass die Ingolstädter beim Luxus sparen, der in dieser Klasse angesagt ist. Manufakturniveau haben wir schon gehört. Und dann haben wir gesehen. Der A8 hat nämlich voll den Durchblick, dank Matrix-LED-Licht. Bei Gegenverkehr braucht man so nicht einmal das Fernlicht abdrehen. Denn der Audi erkennt die anderen Fahrzeuge und blendet lediglich dort ab, wo es notwendig ist. Das nimmt auch langen Nachtfahrten den Schrecken. Das hat aber auch einen kleinen Nachteil. Als Besitzer eines A8 L muss man sich erst wieder vor jeder Fahrt aufs Neue dafür entscheiden, vorne oder hinten sitzen zu wollen. Ausgenommen, man ist allein unterwegs. Denn teilautonom fahren kann der A8 auch, aber allein fahren, das kann und darf er noch nicht. Das soll er aber auch nicht. Denn Wer im BMW fuchtelt, bedient dank Gestensteuerung auch gleich das Infotainment Das helle Leder in der S-Klasse lässt den Wagen noch größer wirken, als er ohnedies ist und man steigt am Ziel aus, als käme man gerade aus dem Urlaub. Dafür braucht man weder das magische Fahrwerk noch den fetten V8-Motor. Obwohl, schaden tut beides nicht. Fotos: AUDI AG, BMW Austria, Daimler AG Audi A8: Blendfreies Fahren das Fahren mit dem großen Audi ist wie Ostern und Weihnachten zusammen. Wer sich den Zwölfzylinder, den W12 erlaubt, der feiert auf jeder noch so kurzen Fahrt auch noch Geburtstag. Übrigens: Den meisten Absatz mit den großen Limousinen machen die deutschen Hersteller nicht bei uns, sondern in Fernost und Übersee. Fast die Hälfte aller 7er-BMW etwa wurden in China verkauft, fast ein Viertel in den USA. Und überraschend ist, dass die Kunden in China erstaunlich jung sind. Schauen wir dabei auf den A8, den Audi in China nur als Langversion anbietet. Dort lag 2013 das Durchschnittsalter der Kunden bei unter 40 Jahren. BMW 7er Getestetes Modell: 750Li xDrive um 147.490 Euro Technik: Acht-Zylinder-Benzinmotor, 4.395 ccm, 450 PS, Acht-Gang-Wandlerautomatik, Allradantrieb; Abmessungen: LängexBreitexHöhe 5.238x1.902x1.479 mm, Kofferraumvolumen 515 Liter Fahrleistungen: Spitze 250 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 4,5 Sekunden, Durchschnittsverbrauch 8,3 Liter/100 km, CO2-Emissionen 192 g/km Design: Nobel, schick, gediegen und trotzdem sportlich steht er da, der 7er. Natürlich ist so ein Wagen ein Statement und eine Herausforderung für einen Normparkplatz. Praxis: Es dauert gar nicht so lange, bis man im Alltag all die zukunftsweisenden Techniken der Hightech-Sammlung wie die Gestensteuerung ganz selbstverständlich nutzt. Preis: 150.000 Euro, für ein Auto, das man ein wenig herausgeputzt hat – der Einstieg beginnt bei unter 100.000 Euro –, sind natürlich kein Schmarren. Dafür bekommt man auch einiges. Early-Adopter der Highend-Klasse zu sein kostet eben. GEWINN 2/16 Mercedes-Benz S-Klasse Getestetes Modell: S 500 L um 173.931 Euro Technik: Acht-Zylinder-Benzinmotor, 4.663 ccm, 455 PS, Neun-Gang-Automatik, Hinterradantrieb Abmessungen: LängexBreitexHöhe 5.250x1.900x1.490 mm, Kofferraumvolumen 530 Liter Fahrleistungen: Spitze 250 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 4,8 Sekunden, Durchschnittsverbrauch 8,2 Liter/100 km, CO2-Emissionen 192 g/km Design: Er ist gediegener als seine Konkurrenten, eleganter, strahlt mehr Ruhe aus und ist die Königskutsche im Vergleich. Praxis: Himmlisch ist es, in der S-Klasse zu fahren, herrschaftlich ist es, in ihr gefahren zu werden. Da tut man dem Chauffeur auch nichts Böses, wenn er einmal hinten sitzen muss. Preis: Schrecken Sie sich nicht, wenn unsere S-Klasse im Vergleich der teuerste Wagen ist. Das liegt am ganzen Zierrat, den wir uns für den Test gönnten. Der Einstieg beginnt schon bei 87.300 Euro. Klassisch und hochwertig ist der Innenraum im Audi A8 und erinnert in Details an eine Yacht Audi A8 Getestetes Modell: A8 L 4.0 TFSI quattro um 145.380 Euro Technik: Acht-Zylinder-Benzinmotor, 3.993 ccm, 435 PS, Acht-Gang-Automatik, Allradantrieb Abmessungen: LängexBreitexHöhe 5.265x1.949x1.460 mm, Kofferraumvolumen 490 Liter Fahrleistungen: Spitze 250 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 4,6 Sekunden, Durchschnittsverbrauch 9,0 Liter/100 km, CO2-Emissionen 207 g/km Design: Der Klassiker von Audi, ein Beau in Holz, Leder und Alu. Dabei gibt er sich von außen zurückhaltend und pur. Praxis: Feinste Verarbeitung, viel Platz und jede Menge Komfort. Im Vergleich hat er den kleinsten Kofferraum, aber ist das ein Auswahlkriterium? Zählt nicht viel mehr, dass er der ausgereifteste Wagen ist? Und mit dem W12-Motor ist der A8 auch in der Oberklasse ohnedies unschlagbar. Preis: Trotz der ganzen Schminke ist der A8L immer noch die günstigste Luxuslimo im Trio. Los gehts bei ihm ab 89.650 Euro für den Drei-Liter-Diesel-quattro mit 262 PS. Der W12 kostet ein Eckhaus mehr. 139
© Copyright 2024 ExpyDoc