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Sonderausgabe: 30 Jahre nach Tschernobyl
12 Seiten über das Leben nach der Reaktorkatastrophe. Außerdem:
Trauer um Prince und „Merdoğan – das Duell der Süperhelden“
AUSGABE BERLIN | NR. 11001 | 16. WOCHE | 38. JAHRGANG
SONNABEND/SONNTAG, 23./24. APRIL 2016 | WWW.TAZ.DE
€ 3,50 AUSLAND | € 3,20 DEUTSCHLAND
Tschernobyl, heute
KERNSCHMELZE Eine Generation danach scheint vieles wieder normal: Auf dem Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks arbeiten
Tausende Menschen, drum herum gedeiht die Natur. Über die Folgen des Super-GAUs – in der Ukraine und bei uns SEITE 2–12
Hochzeitsfeier auf der Datsche: Schenja und Julia in Slawutitsch, knapp 50 Kilometer östlich von Tschernobyl, aufgenommen im Juni 2013 Fotos: Niels Ackermann/Polaris/laif; ap (oben)
G
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eigerzähler, Strahlentabellen
in fast allen Tageszeitungen,
Hamsterkäufe von Konserven
und die bange Frage, ob es gefährlich ist, bei Regen das Haus zu verlassen. Die Erinnerungen daran, was
die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl mit den Menschen
gemacht hat, ist wohl
auch 30 Jahre nach der
Havarie allen Zeitzeugen
präsent. Tschernobyl war eine Zäsur.
Doch was hat der Super-GAU wirklich
verändert? Wir haben uns für diese
Ausgabe der taz.am wochenende auf
die Suche nach der Generation Tschernobyl begeben.
Da ist die Bundesrepublik, die sich
vom Atomstaat zum Atomausstiegsstaat gewandelt hat. Und da die Ukra­
i­ne, wo unweit der Front das größte
Atomkraftwerk Europas betrieben
wird. Zwei Welten, die so recht nicht
zusammenpassen. Hat die weißrussische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch recht, wenn sie sagt,
die Welt habe den Krieg gegen Tschernobyl verloren? Oder sollen wir dem Kulturtheoretiker Klaus Theweleit
folgen, für den auch der
Wandel der Protestkultur vom Revolutionären zum Welterhaltenden dafür
gesorgt hat, dass der Atomausstieg erst
möglich geworden ist?
Wie der Krieg gegen die Strahlung
am Ort der Katastrophe geführt wird,
lässt sich am Bau der neuen Schutzhülle beobachten. Das gigantische
Bauwerk soll für die nächsten 100
Editorial
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Jahre die Region vor den Strahlen aus
dem havarierten Reaktor schützen. Es
ist ein Megaprojekt, das für uns Deutsche wichtiger erscheint als für viele
Ukrainer, die versuchen, in der Nähe
von Tschernobyl ein möglichst unbeschwertes Leben zu führen.
Die Fotoserie des Schweizer Fotografen Niels Ackermann, aus der auch das
Bild auf dieser Titelseite stammt, versucht, die Stimmung der jungen Menschen einzufangen, deren Familien
vor 30 Jahren die Gegend verlassen
mussten, die wir seit der Katastrophe
die Todeszone nennen. Tschernobyl ist
für sie zum Arbeitsplatz geworden, zur
Kulisse von Badeausflügen an den großen Fluss. Die jungen Menschen dieser Generation Tschernobyl scheinen
zumindest vor der Atomkraft kaum
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Angst zu kennen – ebenso wenig wie
die Arbeiter in der riesigen Atomanlage von Saporischja.
Und wir? Während wir darüber
nachdenken, wo das deutsche Endlager im Postatomzeitalter stehen soll,
machen sich Start-ups in den USA daran, neue Kraftwerkstypen zu entwickeln, und gerieren sich als die großen Klimaschützer. Hat der deutsche
Weg wirklich Modellcharakter, oder
wird er zum Sonderweg? Mit Fragen
dieser Art werden wir uns noch lange
beschäftigen müssen. Die Erinnerung
an Tschernobyl muss bei den Antworten auf diese Fragen immer eine
Rolle spielen. Auch deshalb ist Tschernobyl gegenwärtig. Und das wird es
wohl noch für Generationen bleiben.
ERNHARD PÖTTER, ANDREAS RÜTTENAUER
B
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